Verfahren zur Darstellung von Zelluloseestern. Es ist vielfach versucht worden, Zellu- loseester der Ameisensäure (sogenannte Formylzellulosen) dadurch herzustellen, dass Ameisensäure, gegebenenfalls hochkonzen trierte Ameisensäure, mit Zellulose oder zellulosehaltigen Stoffen oder Zellulose- derivaten in Gegenwart von Katalysatoren bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur längere Zeit, zumeist viele Stunden oder rnehrere Tage, in Reaktion gebracht wurden.
Als Katalysatoren wurden dabei Säuren, wie zum Beispiel Salzsäure, Schwefelsäure oder Chloride, wie zum Beispiel solche der Schwefelsäure oder der Phosphorsäure, oder Salze, wie zum Beispiel Chlorzink, ver wendet. Die nach den bekannten Vorschrif ten erhältlichen Formylzellulosen stellen unbeständige Verbindungen dar, welche an der Luft durch Einwirkung von Feuchtig keit Ameisensäure abspalten und infolge dessen technische Bedeutung nicht erlangen konnten (vergleiche zum Beispiel Hotten- roth, die ',unstseide, Leipzig 1926, S. 3$1, und Fr. Reinthaler, die Kunstseide, Berlin 1926, Seite 112).
Die Schwierigkeit der Formylzellulose- herstellung beruht darauf, dass zwei heak- tionen, nämlich Abbau des Moleküls einer seits und Veresterung anderseits, nebenein ander verlaufen. Die nach den bekannten Vorschriften erhaltenen Ester stellen infolge dessen mehr oder weniger stark abgebaute und infolgedessen praktisch unverwendbare Produkte dar.
Es wurde nun gefunden., dass die beiden Reaktionen mit verschiedener Ge schwindigkeit verlaufen und dass man durch geeignete Arbeitsbedingungen in der Lage ist, die Geschwindigkeit der Esterbildung derart zu beeinflussen, dass es praktisch so gar ' möglich ist, die höchste Stufe des For- inZllierungsgrades zu erreichen, bevor ein störender Abbau des Zellulosemoleküls in Erscheinung tritt.
Eingehende Untersuchungen haben er geben, dass es möglich ist, derartige Erfolge dadurch zu erzielen, dass der Esterifizie- rungsvorgang in Gegenwart erheblicher Mengen von die Zellulose oder ihre Derivate lösenden und quellenden Mitteln einerseits und von die Veresterung begünstigenden, aber den Abbau der Zellulose nicht fördern den Katalysatoren anderseits unter-Verwen- dung von hochkonzentrierter, zum Beispiel 96-100 %iger Ameisensäure durchgeführt wird, mit der Massgabe, dass die Reaktion nach Erreichung des gewünschten Formy- lierungsgrades abgebrochen wird.
Es hat sich gezeigt, dass bei dieser Arbeitsweise eine praktisch vollständige Formylierung erzielbar ist, bevor Abbau der Zellulose in messbaren Mengen in Erscheinung tritt.
Als Ausgangsstoffe kommen ausser Zellu lose, in jeder Form, auch Zellulosederivate, wie zum Beispiel Hydrozellulose, Nitro- und Acetylzellulosen, oder zellulosehaltige Stoffe, wie zum Beispiel von Inkrusten befreite Flachs- oder Hanffaser, in Betracht.
Als Lösungs- und Quellungsmittel kom men Stoffe, wie zum Beispiel Chlorzink, Calciumbromid etc., in Betracht; dieselben können neben ihren lösenden und quellen den Eigenschaften zugleich auch begünsti gend auf die Esterbildung einwirken. Als Veresterungskatalysatoren kommen Stoffe, wie zum Beispiel Chlorwasserstoff, Phosphor säureanhydrid etc., in Betracht.
Die Reak tion wird vorteilhaft unter möglichster r'ern- haltung von Wasser, also unter Anwendung 100 %iger Ameisensäure, wasserfreien Chlor zinks und dergleichen, durchgeführt. Für die Erzielung guter Erfolge ist es wichtig, die Lösungs- und Quellungsmittel und eben so die Katalysatoren in beträchtlichen Men gen, zur Anwendung zu bringen. Die zur Erzielung optimaler Ergebnisse bestgeeig neten-. Mengenverhältnisse können leicht. durch Vorversuche festgestellt werden.
Bei Einhaltung der vorstehend beschiie- benen Arbeitsbedingungen wird die ange wendete Zellulose bezw. das angewendete Zellulosederivat in sehr kurzer Zeit in eine homogene Masse übergeführt, aus der der gebildete Ester, zum Beispiel durch: Behan- deln der Masse mit Stoffen, wie M;asser, Alkohol, Aceton, Äther etc., gewonnen wer den kann.
Beim Arbeiten bei gewöhnlicher Temperatur kann man den Veresterungs- prozess in ausserordentlich kurzen Zeit räumen, zum Beispiel innerhalb einer Stunde, zum Beispiel bis zur Bildung einer Triformylzellulose, durchführen. Vielfach sind aber noch erheblich kürzere Zeiträume, mitunter nur wenige--Minuten. zur Durch führung des Formylierungsvorganges, er forderlich. Nachdem der gewünschte Formylierungs- grad erreicht ist, wird die Reaktion abge brochen, da eine Weiterführung derselben zu unerwünschtem Abbau der Zellulose bezw. der Zelluloseprodukte Veranlassung geben kann.
Selbstverständlich braucht man die Formylierung nicht. immer bis zur höch sten Formylierungsstuf e zu treiben. Man kann daher den Prozess auch schon vorher abbrechen. Die Unterbrechung kann in ein fachster Weise zum Beispiel derart erfolgen, dass man das Formylierungsgemisch mit Wasser (zum Beispiel '/3 bis 1%4 Gewichts teile Wasser auf 1 Gewichtsteil des Formy- lierungsgemisches) durchknetet und den hierbei ausfallenden Ester abtrennt. Der Ester kann alsdann gewaschen, getrocknet und gegebenenfalls in geeignetem Lösungs mittel aufgelöst werden.
Derselbe stellt ein völlig stabiles Erzeugnis dar, welches sich vorzüglich für technische Zwecke eignet. Aus den erfindungsgemäss darstellbaren For- mylzelluosen können zum Beispiel Filme, Folien, Kunstseide, Lacke und alle andern Arten technischer Zelluloseprodukte herge stellt werden.
Für die Weiterverarbeitung der erfin dungsgemäss erhältlichen Zelluloseformiate können Lösungs- bezw. Quellungs- oder Weiehmachungsmittel üblicher Art verwen det werden. Unter anderem haben sich auch Rhodanide der Alkalien und Erdalkalien, ,Nitromethan,-- ferner Formamide, Glyzerin- formiate, Chlorhydrine oder Stoffe, welche derartige Bestandteile enthalten, oder Ge- mische,
welche mehrere derartige Stoffe oder derartige .Stoffe in Kombination mit andern Lösungs- und Quellungsmitteln ent halten, als geeignet erwiesen.
Beispiele: 1.<B>100</B> gr schwach nitrierte Zellulose werden mit<B>500</B> gr absoluter Ameisensäure, die bei gewöhnlicher Temperatur mit trok- kenem HCl-Gas gesättigt ist, in Gegenwart von 50 gr wasserfreien Chlorzinks bei ge wöhnlicher Temperatur gemengt. Nach einer Einwirkungsdauer von etwa einer Stunde oder weniger wird das Reaktionsgemisch zum Beispiel in Wasser ausgefällt und sorgfältig getrocknet.
?. 3 kg Linters werden mit 18 kg abso luter Ameisensäure, die zum Beispiel mit HCl-Gas gesättigt ist, in Gegenwart von 2 kg Chlorzink bei gewöhnlicher Tempera tur gemengt. Nach kurzer Zeit, zum Bei spiel 20 bis 30 Minuten, wird das Reaktions gemisch zum Beispiel mit Wasser ausgefällt und sorgfältig getrocknet.
Die ;Weiterverarbeitung der nach Bei spielen 1 und 2 erhältlichen Produkte auf Kunstseide, Filme usw. kann nach üblichen Methoden erfolgen.
Das Verfahren bietet den Vorteil, dass es in kürzester Zeit durchführbar ist und zu haltbaren, sehr wertvollen Erzeugnissen führt. So zeichnen sich zum Beispiel Kunst seiden, welche unter Anwendung vorliegen der Formylzellulose hergestellt worden sind, unter anderem durch grosse Nassfestigkeit aus.
Man kann die unerwünschte Abbau reaktion ausserdem dadurch verzögern, dass man bei niedrigen Temperaturen, zum Bei spiel unterhalb 0 C, arbeitet. Hierdurch wird aber auch die Esterbildung verzögert, so dass die Durchführung des Prozesses un ter diesen Bedingungen einen Zeitraum von vielen Stunden. in Anspruch nimmt. Auch besitzt das Arbeiten bei sehr niedrigen Tem peraturen den Nachteil, dass ein Einfrieren stattfinden kann und man infolgedessen mit der Unsicherheit von in der festen Phase sich abspielenden Reaktionen rechnen muss.
Es ist daher vorteilhaften, bei etwas höheren Temperaturen, zum Beispiel solchen von 5 " aufwärts, zweckmässig ;bei gewöhnlichen, gegebenenfalls auch mässig erhöhten Tem peraturen zu arbeiten. Hierbei spielt sich die Reaktion im homogenen Medium mit grosser Schnelligkeit und Zuverlässigkeit ab.