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Die vorliegende Erfindung betrifft eine cellulosische Faser der Gattung Lyocell.
Fasern der Gattung Lyocell werden durch ein Lösungsmittelspinnverfahren hergestellt, bei welchem die Cellulose direkt ohne Ausbildung eines Derivates in einem organischen
Lösungsmittel gelöst und die Lösung versponnen wird. Solche Fasern haben auch den
Namen "lösungsmittelgesponnene" Fasern. "Lyocell" ist der von der BISFA (The
International Bureau for the Standardization of man made fibers) vergebene Gattungsnamen für Cellulosefasern, welche dadurch hergestellt werden, dass Cellulose ohne Ausbildung eines Derivates in einem organischen Lösungsmittel aufgelöst wird und aus dieser Lösung
Fasern mittels eines Trocken-Nass-Spinnverfahrens oder eines Melt-Blown-Verfahrens extrudiert werden. Unter einem organischen Lösungsmittel wird dabei ein Gemisch aus einer organischen Chemikalie und Wasser verstanden.
Als organisches Lösungsmittel wird heute in kommerziellem Massstab N-Methyl-Morpholin-N-Oxid eingesetzt.
Die Lösung der Cellulose wird in diesem Verfahren üblicherweise mittels eines
Formwerkzeuges extrudiert und dabei ausgeformt. Die ausgeformte Lösung gelangt über einen Luftspalt in ein Fällbad, wo durch Ausfällen der Lösung der Formkörper erhalten wird.
Der Formkörper wird gewaschen und ggf. nach weiteren Behandlungsschritten getrocknet.
Ein Verfahren zur Herstellung von Lyocellfasern ist z. B. in der US-A 4,246,221 beschrieben. Lyocellfasern zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit, einen hohen Nassmodul und durch eine hohe Schlingenfestigkeit aus.
In einer Publikation "Lyocell - eine vielseitige cellulosische Faser" in Lenzinger Berichte 75/96 wird ohne nähere Angaben erwähnt, dass Teppiche und Teppichrücken eine Anwendungsmöglichkeit von Lyocellfasern darstellen.
In einem Vortrag von W. Feilmair et al. "Funktionalität von Lenzing Lyocell# in Heimtextilien" beim 5. Internationalen Symposium Alternative Cellulose - Herstellen, Verfahren, Eigenschaften" in Rudolstadt 2002 wird eine Faser der Gattung Lyocell mit einem Titer von 6,7 dtex und einer Schnittlänge von 60 mm beschrieben.
Die EP 0 494 851beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Lyocellfasern, bei welchem der Verzug (Das Verhältnis von Fadenabzugsgeschwindigkeit dividiert durch Düsenlochaustrittsgeschwindigkeit) höchstens 1 bzw. insbesondere kleiner als 1 ist.
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Herkömmliche Fasern der Gattung Lyocell weisen ein Verhältnis V der Festigkeit der Faser in konditioniertem Zustand FFk zur Faserdehnung in konditioniertem Zustand Fdk (gemessen und berechnet nach den unten näher beschriebenen Methoden) von deutlich über
2,2 auf.
Überraschenderweise wurde nunmehr gefunden, dass es möglich ist, eine Lyocell-Faser zur
Verfügung zu stellen, deren Verhältnis V der Festigkeit der Faser in konditioniertem Zustand
FFk zur Faserdehnung in konditioniertem Zustand Fdk unterhalb von 2,2 liegt.
Dementsprechend betrifft die vorliegende Erfindung eine Faser der Gattung Lyocell, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass das Verhältnis V der Festigkeit der Faser in konditioniertem
Zustand FFk zur Faserdehnung in konditioniertem Zustand Fdk 2,2 oder weniger beträgt.
Bevorzugt beträgt das Verhältnis V 2,0 oder weniger, besonders bevorzugt 1,8 oder weniger.
Weiters bevorzugt soll das Verhältnis V nicht weniger als 1 betragen.
Die erfindungsgemässe Faser weist bevorzugt einen Titer von 6 dtex bis 25 dtex auf.
Es hat sich überraschenderweise gezeigt, dass ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen FFk und Fdk insbesondere bei der Herstellung von Lyocell-Fasern mit einem höheren Titer erreichbar ist.
Dem Fachmann ist bekannt, dass der Titer der Faser insbesondere von der Abzugsgeschwindigkeit bzw. vom Verhältnis der Abzugsgeschwindigkeit zur Geschwindigkeit, mit welcher die Spinnlösung aus der Spinndüse austritt, abhängt.
Es wurde nun gefunden, dass bei der Herstellung von Fasern mit einem höheren Titer ein Abnehmen des Verhältnisses von FFk und FdK mit steigendem Titer beobachtet wird.
Dieser Effekt wird insbesondere ab einem Titer von 6 dtex deutlich. Besonders niedrige Verhältnisse V lassen sich bei der Herstellung von Fasern mit einem Titer von 7 dtex oder mehr, insbesondere 12 dtex oder mehr und bevorzugt 15 dtex oder mehr erzielen.
Die erfindungsgemässe Faser liegt bevorzugt in Form einer Stapelfaser vor.
Erfindungsgemässe Fasern werden bevorzugt mit einem Verfahren hergestellt, bei welchem der Verzug einen Wert von grösser als 1 annimmt.
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Es wurde gefunden, dass sich die erfindungsgemässe Faser, insbesondere bei einem höheren
Titer von 12 dtex, 15dtex oder mehr hervorragend zur Anwendung in Teppichen, textilen
Bodenbelägen, Wandbelägen und/oder Dekormaterialien eignet.
Die heute am Markt befindlichen Teppiche werden zum Grossteil aus den Synthesefasern
Polyamid und Polypropylen, und aus Wolle hergestellt. Es werden auch Mischungen aus
Wolle mit Polyamid und Polypropylen verwendet. Fasern wie Polyacrylnitril, Polyester und
Baumwolle spielen eine untergeordnete Rolle.
Bis in die Mitte der 60er-Jahre wurden neben Baumwolle auch Viskosefasern mit einem höheren Titer (z. B. 17 dtex) für Teppiche verwendet. Durch die Entwicklung der
Synthesefasern und deren Vorteile hinsichtlich mechanischer Belastbarkeit wurde die
Viskosefaser aus diesem Bereich aber zur Gänze verdrängt.
An Teppiche werden unterschiedliche Anforderungen gestellt. Im Vergleich zu glatten
Böden werden Teppiche wegen des höheren Wohnkomforts verwendet. Für Bereiche mit geringerer Beanspruchung werden meistens Velour-Teppiche nach dem Tufting-Verfahren verwendet. Für Bereiche mit höherer mechanischer Beanspruchung werden Schlingen- oder
Filzteppiche verwendet.
Nachteil der Synthesefasern und von Wolle ist deren elektrostatische Aufladung. Bei normierten Begehtests werden Spannungen von 7-9 kV gemessen. Erst durch entsprechende Massnahmen, wie z. B. eine Ausrüstung der Fasern mit Antistatika oder das Einbinden von leitfähigen Fasern in die Teppichkonstruktion kann eine antistatische Wirkung erreicht werden und die Spannung beim Begehtest unter 3 kV reduziert werden. Bei Wolle tritt als weiteres Problem der Befall durch Motten auf, der das Behandeln der Teppiche mit toxischen Insektiziden notwendig macht. Polypropylen hat als Material für Teppiche wiederum den Nachteil, dass die Faser nicht anfärbbar und bedruckbar ist, und dadurch nur eine beschränkte Farbpalette durch Spinnfärbung erreichbar ist.
Überraschenderweise hat sich herausgestellt, dass sich aus Lyocellfasem mit einem höheren Titer von z. B. 15 dtex vor allem in Kombination mit Synthesefasern Tuftingteppiche mit hervorragenden mechanischen Eigenschaften herstellen lassen. Teppiche aus Lyocellfasern weisen gegenüber Teppichen aus Synthetikfasern und/oder Wolle ein von Natur aus antistatisches Verhalten auf. Die Spannung bei den erwähnten normierten Begehtests liegt im Bereich von weniger als 1 kV.
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Im Vergleich zu Wolle werden Lyocellfasern nicht von Motten befallen und müssen daher nicht zusätzlich ausgerüstet werden. Lyocellfasern lassen sich mit den an sich für
Cellulosefasern bekannten Techniken färben und ermöglichen daher vielfältige
Farbvariationen.
Eine weitere vorteilhafte Eigenschaft von Lyocelfasern mit einem höheren Titer und einem ausgeglichenen Verhältnis V liegt in der höheren Biegesteifigkeit im Vergleich zu anderen
Cellulosefasern wie z. B. Viskose.
Beispiele
In einer kontinuierlich arbeitenden Pilotanlage zur Herstellung von Cellulosefasern der
Gattung Lyocell wurde eine Celluloselösung mit einem Cellulosegehalt von ca. 13% (Hersteller des Zellstoffes : Bacell) in an sich bekannter Weise durch Düsen versponnen und der Endtiter der Fasern durch die Einstellung des Verzugsverhältnisses (=
Fadenabzugsgeschwindigkeit / Düsenlochaustrittsgeschwindigkeit jeweils in m/min) verändert.
Zur Herstellung von Fasern mit einem Titer bis ca. 3,25 wurde durch Düsenlöcher mit einem
Durchmesser von 100 m versponnen ; zur Herstellung von Fasern mit einem höheren Titer wurde durch Düsenlöcher mit einem Durchmesser von 160 um versponnen.
Von den erhaltenen Fasern wurde jeweils die Faserfestigkeit in konditioniertem Zustand FFk (cN/tex) sowie die Faserdehnung in konditioniertem Zustand FDk (%) gemäss den von der BISFA veröffentlichten "Testing methods viscose, modal, lyocell and acetate staple fibres and tows" ermittelt.
Aus den so ermittelten Werten für FFk und FDk wurde durch Division FFk (cN/tex) durch FDk (%) das Verhältnis V bestimmt.
Die folgende Tabelle 1 enthält die Zusammenfassung der Versuchsparameter und der erhaltenen Ergebnisse.
Tabelle 1
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EMI5.1
<tb> Spinn- <SEP> Durch- <SEP> FFk
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> masse <SEP> messer <SEP> absolut <SEP> Verhältnis
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> Cellulose <SEP> Düse <SEP> Verzugs- <SEP> Titer <SEP> FFk <SEP> FDk <SEP> (cN/tex* <SEP> V <SEP> (FFk <SEP>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> (%) <SEP> [ m] <SEP> Verhältnis <SEP> (dtex) <SEP> (cN/tex <SEP> (%) <SEP> dtex) <SEP> FDk)
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 12,0 <SEP> 100 <SEP> 17 <SEP> 0,92 <SEP> 45,7 <SEP> 16,6 <SEP> 42 <SEP> 2,75
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,0 <SEP> 100 <SEP> 13 <SEP> 1,30 <SEP> 41 <SEP> 15,2 <SEP> 53 <SEP> 2,70
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,0 <SEP> 100 <SEP> 9 <SEP> 1,71 <SEP> 37,6 <SEP> 14,8 <SEP> 64 <SEP> 2,54
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,5 <SEP> 100 <SEP> 5 <SEP> 3,17 <SEP> 33,8 <SEP> 12,6 <SEP> 107 <SEP> 2,68
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,
0 <SEP> 160 <SEP> 13 <SEP> 3,25 <SEP> 37,5 <SEP> 12,8 <SEP> 122 <SEP> 2,93
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,5 <SEP> 160 <SEP> 7 <SEP> 5,73 <SEP> 29,1 <SEP> 11,4 <SEP> 167 <SEP> 2,55
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,7 <SEP> 160 <SEP> 2,7 <SEP> 13,00 <SEP> 30,8 <SEP> 14,3 <SEP> 400 <SEP> 2,15
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,5 <SEP> 160 <SEP> 2,6 <SEP> 15,70 <SEP> 27,6 <SEP> 14 <SEP> 433 <SEP> 1,97
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,5 <SEP> 160 <SEP> 2,1 <SEP> 17,20 <SEP> 31,2 <SEP> 15,1 <SEP> 537 <SEP> 2,07
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,5 <SEP> 160 <SEP> 1,8 <SEP> 19,20 <SEP> 30,6 <SEP> 16,7 <SEP> 588 <SEP> 1,83
<tb>
Aus der Tabelle 1 wird ersichtlich, dass ab einem Titer von 6 dtex das Verhältnis V Werte von 2,2 oder weniger annimmt.
Dies wird insbesondere auch aus der Figur 1 ersichtlich, in welcher die Ergebnisse gemäss Tabelle 1 grafisch dargestellt sind.
Ein Grund für den Abfall des Verhältnisses V bei höheren Titern der Faser könnte darin liegen, dass die ermittelte Faserdehnung der Fasern bis zu einem Titer von ca. 6 dtex praktisch linear abnimmt, bei höheren Titem allerdings steigt.
Dies ist in der Figur 2 illustriert, in welcher die absolute Faserfestigkeit "FFk absolut" (FFk mal jeweiligem Fasertiter) und die Faserdehnung FDk gegen den Fasertiter aufgetragen sind.
Während die absolute Faserfestigkeit linear mit steigendem Titer ansteigt, nimmt die Faserdehnung zunächst mit steigendem Titer ab, um bei höheren Titern wieder anzusteigen.
Tabelle 2 illustriert die hohe Biegesteifigkeit von Fasern der Gattung Lyocell gegenüber Viskosefasern.
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Die Ermittlung der Biegesteifigkeit erfolgt nach einer von der Anmelderin entwickelten Methode. Der Messwert wird als titerbezogenes Verhältnis der Steigung von Kraft zu Weg über einen linearen Messbereich angegeben.
Zur Durchführung wird eine konditionierte Faser in einen Klemmbalken waagerecht eingespannt und mit einer Vorrichtung genau auf 5mm Länge abgeschnitten. Der Klemmbalken wird über einen elektrischen Antrieb mit konstanter Geschwindigkeit nach oben bewegt. Die Faser wird dabei gegen ein Sensorplättchen gedrückt, das an einem Kraftaufnehmer adaptiert ist. Je steifer eine Faser ist, desto höher ist die gemessene Kraft.
Aufgrund mangelnder Kalibriermöglichkeiten wird zur Berechnung der Biegesteifigkeit keine effektive Kraft angegeben. Es ist aber möglich, einen relativen Vergleich von Fasern in einem bestimmten Messbereich durchzuführen. Dabei wird die Steigung in einem linearen Messbereich der gemessenen Kraft pro Weg berechnet und auf den Titer der Faser bezogen.
Tabelle 2
EMI6.1
<tb> Biegesteigung <SEP> / <SEP> dtex
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> Titer <SEP> (dtex) <SEP> Lyocell <SEP> Viskose
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 1,3 <SEP> 0,03
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 3,3 <SEP> 0,12 <SEP> 0,06
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 5,0 <SEP> 0,11
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 6,7 <SEP> 0,22
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 13,6 <SEP> 0,52
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 17,00,31
<tb>