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Verfahren zum Färben menschlicher Haare
Zur Färbung des menschlichen Haares haben die sogenannten Oxydationsfarbstoffe eine ausserordentlich grosse Bedeutung. Trotzdem können mit ihnen nicht alle Ansprüche erfüllt werden. Da sie in den meisten Ländern bestimmten gesetzlichen Vorschriften unterliegen, wird nach Farbstoffen gesucht, die an ihrer Stelle eingesetzt werden können. Die in der Textil-Färbung üblichen Farbstoffe lassen sich nur in Ausnahmefällen für das menschliche Haar anwenden und haben auch deshalb keine grosse Bedeutung erlangt. Entweder ist die Anfärbung am Haar sehr schwach, oder sie zeigen bei einer stärkeren Haar-Anfärbung auch eine intensive Anfärbung der Kopfhaut.
In den letzten Jahren haben auf dem Gebiet der Textil-Färbung die Reaktivfarbstoffe, bei denen die Farbstoffe über eine Reaktivgruppe mit dem zu färbenden Material chemisch gebunden werden, steigende Bedeutung erlangt. Bisher ist es nicht gelungen, die Reaktivfarbstoffe auch für die Färbung des menschlichen Haares einsetzbar zu machen. Der wichtigste Grund dafür war, dass es nicht möglich war, die Reaktivfarbstoffe bei Fehl-Färbungen vom Haar wieder zu entfernen. Sie sind durch die Reaktivgruppe irreversibel mit der Haar-Substanz verbunden.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Färben von menschlichen Haaren unter Verwendung eines reduzierenden Beizmittels, insbesondere aus der Gruppe der wasserlöslichen Mercaptane, das in der Lage ist, die S-S-Bindungen des Keratins zu SH-Gruppen zu reduzieren.
Die Färbung wird erfindungsgemäss dadurch erreicht, dass die Haare bei einem pH-Wert von etwa 9 mit Reaktivfarbstoffen aus der Gruppe der Buntesalze, nämlich Azofarbstoffen mit einem oder mehreren Thioschwefelsäureresten als aktiver Gruppe sowie einem oder mehreren Sulfonsäureresten und einer Hydroxylgruppe als löslich machenden Substituenten, behandelt werden. Die nach dem erfindungsgemässen Verfahren erzeugte Haarfärbung ist einerseits sehr echt und kann anderseits in einfacher und schonender Weise weitgehend vom Haar entfernt werden.
Die im erfindungsgemässen Verfahren verwendeten Reaktivfarbstoffe vermögen natürliches menschliches Haar nicht anzufärben. Es wurde jedoch gefunden, dass in kurzer Zeit eine kräftige Färbung entsteht, wenn man die Haare vorher mit einem reduzierenden Mittel anbeizt, das in der Lage ist, die S-S-Brücken im Keratin des Haares zu SH-Gruppen aufzuspalten. Es ist auch möglich, die reduzierenden Substanzen gleichzeitig mit dem Farbstoff auf das Haar zu bringen und somit Färbung und Beizung in einem Arbeitsgang durchzuführen.
Die erhaltene Anfärbung des Haares ist sehr echt, da eine chemische Bindung zwischen dem Farbstoff und dem Haarkeratin eintritt. Es besteht also keine Gefahr einer Abtragung durch Einwirkung von Schweiss, durch mechanische Abnutzung oder atmosphärische Einflüsse. Als reduzierendes Beizmittel zur Erzeugung von freien SH-Gruppen im Keratin kommen in erster Linie die einfachen wasserlöslichen Mercaptane, wie Thioglykolsäure und Thiomilchsäure bzw. deren Ester oder Amide oder Thioglycerin,
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in Frage. Diese Verbindungen sind preisgünstig und leicht im Handel erhältlich. Es eignen sich aber prinzipiell zum Zwecke des Vorbeizens alle löslichen Reduktionsmittel, die freie SH-Gruppen im
Keratin erzeugen können.
Es sind schon eine Reihe von Haarfärbeverfahren bekanntgeworden, bei denen das Färbemittel ein
Mercaptan enthält.
Bei der deutschen Auslegeschrift 1083505 und der deutschen Patentschrift Nr. 839991 dient das
Mercaptan als Antioxydans für luftempfindliche Oxydationsfarbstoffe.
Es ist bekannt, zur Verstärkung der Färbung Mercaptane einzusetzen, um die Haarsubstanz zu er- weichen und Farbstoffen, die in diesem Falle keine Reaktivgruppe besitzen, das Hineindiffundieren zu erleichtern.
In der deutschen Auslegeschrift 1129261 ist eine Kombination von Triphenylmethan-Farbstoffen und Mercaptan beschrieben, wobei das Mercaptan die Aufgabe hat, den Farbstoff in seine farblose
Leukobase zu überführen.
Die brit. Patentschrift Nr. 833, 809 schützt die Färbung von tierischen Fasern mit Azofarbstoffen, die eine S-S-Bindung enthalten, unter gleichzeitigem Einsatz von reduzierenden Substanzen in der Färbeflotte.
Das erfindungsgemässe Verfahren dagegen beansprucht den Einsatz von Farbstoffen, die die SSOgH-Gruppe enthalten und ermöglicht eine Färbung von vorgebeiztem menschlichem Haar, ohne dass reduzierende Substanzen sich in der Färbeflotte befinden müssten.
Die in der Erfindung beanspruchten Reaktivfarbstoffe mit einer Buntesalzgruppe sind auf ihre färberischen Eigenschaften bei der Wolle untersucht worden (Melliand Textilbericht [1963], S. 57).
Es zeigt sich jedoch, dass das dort angewendete Verfahren auf das menschliche Haar nicht übertragbar ist. Aus den nachstehend aufgeführten Beispielen ist zu entnehmen, dass die menschlichen Haare mit dem Reaktivfarbstoffen von Buntesalztyp ohne Vorbeize mit SH-Gruppen erzeugenden Substanzen keine Färbung annehmen.
Aus dem Vergleich zwischen der Wolle und menschlichen Haaren ist auch ersichtlich, dass man nicht erwarten kann, dass sich ein Verfahren zum Färben von Wolle ohne weiteres auf Haare übertragen lässt. Wolle ist im einzelnen Haar sehr viel feiner und hat keine geschlossene Oberfläche wie das menschliche Haar. Das menschliche Haar ist um ein Mehrfaches dicker als das Woll-Haar und ist durch eine sehr starke Schuppenschicht gegen äussere Einflüsse geschützt. Normale Woll-Farbstoffe färben deshalb das menschliche Haar immer wesentlich schwächer als die Wolle.
Darüber hinaus werden bei der Färbung von Wolle höhere Temperaturen und längere Färbezeiten angewendet, Färbeverfahren, die sich aus rein praktischen Gründen bei der Färbung des menschlichen Haares nicht anwenden lassen.
Das erfindungsgemässe Verfahren zeichnet sich durch die grosse Einfachheit seiner Anwendung und die vorzügliche Echtheit der erzeugten Färbung aus. Darüber hinaus lässt sich die Färbung, was bei Einsatz von andern Reaktivfarbstoffen nicht möglich ist, in einfacher und haarschonender Weise weitgehend wieder vom Haar entfernen. Diese Eigenschaft ist erforderlich, um eventuelle Färbungen korrigieren zu können.
Zur Ablösung der Färbung werden die gefärbten Haare mit einer Mercaptan-Lösung behandelt und gespült. Ihre Konzentration und die Dauer der Behandlung richtet sich nach der Stärke der Haarfärbung.
Wenn beim Abziehen einer kräftigen Färbung eine konzentrierte Mercaptan-Lösung über längere Zeit zur Anwendung gekommen ist, ist eine anschliessende Behandlung der Haare mit einem Oxydationsmittel erforderlich, während in den andern Fällen die Wirkung des Luftsauerstoffes auf die gründlich gespülten, feuchten Haare ausreicht, um die entstandenen freien SH-Gruppen wieder zu den DisulfidBrücken des Keratins zu oxydieren.
Die im erfindungsgemässen Verfahren benutzten Reaktivfarbstoffe aus der Gruppe der Buntesalze sind gesundheitlich unbedenklich. In verfahrensgerechten Konzentrationen und bei pH-Werten um 9 reizen sie weder primär, noch rufen sie Hautermüdungen hervor. Gleichfalls konnte keine Sensibilisierung festgestellt werden.
Das erfindungsgemässe Verfahren wird nachstehend an einigen Beispielen beschrieben, ohne dass sich der Umfang der Erfindung auf diese Beispiele beschränken soll.
Beispiel l : Menschliches Haar wird mit einer 2%igen Thioglykolsäure-Lösung von pH 9, 0 15 min bei Zimmertemperatur behandelt. Anschliessend wird gespült und danach mit einer 3%igen Lösung des Farbstoffes
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von pH 9 30 min bei Zimmertemperatur gefärbt. Es ergibt sich eine kräftige goldbraune Anfärbung.
Praktisch die gleiche Anfärbung erhält man, wenn man, ohne das Haar vorzubeizen, 21o Thioglykolsäure zu der 3'ogen Farbstofflösung von pH 9 gibt und 30 min bei Zimmertemperatur färbt.
Demgegenüber zeigt das nicht vorgebeizte Haar bzw. das ohne Zusatz von Thioglykolsäure mit der gleichen Farbstofflösung gefärbte Haar keine nennenswerte Färbung.
Beispiel 2 : Analog dem in Beispiel 1 genannten Verfahren wird menschliches Haar mit dem
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gefärbt.
Es ergibt sich eine bräunlich-rote Anfärbung auf vorgebeiztem Haar wie auch auf dem mit Zusatz von Thioglykolsäure gefärbten Haar.
Demgegenüber ist das nicht vorgebeizte bzw. ohne Zusatz von Thioglykolsäure behandelte Haar praktisch nicht angefärbt.
Beispiel 3 : Analog dem in Beispiel 1 genannten Verfahren wird menschliches Haar mit dem Farbstoff
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gefärbt.
Es ergibt sich sowohl beim vorgebeizten wie auch bei dem unter Zusatz von Thioglykolsäure gefärbten Haar eine kräftig bräunlich-rote Färbung, während die nicht vorbehandelte bzw. ohne Zusatz von Thioglykolsäure mit Farbstoff behandelte Strähne praktisch nicht angefärbt ist.
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Beispiel 1 von PH 9 gefärbt.
Es ergibt sich eine kräftige gold-braune Färbung.
Das Haar wird 15 min mit einer 5o/0igen Thioglykolsäure-Lösung von PH 9 behandelt. Anschliessend wird es gespült und 10 min mit einer 2o/0igen O2 -Lösung von PH 3 behandelt.
Die ursprüngliche Färbung ist praktisch vollständig vom Haar abgezogen.
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Beispiel 5 : Vorbehandlung und Färbung erfolgt wie bei Beispiel 4 mit dem Farbstoff gemäss Beispiel 2.
Es ergibt sich eine bräunlich-rote Färbung.
Der Farbstoff wird abgezogen mit einer 10%igen Thioglykolsäure-Lösung von PH 7.5, 15 min.
Anschliessend wird wie in Beispiel 4 mit einer verdünnten HO-Lösung nachbehandelt.
Der Farbstoff ist falst vollständig vom Haar entfernt.
Beispiel 6 : Durchführung genau nach Beispiel 5, nur mit dem Farbstoff gemäss Beispiel 3.
Es ergibt sich eine bräunlich-rote Färbung auf dem Haar, die sich mit der Thioglykolsäure-Lösung weitgehend entfernen lässt.
Beispiel 7 : Das Haar wird 15 min lang bei Zimmertemperatur mit einer lO igen wässerigen Thioglycerin-Lösung von PH 6 behandelt. Nach dem Spülen mit Wasser wird mit 310 ! gen Lösung des Farbstoffes
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30 min bei PH 9 gefärbt.
Es ergibt sich eine kräftige gelbe Wirkung des Haares, die sich mit einer l Öligen ThioglykolsäureLösung von PH 7, 5 innerhalb von 15 min weitgehend vom Haar wieder entfernen lässt. Zweckmässigerweise wird auch in diesem Falle das Haar mit einer 2% igen H-0,-Lösung von PH 3 10 min behandelt.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zum Färben von menschlichen Haaren unter Verwendung eines reduzierenden Beizmittels, insbesondere aus der Gruppe der wasserlöslichen Mercaptane, das in der Lage ist, die S-S-Bindungen des Keratins zu SH-Gruppen zu reduzieren, dadurch gekennzeichnet, dass die Haare bei einem pH-Wert von etwa 9 mit Reaktivfarbstoffen aus der Gruppe der Buntesalze, nämlich Azofarbstoffen mit einem oder mehreren Thioschwefelsäureresten als aktiver Gruppe sowie einem oder mehreren Sulfonsäureresten und einer Hydroxylgruppe als löslich machenden Substituenten, behandelt werden.