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Langsam wirkender Stickstoffdünger
Bei der Anwendung von Handelsdüngemitteln ist man bemüht, die Zufuhr der Nährstoffe sowohl mengenmässig als auch zeitlich an den Bedarf der Pflanzen anzupassen. Während bekanntlich eine Vorratsdüngung mit dem Nährstoff Phosphor möglich und auch üblich ist, sprechen die meisten Erfahrungen gegen eine Vorratsdüngung mit mineralischem Stickstoff.
Hohe Stickstoffgaben können in niederschlagsreichen Gebieten, z. B. in den Tropen, und auf künstlich bewässerten Flächen zu Auswaschungsverlusten führen. Auch kann in bestimmten Fällen die weitere Steigerung der Erträge durch eine zu hohe Konzentration an leichtlöslichen Stickstoffsalzen im Boden begrenzt werden.
Seit längerer Zeit werden bereits Kondensationsprodukte von Harnstoff mit Formaldehyd, sogenannte "Ureaform"-Präparate, als langsam wirkende Stickstoffdünger benutzt. Ihre Wirkung ist jedoch meist unbefriedigend. Es zeigte sich nämlich, dass ein gewisser Anteil des in Form von Harnstoff-Formaldehyd- Kondensaten dargebotenen Stickstoffes schon innerhalb sehr kurzer Zeit verwertet wird, während ein grosser Teil von der Pflanze überhaupt nicht verwertet werden kann. Die gewünschte langsame und nachhaltige Wirkung tritt bei diesen Produkten nur in geringem Masse ein.
Es wurde nun gefunden, dass Crotylidendiharnstoff ein langsam und nachhaltig wirkender Stickstoffdünger ist. Neben der gleichmässigen Anlieferung des Stickstoffes hat diese Verbindung gegenüber mineralischen Stickstoffdüngern auch den Vorteil, dass sie nur schwer ausgewaschen wird und auch eine sehr hohe Dosierung ohne Gefahr für die zu düngenden Pflanzen ermöglicht.
Die langsame Wirkung des Crotylidendiharnstoffes wird auch inMischungen mit leichtlöslichen, d. h. schnell wirkenden Stickstoffdüngern, oder anderen Nährstoffen oder Düngemitteln nicht beeinflusst. Durch Körnung oder Granulierung lässt sich seine Wirkung noch zusätzlich verlangsamen. Anderseits kann durch Beimischung unterschiedlicher Mengen von schnell wirkenden Stickstoffverbindungen eine individuelle Anpassung an den unterschiedlichen Stickstoffbedarf der Pflanzen im Jugendstadium erreicht werden.
Der Crotylidendiharnstoff
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(Beilstein : Hdb. d. org. Ch. III. Erg. l. Bd. 3. Teil (1959) S. 2977) kann durch Umsetzung von Crotonaldehyd mit Harnstoff in saurer wässriger Lösung hergestellt werden.
Er enthält etwa 32-341a Stickstoff, je nach der Reinheit des Produktes. Die für die Düngung anzuwendendenMengen sind von Fall zu Fall verschieden, da sie von vielen Faktoren, wie Art der Kulturpflanzen, Bodenzustand, Klima und Jahreszeit abhängig sind. Bei einer einmaligen Anwendung kommen beispielsweise bei den verschiedenen Kulturpflanzen folgende Mengen als Düngegaben in Betracht (ausgedrückt in kg Reinstickstoff je Hektar, d. h. 1 kg Reinstickstoff entspricht etwa 3 kg Crotylidendiharnstoff) :
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<tb>
<tb> Hackfrüchte <SEP> 100-200 <SEP> kg
<tb> Getreide <SEP> 50- <SEP> 80 <SEP> kg
<tb> Ölfrüchte <SEP> 100-150 <SEP> kg
<tb> Weiden <SEP> 100-150 <SEP> kg
<tb> Rasen <SEP> 100-300 <SEP> kg
<tb> Gemüse <SEP> 50-200 <SEP> kg
<tb> Reben <SEP> 100-200 <SEP> kg
<tb>
Die Prüfung von Crotylidendiharnstoff auf seine Wirkung kann leicht im Gefässversuch (Mitscherlich-
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da diese Pflanze infolge ihrer Regenerationsfähigkeit mehrere Ernten (Schnitte) erlaubt, ohne dass dabei eine Veränderung im Bodengefüge vorgenommen werden muss. Auf diese Weise kann die Aufnahme des Stickstoffes und vor allem seine nachhaltige Wirkung während eines längeren Zeitraumes genau verfolgt werden.
Ebenso erlaubt die kontrollierte Wasserzufuhr eine vergleichende Prüfung verschiedener Stickstoffverbindungen hinsichtlich ihrer Auswaschung aus dem Boden.
Zur Verbesserung der Düngewirkung kann Crotylidendiharnstoff mit anderen mineralischen oder organischen Düngemitteln, beispielsweise schnell oder langsam wirkenden Stickstoff-, Kali- oder Phosphordüngemitteln oder deren Gemischen oder Düngemitteln auf Humusbasis vermischt und dann in dieser Form als Bestandteil einer Düngemittelmischung angewendet werden.
Zur Erleichterung des Ausstreuens und zur Vermeidung des Stauben kann man Crotylidendiharnstoff auch in Mischung mit Inertmaterialien verwenden. Geeignete Inertmaterialien sind beispielsweise Torf, Ton und Holzabfallprodukte (Lignine).
Die folgenden Beispiele beweisen die langsame Düngewirkung des Crotylidendiharnstoffes.
Beispiel l : In Mitscherlich-Gefässen mit lehmigem Sandboden wird ein Vegetationsversuch mit Weidelgras als Versuchspflanze durchgeführt. Neben einer Phosphor-und Kaliumverbindungen enthaltenden Grunddüngung werden 1, 5 g N je Gefäss in Form der zu prüfenden Stickstoffverbindungen zugesetzt. Die Wasserzufuhr wird auf 6Wo der maximalen Wasserkapazität des Bodens bemessen. Es tritt daher kein Sickerwasser auf.
Am Weidelgras werden während der von Mai bis November dauernden Versuchsperiode insgesamt 4 Schnitte vorgenommen. Die Erträge und Stickstoffentzugszahlen sind in der folgenden Tabelle 1 angegeben. Aus ihnen ist zu entnehmen, dass die Stickstoffdüngewirkung des Crotylidendiharnstoffes wesentlich langsamer und nachhaltiger als die der Vergleichssubstanzen ist.
Tabelle 1
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<tb>
<tb> 1. <SEP> Schnitt <SEP> 2. <SEP> Schnitt <SEP> 3. <SEP> Schnitt <SEP> 4. <SEP> Schnitt
<tb> (16. <SEP> Juni) <SEP> (16. <SEP> Juli) <SEP> (10. <SEP> Sept.) <SEP> (26. <SEP> Nov.) <SEP>
<tb> Substanz <SEP> N- <SEP> N- <SEP> N- <SEP> N- <SEP>
<tb> Ertrag <SEP> Entzug <SEP> Ertrag <SEP> Entzug <SEP> Ertrag <SEP> Entzug <SEP> Ertrag <SEP> Entzug
<tb> Kontrolle
<tb> Ohne <SEP> N- <SEP> 3, <SEP> 6 <SEP> 56 <SEP> 1, <SEP> 1 <SEP> 18 <SEP> 1, <SEP> 3 <SEP> 22 <SEP> 1, <SEP> 5 <SEP> 26
<tb> Düngung
<tb> Ammonnitrat <SEP> 11, <SEP> 5 <SEP> 534 <SEP> 25, <SEP> 2 <SEP> 587 <SEP> 8, <SEP> 4 <SEP> 81 <SEP> 2, <SEP> 6 <SEP> 33
<tb> Casein <SEP> 10, <SEP> 1 <SEP> 494 <SEP> 22, <SEP> 2 <SEP> 444 <SEP> 7, <SEP> 6 <SEP> 81 <SEP> 2, <SEP> 8 <SEP> 37
<tb> Glykokoll <SEP> 10, <SEP> 0 <SEP> 500 <SEP> 21, <SEP> 4 <SEP> 458 <SEP> 8, <SEP> 1 <SEP> 79 <SEP> 3,
<SEP> 4 <SEP> 44
<tb> Hippursäure <SEP> 9, <SEP> 1 <SEP> 436 <SEP> 17, <SEP> 2 <SEP> 294 <SEP> 6, <SEP> 3 <SEP> 67 <SEP> 2, <SEP> 3 <SEP> 34 <SEP>
<tb> Ureaform <SEP> *) <SEP> 9,0 <SEP> 345 <SEP> 7, <SEP> 5 <SEP> 129 <SEP> 6, <SEP> 1 <SEP> 83 <SEP> 2, <SEP> 5 <SEP> 42
<tb> Crotyliden-5, <SEP> 7 <SEP> 153 <SEP> 13, <SEP> 5 <SEP> 305 <SEP> 14, <SEP> 8 <SEP> 238 <SEP> 6, <SEP> 0 <SEP> 125
<tb> diharnstoff
<tb>
*) Handelsüblicher Ureaform-Dünger mit 38% Gesamt-N
Die Ertragszahlen sind in Gramm Trockensubstanz je Gefäss und die Zahlen für den N-Entzug in mg Stickstoff je Gefäss angegeben.
Beispiel 2: In der in Beispiel 1 beschriebenen Weise wird ein Vegetationsversuch mit Weidelgras durchgeführt, wobei 7 Tage vor dem 1. Schnitt einmal eine grosse Wassermenge zugegeben wird. Die
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Wassergabe wird-nach vorheriger Wassersättigung des Bodens-auf 500 cm3 je Gefäss bemessen.
Im Sickerwassrr sind folgende N-Mengen nachzuweisen :
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<tb>
<tb> Versuchsreihe <SEP> Kontrolle <SEP> (ohne <SEP> Stickstoff-Düngung) <SEP> 46 <SEP> mg <SEP> N
<tb> " <SEP> mit <SEP> Ammonnitrat <SEP> 908 <SEP> " <SEP> "
<tb> <SEP> mit <SEP> Casein <SEP> 621'" <SEP>
<tb> " <SEP> " <SEP> mit <SEP> Glykokoll <SEP> 665 <SEP> " <SEP> "
<tb> " <SEP> " <SEP> mit <SEP> Hippursäure <SEP> 507 <SEP> " <SEP> "
<tb> mit <SEP> Ureaform <SEP> 200""
<tb> " <SEP> " <SEP> mit <SEP> Crotylidendihamstoff <SEP> 236 <SEP> " <SEP> "
<tb>
Die Zahlen lassen erkennen, dass unter den verschiedenen Stickstoffverbindungen Crotylidendiharnstoff und Ureaform die weitaus geringsten Auswaschungsverluste zeigen. Beim Crotylidendiharnstoff ergibt sich demnach in der Ertragsbildung (s. Tabelle 2) auch eine sehr starke Überlegenheit gegenüber den Verbin- dungen mit hoher N-Auswaschung.
Dies trifft für Ureaform jedoch nicht zu, da hier die niedrige Auswa- schung durch die relativ schlechte Stickstoffausnutzung kompensiert wird. Die Ertragsunterschiede zwischen Ammonnitrat, Ureaform undCrotylidendiharnstoff liegen nachdem 4. Schnitt bei 22, 8 : 23, 0 : 36, 1 g Trok- kensubstanz/Gefäss. In der N-Aufnahme ergeben sich nach dem 4. Schnitt folgende Unterschiede zwischen diesen 3 Verbindungen :
EMI3.2
<tb>
<tb> Ammonnitrat <SEP> : <SEP> 561 <SEP> mg <SEP> N/Gefäss
<tb> Ureaform <SEP> : <SEP> 473 <SEP> ".. <SEP>
<tb>
Crotylidendihamstoff <SEP> : <SEP> 766 <SEP> "
<tb>
Tabelle 2
EMI3.3
<tb>
<tb> 1. <SEP> Schnitt <SEP> 2. <SEP> Schnitt <SEP> 3. <SEP> Schnitt <SEP> 4. <SEP> Schnitt
<tb> (16. <SEP> Juni) <SEP> (16. <SEP> Juli) <SEP> (10. <SEP> Sept.) <SEP> (26. <SEP> Nov.)
<tb> N- <SEP> N- <SEP> N- <SEP> N- <SEP>
<tb> Substanz <SEP> Ertrag <SEP> Entzug <SEP> Ertrag <SEP> Entzug <SEP> Ertrag <SEP> Entzug <SEP> Ertrag <SEP> Entzug
<tb> Kontrolle
<tb> ohne <SEP> N- <SEP> 3,3 <SEP> 58 <SEP> 1,1 <SEP> 17 <SEP> 1, <SEP> 9 <SEP> 26 <SEP> 1, <SEP> 6 <SEP> 28
<tb> Düngung
<tb> Ammonnitrat <SEP> 8, <SEP> 3 <SEP> 363 <SEP> 9, <SEP> 2 <SEP> 134 <SEP> 3, <SEP> 4 <SEP> 37 <SEP> 1, <SEP> 9 <SEP> 27
<tb> Casein <SEP> 11,4 <SEP> 405 <SEP> 6,7 <SEP> 92 <SEP> 3,8 <SEP> 47 <SEP> 2, <SEP> 1 <SEP> 35
<tb> Glykokoll <SEP> 10, <SEP> 1 <SEP> 387 <SEP> zo <SEP> 42 <SEP> 2,
<SEP> 3 <SEP> 35
<tb> Hippursäure <SEP> 9, <SEP> 9 <SEP> 238 <SEP> 5, <SEP> 6 <SEP> 82 <SEP> 3, <SEP> 5 <SEP> 43 <SEP> 1, <SEP> 9 <SEP> 32
<tb> Ureaform*) <SEP> 8, <SEP> 6 <SEP> 245 <SEP> 5, <SEP> 9 <SEP> 101 <SEP> 5, <SEP> 7 <SEP> 82 <SEP> 2, <SEP> 8 <SEP> 45
<tb> Crotylidendiharnstoff <SEP> 6,4 <SEP> 164 <SEP> 9,9 <SEP> 218 <SEP> 13,6 <SEP> 231 <SEP> 6,2 <SEP> 153
<tb>
*) Handelsüblicher Ureaform-Dünger mit 38% Gesamt-N.
Die Zahlenangaben für Ertrag und N-Entzug sind in den gleichen Einheiten wie in Tabelle 1 angegeben.
Beispiel 3 : Zur Prüfung der Frage, welche Schäden an Kulturpflanzen auftreten, wenn ihnen Stickstoffdüngemittel in grösseren Mengen als üblich zugesetzt werden, wird ein Versuch in MitscherlichGefässen mit Mais durchgeführt. Der Stickstoff wird in Form von Ammonnitrat und Crotylidendihamstoff in steigenden Gaben bis zu 15 g N/Gefäss zugeführt. Es wird bei der Entwicklung der Maispflanzen beobachtet, dass bei 5 g N als Ammonnitrat eine starke Hemmung in der Jugendentwicklung auftritt, während bei der Düngung mit Crotylidendiharnstoff selbst bei 15 g N keine Wachstumsdepressionen zu erkennen sind. Bei den mit Ammonnitrat gedüngten Pflanzen gehen die mit 7,5 und 15 g N gedüngten Maispflanzen völlig ein, während die mit Crotylidendiharnstoff gedüngten Pflanzen eine sehr gute Entwicklung zeigen.
Die Ergebnisse des Versuches sind aus der folgenden Tabelle 3 zu entnehmen.
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Tabelle 3
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<tb>
<tb> N-Gabe/Gefäss <SEP> Ertrag
<tb> Trockensubstanz/Gefäss
<tb> ohne <SEP> N <SEP> 25, <SEP> 3 <SEP> g <SEP>
<tb> l, <SEP> 0 <SEP> g <SEP> N <SEP> als <SEP> Ammonnitrat <SEP> 91,0 <SEP> g
<tb> 5, <SEP> 0 <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> 76,4 <SEP> g
<tb> 7, <SEP> 5""""Totalschädigung
<tb> 15, <SEP> 0 <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> Totalschädigung
<tb> 1, <SEP> 0 <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> Crotylidendiharnstoff <SEP> 72,8 <SEP> g
<tb> 5, <SEP> 0 <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> 100,0 <SEP> g
<tb> 7, <SEP> 5 <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> 113,1 <SEP> g
<tb> 15, <SEP> 0 <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> " <SEP> 116,4 <SEP> g
<tb>