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In jeder Präzisionsfertigung ist neben der Masshaltigkeit der einzelnen Teile auch die Einhaltung ihrer geometrischen Form von grösster Wichtigkeit und oft entscheidend für die einwandfreie Funktion. Die Formmessung bzw.-prüfung ist daher zu einem dringenden Problem geworden.
Einer eindeutigen Formbestimmung stehen jedoch beträchtliche Schwierigkeiten im Wege.
Wohl ist es möglich, bei der Messung von Aussenzylindern und Aussenkegelflächen durch Kombinationen mehrerer geeigneter Messverfahren gewisse Rückschlüsse auf die geometrische Form der Stücke zu ziehen, doch gelingt dies nicht in allen Fällen und selten mit der erforderlichen Genauigkeit. Die Verfahren sind überdies äusserst umständlich und zeitraubend. Bei anderen Flächenformen und ganz besonders bei Innenflächen erscheinen die Schwierigkeiten unüberwindlich. Sie sind im wesentlichen dadurch begründet, dass bisher nur mehrere, im allgemeinen voneinander unabhängige Masswerte, z. B. einzelne Durchmesser, ermittelt werden konnten.
Unter Formfehlern sind die Abweichungen der Werkstücksoberfläche, der Istfläche", von einer, die gewollte Form aufweisenden"Sollfläche"zu verstehen. Diese Sollfläche muss in ihren Abmessungen und in ihrer Lage zur Istfläche festgelegt werden. An dem Beispiel einer zylindrischen Bohrungsfläche sei das näher erläutert.
Man denke sich eine Drehzylinderfläche, welche die Bohrungsfläche (Istfläche) in mindestens einem Punkte berührt und nirgends ins Stoffinnere eindringt, also einen Stützzylinder. Koaxial mit diesem Stützzylinder denke man sich einen zweiten solchen, der ganz im Stoffinneren liegt.
Das von den beiden Stützzylindern gebildete Rohr (Stützflächenrohr) schliesst dann zwischen seinen beiden zylindrischen Grenzflächen die Istfläche ein. Solche Stützflächenrohre gibt es unzählig viele, unter denen jedoch im allgemeinen eines sein wird, dessen Wandstärke einen Kleinstwert aufweist. Der stoffabseitig gelegene Grenz- zylinder des so ausgezeichneten Stützflächenrohres ist als Sollfläche zu betrachten. Die Formfehler der Istfläche sind nun deren Abweichungen von der Sollfläche, senkrecht zu dieser gemessen. Die grösste Formabweichung ist gleich der Wandstärke des ausgezeichneten Stützflächenrohres.
Dieser Gedanke kann sinngemäss auch auf alle anderen gesetzmässigen, sowohl Aussen-als auch Innenflächen übertragen werden und ist naturgemäss in gleicher Weise für makrogeometrische, wie auch für mikrogeometrische Formfehler (Rauhigkeit) giltig.
Eine unmittelbare und vollständige Formfehlermessung, wie sie die Formfehlerdefinition verlangt, ist nur für die Untersuchung einzelner ebener Messflächen mittels Lichtinterferenz unter Benutzung einer Vergleichsebene bekannt. Diesem Zwecke dienen die Interferenzkomparatoren. Um die grundsätzliche Funktion eines solchen Gerätes an einem Beispiel zu erläutern, sei der Köster'sche Interferenzkomparator, dem die Michelson'sche Anordnung zugrunde liegt, herausgegriffen ; in Fig. l ist das Wirkungsschema dargestellt. Eine Lichtquelle G beleuchtet über den Kondensor K eine Spaltblende Sp. Die von ihr ausgehenden Lichtstrahlen sammelt das Objektiv Oi zu einem Parallelstrahlenbündel B, das von einem, als Monochromator dienenden Prisma Pr abgelenkt wird.
Die durchlässig versilberte Platte Pli spaltet das Bündel in zwei Parallelstrahlenbündel I und II. I wird nach Durchsetzen der Korrekturplatte Pl2 (deren Zweck später erläutert wird) an dem optisch eben polierten Spiegel S in sich reflektiert und nach nochmaligem Durchgang durch Pl2 sowie Pl, vom Objektiv O2 im Brennpunkte F gesammelt, wo sich eine Beobachtungsblende BI befindet. Das Bündel II reflektiert die Prüffläche P des Prüflings E in sich, so dass es gleichfalls, nach Reflexion an der Platte Pll, von O2 an der Stelle F gesammelt wird.
Die Reflexion an S hat die gleiche Wirkung wie eine gedachte Reflexion an dem von der Platte Pl1 entworfenen virtuellen Spiegelbild R von S, da ja der Weg von Pli bis S und zurück ebenso lang ist, wie von PI ! bis R und zurück. Um die beiden Wege auch optisch gleich zu machen, ist das
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Zylinderfläche P ist die Ebene Se, eine Schichten- ebene, wie sich aus der Verfolgung der die Abbildung erzeugenden Bündelstrahlen ergibt. Der
Strahl St z. B. verläuft von 1 über 2 nach 3 und geht nach Reflexion an der Zylinderfläche den gleichen Weg wieder zurück. Die Länge seines Weges wäre die gleiche, wenn er von 1 über 2 nach 4 (in Se) und von dort wieder zurück liefe.
Der Punkt 4 ist das Spiegelbild des Zylinderpunktes 3. Das gilt für sämtliche Prüfflächenpunkte unter Bedachtnahme darauf, dass die Abbildung der Prüffläche an der mit ihr gleichachsig justierten Spiegelfläche durch das zur gemeinsamen Achse parallel eingestellte Strahlenbündel des Interferenzgerätes erfolgt. Diese Verhältnisse gelten ebenso für anders gestaltete Prüfflächen.
In Fig. 3 ist bei gleicher Bezeichnungsweise wie in Fig. 2 die Abbildung einer Innenkegelfläche schematisch dargestellt.
Durch geeignete Gestaltung des Spiegels lassen sich auch andere Flächen in Ebenen abbilden, z. B. Innenkugelflächen, bei Verwendung eines aussen spiegelnden Paraboloides mit dem Brennpunkt im Kugelmittelpunkt. Fig. 4 zeigt diese Anordnung im Schema bei gleicher Bezeichnungsweise wie in Fig. 3 ; M ist der Kugelmittelpunkt und n die Flächennormale des spiegelnden Paraboloids im Punkte 2.
Ist die Prüffläche eine Kreisringfläche, wie in Fig. 5 dargestellt, dann dient als spiegelnde Fläche eine Drehfläche, deren Meridian eine Parabel ist. Ihr Brennpunkt liegt im Mittel- punkt des erzeugenden Kreises ; n ist eine Flächennormale des Spiegels.
Zu jeder beliebigen Prüffläche lässt sich durch Rechnung oder Zeichnung eine Spiegelfläche angeben, die jene in eine Ebene abbildet. Dies ist in gleicher Weise für Innen-wie auch Aussenflächen durchführbar. Bei der Messung von Aussenflächen tauschen Prüfling und Spiegel gewissermassen die Rollen. Es liegt dann nicht, wie in den gezeigten Beispielen, die spiegelnde Aussenfläche im Inneren des Prüflings, sondern es ragt umgekehrt der Prüfling in das Innere der-im allgemeinen hohlen-Spiegelfläche.
Dem Beobachter zeigt sich im Gesichtsfeld des Gerätes ein ebenes Bild der gesamten Prüflingsfläche. Sie erscheint je nach den vorhandenen Formfehlern mit Interferenzstreifen oder-kurven bzw.-flecken überzogen, ans deren Lage, Anzahl und Bewegungsrichtung Art und Grösse der Formfehler sofort auf den ersten Blick zu erkennen sind. Sämtliche Abweichungen von der Sollform sind leicht zu überblicken, auch zu lokalisieren, und es kann die Messung der Formfehler durch blosses Abzählen der sichtbaren Interferenzkurven oder-flecken erfolgen, wobei der Prüfling so einzustellen ist, dass die Streifenzahl ein Minimum wird.
Es ist jedoch auch möglich, die Streifenzahl bei einer solchen Lage : des Prüflings gegen die"Sollfläche"zu zählen, welche die funktionsbedingte Gebrauchslage vorstellt, oder den Prüfling absichtlich in eine
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verschobene, verdrehte usw. Lage zu bringen, um am Verlauf der Interferenzerscheinung die Formfehler im Detail zu studieren.
Selbstverständlich sind neben den makrogeometrischen Formfehlern auch die innerhalb kleiner Flächenbereiche auftretenden, mikrogeometrischen Formfehler (Rauhigkeiten), in der bekannten Weise an den Ausbuchtungen und Zacken der Interferenzkurven zu erkennen.
Die Genauigkeit des Mess-bzw. Prüfungsergebnisses ist natürlich von der Genauigkeit der abbildenden Spiegelflächen abhängig. Die Feststellung kleiner Fehler an den Spiegeln kann ähnlich wie bei ebenen Spiegeln dadurch erfolgen, dass etwa die Prüffläche in sich verschoben wird.
So kann man z. B. bei Kegelspiegeln zur Formmessung an Zylindern die Querschnittsfehler dadurch feststellen, dass man den Prüfling etwa um seine Achse etwas dreht und wieder in Messstellung bringt. Interferenzkurven oder-flecken, die dabei an der gleichen Stelle des Gesichtsfeldes wieder auftauchen, sind auf Spiegelfehler zurückzuführen. Sie lassen sich auf diese Weise erkennen und durch örtliche Nacharbeit beseitigen. Eine Verschiebung des Prüflings in Richtung seiner Achse deckt in analoger Weise die Abweichungen der Längsschnitte des Kegelspiegels von geraden Linien auf. Um den Öffnungswinkel des Kegelspiegels zu prüfen, wird der Prüfling in gestürzter Lage untersucht, bei der also der früher oben liegende Rand jetzt nach unten kommt.
Fehler im Öffnungswinkel des Kegelspiegels verraten sich sofort dadurch, dass die von ihnen verursachten Interferenzerscheinungen an gleicher Stelle verbleiben, während die von den Prüflingsfehlern stammenden Interferenzbilder auf den Kopf gestellt erscheinen.
Bei allgemeinen Flächen, die keine Verschiebung in sich erlauben, ist eine solche Selbstkontrolle der Spiegelfläche nicht möglich. Sie ist dann mit den üblichen Werkstatt-und Laboratorienmessmitteln, wie Feintaster, Messmikroskope u. dgl. nachzuprüfen. Die Genauigkeit der Formmessung ist durch die so bedingte Genauigkeit des Spiegels begrenzt. Wenn auch in diesen Fällen mit geringeren Messgenauigkeiten gerechnet werden muss, wird doch, gerade bei solchen Prüfflächen, die Formmessung durch das interferentielle Formmessverfahren überhaupt erst möglich gemacht.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur unmittelbaren und vollständigen Messung bzw. Prüfung der Formfehler an Drehflächen oder sonstwie gesetzmässig gestalteten Flächen, insbesondere Innenflächen, mittels Lichtinterferenz, dadurch gekennzeichnet, dass von der gesamten zu prüfenden Oberfläche durch spiegelnde Flächen, unter Vermittlung der Strahlen eines einzigen Parallelstrahlenbündels, ein solches Spiegelbild erzeugt wird, welches im Falle einer fehlerlosen Prüffläche eine Ebene wäre und die Abweichungen des Bildes der fehlerbehafteten Prüffläche von einer möglichst fehlerfreien materiellen oder virtuellen Vergleichsebene festgestellt und gemessen bzw. geprüft werden.