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Verfahren zur Veränderung der Affinität geformter Gebilde.
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Während bei Wolle, um Schädigungen zu vermeiden, besonders vorsichtig zu arbeiten ist, wenn die Reaktion in schwach alkalischem Gebiet verläuft, ist umgekehrt bei Gebilden auf Cellulosebasis, wie animalisierter Viskosekunstseide, das Auftreten stark saurer Reaktion zu vermeiden. Die Ver- wendung von Alkalibindemitteln bzw. alkalischen Puffersalzen ist also besonders in solchen Fällen wichtig. In Gegenwart von Alkylenoxyden können Säuresehäden nicht eintreten, da diese freie Säure, insbesondere Halogenwasserstoff, unter Esterbildung binden.
Auch eine Nachbehandlung einer fertigen Färbung kann zum Zwecke der Verbesserung der
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Erschwerlngsmitteln oder Schädlingsbekämpfungsmitteln.
Für die Wahl der Behandlungsweise ist der Aggregatzustand des Behandlungsmittels von wesent- licher Bedeutung. Stoffe, die bei niederer oder mittlerer Temperatur, gegebenenfalls unter vermindertem
Druck genügend flüchtig sind, werden zweckmässig in Dampfform auf die Gebilde zur Einwirkung gebracht. Wasserunlösliche Stoffe werden beim Arbeiten in wässrigem Medium in möglichst feiner
Dispersion angewandt, um ihre Wirkung zu erhöhen und gleichmässig zu gestalten.
Die Steigerung der Affinität bzw. die Aufnahmegeschwindigkeit der Fasern oder Gebilde für bestimmte Farbstoffgruppen ist besonders für den Druck wichtig, ferner bei der Färbung von Misch- geweben oder Misehgarnen aus Wolle und Cellulosefasern oder aus Wolle und Acetylcellulosefasern, vornehmlich also dann, wenn schwach sauer oder neutral bei möglichst niedriger Temperatur gefärbt werden soll.
Man hat bereits (britische Patentschrift Nr. 317019) Wolle mit reaktionsfähigen Isocyansäureestern behandelt, um ihre färberischen Eigenschaften zu verändern. Die Isoeyansäureester sind wohl sehr reaktionsfähig ; sie bewirken aber keine Alkylierung, sondern eine Acylierung an den Aminogruppen unter Bildung von Harnstoffgruppen. Hiedureh wird die Affinität zu sauren Farbstoffen je nach der Intensität der Behandlung herabgesetzt oder aufgehoben.
Es ist ferner vorgeschlagen worden (D. R. P. Nr. 448797,462090), Wolle und andere tierische Fasern zur Erhöhung des Aufnahmevermögens für saure Farbstoffe mit Aeylierungsmitteln, insbesondere Arylsulfochloriden, zu behandeln. Soweit hiebei eine Reaktion mit Aminogruppen eintritt, kann eine Steigerung der Affinität zu sauren Farbstoffen nicht erwartet werden. Die z. B. mit Toluolsulfoehlorid erzielbaren schwachen Effekte sind wahrscheinlich auf hartnäckige Zurückhaltung von Säuren im
Inneren der Faser zurückzuführen.
Beispiele :
1. 1-7 Teile Wollen werden mit 0'5 Teilen Bromäthyldampf in 1000 Volumenteilen Luft bei 75% relativer Luftfeuchtigkeit 14 Stunden auf 80" erwärmt. Die äusserlich nur unwesentlich veränderte Wolle nimmt in neutraler Flotte Alizarindirektblau A oder Orange II (je 2%) viel stärker auf als im gleichen Färbebad befindliehe unbehandelte Wolle. Die Färbungen sind auch waschechter als gleich tiefe Färbungen auf nicht vorbehandelter Wolle. Dieselben färberischen Unterschiede treten zutage, wenn die Wolle vor dem Färben geseift wird.
2. An Stelle von Bromäthyl wird Chloressigsäureäthylester verwendet und 16 Stunden auf 70G bei 75% relativer Luftfeuchtigkeit erhitzt. Die obengenannten Farbstoffe ziehen schon bei wesentlich tieferer Temperatur als auf normale Wolle.
3. Wolle wird mit einer 10% igen Losung von benzylchloridsulfonsaurem Natrium unter Zusatz von V [o Mol Kaliumjodid, bezogen auf das benzylchloridsulfosaure Salz, imprägniert, abgeschleudert und 16 Stunden auf 70" erwärmt. Saure Farbstoffe, z. B. Alizarindirektblau A werden von dem behandelten Material rascher fixiert.
4. Wolle wird bei 75% relativer Luftfeuchtigkeit mit 20% Benzylchlorid, bezogen auf das Wollgewicht, 16 Stunden auf 800 erhitzt : Der behandelte Strang ist noch rein weiss. Beim Färben wird Alizarindirektblau A von dem behandelten Material schon bei 60a kräftig aufgenommen. Auch nach einer Zwischenbehandlung mit Ammoniak treten fast dieselben relativen Unterschiede auf.
5. Mit 2% Orange II gefärbte Wolle wird 16 Stunden bei 500 und 75% relativer Luftfeuchtigkeit mit Jodäthyldampf behandelt. Die Waschechtheit der Färbung ist beträchtlich verbessert. In gleicher Weise kann die Wasehechtheit einer 2% igen Färbung von Azofuchsin G auf Wolle verbessert werden.
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imprägniert und nach dem Abschleudern 16 Stunden auf 80" erwärmt. Nach gründlichem Auswässern färbt sich die behandelte Wolle mit Alizarindirektblau A erheblich kräftiger als unbehandeltes Vergleichsmaterial.
7. Fibroinkunstseide wurde 16 Stunden bei 80" und 75% relativer Luftfeuchtigkeit in Gegenwart von Jodäthyldampf erwärmt. Die behandelte Kunstseide färbt sich mit Orange II im gleichen Bad nicht unwesentlich dunkler als unbehandelte.
8. Eine Acetatkunstseide, welche 7'5% Polyakrylsäure-w-diäthylaminoäthylamid, hergestellt nach der französischen Patentschrift Nr. 798460, enthält (Gehalt der Faser an basischem, tertiärem
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Stickstoff 0'4%), wird mit 2% Alizarindirektblau A in Gegenwart von Essigsäure gefärbt. Die gefärbte Kunstseide wird 14 Stunden lang bei 80% relativer Luftfeuchtigkeit in Gegenwart von Jodäthyldampf verhängt. Die Waschechtheit der Färbung ist nicht unwesentlich verbessert.
9. Zephirgarn wird mit 3% Amidonaphtolrot BB (Schultz, Farbstofftabellen, 7. Auflage, Ergänzungsband, Seite 8, Nr. 110) in der üblichen Weise gefärbt und dann 12 Stunden lang mit 8% Propylenoxyd und 20% Äthyljodid bei 92% relativer Luftfeuchtigkeit in einem geschlossenen Gefäss von 100 Volumenteilen auf 50'erhitzt. Die nachbehandelte Wolle kann bei 80" ohne nennenswerte Ver- änderung der Färbung und ohne Ausbluten auf weisse Ware mit Seife gewaschen werden. Die nicht nachbehandelte Färbung wird unter den gleichen Bedingungen grösstenteils abgezogen. Weisse Ware wird hiebei sehr stark angeblutet.
10. 10 Teile Zephirgarn werden in einer wässrigen Dispersion von 5 Teilen Schlämmkreide und 5 Teilen Toluolsulfosäuremethylester, beide dispergiert mit 20% Oleylpolyglykol l Stunde bei 65 und 1 Stunde bei 75'im Flottenverhältnis 1 : 20 umgezogen. Anschliessend wird gründlieh gespült und geseift. Die behandelte Wolle färbt sich mit sauren Farbstoffen, z. B. mit Alizarindirektblau A (Schultz, Farbstofftabellen, 7. Auflage, Band II, Seite 9), wesentlich kräftiger an als das Ausgangsmaterial.
11. Man verhängt Wollgarn bei 700 8 Stunden im Dampf von Allylbromid. Beim nachträglichen
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pentan verhängt. Die Affinität zu vielen sauren Seidefarbstoffen ist gesteigert und die Wasserechtheit t der Färbungen verbessert.
13. Ein mit Propylenoxyd nach dem Verfahren des österr. Patentes Nr. 153972 alkyliertes
Wollgewebe wird in einer 5%igen Lösung von Chloracetdiäthylamid in Butanol im Flottenverhältnis 1 : 20
6 Stunden auf 1050 erhitzt. Die Affinität der gespülten und getrockneten Seide für saure Behandlungs- mittel wie Farbstoffe und Mottenschutzmittel ist gesteigert. Gleichzeitig ist die Echtheit verbessert. Die
Verbesserung ist nicht so stark, wenn von gewöhnlicher, nicht mit Propylenoxyd vorbehandelter
Wolle ausgegangen wird.
14. Viskosegewebe wird mit 10% Oktodeeyltriäthylentetramin in wässriger Lösung im Flotten- verhältnis 1 : 50 eine Stunde lang bei 50-800 behandelt. Das so vorbehandelte Gewebe wird nun bei
35% relativer Luftfeuchtigkeit im Dampf von 8% Epichlorhydrin und 8% 1'4-Dibrombuten-2'3
14 Stunden in einer geschlossenen Kammer von 40 Volumenteilen in Kubikzentimetern auf das Waren- gewicht in Grammen auf 700 erwärmt. Die anschliessend zwei Stunden lang mit 3g Essigsäure im Liter im Flottenverhältnis 1 : 50 bei 650 abgesäuerte und noch kurz geseifte Ware wird sodann mit 4% Ali-
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mit Epichlorhydrin nachbehandelte Ware färbt sich viel schwächer und sehr unecht, da die Base nicht fest an die Faser gebunden ist.
15. Ein mit einem sauren Mottenschutzmittel mottenecht gemachtes Garn wird mit einer 5% igen Lösung von 1'2-Dichlordiäthyläther in Butanol 14 Stunden auf 700 erwärmt. Das behandelte Wollgarn behält seine Mottenechtheit im Gegensatz zu nicht behandeltem Material.
16. Lose Wolle wird über Nacht in einer 5% eigen Lösung von symmetrischem Dichlordimethyläther in Tetrachloräthan, welche 1% feinstgepulvertes Aluminiumchlorid enthält, 14 Stunden auf 50 erwärmt, wobei dauernd bewegt wird. Färbt man das so vorbehandelte Material mit Chromkomplex- verbindungen von sauren organischen Farbstoffen (Palatineehtfarbstoffen der 1. G. ), so erhält man auch bei tiefen Tönen gute Seewassereehtheit.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Veränderung der Affinität geformter Gebilde aus oder mit natürlichen oder künstlichen Produkten, die basischen Stickstoff an hochmolekulare Reste gebunden enthalten, z. B. natürliche oder künstliche Fasern, Folien, Borsten, Kunststroh, Felle, Leder usw., zu sauren Farbstoffen, dadurch gekennzeichnet, dass man sie mit zur Reaktion als Alkylierungsmittel befähigten Estern anorganischer oder anorganisch-organischer Säuren bzw. Derivaten von solchen behandelt.