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Verfahren zur Führung des Teiges für Backzwecke.
In der Brotbäckerei werden zwei verschiedene Teigführungsarten nebeneinander verwendet, die Hefeteiggärung im unmittelbaren Trieb (direkte, in Österreich auch böhmische"Teiggärung genannt) und die indirekte Sauerteiggärung (Vorteiggärung), die entweder als reine Sauerteiggärung oder als gemischte Sauerteig-Hefeteiggärung ausgeführt werden kann. Die indirekte Teiggärung spielt sich in jedem Fall so ab, dass eine kleine Menge Sauerteig (Anstellsauer) stufenweise durch Mehl-und Wasserzusätze zu immer grösseren Vorteigen vermehrt wird, bis ein für den Endteig ausreichender Vorteig erzeugt ist.
Dieser Art von Teigführung ist eigentümlich, dass jede Vorteigstufe im Augenblick der Reife durch Zusatz von Mehl und Wasser weiterverarbeitet werden muss, weil sonst Übersäuerung und Fehlgärungen (Bildung von Essigsäure und Buttersäure) eintreten und dadurch der Trieb geschädigt wird ; die rechtzeitige Erfassung dieses Entwicklungszustandes, der je nach der Temperatur und Verdünnung des reifenden Vorteiges zu verschiedener Zeit erreicht ist, ist von entscheidender Bedeutung für das Gelingen der ganzen
Teigführung und damit für die Güte der erzeugten Backware. Dadurch wird diese an sich schon umständliche Arbeitsweise noch erschwert.
Die Beobachtung und Behandlung der reifenden Vorteige lässt sich mit der erforderlichen Sorgfalt bei Einhaltung des Naehtbackverbotes kaum durchführen. Diese Schwierig- keiten der Sauerteiggärung werden auch nicht durch Anwendung von Dauerkulturen zur Herstellung des Gäransatzes beseitigt. Die Anwendung solcher Kulturen an Stelle von flüssigen Kulturen, die beispielsweise durch Aufnahme der Bakterienkulturen mit indifferenten, in hohem Masse quellfähigen und schnell wasserbindenden lockeren Stoffen, wie Quellstärke (allenfalls unter Zusatz konzentrierter Zuckerlösungen), gewonnen werden, enthebt den Bäcker nicht der Notwendigkeit, den Gäransatz in der üblichen Weise in mehreren Abfrischstufen bis zur Vollreife weiterzuführen.
Dabei geht schon in der ersten Abfrischstufe beim Vermischen mit naturgemäss nicht sterilem Wasser und Mehl der mit der Anwendung einer Reinzucht angestrebte Vorteil verloren.
Die direkte Teiggärung bietet demgegenüber den Vorteil grosser Zeitersparnis und Einfachheit, liefert aber Backwaren, die in geschmacklicher Hinsicht hinter den mit indirekter Teiggärung erzeugten zurückstehen. Überdies besteht für das Brot die Gefahr des Schleimigwerdens (Fadenziehendwerdens), da der Säuregrad des mit direkter Herführung des Teiges erzeugten Brotes nicht genügt, um den Bae. mesentericus, den Erreger dieser Brotkrankheit, mit Sicherheit zu unterdrücken.
Um die grosse handwerkliche Erleichterung beizubehalten, die mit der direkten Teiggärung verbunden ist, und die Nachteile dieser Arbeitsweise zu vermeiden, ist man zur Herstellung sogenannter Fertigsauer übergegangen. Es handelt sich hiebei um fertige Teigsäuerungsmittel, die haltbar sind und daher vorrätig gehalten werden können und die neben Säurebakterien oder Säurebakterien und Hefe schon einen erheblichen Gehalt an Säure besitzen und allenfalls auch mit Aromastoffen angereichert sind. Solche Fertigsauer werden, gegebenenfalls unter Mitverwendung von Hefe, für den unmittelbaren Trieb des Teiges verwendet und liefern bei günstiger Beschaffenheit Backwaren, deren Geschmack wesentlich besser als der des Gebäcks ist, das durch direkte Teiggärung mit Hefe allein erzeugt wurde.
Um den zur sicheren Verhütung des Fadenziehens notwendigen Säuregrad im Teig zu erzielen, müssen aber Mengen solcher Teigsäuerungsmittel verwendet werden, die den Erzeugungsvorgang empfindlich verteuern.
Das den Gegenstand der Erfindung bildende Verfahren ermöglicht es, die Vorteile solcher Fertigsauer auszunutzen, ohne den Verbraucher wirtschaftlich allzusehr zu belasten. Das Wesen dieses Verfahrens besteht darin, dass ein sogenannter Fertigsauer bei Temperaturen, die der Säurebildung günstig
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sind, in einem Vorteig bis zur reichlichen Bildung von Säure vermehrt und erst dieser Ansatz zum un- mittelbaren Trieb des Teiges verwendet wird. Zu diesem Zweck wird der Fertigsauer mit Mehl und Wasser dünn eingeteigt und der Teig etwa 24 Stunden bei 35-50 der Säuerung überlassen. Durch richtige
Bemessung des Anstellsauers lässt sich jede Übersäuerung vermeiden ; selbst wenn man den Ansatz
40 Stunden gären lässt, bleibt die Säuerung nach Erreichung eines gewissen Wertes stehen.
Es wird nämlich im Ansatz so viel Milchsäure gebildet, wie die vorhandenen Säurebakterien bzw. Sauerteigbakterien überhaupt ohne Schädigung ertragen können. Eine weitere Vermehrung der Milchsäure tritt dann nicht mehr ein, weshalb bei Verwendung einer bestimmten Menge an Ansatz mit einer immer gleichen Menge Milchsäure gerechnet werden kann. Die im Sinne der Erfindung bei Vermehrung des Teigsauers in einem
Vorteig angewendete, die Säurebildung begünstigende Temperatur, die wesentlich höher liegt als die üblichen Vorteigtemperaturen, führt überdies zu einer Säuerung im Sinne einer natürlichen Reinzucht, indem zufolge der hohen Temperaturen und der entsprechenden Säurebildung unerwünschte Gärungs- erreger ferngehalten werden.
Im Gegensatz zur Sauerteiggärung ist bei diesem Verfahren eine Kontrolle der Reife des Vorteiges nicht erforderlich ; ferner entfällt das stufenweise weitere Abfrischen, wie es die Sauerteigführung erfordert.
Die Menge des bei der Teigbereitung verwendeten Ansatzes bzw. der darin enthaltenen Menge an Milch- säure wird so gewählt, dass das"Fadenziehen"des Brotes eben verhindert wird, das Brot jedoch keinen sauern Geschmack aufweist. Das bei der gebräuchlichen Sauerteigführung so gefürchtete Eintreten von
Essigsäure-und Buttersäuregärung ist hier ausgeschlossen, da der Ansatz eine Milchsäurekultur dar- stellt, die praktisch als Reinkultur anzusehen ist. Ein besonderer Vorteil im Vergleich mit der bisher üblichen Anwendungsweise von Fertigsauern liegt darin, dass die anzuwendenden Mengen des Teig- säuerungsmittels erheblich geringer bemessen werden können.
Ausführungsbeispiel : 5 leg Fertigsauer und 5 kg Roggenmehl werden in 25 I Wasser von
40 bis 450 eingerührt. Die Masse wird 24 Stunden bei 40 bis 45 C der Säuerung überlassen. Nach dieser
Zeit wird die gärende Masse unter Zuhilfenahme von 75 I Wasser von 17-24 C und von 2 Presshefe und den sonstigen üblichen Zutaten ganz ebenso wie bei der direkten Herführung mit der nötigen Menge
Mehl zusammengearbeitet und dann der Teig sich selbst überlassen, bis er den nötigen Auftrieb erreicht hat.