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Verfahren zur Herstellung von feinfädiger Kunstseide aus aeetonlöslicher Aeetylcellulose und anderen leiehtlöslichen organischen Celluloseestern und-äthern.
Bekanntlich unterscheiden sich die Kunstseidensorten des Handels-Viskoseseide, Kupferseide,
Nitroseide, Acetatseide, Ätherseide-nicht allein durch ihre verschiedenartige Herstellungsweise und durch ihre von einander abweichenden Eigenschaften, sondern auch durch die Feinheit ihrer Fäden und durch die relative Festigkeit der letzteren. Je feiner und gleichzeitig je fester eine Seide ist, je mehr sie sich in diesen Eigenschaften der Naturseide nähert, desto grösser ist ihr Wert und desto höher der für sie bezahlte Preis. Daher kommt es, dass die sehr feinfädige Kupferseide viel höher bezahlt wird als die
Viskoseseide, obschon beide vom chemischen Standpunkte aus, als regenerierte Cellulose, identisch sind.
Die grosse Feinheit der Kupferseidefäden wird durch mechanische Dehnung des Fadens während des Spinnens durch das Streckspinnverfahren bewirkt.
Bei der neuesten Seide, der Acetatseide, hat man zur Erzielung niedriger Titer verschiedene Wege eingeschlagen. Man bedient sich entweder an Stelle der üblichen Düsen von 0'09 mm solcher von wesent- lich geringerem Durchmesser bis herab zu 0-05 mm ; man variiert den Druck, unter welchem die Lösung aus den Düsen ausgespritzt wird oder die Konzentration oder die Viskosität der Spinnlösungen respektive der angewandten Acetylcellulose oder die Temperatur in den Spinnkammern usw.
Erfindungsgemäss erzielt man eine Regelung der Fadenstärke auf einem neuen Wege, indem man nämlich zur Bereitung der Spinnlösungen ein Gemisch von Flüssigkeiten verwendet, von denen wenigstens eine kein Lösungsmittel ist, wobei man das Mischungsverhältnis der Bestandteile entsprechend wählt und den Faden unter Streckung spinnt.
Der Erfinder hatte in der brit. Patentschrift Nr. 243350 ein neues Lösungsmittel für acetonlösliehe Aeetyleellulose angegeben, nämlich Methylenchlorid in Mischung mit Alkohol oder andern Lösungsmitteln in so geringen Mengen, dass das Gemisch unbrennbar war und blieb.
Es wurde nun gefunden, dass diese Lösungsmethode zu dem oben angedeuteten überraschend ein- fachen Weg zur Regulierung der Fadenstärke von Acetatseide führt und die früher verwendeten Mass- nahmen zur Erzeugung feiner Titer ganz oder teilweise unnötig macht. Und zwar hat es sich gezeigt, dass diese Methode eine allgemein gültige ist und sich nicht allein auf Methylenchlorid in Mischung mit
Lösungsmitteln oder Nichtlösungsmitteln, sondern auch auf die verschiedenartigsten Gemische von Kalt- lösungsmitteln oder Warmlösungsmitteln oder lösenden Mischungen von Nichtlösungsmitteln einerseits, mit Nichtlösungsmitteln anderseits erstreckt. Ferner wurde festgestellt, dass man nicht nur die aceton- lösliche Acetylcellulose, sondern auch andere leichtlösliche Celluloseester, z.
B. die Cellulosebutyrate und Celluloseäther, insbesondere die in Wasser unlöslichen Methyläther und Äthyläther der Cellulose, sowie aromatische Celluloseäther mit derartigen Gemischen nach Belieben zu feinfädigen Seiden ver- arbeiten kann.
Das Verfahren besteht somit darin, dass man ohne Änderung der Düsenweite, des Druckes, der
Temperatur oder der Viskosität bzw. der Konzentration der Lösungen, lediglich durch Einstellung des Mischungsverhältnisses zwischen Lösungsmitteln und Nichtlösungsmitteln bzw. zwischen den Kom- ponenten der lösenden Mischungen von Nichtlösungsmitteln den gewünschten Erfolg erzielt. Die Unter- schiede, welche durch diese an sich geringfügig erscheinenden Änderungen in der Fadenstärke erzielt werden, sind ganz überraschend und sie sind wohl so zu erklären, dass unter diesen Bedingungen ein Streckspinnverfahren automatisch ausgeführt wird.
Während einheitliche Lösungsmittel in den heissen
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Spinnkammern auch einheitlich verdunsten und die Fäden gleichmässig ihren Lösungsmittelgehalt verlieren, tritt bei den gemischten Lösungsmitteln ein Punkt ein, bei welchem sich das Verhältnis zwischen den niedrigsiedenden und den hochsiedenden oder zwischen den stark lösenden, dem schwach lösenden oder dem nicht lösenden Lösungsmittel wesentlich verschiebt.
Nach Verdunstung des grössten Teiles der niedrigsiedenden Lösungsmittel tritt dann der Zustand ein, dass in dem Faden noch geringe Mengen der Mischungen von Lösungsmitteln und Nichtlösungsmitteln oder nur von Nichtlösungsmitteln enthalten sind, die in ihrer Zusammensetzung von dem ursprünglich angewandten Lösungsmittelgemisch verschieden sind und keine oder nur geringe lösende Eigenschaften mehr besitzen. In diesem Zustande ist der Faden zwar schon erstarrt, aber noch sehr dehnbar und kann infolgedessen einer starken Streckung unterworfen werden.
Dies ist beim normal erstarrten Faden aus einem einfachen Lösungsmittel also aus Aceton nicht der Fall, bei diesem kann also eine gewisse Geschwindigkeit beim Aufspulen nicht überschritten werden, während die streckspinnbaren Fäden, die nach dem vorliegenden Verfahren entstehen, wesentlich schneller gespult und hiebei gestreckt, d. h. feinfädiger werden.
Ein typisches Beispiel bieten die verschiedenen Mischungsverhältnisse zwischen Methylenchlorid und Alkohol, welche auf der nachstehenden Tabelle aufgeführt sind, wobei bemerkt sei, dass die hohen Drucke nur durch die in die Versuchsapparatur eingeschaltete Filtriervorrichtung verursacht wurden. Spinnversuche mit Lösungen acetonlöslicher Acetylcellulose in verschiedenen Lösungsmitteln bzw. Lösungsmittelgemischen in derselben Apparatur unter möglichst gleichbleibenden Arbeitsbedingungen und unter Verwendung von 0'08 mm Durchmesser der Düsenöffnungen.
EMI2.1
<tb>
<tb>
15 <SEP> % <SEP> Lösung <SEP> 20 <SEP> % <SEP> Lösung
<tb> I. <SEP> Lösungsmittel <SEP> : <SEP> Aceton <SEP> :
<tb> Druckin <SEP> Atmosphären....................................... <SEP> ? <SEP> ?
<tb> Temperatur <SEP> 0 <SEP> C............................................. <SEP> 50 <SEP> 45
<tb> Metergeschwindigkeit <SEP> per <SEP> Minute.............................. <SEP> 50 <SEP> 64-2
<tb> Denier <SEP> 7-4 <SEP> 5-2
<tb> II. <SEP> Lösungsmischung <SEP> : <SEP> 85 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Methylenchlorid <SEP> 15 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Alkohol.
<tb>
Atmosphärendruck <SEP> .......................................... <SEP> 32 <SEP> 66
<tb> Temperatur <SEP> 0 <SEP> C............................................. <SEP> 60 <SEP> 45
<tb> Metergeschwindigkeit <SEP> per <SEP> Minute.............................. <SEP> 50 <SEP> 64
<tb> Denier <SEP> 7-5 <SEP> 6-0
<tb> III. <SEP> Lösungsmischung <SEP> : <SEP> 75 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Methylenchlorid, <SEP> 25 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Alkohol.
<tb>
Atmosphärendruck <SEP> 36 <SEP> 71
<tb> Temperatur <SEP> <SEP> C <SEP> ............................................... <SEP> 48-54 <SEP> 40
<tb> Metergeschwindigkeit <SEP> per <SEP> Minute.............................. <SEP> 95 <SEP> 73
<tb> Denier <SEP> 2-6-2-8 <SEP> 3-8
<tb> IV. <SEP> Lösungsgemisch <SEP> : <SEP> 70 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Methylenchlorid, <SEP> 30 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Alkohol.
<tb>
Atmosphärendrck <SEP> .......................................... <SEP> 30 <SEP> 70
<tb> Tempratur <SEP> <SEP> C <SEP> ............................................... <SEP> 39-41 <SEP> 40
<tb> Metergeschwindigkeit <SEP> per <SEP> Minute.............................. <SEP> 113 <SEP> 113
<tb> Denier <SEP> 1'6--1'9 <SEP> 3'3
<tb> V. <SEP> Lösungsmischung <SEP> : <SEP> 65 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Methylenchlorid, <SEP> 36 <SEP> Gewichtsteile <SEP> Alkohol.
<tb>
Atmosphärendruck <SEP> ............................................... <SEP> 25 <SEP> 80
<tb> Temperatur <SEP> <SEP> C <SEP> ............................................... <SEP> 45 <SEP> 45
<tb> Metergeschwindigkeit <SEP> per <SEP> Minute <SEP> .............................. <SEP> 160 <SEP> 156
<tb> Denier <SEP> 1'2 <SEP> 2'9
<tb>
Aus der Tabelle geht hervor, dass eine normale Spinnlösung in Aceton und eine Methylenchloridlösung mit 15% Alkohol fast die gleichen Titer ergibt. Bei 25% Alkohol sinkt aber die Fadenstärke schon auf die Hälfte, bei 30% Alkohol auf ein Drittel, bei 35% Alkoholgehalt auf ein Fünftel, wenn mit einer 15 % igen Losung gearbeitet wird.
Bei 20 % igen Losungen nimmt die Fadenstärke in geringem Masse ab, fällt aber auf weniger als die Hälfte. Hieraus folgt, dass das Verhältnis der einzelnen Komponenten der Lösungsmittel-und der Nichtlösungsmittel-Gemische von ausschlaggebender Bedeutung ist. Durch Erhöhung der Alkoholmenge gegenüber dem Methylenchlorid kann die Fadenstärke willkürlieh eingestellt, d. h. vermindert werden und durch die Erstarrungsgeschwindigkeitsänderung bzw. Erhöhung der Dehnbarkeit der erstarrenden Fäden wird die Anwendung höherer Spinngeschwindigkeiten ermöglicht.
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Trotz den niedrigen Deniers, die denjenigen der Naturseide nahekommen und trotz der Verwendung sehr grosser Mengen von Alkohol, also eines Nichtlösungsmittels, besitzen die Fäden eine hohe Reissfestigkeit.
Wenn man früher auch bereits die Anwendung eines Nichtlösungsmittels neben Lösungsmitteln zur Herstellung von Lösungen aus Celluloseacetat vorgeschlagen hat, (z. B. brit. Patentschrift Nr. 248696) so geschah dies zu dem Zweck, das häufig auftretende Glitzern der Fäden zu beseitigen. Die Anwendung von Nichtlösungsmitteln diente in diesem Falle neben andern hiezu herangezogenen Mitteln der Beeinflussung der Temperatur in der Nähe der Spinndüsen. Zu einer Regelung der Fadenstärke ist jedoch die Massnahme gemäss vorliegender Erfindung bisher nie verwendet worden.
Analog wie die Mischungen von Methylenchlorid und Alkohol verhalten sich auch Mischungen von Lösungsmitteln, welche an sich lösend wirken mit Nichtlösungsmitteln oder mit Mischungen von Nichtlösungsmitteln, die teils in Mischungen miteinander lösend wirken oder auch solche, welche kein Lösungsvermögen besitzen. So kann man beispielsweise anwenden Gemische von Essigäther und Methylalkohol, Aceton, Alkohol und Benzol, Äthylenchlorid, Alkohol und Aceton, Ameisenäther und Trichloräthylen, Methyläthylketon und Alkohol usw. Auch durch Zusatz geringer Mengen Wasser zu den Lösungsmitteln oder Gemischen kann eine Veränderung des Feinheitsgrades der Fäden und eine Regulierung der Titer durch Änderung des Wassergehaltes erfolgen ; insbesondere bei Gegenwart von Alkohol im Lösungsmittelgemisch.
An Stelle der acetonlöslichen Acetylcellulosen lassen sich in gleicher Weise auch andere Acetylierungsstufen mit Ausnahme von Cellulosetriazetat, sowie andere Celluloseester organischer Säuren oder Mischungen solcher verarbeiten, sowie auch Äther der Cellulose, sowie gemischte Ätherester, wie beispielsweise Alkylcelluloseacetat.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung von feinfädiger Kunstseide aus acetonlöslicher Acetylcellulose und andern leicht löslichen organischen Celluloseestern und-äthern, bei welchen Lösungen derselben in einer Mischung von Flüssigkeiten, von denen wenigstens eine kein Lösungsmittel für die betreffenden Cellulosederivate ist, aus normalen Düsen von z. B. 0'06-0'08 mm Durchmesser in heisse Kammern eingespritzt werden, dadurch gekennzeichnet, dass durch die Mischungsverhältnisse der Bestandteile des Lösungs- mittelgemisches und durch Streckung des Fadens die Fadenstärke geregelt wird.