Gebeiztes Saatgut
Beschreibung
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein mit Calciumcyanamid gebeiztes Saatgut. Calciumcyanamid, in der Landwirtschaft besser bekannt unter der Bezeichnung "Kalkstickstoff', wird seit langem als Mehrfachwirkungsdünger angewendet. Auch die Wissenschaft hat sich über viele Jahre mit einschlägigen Fragestellungen zur Wirkung, Wirksamkeit, zur Verstoffwechslung in der Pflanze und den unterschiedlichen Reaktionen im Boden befasst, wobei jedoch noch nicht sämtliche Fragen zufriedenstellend beantwortet werden konnten.
Nicht ganz aufgeklärt werden konnten z.B. die unterschiedlichen Reaktionen verschiedener Pflanzen auf Cyanamid im Boden. So reagiert bspw. Weizensaatgut auf Kalkstickstoff, welches in den Boden eingearbeitet wurde, ohne jegliche Probleme und positiv auf diese zusätzlichen Stickstoffgaben. Raps hingegen reagiert auf Kalkstickstoffgaben bei bandförmiger Ablage zum Teil mit Totalschäden.
Im Wesentlichen haben sich im Zusammenhang mit dem Ausbringen von Kalkstickstoff in der Landwirtschaft Aufwandmenge und Platzierung als wesentliche Parameter für eine nutzbringende Anwendung erwiesen. So bewegen sich gängige Düngungsempfehlungen in landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen zwischen 100 kg und 1 000 kg Calciumcyanamid/ha, wenn dieser Dünger flächig ausgebracht wird. Mit diesen Aufwandmengen werden die Pflanzen einerseits mit Stickstoff und Calcium versorgt, andererseits entfaltet Kalkstickstoff in diesen Mengen ausgeprägte boden- und pflanzensanitäre Wirkungen.
Durch dieses flächige Ausbringen von Kalkstickstoff werden der Pflanze in Abhängigkeit von der Bodenart und dem jeweiligen Entwicklungsstadium der Pflanzen allerdings sehr unterschiedliche Cyanamid-Mengen zur Verfügung
gestellt, die zwar meist eine positive Wirkung auf die Pflanzengesundheit und das Pflanzenwachstum ausüben. Dennoch können durch falsche Dosierungen die jeweiligen Kulturen dadurch geschädigt werden, dass entweder bei zu geringen Mengen eine nur unzureichende oder keine Wirkung erzielt wird, oder aber bei Überdosierungen toxische Effekte auftreten. Neben den wirtschaftlichen Schäden in Form eines ungerechtfertigten Düngemittelmehraufwandes bzw. von Ernteausfällen können aber auch Umweltschäden auftreten, wenn ein zu starkes flächiges Ausbringen von Kalkstickstoff zu einem Austragen in Oberflächengewässer oder das Grundwasser führen.
Zwar wurde durch intensive Beratungsmaßnahmen, aber auch durch eine zunehmend verfeinerte Ausbringungstechnologie eine deutlich verbesserte Ertrags- und Umweltbilanz hinsichtlich der Aufwandmengen an Calciumcyanamid erzielt, dennoch besteht nach wie vor Bedarf an einer besseren Dosierung von Calciumcyanamid als Düngemittel.
Für die vorliegende Erfindung hat sich deshalb die Aufgabe gestellt, eine neue Möglichkeit bereitzustellen, um Calciumcyanamid in weiter verbesserter Form an die jeweiligen Pflanzen bzw. die Einzelpflanze heranzubringen, ohne dass damit ein technischer Mehraufwand verbunden ist.
Gelöst wurde diese Aufgabe durch ein mit Calciumcyanamid gebeiztes Saatgut.
Überraschend hat sich mit dieser relativ einfach zu handhabenden Methode herausgestellt, dass nun in Abhängigkeit vom jeweiligen Saatguttyp und der unterschiedlichen Korngrößen des Saatgutes Kalkstickstoff in den jeweils vorher berechneten Mengen gezielt an die Pflanze herangebracht und diese somit mit den eigentlichen Nährstoffen und Spurenelementen nachhaltig versorgt werden kann. Zudem hat sich herausgestellt, dass mit Calciumcyanamid gebeiztes Saatgut auf mehrfache und unterschiedliche Weise positiv auf die in der erfindungsgemäßen Art und Weise ihr zur Verfügung gestellten Calciumcyanamid-Gaben reagiert, was in dieser Ausprägung nicht vorherzusehen war.
Durch die pflanzennahe und gut dosierbare zur Verfügungsstellung von Calciumcyanamid können die sonst sich sehr negativ auswirkenden unterschiedlichen Sorbtionsfähigkeit verschiedener Bodenarten nun fast vollständig ausgeschlossen werden.
Als besonders günstig im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung hat es sich herausgestellt, wenn als Ausgangssaatgut eines von monokotylen Pflanzen herangezogen wird, wobei insbesondere Gerste, Weizen oder Mais zu nennen sind. Im Rahmen der Erfindung kann aber auch Saatgut von dikotylen Pflanzen ohne Weiteres mit Kalkstickstoff gebeizt werden, was insbesondere im Hinblick auf Raps, der bislang zumeist negativ auf Kalkstickstoffgaben reagiert hat, hervorzuheben ist.
Insgesamt ist der mit dem erfindungsgemäßen Saatgut im Zusammenhang stehende Beizungsvorgang als relativ einfach zu bezeichnen, da dem unterschiedlichen Saatgut und den variierenden Korngrößen in einfacher Weise dadurch Rechnung getragen werden kann, dass zum Beizen entsprechend konzentrierte Lösungen eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang sieht die vorliegende Erfindung ein Saatgut vor, welches mit einer Lösung gebeizt wurde, deren Calciumcyanamid-Konzentration 0,1 bis 3,0 Gew.-% und bevorzugt 0,5 bis 1 ,0 Gew.-% betrug. Um den Beizvorgang selbst noch weiter zu vereinfachen, sieht die Erfindung den Einsatz wässriger Lösungen zum Beizen des Saatgutes vor.
Insgesamt erfolgt das Beizen in der Art, dass das jeweilige Saatgut, welches mit Wasser angefeuchtet sein kann, in einer üblichen Mischervorrichtung mit der jeweiligen Kalkstickstofflösung angebeizt und anschließend getrocknet wird. Damit ergibt sich ein äußerst stabil gebeiztes Saatgut, welches den Anforderungen des Herstellers bzw. des Endverbrauchers entsprechend zusätzlich dadurch angepasst werden kann, dass dem Anfeuchtwasser bzw. der eigentlichen Anbeizlösung Farbstoffe, Bindemittel oder sonstige Formulierungshilfsmittel zugesetzt werden können.
Hinsichtlich des beanspruchten Saatgutes sieht die Erfindung auch eine zur Beizung nötige Gesamtaufwandmenge vor, die bezogen auf Calciumcyanamid zwischen 0,5 und 3,0 kg/ha und bevorzugt 0,8 bis 1 ,6 kg/ha beträgt.
Die vorliegende Erfindung umfasst nicht nur ein entsprechend gebeiztes Saatgut sondern auch ein Saatgut, dass aufgrund dieser Beizung spezielle Eigenschaften entwickelt. So sieht die vorliegende Erfindung auch ein Saatgut vor, welches eine verlängerte Auflaufzeit und/oder eine stärkere Feinwurzelbildung zeigt, wobei auch der Effekt einer verzögerten Keimung erwähnt werden sollte. Insbesondere die deutlich stärker ausgeprägte Feinwurzelbildung am erfindungsgemäß gebeizten Saatgut wirkte sich insgesamt positiv auf den Auflauf, das Wachstum, die Resistenz gegen Umwelt- und Erregereinflüsse sowie den Ertrag aus. So konnte beobachtet werden, dass sich bei bspw. im Herbst ausgebrachtem Wintergerste- und Winterweizensaatgut nach sieben Monaten deutlich größere Wurzeln entwickelt hatten, als dies im Vergleich zu nicht gebeiztem Saatgut der Fall war. Neben diesen ersten und rein äußerlich festzustellenden Wirkungen am gebeizten Saatgut war auch ein insgesamt kräftigerer Wuchs, eine bessere Widerstandsfähigkeit gegenüber Witterungseinflüssen, wie z.B. Wind, aber auch eine bessere Resistenz gegenüber Krankheitserregern am Korn festzustellen. Auch hinsichtlich des Ertrages sind deutlich positive Auswirkungen festzustellen, so dass insgesamt vom erfindungsgemäß gebeizten Saatgut von einem Erfolg unter wirtschaftlichen Aspekten ausgegangen werden kann.
Neben der erwähnten stärkeren Feinwurzelbildung wurde auch eine verlängerte Auflaufzeit und zum Teil eine verzögerte Keimung festgestellt, was jedoch noch nicht mit einer auf längerer Sicht positiven Wirkung korreliert werden konnte.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Saatgut, welches aus landwirtschaftlicher und gartenbautechnischer Sicht interessant ist, auf einfache Weise mit Calciumcyanamid gebeizt werden kann, wobei die beanspruchten Konzentrationen sehr gut pflanzenverträglich sind. Das so
behandelte Saatgut weist gegenüber nicht-gebeiztem Saatgut bzw. auf herkömmliche Weise mit Kalkstickstoff versorgtem Saatgut deutliche Vorteile, vor allem im Feinwurzelbereich und im Wuchs bzw. Ernteverhalten, auf, was das im erfindungsgemäßen Sinn behandelte Saatgut insbesondere für Flächenkulturanwendungen empfiehlt.
Die nachfolgenden Beispiele veranschaulichen die Vorteile des beanspruchten Saatgutes.
Beispiele
Saatgut von Wintergerste und Winterweizen wurden jeweils mit wässrigen Beizlösungen, die 0,5 bzw. 1,0 Gew.-% Calciumcyanamid enthielten, im angefeuchteten Zustand gebeizt und anschließend getrocknet. Das so gebeizte Saatgut wurde auf 1 ,5 bzw. 2,5 ha großen Anbauflächen ausgebracht, wobei als Vergleich ungebeiztes Saatgut und ein mit einer Standardbeizung versehenes Saatgut verwendet wurden.
Ergebnis: Sowohl die erfindungsgemäß gebeizte Wintergerste als auch der Winterweizen, die mit 0,5 Gew.-% Kalkstickstoff gebeizt waren, zeigten gegenüber dem mit einer Standardbeize versehenen Saatgut kein verändertes Auflaufverhalten. Erfindungsgemäßes Saatgut, dass mit 1 ,0 Gew.-% Kalkstickstoff gebeizt war, zeigte eine Auflaufverzögerung von ca. 4 Tagen.
Nach ca. 6 Monaten bei gleichzeitiger Überwinterung war am erfindungsgemäßen Saatgut eine signifikant verstärkte Wurzelbildung zu beobachten, wobei insbesondere der Feinwurzelbehandlung ausnahmslos stärker entwickelt war.
Das Aufwuchsverhalten der aus erfindungsgemäßen Saatgut stammenden Pflanzen war gegenüber den Vergleichspflanzen deutlich besser, was sich insbesondere in einer vor allem in der Auflaufphase und der Anfangsphase der Biomassebildung zeigte. Hinsichtlich des Ertrages waren die erfindungsgemäßen Pflanzen gegenüber den Pflanzen aus ungebeiztem Saatgut bzw. aus Saatgut mit Standardbeizung um 2,5 bis ca. 6 % besser.
Generell war bei Pflanzen, die aus dem erfindungsgemäß gebeizten Saatgut stammten, eine ausgeprägtere Vitalität festzustellen.