Elektrochemisches Ätzverfahren zum selektiven Entfernen von Fremdphasen an der Oberfläche eines sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleiters
Beschreibung
Die Erfindung bezieht sich auf ein elektrochemisches Ätzverfahren zum selektiven Entfernen von Fremdphasen an der Oberfläche eines sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleiters in einem wässrigen Elektrolyten vorgegebenen pH- Werts, wobei ein in einem vorgegebenen Potenzialbereich definierter Potenzialverlauf mit zyklischer Wiederholung zwischen der Oberfläche des sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleiters als Arbeitselektrode und einer weiteren Elektrode angelegt wird.
Die Entfernung von Fremdphasen durch Ätzprozesse ist ein wichtiger Verfahrensschritt bei der Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen auf der Basis von Chalkopyrithalbleitern. Dünnschicht-Solarzellen bieten gegenüber den kristallinen Siliziumzellen den großen Vorteil, die eingesetzten Materialmengen unter gleichzeitiger Anwendung von einfachen Herstellungsprozessen deutlich verringern zu können. In dieser Gruppe von Solarzellen sind die ternären Chalkopyrite wie Kupferindiumdiselenid oder Kupferindiumdisulfid (CulnS2 oder CIS) wegen der hohen Lichtausbeute bevorzugt einzusetzende Materialien. Es können Wirkungsgrade bis 19 % erreicht werden. Beispielsweise bildet sich bei der kupferreichen Präparation von CIS an der Oberfläche eine Phase aus Kupfersulfid (CuS). Diese Verbindung ist ein entarteter Halbleiter mit hoher elektrischer Leitfähigkeit und bewirkt Oberflächen-Rekombinationsverluste sowie Kurzschlüsse in der Absorberschicht oder zum metallischen Rückkontakt. Da sich diese Eigenschaften negativ auf die Solarzellenparameter auswirken, ist eine selektive Entfernung dieser Verbindung vor einer weiteren Prozessierung notwendig. Dazu wurde bislang insbesondere ein chemisches Ätzverfahren verwendet, bei dem eine hochtoxische Kaliumzyanidlösung eingesetzt wird.
Anstelle des umweltbelastenden Zyanidverfahrens kann jedoch auch zur Entfernung von Fremdphasen an Oberflächen von sulfidhaltigen Chalkopynthalbleitem ein umweltschonendes elektrochemisches Ätzverfahren angewen- det werden, das aus der deutschen Patentschrift DE 100 22 652 C2 bekannt ist und von dem die vorliegende Erfindung als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht. Bei dem bekannten Verfahren wird ein reduzierend wirkender wässriger Leitelektrolyt mit alkalischem pH-Wert verwendet und die Fremdphasen aufweisende, sulfidhaltige Chalkopyrithalbleiteroberfläche einge- taucht. Zwischen der Oberfläche als Arbeitselektrode und einer Gegenelektrode wird dann ein konstantes oder mehrmals zyklisch durchgestimmtes Potenzial in einem vorgegebenen, negativen Potenzialbereich angelegt. Durch den auftretenden negativen Strom zur Arbeitselektrode gelangen Elektronen als negative Ladungsträger auf die Oberfläche, wodurch diese reduziert wird. Dadurch kann ein Abbau von CuS als störende Fremdphase bewirkt werden. Als mögliche Ätzparameter werden der alkalische pH-Wert des Leitelektrolyts sowie das angelegte Potenzial angegeben. Dabei hat der Leitelektrolyt jedoch immer eine reduzierende Funktion und das gewählte Potenzial liegt immer im kathodischen Potenzialgebiet. Dabei kann der Ätzprozess einstufig in einem einzigen Potenzialbereich oder zweistufig in zwei verschiedenen Potenzialbereichen durchgeführt werden. Wird ein zyklisch durchgestimmtes Potenzial angelegt, so erfolgt dies nach Art des klassischen zyklischen Voltammo- gramms im kathodischen Potenzialgebiet mit einem kontinuierlichen und regelmäßigen Anstieg und Abfall des Potenzials zwischen einem Maximalwert und dem Ruhepotenzial. Der mit diesem bekannten elektrochemischen Ätzverfahren erreichbare Abbau von CuS erfolgt allerdings nur unvollständig, sodass die elektrochemisch geätzten sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleiter in einer Dünnschicht-Solarzelle keinen befriedigenden Wirkungsgrad zeigen.
Die Aufgabe für die vorliegende Erfindung ist daher darin zu sehen, das eingangs beschriebene elektrochemische Ätzverfahren unter Erhaltung seiner besonderen Vorteile, insbesondere der Vermeidung von toxischen Prozess-
schritten, so weiterzubilden, dass eine wirksame Entfernung der störenden Fremdphasen auf der Oberfläche von sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleitern erreicht werden kann. In der Folge sollen diese dann bei einem Einsatz in einer Dünnschicht-Solarzelle einen befriedigenden und mit dem erreichbaren Wirkungsrad bei Einsatz von hochtoxischen nasschemischen Ätzverfahren vergleichbaren Wirkungsgrad aufweisen.
Die Lösung für diese Aufgabe besteht bei dem gattungsgemäßen elektrochemischen Ätzverfahren erfindungsgemäß darin, dass der wässrige Elektrolyt ein Redoxelektrolyt mit saurem pH-Wert an der Arbeitselektrode ist und im positiven Potenzialbereich ein den Potenzialverlauf bestimmendes Potenzialprofil angelegt wird, bei dem als Parameter die positive oder negative Vorschubgeschwindigkeit des Potenzials zwischen einem wählbaren Maximal- und Minimalwert gegenüber der weiteren Elektrode, die zeitliche Länge von alternierenden Intervallen mit veränderlichem und mit konstantem Potenzial und die Anzahl der Intervalle in Abhängigkeit von den selektiv zu entfernenden Fremdphasen variierbar sind.
Das erfindungsgemäße elektrochemische Ätzverfahren wird vollständig in einem Redoxelektrolyten im positiven, anodischen Potenzialbereich durchgeführt. An der Kontaktfläche zwischen dem Redoxelektrolyten und dem Halbleiter stellt sich ein Gleichgewicht ein, dass zu einer Raumladungszone (Halbleiterrandschicht) im Halbleiter und zu einer Doppelschicht (Helmholtz- Schicht) im Redoxelektrolyten führt. Durch die Verwendung des elektrisch umladbaren Redoxelektrolyten und die Einstellung eines Potenzials anodisch vom Flachbandpotenzial wird eine hohe Anzahl positiver Ladungsträger an der zu reinigenden Oberfläche des sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleiters bereitgestellt und diese somit oxidiert. Durch den bewirkten Oxidationsvorgang können die vorhandenen Fremdphasen wirksam chemisch angegriffen und entfernt werden. Dünnschicht-Solarzellen mit einer nach der Erfindung behandelten sulfidhaltigen Chalkopyritschicht zeigen in ersten Untersuchungen überraschende Wirkungsgrade von über 8%, wobei deutlich deren Abhängig-
keit von den bei der Erfindung gewählten und im Folgenden erläuterten Parametern und deren Variationen abhängig ist, sodass hier bei einer weiteren Parameteroptimierung noch mit einer weiteren Steigerung zu rechnen ist. An dieser Stelle sei bemerkt, dass Zyanid-geätzte Proben aus der gleichen Charge als Festkörpersolarzelle einen Wirkungsgrad von 11 % aufwiesen. Dementsprechend kann unter Inkaufnahme der Verwendung von toxischem Kaliumzyanid auch das nasschemische KCN - Ätzen mit dem mit der Erfindung beanspruchten elektrochemischen Ätzverfahren mit Potenzialprofil kombiniert werden, um den bisher noch deutlich begrenzten Wirkungsgrad von CulnS2- Solarzellen noch weiter zu erhöhen.
Ungewöhnlich für ein elektrochemisches Ätzverfahren ist die bei der Erfindung erfolgende Wahl des positiven, anodischen Potenzialbereiches, in dem das angelegte Potential variiert werden kann, sodass es gezielt destruktiv wirkt. Mit der zyklischen Voltammetrie dagegen, die auch bei dem bekannten elektrochemischen Ätzverfahren angewendet werden kann, wird ausschließlich im kathodischen Potenzialbereich die zu reinigende Elektrodenoberfläche reduziert, was zu den weniger befriedigenden Reinigungsergebnissen führt. Weiterhin wird bei der bekannten zyklischen Voltammetrie das Potenzial ausschließlich mit symmetrischem, kontinuierlichem Dreiecksverlauf verändert. Das elektrochemische Ätzverfahren nach der Erfindung hingegen sieht hier die Anwendung eines Potenzialprofils vor, das in seiner Ausbildung nahezu beliebig gestaltet und somit sehr komplex sein kann und zu einer gezielten und begrenzten Zerstörung der zu optimierenden Elektrodenoberfläche führt. Dabei sind die das Profil wesentlich prägenden Parameter die Vorschubgeschwindigkeit der Potenzialänderung, die bei deren Anstieg positiv und bei deren Abfall negativ ist und die zeitliche Länge der einzelnen Intervalle mit sich änderndem und/oder konstantem Potenzialverlauf. Dabei kann ein Intervall einen dreiecksförmigen Potenzialverlauf enthalten, wie es aus der Voltamme- trie bekannt ist. Insbesondere bei einer sehr hoch gewählten Vorschubgeschwindigkeit kann es hier zu einer peakartigen Ausprägung und damit zu einem Potenzialpuls kommen. Der Potenzialverlauf kann aber auch anstei-
gend, gehalten und dann wieder abfallend erfolgen, sodass sich ein trapezförmiger Potenzialverlauf mit einer Haltezeit des nach dem Anstieg erreichten, vorgegebenen Maximalwertes des Potenzials ergibt. Ein Intervall mit einem konstanten Potenzial kann entweder auf einen vorgegebenen Wert ansteigen und dort verharren, sodass sich ein Rampenverlauf ergibt, oder auch den Wert des Ruhepotenzials als Minimalwert, in der Regel Null, annehmen, sodass sich eine Wartezeit zwischen den aktiven Intervallen ergibt, in denen nur das Ruhepotenzial mit sich einstellenden Gleichgewichtsbedingungen im Redoxelektrolyt an den Elektroden anliegt. Eine direkte oder wartezeitbehaftete Aneinanderreihung gleicher Intervalle ist ebenso möglich wie die Aufteilung in mehrere Ätzphasen mit unterschiedlichen Intervallen in unterschiedlichen Potenzialbereichen, wozu weiter unten noch Erläuterungen erfolgen. Dabei können die Art und die Anzahl der Intervalle individuell an das jeweils zu entfernende Fremdmaterial auf der Oberfläche des sulfidhaltigen Chalkopyrit- halbleiters optimal angepasst und in einem entsprechenden Potenzialprofil zusammengefasst werden. Dies kann direkt während des Ätzvorganges und auch mit Hilfe von Testphasen erfolgen, auf die ebenfalls weiter unten noch eingegangen wird.
Zur in-situ-Kontrolle der erfolgenden Zersetzung der unerwünschten Fremdphasen während des Ätzvorganges kann synchron dazu der sich an den Elektroden einstellende Strom gemessen werden. Ein Zersetzungsvorgang ist immer mit einem starken Stromanstieg und -abfall verbunden, sodass an den auftretenden Strompeaks ermittelt werden kann, wie weit die Zersetzung fortgeschritten oder sogar bereits beendet ist. Näheres hierzu kann dem speziellen Beschreibungsteil im Zusammenhang mit der entsprechenden Figur entnommen werden. Zur synchronen Strommessung ist es daher nach einer ersten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Ätzverfahrens vorteilhaft, wenn in einer Drei-Elektroden-Konfiguration das veränderliche Potenzial zwischen der Arbeitselektrode und einer Referenzelektrode als weiterer Elektrode angelegt wird und während des Durchfahrens des Potenzialprofils an einer Gegenelektrode als dritter Elektrode der sich einstellende Strom gemessen
wird. Eine Drei-Elektroden-Konfiguration wurde bereits in dem bekannten elektrochemischen Ätzverfahren angewendet und hat sich dort bewährt. Vorteilhaft ist hier im Vergleich zu der bekannten Zwei-Elektroden-Konfiguration das Auftreten von nur sehr geringen Stromverlusten, sodass sich keine unerwünschte Veränderung der Strom-Spannungs-Kennlinie ergibt.
Das bei dem Ätzverfahren nach der Erfindung verwendete anodische Potenzial bewirkt, dass immer eine ausreichende Zahl von positiven Ladungsträgern (Defektelektronen, Löcher als Quasiteilchen) an der zu reinigenden Elektrode vorhanden sind. Da das Zersetzungspotenzial von Kupfer-Schwefel-Phasen bei kleineren anodischen Potenzialen liegt als das des darunterliegenden CulnS2, wird hier die Potenzialselektivität der Auflösung verwendet, um gezielt CuS, Cu2S und, bei noch höheren anodischen Potenzialen (wie etwa in dem Hochgeschwindigkeitsscan zu +0.8V) CulnS2 aufzulösen. Bei Erreichen bzw. Überschreiten des Auflösungspotenzials der jeweiligen Verbindung wird eine Wiederabscheidung verhindert. Im Gegensatz zu dem bekannten elektrochemischen Ätzverfahren im kathodischen Potenzialbereich findet beim Ätzverfahren nach der Erfindung im anodischen Potenzialbereich immer ein Oxida- tionsvorgang statt. In diesem Potenzialbereich wird im verwendeten Redox- elektrolyten kein Photoeffekt erwartet. Nach einer nächsten Erfindungsausgestaltung kann der Redoxelektrolyt zwei- und dreifach positiv geladene Vanadiumionen enthalten. Zu Vanadium kann alternativ auch Europium, ein anderes Metall oder ein Redoxpaar, dessen Redoxpotenzial im Bereich von -0.8V bis -0.2 V gegen Kalomelelektrode liegt, eingesetzt werden. Weitere Einzelheiten zur Ausbildung des Redoxelektrolyten sind dem speziellen Beschreibungsteil zu entnehmen. Um die Reoxidation des Vanadiums mit atmosphärischem Sauerstoff zu verringern, kann während des Ätzprozesses gemäß einer nächsten Erfindungsausgestaltung der Redoxelektrolyt mit Stickstoff durchspült werden.
Eine weitere in-situ-Kontrollmöglichkeit für den mit dem Ätzverfahren nach der Erfindung erreichten Reinigungsgrad der Chalkopyrithalbleiteroberfläche ist die
Beobachtung der Verbesserung des Photoeffekts, der durch die vorhandenen Fremdphasen behindert wird. Es ist daher nach einer anderen Erfindungsfortführung vorteilhaft, wenn die Oberfläche des sulfidhaltigen Chalkopyrithalbleiters während des Durchfahrens des Potenzialprofils zur Anregung des Photoeffekts mit Licht bestrahlt und der sich einstellende Photostrom gemessen wird. Die Verbesserung des Photoeffekts kann dann in einem Anstieg des fließenden negativen Stroms erkannt werden. Steigt dieser nicht mehr an, ist das Optimum des Reinigungsprozesses mit den vorgegebenen Parametern erreicht. Weitere Verbesserungen sind jetzt nur noch durch Parameteränderungen zu bewirken. Dies kann insbesondere dazu führen, dass gemäß eine anderen Fortführung der Erfindung das Potenzialprofil in zumindest zwei Ätzphasen aufgeteilt ist, von denen die erste Ätzphase in einem niedrigen positiven Potenzialbereich und die zweite Ätzphase in einem daran anschließenden, höheren positiven Potenzialbereich abläuft. Bei einer Aufteilung des Ätzprozesses in zwei Ätzphasen ist beispielsweise ein vollständiges Verschwinden der Zersetzungspeaks in der ersten Ätzphase nicht erforderlich, da diese in der zweiten Ätzphase erfasst werden können. Trotzdem kann der Reinigungserfolg jeder Ätzphase kontrolliert werden, wenn entsprechend einer nächsten Ausführung des erfindungsgemäßen Ätzver- fahrens jeweils nach einer Ätzphase eine Testphase mit einer Durchführung eines zyklisches Voltammogramms im negativen Potenzialbereich durchgeführt wird. In der Testphase kann die Kennlinie der geätzten Chalkopyrithalb- leiterprobe ermittelt werden. Dazu wird die Probe in einen elektrochemischen Solarzellenaufbau mit einem identischen Redoxelektrolyten integriert und zyklisch ein Potenzialverlauf im kathodischen Potenzialbereich als ex-situ- Kontrollmöglichkeit durchfahren. Die einzelnen Zyklen können bis zu einer Stabilisierung der Kennlinie durchgeführt werden. Neben der direkten Gütebestimmung wird dadurch auch noch ein Abtransport der Ätzungsprodukte unterstützt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich der konkreten Ausgestaltungsformen der anwendbaren Potenzialprofile auf den anschließenden speziellen Beschreibungsteil verwiesen.
Ausbildungsformen der Erfindung werden nachfolgend zu deren weiterem Verständnis anhand der schematischen Figuren näher erläutert. Dabei zeigt :
Figur 1 ein zyklisches Voltammogramm einer CIS-Halbleiterprobe in einem Redoxelektrolyten, Figur 2 ein Potenzialprofil in einer ersten Ätzphase mit Stromverlauf,
Figur 3 ein Potenzialprofil in einer zweiten Ätzphase mit Stromverlauf,
Figur 4 ein zyklisches Voltammogramm in einer Testphase, Figur 5 Kennlinien verschiedener geätzter CIS-Halbleiterproben,
Figur 6 Dunkel- und Hellkennlinie einer Solarzelle mit einer geätzten CIS-Halbleiterprobe und Figur 7 Kennlinien zweier Solarzellen mit verschieden geätzten CIS- Halbleiterproben.
Im Folgenden wird als Redoxelektrolyt eine stark saure Vanadium (V27V3+)- Lösung mit einem pH-Wert von -0,8 verwendet. Diese kann mit Vanadium- pentoxid V205 vorbereitet werden. Die wässrige Vanadium-Salzsäure-Zink- Lösung ist im gewählten Ausführungsbeispiel aus 0,16 mol/l V205, 0,46 mol/l Zink Zn und 4,4 mol/l Salzsäure HCI zusammengesetzt. Dabei wird Zink zur Reduktion von Vanadiumpentoxid und damit zur Produktion von V2+ und V3+ eingesetzt. Bevor das jeweilige Potenzialprofil abgefahren wird, wird noch weiteres Zink dem Redoxelektrolyten zugeführt, um das Redoxpotenzial (Gleichgewichtspotenzial, Short circuit potential) der Lösung auf ungefähr -0,45 V einzustellen (negativer Wert gegen Kalomelelektrode). Dabei ist das exakte Erreichen dieses Potenzials nicht wesentlich, solange die Lösung Ionen V2+ und V3+ nebeneinander enthält. Eingesetzt wird die Vanadiumlösung im Ausführungsbeispiel in einem Glasbehälter, der durch einen Teflonbecher abgeschlossen ist. Die Zuleitungen zu den drei Elektroden werden durch Öffnungen im Deckel geführt. Ebenso wird Stickstoff über den Deckel zugeführt. Die Belichtung mit einer Lichtintensität von ungefähr 55 mW/cm2
erfolgt seitlich durch die Glaswandung hindurch. Als Arbeitselektrode werden CIS-Proben verwendet, die störende Fremdphasen, insbesondere CuS und auch CIS selbst, auf ihrer Oberfläche aufweisen. Als Referenzelektrode wird eine gesättigte Kalomelelektrode SCE verwendet, deren Potenzial 0,241 V anodischer als die Normalwasserstoffelektrode liegt. Als Gegenelektrode wird eine poröse Kohlenstoff elektrode verwendet, an der auftretende Überspannungen gering sind. Die Potenzialprofile werden mit einem computergesteuerten Potenziostaten abgefahren.
Zu Figur 1 : Die Figur 1 zeigt ein sowohl im kathodischen als auch im anodischen Potenzialgebiet einmal zyklisch durchgeführtes Voltammogramm (Vorschubgeschwindigkeit des Potenzials ± 10 mV/s, Strom in A/cm2 über Spannung gegen SCE in V), das über die Eigenschaften einer Kupfer-Indium- Disulfidschicht CIS in einem Redoxelektrolyten in Form der Vanadium-Zink- Lösung Auskunft gibt. Es zeigen sich im anodischen Potenzialgebiet zwei durch jeweils einen starken Stromanstieg gekennzeichnete Bereiche (I, II), die für die Aufteilung von einzelnen Ätzphasen bei dem Ätzverfahren nach der Erfindung von Bedeutung sind. Zum einen ist ein Strompeak in einem Potenzialbereich zwischen -0,25 V und 0,5 V gegen SCE zu erkennen, der der Auflösung von Kupfersulfid CuS (Kovellit) zuzuschreiben ist. Zwischen 0,5 V und 1 V gegen SCE ist dann ein erneuter Stromanstieg zu erkennen, der von der Auflösung von CIS herrührt.
Zu Figur 2 : Für die erste Ätzphase (I) wird der positive Potenzialbereich zwischen +0,25 V und +0,5 V gegen SCE genutzt. Dabei wird die CuS- Fremdphase möglichst vollständig entfernt. Die Intervalle werden im Potenzialprofil solange wiederholt, bis keine Auflösungsschritte im Stromfluss mehr erkennbar sind. In der Figur 2 ist ein typisches Potenzialprofil für die erste Ätzphase in dem unteren Diagramm (Spannung gegen SCE in V über Zeit t in s) dargestellt. In dem oberen Diagramm ist der sich einstellende Strom I in A/cm2 zur Gegenelektrode über der Zeit t in s aufgetragen. Das Potenzialprofil zeigt einen typischen Verlauf aus symmetrischen trapezförmigen Intervallen
mit veränderlichem Potenzial und dazwischen liegenden Intervallen mit konstantem Potenzial, hier bei Ruhepotenzial (-0,2 wegen SCE). In den trapezförmigen Intervallen steigt das Potenzial bis +0,35 V (dieses Potenzial liegt unterhalb des Potenzials, das eine Auflösung eines Molybdän- Rückkontaktes bewirken würde) mit einer Vorschubgeschwindigkeit von 10 mV/s, wird dann dort für eine Zeit von 70 s gehalten und fällt dann wieder mit einer negativen Vorschubgeschwindigkeit von 10 mV/s auf Ruhepotenzial (OCP open circuit potential). Das nächste Intervall beginnt nach einer Wartezeit von 50 s, in der das Ruhepotenzial gehalten wird. Deutlich ist im darüber liegenden Stromdiagramm ein zunächst großer Zersetzungspeak von CuS zu erkennen, der mit jedem Intervall kleiner wird. Somit werden die Intervalle solange wiederholt, bis eine genügend große Abweichung des Peaks gegenüber dem ersten Intervall zu erkennen ist. Dabei kann auf das vollständige Verschwinden des Peaks verzichtet werden, weil eventuell noch vorhandene CuS-Rückstände definitiv in der zweiten Ätzphase entfernt werden.
Während des Ätzprozesses wird die CIS-Probe belichtet, sodass die Verbesserung des Photoeffekts bei negativeren Potenzialen, bei denen allein die Redoxreaktion abläuft, die die Photoaktivität nach Behandlung erkennen lässt, deutlich wird. Diese zeigt sich im Anstieg des negativen Stroms, der während der Wartezeiten auf Ruhepotenzial fließt. Die Ätzphase kann abgebrochen werden, wenn der Photostrom nicht mehr ansteigt, sodass die Überwachung des Stroms als in-situ-Kontrolle genutzt werden kann.
Zu Figur 3 : In der zweiten Ätzphase (II) wird der positive Potenzialbereich zwischen +0,5 V und +1 V gegen SCE genutzt. Bei diesen hohen Potenzialen findet sowohl eine Auflösung des CuS als auch des photoaktiven CIS statt, sodass hier eine sehr genaue Dosierung stattfinden muss, um schädliche Zerstörungsprozesse zu vermeiden. Deswegen wird ein komplexeres Potenzialprofil verwendet, das durch die Wiederholung kurzer Potenzialpulse gekennzeichnet ist. In der Figur 3 sind drei solche Potenzialpulse dargestellt
(unteres Diagramm, analog zu Figur 2). Mit einer hohen Vorschubgeschwindigkeit von + 400 mV/s (einen Vorschubgeschwindigkeit von 200 mV/s ist durchaus auch anwendbar, dann entsteht kein zu großer, ggfs. schädlicher Potenzialunterschied, wobei jedoch 0,6 V überstiegen werden müssen) steigt das Potenzial vom Nullwert 0 V gegen SCE auf einen Maximalwert von +0,8 V, von dem es sofort wieder mit einer negativen Vorschubgeschwindigkeit von 400 mV/s auf den Nullwert abfällt. Nach einem Warteintervall bei 0V von 10 s erfolgt ein erneuter Potenzialpeak. Nach drei Wiederholungen wird dann eine Potenzialrampe von 0 V ansteigend auf +0,35V gegen SCE mit einer Vorschubgeschwindigkeit von 10 mV/s angelegt und für einen längeren Zeitraum (beispielsweise 300 s) angelegt. Durch die Potenzialrampe können freigeätzte Rückstände an der Oberfläche des CIS-Halbleiters desorbiert werden. Im Stromdiagramm (oberes Diagramm, analog zu Figur 2) sind zeitsynchron zu den Potenzialpulsen Strompulse zu erkennen, die auf eine Zersetzung von CuS und CIS schließen lassen. Im Bereich der Potenzialrampe fließt nahezu kein Strom.
Die zweite Phase bewirkt eine gründliche Nachreinigung und nahezu vollständige Auflösung der störenden Fremdphasen. Dabei werden auch Bereiche der Oberfläche erreicht, die in der ersten Ätzphase nicht erreicht werden, beispielsweise Zwischenräume zwischen CIS-Kömem. Da bei dem angewendeten hohen positiven Potenzial auch das CIS teilweise in Lösung geht, führt die zweite Ätzphase auch zu einer Veränderung der Oberflächenzusammensetzung des CIS-Halbleiters, die besonders vorsichtig zu behandeln ist. Dies gilt umso mehr bei Dünnschichtaufbauten mit CIS-Filmen in Solarzellen, die relativ schnell durchgeätzt werden können, sodass der Rückkontakt in Erscheinung tritt und die Funktion gestört wird. In beiden Ätzphasen, an die auch noch weitere Ätzphasen angeschlossen oder die auch alleine durchfahren werden können, kann aber eine Optimierung des gefahrenen Potenzialprofils durch eine einfache Anpassung der Parameter, insbesondere der Vorschubgeschwindigkeit, der minimalen und maximalen Potenzialwerte in einem vorgegebenen anodischen Potenzialbereich und die
Intervalllängen und -anzahlen, an die Materialempfindlichkeit der zu zerstörenden Fremdphasen und der zu erhalten Funktionsschichten erreicht werden.
Zu Figur 4 : Um die Kennlinie des mit dem voranstehend beispielhaft erläuterten Potenzialprofil CIS-Halbleiters einmalig oder auch nach jeder Ätzphase zu ermitteln, kann dieser in den Aufbau einer elektrochemischen Solarzelle mit identischem Redoxelektrolyten (Vanadium-Zink-HCL-Lösung) integriert und ein zyklisches Voltammogramm durchfahren werden. Dieses ist in der Figur 4 dargestellt. Das Potenzial wird nunmehr herkömmlich im kathodischen Potenzialbereich verändert, hier zwischen -0,45 V gegen SCE (abhängig vom Redoxpotenzial) und 0 V. Der Strom bei -0,45 V gegen SCE ist dabei der erzeugte Photostrom, die Leerlaufspannung ist am Nulldurchgang des Voltammogramms abzulesen. Dabei ist der Nulldurchgang durch die gewählte Vorschubgeschwindigkeit beeinflussbar, im gewählten Ausführungsbeispiel beträgt sie 10 mV/s. Deutlich ist deren Verbesserung von Zyklus zu Zyklus (1 , 2, 3,...) bei nahezu konstantem Photostrom bis zu einer Stabilisierung (beispielsweise nach 12 Zyklen) zu erkennen, wodurch auch der Füllfaktor als wesentlicher Solarzellenparameter und Maß für die Ausbeute an Photostrom und Photospannung in einem Arbeitspunkt verbessert wird. Dies ist der Abfuhr und Umwandlung von freien Ätzprodukten, beispielsweise ln2S3 in ln203, und damit einer langsamen Oberflächenmodifikation zuzuschreiben, sodass sich bei der Durchführung des zyklischen Voltammogramms eine Optimierung der Oberflächenzusammensetzung ergibt.
Zu Figur 5 : Die Verbesserung aufgrund der Durchführung mehrerer Ätzphasen im Potenzialprofil kann an der Photostrom-Kennlinie des gereinigten CIS-Halbleiters in einer elektrochemischen Solarzelle mit Vanadium-Zink- Elektrolyt erkannt werden. In der Figur 5 sind unter Belichtung entsprechende Kennlinien (Photostrom I in A pro cm2 über Spannung in V) dargestellt und mit der Kennlinie einer herkömmlich mit toxischem Kaliumzyanid KCN geätzten Solarzelle verglichen. Die Parameterwerte sind der Tabelle zu entnehmen.
Nach der ersten Ätzphase ergibt sich ein Wirkungsrad von 2,8 %, nach der zweiten Ätzphase bereits von 3,3%. Die KCN-geätzte Solarzelle zeigt dagegen nur einen Wirkungsrad von 2,4% (dieser kann jedoch bis auf 10 % und höher steigen). Durch eine Parameteroptimierung ist jedoch bei der Anwendung des Ätzverfahrens nach der Erfindung noch eine wesentliche Verbesserung des Wirkungsgrades bis in den Bereich des Wirkungsgrades von guten KCN- geätzten Solarzellen erzielbar.
Zu Figur 6 : Durch die gute Reinigung der CIS-Halbleiteroberfläche aufgrund der Anwendung des Ätzverfahrens nach der Erfindung wird eine signifikante Verbesserung des Photoeffekts erzielt. Dies ist deutlich in der Hell-Dunkel- Kennlinie einer elektrochemischen Vanadium-HCL-Zink-Solarzelle mit einer entsprechend geätzten CIS-Halbleiterschicht gemäß Figur 6 zu erkennen. Deutlich ist der bei Belichtung (Belichtungsleistung 54 mW/cm2) auftretende Photoeffekt mit einem negativen Stromfluss erkennbar.
Zu Figur 7 : Durch eine Parameteroptimierung kann mit dem Ätzverfahren nach der Erfindung der Wirkungsrad einer Solarzelle noch wesentlich verbessert werden. Dabei kann auch eine individuelle Anpassung des zu fahrenden Potenzialprofils an jede einzelne CIS-Probe stattfinden, da auch Proben aus gleichen Chargen oft stark schwankende Qualität aufweisen. In der Figur 7 werden die Kennlinien von jeweils zwei verschiedenen Chargen, aus denen CIS-Halbleiterschicht-Proben einmal herkömmlich mit KCN geätzt und einmal mit dem Ätzverfahren nach der Erfindung behandelt wurden, im Solarzellenaufbau gezeigt. Dabei werden zwar immer noch die höheren Wirkungsgrade von den KCN-geätzten Solarzellen erreicht (Kurve C 11 ,17%, Kurve D 8,82 % ), die elektrochemisch nach der Erfindung mit einem komplexen Potenzialprofil geätzten Solarzellen erreichen aber ebenfalls beachtliche Wirkungsrade von 5,27 % (Kurve B) und sogar 8,03 % (Kurve A). Dabei zeigt die Probe mit dem besseren Wirkungsrad beim herkömmlichen Ätzen auch den besseren Wirkungsgrad beim Ätzen nach der Erfindung. Somit ist das geforderte Ziel, ähnliche Wirkungsgrade mit dem umweltschonenden
elektrochemischen Ätzverfahren im anodischen Potenzialbereich wie mit dem umweltbelastenden nasschemischen KCN-Ätzverfahren zu erzielen, erreicht. Dies ist insbesondere auch deshalb bemerkenswert, da mit dem bekannten elektrochemischen Ätzverfahren im kathodischen Potenzialbereich keine hohen Wirkungsgrade erzielt werden können.