Alkaloid-reduzierter Kava -Extrakt
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Pflanzenextraktes von Kava (Piper methysticum), einen Extrakt erhältlich gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren sowie die Verwendung des Extraktes.
Kava-Kava, auch Rauschpfeffer (Piper methysticum FORSTER, Piperaceae) genannt, ist ein naher Verwandter des Schwarzen Pfeffers und in Polynesien und Melanesien heimisch. Dort unterscheidet man zahlreiche morphologische und chemische Typen bzw. Varietäten. Der ausdauernde Strauch mit 30 cm großen, herzförmigen Blättern, wird ca. 3 m hoch und bildet in 5 bis 6 Jahren einen kräftigen Wurzelstock von bis zu 10 kg Gewicht aus. Wichtigste Anbauender sind Samoa und Fiji, wobei die Vermehrung ausschließlich über Stecklinge erfolgt.
Kava-Kava (auch Kawa-Kawa) wurde bereits vor Jahrtausenden durch seefahrende Völker auf den Pazifischen Inseln verbreitet, für die die Wurzeln der psychoaktiven Pfefferart im kulturellen und religiösen Leben eine große Bedeutung hatten. Im täglichen Gebrauch und bei Zeremonien überall in Polynesien war das tonisierende, erfrischende Getränk unverzichtbar. Es fand auch volksmedizinische Verwendung.
Verschiedene pharmakologische Aktivitäten der als Inhaltsstoffe identifizierten Lactone sind klinisch belegt. So wirken sie beruhigend, krampflösend, lokal- anästhetisch und muskelentspannend. Sie zeigen aber auch neurophysiologi- sche Aktivität, was sich z.B. in einer Verbesserung des Schlafes demonstriert [Piscopo G; Alt Med Rev 1997; 2(5): 355-364].
Von deutschen und anderen westlichen Medizinern wird Kava-Kava seit Jahren erfolgreich zur Behandlung von Angst- und Unruhezuständen als natürlicher und nebenwirkungsarmer Phyto-Tranquilizer angewendet.
Das geschälte, geschnittene Rhizom getrocknet oder frisch findet Verwendung. Hierbei wurden traditionell die Wurzeln zur Zerkleinerung vorgekaut. Heute sind weltweit Extrakte im Handel.
Die Hauptsubstanzen von Kava-Kava stellen ca. 15 Verbindungen, als Kavapy- rone bezeichnete chemische Wirkstoffe, dar, wobei die größten Anteile Kavain (5,6-Dihydroxy-4-methoxy-6-styryl-2H-pyran-2-on) und dessen Methoxy- und Dihydroderivaten Yangonin und Marindinin ausmachen.
Allerdings wurde auf Grund von leberschädigenden Nebenwirkungen die Anwendung von Kava Kava Extrakten fragwürdig oder sogar behördlich verhindert.
Der Art der Gewinnung der Extrakte kommt große Bedeutung zu, da es durch die Extraktionsbedingungen zur Anreicherung von toxischen Substanzen kommen kann. Ein der Erfindung zu Grunde liegendes technisches Problem ist mithin die Bereitstellung eines Verfahren zur Gewinnung von Kava-Kava Extrakten mit geringem Nebenwirkungspotential.
Überraschenderweise wurde gefunden, daß dieses Problem durch geringen technischen Aufwand während oder als zusätzlicher Schritt zu der konventio- nellen Kava-Extraktherstellung gelöst werden kann.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines Pflanzenextraktes von Kava (Piper methysticum) weist die folgenden Schritten auf:
- Extraktion von Pflanzenteilen mit organischen Extraktionsmitteln wie wasserhaltigen oder wasserfreien freien Alkoholen, insbesondere 1 bis 3 Koh- lenstoffatome enthaltende Alkohole, Ketonen, Carbonsäureestern, Alkanen, chlorierten Kohlenwasserstoffen sowie überkritischen Gasen oder Gemischen daraus, sowie
- Behandlung des von organischen Extraktionsmitteln zumindest teilweise befreiten Rückstandes unter sauren oder basischen Bedingungen und/oder
- Adsorptionsprozessen an geladenen oder ungeladenen Adsorbentien.
Das erfindungsgemäße Verfahren führt zu einem Pflanzenextrakt, der praktisch von Alkaloidverbindungen befreit ist. Vorteilhafterweise enthält der erfin-
dungsgemäß erhältliche Extrakt von Kava (Piper methysticum) den größten Teil der in der Kavapflanze natürlich vorhandenen Kavapyrone.
Erfindungsgemäß können als Pflanzenteile, frisch oder getrocknet, Blätter, Stammrinde oder Wurzelstock eingesetzt werden.
Das organische Extraktionsmittel ist insbesondere Methanol, Ethanol, Propa- nol, Aceton, Ethylacetat oder Gemische daraus mit Wasser, Dichlormethan und/oder überkritisches Kohlendioxid.
Die Behandlung unter basischen oder sauren Bedingungen erfolgt insbesondere mittels Natron- und Kalklauge oder mittels Mineralsäuren wie Schwefelsäure oder Salzsäure. Diese Behandlung führt vorteilhafterweise zur Abreicherung von Alkaloiden.
Die genannte Behandlung unter basischen oder sauren Bedingungen wird vorzugsweise bei Bedingungen durchgeführt, bei denen der Wassergehalt mehr als 50 Vol.-%, vorzugsweise mehr als 70 Vol.-% der Lösung beträgt. Für eine Behandlung unter basischen Bedingungen sollte der pH-Wert 9 oder mehr betragen, bevorzugt 10 oder mehr. In einer Ausführungsform der Erfindung kann der pH-Wert auch 11 oder mehr betragen. Besonders geeignete Bereiche sind pH 9 bis 11.
Bei einer Behandlung unter sauren Bedingungen soll der pH-Wert vorzugswei- se 3 oder weniger, bevorzugt 2,5 oder weniger betragen. In einer bevorzugten Ausführungsform kann er auch 2 oder weniger betragen. Besonders geeignete Bereiche sind pH 3 bis pH 1,5.
Die Behandlung wird typischerweise für einen Zeitraum von 5 min bis 12 Stunden durchgeführt, mehr bevorzugt zwischen 0,5 und 6 Stunden, noch mehr bevorzugt zwischen 1 und 4 Stunden. Dabei kann die Behandlung auch bei etwas erhöhter Temperatur erfolgen. Besonders geeignete Bedingungen für die Behandlung sind Temperaturen zwischen 0 und 80°C, mehr bevorzugt zwischen Raumtemperatur und 50°C.
Alkaloide und/oder andere Stoffe können auch durch Adsorptionsprozesse an Adsorbentien zum Beispiel an Kationenaustauschern oder organischen Polymerharzen (z.B. Amberlite XAD) abgetrennt werden. Als Alternative oder zusätzlicher Schritt kommt auch eine Flüssig-Flüssig-Extraktion in Betracht.
Bei einer Flüssig-Flüssig-Extraktion wird der Extrakt in wässriger Lösung mit einem organischen Lösungsmittel extrahiert. Typische geeignete Lösungsmittel sind Butanol und Ethylacetat.
Selbstverständlich können die Abreicherungsschritte nicht nur einzeln, sondern auch in Kombination und in beliebiger Reihenfolge durchgeführt werden.
Ein geeignetes Verfahren ist z.B. die Behandlung mit einem Kationenaustauscher in saurer (H+) Form. Hierdurch wird gleichzeitig der pH-Wert abgesenkt und zusätzlich eine Adsorption an Kationenaustauschern ermöglicht.
Gegenstand der Erfindung ist auch ein Pflanzenextrakt erhältlich nach dem erfindungsgemäßen Verfahren. Die erfindungsgemäße Extrakte enthalten die Kavapyrone, die zumeist chemische Derivate des Kavain (5,6-Dihydroxy-4- methoxy-6-styryl-2H-pyran-2-on) darstellen.
Möglicherweise beruht der Effekt des erfindungsgemäßen Verfahrens auf der chemisch relativ verminderten Stabilität der Alkaloide, welche eine starke Hydrolysebereitschaft der strukturell als Amidalkaloide aufzufassenden In- haltsstoffe zu besitzen scheinen. Forciert werden kann diese Zersetzung beispielsweise durch eine basische oder saure Verseifung. Bei dieser Hydrolyse werden aus den Alkaloiden eine Amino- und eine Säurekomponente freigesetzt, die weniger schädlich sein sollte, oder aber durch geeignete Adsorber, wie Ionenaustauschern, eliminiert werden können.
Hinsichtlich einer physikalischen Instabilität der Alkaloide konnte eine thermische Labilität besonders in Gegenwart von Wasser beobachtet werden, die wahrscheinlich auch solvatolytisch manifestiert ist.
Des weiteren können die obengenannten Alkaloide, wie auch ihre Hydrolyseprodukte basischen oder amphoteren Charakter aufweisen. Starke Affinität zu geladenen Adsorbem konnte gefunden werden. Solche Adsorber sind zugleich sehr gut geeignete Hydrolysekatalysatoren und daher bevorzugte Medien zur Abtrennung der Alkaloidspuren.
Der erfindungsgemäße Extrakt kann zur Herstellung von Arzneimitteln, Nah- rungsergänzungsmitteln, Veterinärprodukten oder Kosmetika in flüssigen oder festen Extraktzubereitungen verwendet werden.
Beispiele:
Beispiel 1
13,3 kg Kava -Wurzelstock, geschnitten und gesiebt zu Teilstücken von 6 bis 8 mm, werden mit 160 kg Ethanol 96% V/V bei 45°C über 24 h erschöpfend extrahiert. Die filtrierten, vereinigten ethanolischen Abläufe werden bei 55°C im Vakuum schonend zu einem pastösen Kava -Mutterextrakt beigedampft. Der resultierende Spissumextrakt von 1,1 kg hat einen Trockensubstanzanteil von 94% m/m. Dieser vom Auszugsmittel befreite Extrakt (Ethanol < 0,5% m/m) enthält 58 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und 69 ppm Alkaloid-Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Beispiel 2
11,2 kg Kava-Peelings der Stammrinde werden analog Beispiel 1 bis zum pastösen Mutterextrakt hergestellt. Es resultieren 0,86 kg Spissumextrakt mit einem Trocken rückstand von 95% m/m. Der lösemittelfreie Extrakt enthält 51 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und 230 ppm Alkaloid-Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Beispiel 3
100 g des Kava-Spissumextraktes erhalten gemäß Beispiel 1 werden in Ethanol 80% V/V rückgelöst. Anschließend wird unter ständigem Rühren bei 55°C
Produkttemperatur, soviel Schwefelsäure tropfenweise zugegeben, bis sich ein pH von ca. 3 einstellt. Nach 2 h Rührzeit wird die Extraktlösung auf Raumtemperatur abgekühlt und mit einer Laugenlösung neutralisiert. Ausgefallene Niederschläge werden abfiltriert und die Extraktlösung erneut zum Spissu- mextrakt beigedampft. Der Spissum enthält 54 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und 5 ppm Alkaloid-Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Beispiel 4
100 g des Kava-Spissumextraktes erhalten gemäß Beispiel 1 werden in Etha- nol 80% V/V rückgelöst. Anschließend wird unter ständigem Rühren bei Raumtemperatur, soviel Kalklauge tropfenweise zugegeben, bis sich ein pH von ca. 11 einstellt. Nach 2 h Rührzeit wird die Extraktlösung mit einer mineralischen Säurenlösung neutralisiert. Ausgefallene Niederschläge werden separiert und die Extraktlösung erneut zum Spissumextrakt beigedampft. Der Spissum ent- hält 49 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und < 5 ppm Alkaloid-Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Beispiel 5
100 g des Kava-Spissumextraktes erhalten gemäß Beispiel 1 werden in Ethanol 80% V/V rückgelöst. Anschließend wird unter ständigem Rühren bei 55°C Produkttemperatur, soviel Schwefelsäure tropfenweise zugegeben, bis sich ein pH von ca. 3 einstellt. Nach 2 h Rührzeit wird die Extraktlösung auf Raumtemperatur abgekühlt und mit einer Laugenlösung neutralisiert. Ausgefallene Niederschläge werden separiert und die Extraktlösung wird durch zweifaches Ausrühren mit demselben Volumen an Ethylacetat in eine organische Phase überführt. Diese wird unter vermindertem Druck beigedampft. Der erhaltene Spissum enthält 62 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und < 5 ppm Alkaloid- Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Beispiel 6
100 g des Kava-Spissumextraktes erhalten gemäß Beispiel 2 werden in schwefelsaurem Wasser bei pH 1-2 unter starkem Rühren bei 40°C für 1 h suspendiert. Anschließend wird die sich abtrennende wässrige Phase entfernt. Der Extrakt wird in Ethanol 80% (V/V) rückgelöst und über einen Kationenaustauscher geleitet. Die durchlaufenden wässrig-ethanolischen Eluate werden anschließend unter vermindertem Druck beigedampft. Der erhaltene Spissum enthält 47 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und < 5 ppm Alkaloid-Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Beispiel 7
10 kg Kava -Wurzelstock, geschnitten und gesiebt zu Teilstücken von 6 bis 8 mm, werden mit 180 kg Aceton (60% m/m) bei 35°C über 24h erschöpfend extrahiert. Die filtrierten, vereinigten acetonischen Abläufe werden bei 40°C im Vakuum schonend zu einem pastösen Kava-Mutterextrakt beigedampft. Der resultierende Spissumextrakt von 1,2 kg hat einen Trockensubstanzanteil von 88% m/m. Dieser vom Auszugsmittel befreite Extrakt enthält 54 Gew.-% Kavapyrone (HPLC) und 86 ppm Alkaloid-Verbindungen ber. als Pipermethystin (GC), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.
Zur Entfernung der Alkaloid-Anteile wird der Extrakt in Ethanol 70% V/V rück- gelöst und über einen stark sauren Kationenaustauscher (Sulfonsäure-Harz) in Form einer gepackten Säule geleitet. Das nach Säulendurchlauf erhaltene Eluat wird im Vakuum zu Spissum bei 55°C eingedampft. Dieser Extrakt enthält unverändert einen hohen Anteil von 52 Gew.-% Kavapyronen und ist praktisch frei von Alkaloidverbindungen (< 5 ppm), jeweils bezogen auf den Trockenextrakt.