Medizinisch nützliche 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinoline, Verfahren zu ihrer Herstellung, sie enthaltende Arzneimittel und deren Verwendung
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft neue bioaktive Verbindungen aus der Klasse der 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinoline. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung dieser Verbindungen, diese enthaltende Arzneimittel und deren Verwendung bei der Behandlung von Erkrankungen.
Hintergrund der Erfindung
Die herausragende Rolle von marinen Organismen als Quelle von Wirkstoffen kristallisiert sich in den letzten Jahren immer mehr heraus. Dies gilt sowohl für den antiparasitären Bereich (siehe z.B. O. Kayser, A. F. Kiderlein, S. L. Croft, Studies in Natural Products Chemistry 2002, 779-848), als auch insbesondere für antitumorale Substanzen (z. B. G. Schwartsmann, A. B. da Rocha, R. G. S. Berlinck, J. Jimeno, Lan- cet Oncol. 2001 , 2, 221-225). So fand man beispielsweise für das ungewöhnliche Isochinolin-Alkaloid Imbricatin, isoliert aus dem Seestern Dermasterias imbricata, sehr aussichtsreiche Aktivitäten gegen humane Brustkrebszellinien (siehe J. Stingl, R. Andersen, J. T. Emerman Cancer Chemoth. Pharm. 1992, 30, 401-406; C. Pathi- rana, R. J. Andersen J. Am. Chem. Soc. 1986, 108, 8288-8289).
Imbricatin
Der zentrale Isochinolinteil bildet auch die Basis für andere antitumor-aktive Substanzen marinen Ursprungs, beispielsweise die Inhaltstoffe von Schwämmen der Familie Haliclonidae (M. A. Rashid, K. R. Gustafson, M. R. Boyd, R. Michael, J. Nat. Prod. 2001, 64, 1249-1250). Darüber hinaus zeigen marine Isochinolin-Derivate auch antibakterielles Potenzial, beispielsweise gegen Staphylococcus aureus (R. A. Edrada, P. Proksch, V. Wray, R. Christ, L. Witte, R. W. M. Van Soest, J. Nat. Prod. 1996, 59, 973-976).
Auch die - wenngleich aus terrestrischen Pflanzen stammenden -Naphthylisochino- lin-Alkaloide (siehe u.a. G. Bringmann, D. Feineis, Act. Chim. Therap. 2000, 26, 151- 171 ; G. Bringmann, F. Pokorny in The Alkaloids (Hrsg.: G. Cordeil), Bd. 46, Acade- mic Press, New York, 1995, S. 127-271 ; G. Bringmann, U. Holzgrabe, V. Hoerr, G. Stich, Pharmazie, im Druck) weisen ein überaus interessantes Spektrum von antiinfektiösen Eigenschaften auf; so zeigt z.B. Dioncophyllin C hohe antiplasmodiale Aktivität in vitro und in vivo.
C )H e Dioncophyllin C
Alle diese Befunde veranlassten die Erfinder, nach alternativen Isόchinolin-Derivaten, die gleichzeitig chemisch leichter zugänglich (weil ohne Chiralität an C-1 und C-3) sein sollten, zu suchen. Pharmazeutisch interessante und möglicherweise medizinisch nützliche Eigenschaften standen dabei im Mittelpunkt.
Es wurde nun überraschenderweise gefunden, dass 3,3-Dimethyl-8-oxo-3,4-di- und - 1 ,2,3,4-tetrahydroisochinoline der allgemeinen Formeln 1 und 2 ausgeprägte antiin- fektive, wie zum Beispiel antiprotozoische (z.B. antitrypanosomale, antileishmaniale und antiplasmodiale) und antitumorale Eigenschaften besitzen.
Die Erfindung somit betrifft Verbindungen der allgemeinen Strukturen 1 und 2, wobei diese (abgesehen von der möglichen Präsenz von Chiralitätszentren in R1-R7) be- wusst möglichst achiral und damit leicht synthetisierbar sein sollen.
Die Substituenten R1, R2, R3, R4, R5, R6 und R7 können dabei die folgenden Bedeutungen haben:
R1 kann -H oder ein unsubstituiertes, monosubstituiertes oder polysubstituiertes Alkyl sein, wobei das Alkyl gerade, verzweigt oder cyclisch sein kann.
Weiterhin kann R1 ein Alkenyl, ein unsubstituierter, monosubstituierter oder polysub- stituierter Aryl- oder Heteroarylrest, eine unsubstituierte, monosubstituierte oder po- lysubstituierte Benzylgruppe oder eine Acylgruppe (z.B. Formyl, Acetyl, Trichlorace- tyl, Fumaryl, Maleyl, Succinyl, Benzoyl, verzweigte oder heteroatom- oder arylsub- stituierte Acylgruppen usw.) sowie Reste anorganischer und organischer Säuren (z.B. Sulfat, Phosphat, Carbonat, Sulfonat, Phosphonat, etc.) und im Falle mehrbasi- ger Säuren deren Salze oder 'externe' Alkyl- oder Arylester sein.
R2, R3, R4, R5 und R6 können jeweils ein oder mehrere gleiche oder verschiedene Substituenten der folgenden Art sein:
R2, R3, R4, R5 und R6 können -H oder ein unsubstituiertes, monosubstituiertes oder polysubstituiertes Alkyl sein, wobei das Alkyl gerade, verzweigt oder cyclisch sein kann.
Weiterhin können R2, R3, R4, R5 und R6 ein Alkenyl, ein unsubstituierter, monosub- stituierter oder polysubstituierter Aryl- oder Heteroarylrest, eine unsubstituierte, monosubstituierte oder polysubstituierte Benzylgruppe oder eine Acylgruppe sein (z.B. Formyl, Acetyl, Trichloracetyl, Fumaryl, Maleyl, Succinyl, Benzoyl, verzweigte oder heteroatom- oder arylsubstituierte Acylgruppen usw.).
R2, R3, R4, R5 und R6 können jeweils auch durch einen Hydroxy- (-OH) oder Alkoxy- substituenten (z.B. -OMe, -OEt, -OπPr, -/Pr, -OnBu, -O/Bu, -OsecBu, -OtBu usw.) repräsentiert sein, dessen Alkylgruppe verzweigt, unverzweigt oder cyclisch ist.
R2, R3, R4, R5 und R6 können neben Thiol (-SH) auch über ein Schwefelatom gebundene Alkyl- (z. B. -SMe, -SEt, usw.) oder eine Sulfonylgruppe (z. B. -SO3H, - SO2Me, -SO2CF3, -SO2C6H4CH3 oder SO2C6H CH2Br) sein.
R2, R3, R4, R5 und R6 können ein Stickstoffsubstituent sein [z.B. -NH2, -NHR, -NRR" (R, R' = Alkyl, Aryl usw.), -NC, -N02 usw.].
Des Weiteren können R2, R3, R4, R5 und R6 ein Fluor-, Chlor-, Brom-, lod-, -CN oder auch ein Heterosubstituent sein.
Im Falle von R5 ungleich R6 oder bei sperrigen Arylresten R1 - R4 können 1 und 2 zentro- oder axialchirale Verbindungen sein.
R7 kann -H oder ein unsubstituiertes, monosubstituiertes oder polysubstituiertes Alkyl sein, wobei das Alkyl gerade, verzweigt oder cyclisch sein kann. Weiterhin kann R7 ein Alkenyl, ein unsubstituierter, monosubstituierter oder polysubstituierter Aryl- oder Heteroarylrest, eine unsubstituierte, monosubstituierte oder polysubstituierte Benzylgruppe, oder Acylgruppe (z.B. Formyl, Acetyl, Trichloracetyl, Fumaryl, Maleyl, Succinyl, Benzoyl, verzweigte oder heteroatom- oder arylsubstituierte Acylgruppen usw.) sein.
Auch können zwei oder mehr Reste (z.B. ein Rest R1 und ein Rest R2 oder ein Rest R4 und ein Rest R6) so untereinander in der Art verknüpft sein, dass dadurch ein iso- oder heteroaromatischer oder -gesättigter Ring erhalten wird. So kann z.B. R2 plus
R auch ein an zwei benachbarten Kohlenstoffatomen des Isochinolingerüsts kondensierter aromatischer oder gesättigter Ring sein.
Die Erfindung betrifft ebenfalls alle möglichen Stereoisomere und deren Gemische. Weiterhin umfasst die vorliegende Erfindung die physiologisch verträglichen Salze und Solvate der o. g. Verbindungen.
Ausgenommen sind die folgenden Verbindungen sein, die bereits vorher in R. C. Bemotas, C. E. Thomas, A. A. Carr, T. R. Niedzuak, G. Adams, D. F. Ohlweiler, D. A. Hay, Bioorg. Med. Chem. Lett. 1996, 6, 1105-1110; J. P. Gavin, R. D. Waigh, J. Chem. Soc. Perk. Trans. 1 1990, 3, 503-508; und G. Schwachhofer, J. Chopin, Bull. Soc. Chim. France 1962, 835-843 beschrieben wurden:
Eine biologische Wirksamkeit der oben genannten Verbindungen wurde durch die oben genannten Veröffentlichungen jedoch nicht beschrieben. Erfindungsgemäß besonders bevorzugt sind Verbindungen der allgemeinen Formeln 1 und 2, die aus den folgenden Strukturformeln ausgewählt sind:
1d und deren physiologisch verträgliche Salze und
Solvate.
Mit der vorliegenden Erfindung wird somit eine neue bioaktive und synthetisch herstellbare Substanzgruppe, die 3,3-Dimethyl-8-oxodi- und -tetrahydroisochinoline 1 und 2, zur Verfügung gestellt; ferner werden Verfahren zu deren Herstellung und auch zu deren Verwendung dargestellt.
Die erfindungsgemäßen Verbindungen 1 und 2 können mit den üblichen Lösungsmitteln, Hilfs- und Trägerstoffen zu Tabletten, Dragees, Kapseln, Tropflösungen,
Suppositorien, Injektions- und Infusionszubereitungen verarbeitet werden, um therapeutisch zur peroralen, rektalen oder parenteralen Applikation Verwendung zu finden.
Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung der oben genannten Verbindungen.
Ein noch weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung der erfindungsgemäßen Verbindungen zur Behandlung von Erkrankungen, wie z.B. viralen Erkrankungen, Tumorerkrankungen, Infektionserkrankungen und/oder neurodegene- rativen Erkrankungen. Die Verwendung kann zum Beispiel in Form einer Depotsubstanz oder als Vorläufer zusammen mit einer geeigneten, pharmazeutisch verträglichen Verdünnungslösung oder Trägersubstanz erfolgen. Dabei wird im Rahmen der Erfindung unter dem Begriff „Vorläufer" ein Derivat einer der erfindungsgemäßen Verbindungen verstanden, das erst durch die metabolische Umsetzung im Körper in ihre pharmazeutisch aktive Form überführt wird.
Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung, umfassend eine erfindungsgemäße Verbindung, zusammen mit geeigneten Zusatz- oder Hilfsstoffen. Diese pharmazeutische Zusammensetzung kann dadurch gekennzeichnet sein, dass die Verbindung in Form einer Depotsubstanz oder als Vorläufer zusammen mit einer geeigneten, pharmazeutisch verträglichen Verdünnungslösung oder Trägersubstanz vorliegt. Die Herstellung und Zubereitung solcher pharmazeutischen Zusammensetzungen ist dem Fachmann gut bekannt und kann aus der einschlägigen Literatur entnommen werden.
Besonders bevorzugt sind pharmazeutische Zusammensetzungen, in denen die erfindungsgemäße Verbindung in einer Menge von etwa 20 μg bis 200 mg pro Dosiseinheit vorliegt, oder pharmazeutische Zusammensetzungen, in denen die erfindungsgemäße Verbindung in solch einer Menge vorliegt, dass eine Dosierung zwischen 0,001 und 15,0 μg/ml, bevorzugt zwischen 0,01 und 5,0 μg/ml bei der Behandlung in vivo vorliegt. Bevorzugt ist eine pharmazeutische Zusammensetzung gemäß der vorliegenden Erfindung, die weitere Chemotherapeutika enthält. Diese Chemotherapeutika können alle für den Fachmann üblichen Chemotherapeutika im
Rahmen einer Krebstherapie, Infektionstherapie und/oder Therapie von neurodege- nerativen Erkrankungen umfassen.
Erfindungsgemäß kann die oben genannte pharmazeutische Zusammensetzung in Form von Tabletten, Dragees, Kapseln, Tropf lösungen, Suppositorien, Injektionsoder Infusionszubereitungen zur peroralen, rektalen oder parenteralen Verwendung vorliegen. Solche Darreichungsformen und deren Herstellung sind dem Fachmann bekannt.
Die Verfahrensprodukte der allgemeinen Formeln 1 und 2 gewinnen zusätzlich an Wert dadurch, dass sie sich sehr leicht durch chemische Synthese herstellen lassen. Generell lässt sich der zweite aromatische Ring aus dem entsprechenden Alkohol 3 in einer einzigen Stufe, durch Ritter-Reaktion (J. J. Ritter, P. P. Minieri, J. Am. Chem. Soc. 1948, 70, 4045-4048; Review: L. I. Krimen, D. J. Cota, Org. React. 1969, 17, 213-325) mit gleichzeitigem Ringschluss gewinnen:
Schema 1. Ein effizienter Zugang zu den erfindungsgemäßen Verbindungen 1 und
Aufgrund des durch die Sauerstofffunktion elektronenreichen Aromaten entsteht bei der Reaktion nämlich nicht erst das entsprechende Formamid, sondern, unter Ringschluss, direkt das Dihydroisochinolin 1. Dieses kann anschließend leicht mit entsprechenden Reduktionsmitteln (z.B. NaBH4) oder durch katalytische Hydrierung zum Tetrahydroisochinolin 2 umgesetzt werden.
Die entsprechenden Alkohole 3 sind in Einzelfällen literaturbekannt (vgl. S. Ahmad, W. B. Whalley, D. F. Jones, J. Chem. Soc. C 1971 , 21, 3590-3593) und können leicht durch einfache oder doppelte Grignard-Reaktion aus Ketonen 4 (vgl. G. Bringmann, R. Weirich, H. Reuscher, J.R. Jansen, L. Kinzinger, T. Ortmann Liebigs Ann. Chem.
1993, 877-888) oder aus entsprechenden Arylessigsäure-Estern 5 hergestellt werden:
Alle Reaktionen verlaufen in guten bis sehr guten chemischen Ausbeuten. Dies macht die Heterocyclen des Typs 1 und 2 zu einer leicht in großen Mengen und unterschiedlichsten Varianten verfügbaren Substanzklasse. Aber auch andere Syntheseverfahren zum Aufbau der erfindungsgemäßen Substanzen 1 und 2 sind möglich, z.B. durch Bischler-Napieralski- bzw. Pictet-Spengler-Synthese (siehe z.B. W. M. Whaley, T. R. Govindachari, Org. React. 1951 , 6, 74-89; G. Fodor, S. Nagubandi, Heterocycles 1981, 15, 165-178).
Die Verfahrensprodukte der allgemeinen Formeln 1 und 2 besitzen wertvolle phar- makologische Eigenschaften. Diese wurden nach folgenden Verfahren bestimmt:
Antitrypanosomale Wirkungen
Der Test wurde in 96-Loch-Mikrotiterplatten mit je 100 μl RPMI 1640 Medium mit 10% fötalem Kälberserum und 2mM L-Glutamin durchgeführt, jeweils mit 2000 L6- Zellen (Rattenmyoblasten) pro Well. Nach 24 h wurden 5000 trypomastigote Formen von Trypanosoma cruzi (Tulahuen-Stamm C2C4, ausgestattet mit dem Galactosida- se-Gen, Lac Z) und die Substanz in unterschiedlichen Konzentrationen zugegeben. Die Platten wurden bei 37°C und bei 5% CO2-Gehalt (Inkubations-Atmosphäre) 96 h lang inkubiert. Zur Bestimmung der ICso-Werte wurde danach CPRG/Nonidet als Substrat zugegeben. Die Farbreaktion, die sich innerhalb der nächsten 2-4 h entwik- kelte, wurde photometrisch bei 540 nm ausgewertet und der IC5o aus der sigmoida- len Hemmungskurve bestimmt. Die Zytotoxizität wurde im selben Test mit nicht infizierten L-6-Zellen bei gleicher Verdünnungsrate bestimmt. Die Zellen wurden ausgesät und 3 Tage lang einer seriellen Verdünnungsreihe der Substanz ausgesetzt. Dann wurde die Viabilität mittels Alamar Blue bestimmt (B. Räz, M. Iten, Y. Grether-
Buhler, R. Kaminsk, R. Brun, Acta Trop. 1997, 68, 139-147). Die zytotoxischen Aktivitäten wurden als IC50-Werte ausgedrückt.
Antiplasmodiale Wirkungen
Für die Bestimmung der antiplasmodialen Aktivitäten wurden Zellkulturen des K1- Stamms (resistent gegen Chloroquin und Pyrimethamin) verwendet. Es wurde eine Modifikation (R. G. Ridley, W. Hofheinz, H. Matile, C. Jacquet, A. Dorn, R. Masciadri, S. Jolidon, W. F. Richter, A. Guenzi, M. A. Girometta, H. Urwyier, W. Huber, S. Thaitong, W. Peters, Antimicrob. Agents Chemother. 1996, 40, 1846-1854) des [3H]- Hypoxanthin-Einbau-Tests (R. E. Desjardins, C. J. Canfield, D. Haynes, J. Chulay, Antimicrob. Agents Chemother. 1979, 16, 710-718) verwendet. Mit Plasmodium falci- parum infizierte menschliche rote Blutkörperchen wurden mit seriellen Wirkstoffverdünnungsreihen in Mikrotiterplatten 48 h lang bei 37°C, unter einer CO2- angereicherten und O2- reduzierten Atmosphäre inkubiert. [3H]-Hypoxanthin wurde zu jedem Well der Mikrotiterplatte hinzugegeben, und nach weiteren 24 h Inkubationszeit wurden die Wells auf Glasfaserfiltern abgeerntet. Die Zahl der lebenden Zellen wurde mit Hilfe eines Szintillationszählers bestimmt. Der ICso-Wert wurde aus sigmoidalen Inhibierungskurven bestimmt. Die Tests wurden zweimal durchgeführt und mindestens einmal wiederholt.
Antileishmaniale Wirkungen
Peritoneale Maus-Macrophagen wurden in RPMI-1640-Medium in 10% foetalem Kälberserum in Lab-tek 16-Kammer Südes eingebracht. Nach 24 h wurden Leishma- nia-donovani-Amast\goten (MHOM-ET-67/L82-Stamm) im Verhältnis 3:1 (Amastigo- ten : Macrophagen) hinzugefügt. Das noch freie Amastigoten enthaltende Medium wurde nach 4 h durch frisches Medium ersetzt. Am nächsten Tag wurde das Medium in den Kammern durch frisches ersetzt, welches die entsprechende Testsubstanz- Konzentration enthielt. Anschließend wurden die Kammer-Slides 96 h lang bei 37 °C unter 5%iger Cθ2-Atmosphäre inkubiert. Danach wurde das Medium entfernt, und die Südes wurden mit Methanol fixiert und mit Giemsa gefärbt. Das Verhältnis von infizierten zu nicht-infizierten Macrophagen wurde mikroskopisch bestimmt, ins Verhältnis zur Kontrolle gesetzt und der ICso- ert durch lineare Regression berechnet.
Antitumorale Wirkungen
Die Antitumorwirkung wurde u.a. am L5178y-Mäuselymphomzellsystem nachgewiesen (ATCC CRL 1722). Diese Zellen wurden in Suspensionskultur gehalten, wie bereits früher beschrieben (W. E. G. Müller, R. K. Zahn, Cancer Res. 1979, 39, 1102- 1107). Die ED50-Konzentrationen für einige ausgewählte 3,3-Dimethyl-8- oxoisochinoün-Derivate-Derivate sind im Folgenden aufgeführt.
Die Antitumor-Aktivität der Derivate der 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinoüne wurde bei den Tumorzell-Linien PC-12 (adrenaler, phaeochromocytomaler Tumor [Ratte]; ATCC CRL 1721), Sarcoma 180 (Sarkom [Maus]; ATCC TIB 66) sowie HeLa S3 (epitheloides Carcinom [Cervix; Mensch]; ATCC CCL 2.2) gezeigt. An diesen In-vitro- Modellen werden ED50-Konzentrationen unterhalb einer Konzentration von 5 μg/ml gemessen, die auf eine potente Wirkung in vivo schließen lassen.
Antivirale Aktivität
Weiterhin wird ein Verfahren zur Behandlung von Viruserkrankungen, bei dem die Viruserkrankung eine HIV-1 -Infektion sein kann, offenbart. Dabei kann die Verbindung in vivo in einem Konzentrationsbereich zwischen 1 und 5,0 μg/ml (Blutspiegel) angewandt werden. Dem Fachmann sind die für die Erreichung dieser Konzentrationen erforderlichen zu verabreichenden Mengen leicht ersichtlich, die u.a. von dem jeweiligen Patienten, der Erkrankung und der Bioverfügbarkeit der jeweils verwendeten Verbindung abhängen können. Als weitere zu therapierende virale Erkrankungen seien hier beispielhaft weitere HIV-Infektionen, Infektionen mit HCV (Hepatitis-C- Virus), Herpes- und/oder RSV-Virus-Erkrankungen genannt.
Die ausgeprägte antivirale Wirksamkeit der Verfahrensprodukte wurde im HTLV-IIIB (HIV-1) Testsystem nachgewiesen. Eine spezifische Hemmung der Virus-Produktion wurde bei einem Konzentrationsbereich zwischen 1 und 5,0 μg/ml ermittelt.
Neuroprotektive Wirkungen
Von besonderer Bedeutung für die Verwendung der Verfahrensprodukte ist der Einsatz zur Neuroprotektion. Die vorliegende Erfindung betrifft nun ein Verfahren zur Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen. Grundlage dieser Erkrankungen ist häufig eine Beeinträchtigung der neuronalen Glutamat-Kanäle. Werden diese
durch Antagonisten in //7-wϊro-Modeüen auf physiologische Aktivitäten zurückmoduliert, kann auch auf eine effektive /π-v/Vo-Wirkung geschlossen werden. Als Beispiele hierfür seien die Krankheitsbilder aus der Gruppe der Alzheimer- Erkrankungen erwähnt (S. Perovic, M. Böhm, E. Meesters, H. C. Schröder, G. Per- gande, W. E. G. Müller, Mech. Ageing Develop. 1998, 101, 1-19) sowie auch Prion- Erkrankungen (W. E. G. Müller, H. C. Schröder, H. Ushijima, J. Dapper and J. Bormann, Europ. J. Pharmacol. 1992, 226, 209-214). Die gefundenen effektiven Dosen, die neuroprotektiv wirken, liegen ebenfalls unterhalb von 5 μg/ml in den verwandten /n-w-ro-Modellen. Dieser Befund lässt wiederum auf einen hohen therapeutischen Nutzen dieser Chemikalien bei neurodegenerativen Erkrankungen schließen.
Die Erfindung betrifft in einem weiteren Aspekt die Verwendung einer Verbindung der allgemeinen Formeln 1 und 2,
1
wobei die Reste R1 bis R7 wie oben definiert sind, zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von viralen, Tumor- und/oder neurodegenerativen Erkrankungen und/oder zur Behandlung von Entzündungszuständen und/oder zur Behandlung der Chagas-Krankheit.
Die erfindungsgemäße Verwendung findet bevorzugt in Form einer Depotsubstanz oder als Vorläufer zusammen mit einer geeigneten, pharmazeutisch verträglichen Verdünnungslösung oder Trägersubstanz statt. Bevorzugt ist dabei eine erfindungsgemäße Verwendung in einer Menge in einem Konzentrationsbereich zwischen 0,1 und 15,0 μg/ml bei der Behandlung in vivo, weiter bevorzugt zwischen 0,3 und 5,0 μg/ml.
Die Verabreichung kann erfindungsgemäß in Form einer Depotsubstanz oder als Vorläufer zusammen mit einer geeigneten, pharmazeutisch verträglichen Verdünnungslösung oder Trägersubstanz erfolgen.
Die Erfindung soll im Folgenden anhand von Beispielen näher verdeutlicht werden, ohne jedoch in irgendeiner Weise auf diese Beispiele beschränkt zu sein.
Beispiel 1 : Synthese der antileishmanialen Verbindung 1a Synthese des Alkohols 3a
MeMgBr
Zu einer Lösung von 6,00 g (30,9 mMol) des Ketons 4a in 100 ml abs. Diethylether tropfte man bei 0 °C langsam 21 ml einer 1 ,5 M-Lösung von Methylmagnesiumbro- mid (31 mMol) in Diethylether. Man erhitzte 1 h zum Rückfluss. Nach Ansäuern mit verd. Salzsäure gewann man das Produkt durch Ausschütteln mit Diethylether.
Diese Arbeitsvorschrift ist günstiger als eine aus der Literatur bekannte (S. Ahmad, W. B. Whalley, D. F. Jones, J. Chem. Soc. C 1971, 21, 3590-3593), bei der 3a nur als Nebenprodukt entsteht, darüber hinaus verzichtet sie im Gegensatz zur bekannten Darstellung von 3a auf den Einsatz giftiger Cadmiumsalze.
Ausbeute: 6,17 g (29,4 mMol, 95 %).
IR (Film): v = 3416 cm"1 (s, br, O-H), 2967 (s, C-H), 2837 (m, C-H), 1595 (s, C-O), 1462 (s), 1430 (m), 1340 (s), 1205, 1150, 1064 (s, s, s, C-O).
1H-NMR (400 MHz, CDCI3): δ = 1 ,25 (s, 6 H, CCH3), 2,71 (s, 2 H, Ar-CH2), 3,79 (s, 6 H, OCH3), 6,34 (s, 3 H, Ar-H).
13C-NMR (100 MHz, CDCI3): δ = 29,68 (CCH3), 50,39 (CCH2), 55,69 (OCH3), 71 ,03 (CCH3), 98,83, 109,0, 140,4, 161 ,0 (Ar-C).
MS (70 eV): m/z (%) = 210 (10) [M+], 195 (14) [M+ - CH3], 192 (21) [M+ - OH2], 177 (28) [M+ - CH30], 152 (100) [M+ - C2H2O2],91(26) [C7H7 +], 77 (20) [C6H5 +], 59 (53) [C2H3O2 +], 51 (11) [C4H3 +], 43 (23) [C2H3O+].
Cι2H18O3 (210,27) Ber. C 68,25 H 8.46 Gef. C 68,55 H 8,62.
Synthese der antileishmanialen Verbindung 1a
Zu einer Lösung von 3,00 g (14,2 mMol) des Alkohols 3a in 10 ml Eisessig wurden 924 mg (14,2 mMol) Kaüumcyanid gegeben. Durch einen Tropftrichter fügte man unter ständigem Rühren innerhalb von 20 min 10 ml konz. Schwefelsäure hinzu. Die Reaktionstemperatur wurde durch Kühlung von außen auf 10-20 °C eingestellt. Evtl. entstehende Blausäuredämpfe wurden durch Einleiten in eine wässrige Natriumhypochlorit-Lösung vernichtet.
Die Reaktionsmischung tropfte man vorsichtig in einen Scheidetrichter mit ges. wässr. Natriumcarbonatlösung. Es wurde dreimal mit je 100 ml Ethylacetat extrahiert. Zu den vereinigten organischen Phasen gab man halbkonz. Salzsäure und zog das Produkt so in die wässrige Phase. Diese wurde zweimal mit je 100 ml Ethylacetat gewaschen und anschließend vorsichtig mit Natriumcarbonat basisch gestellt. Das analysenreine Produkt wurde hieraus durch dreimaliges Extrahieren mit Ethylacetat und Entfernen des Lösungsmittels i. Vak. als dunkelbraunes Öl gewonnen.
3, 3-Dimethyl-6, 8-dimethoxy-3, 4-dihydroisochinolin (1a)
Ausbeute: 2,43 g (11 ,1 mMol; 78%).
IR (Film): v = 2965 cm-1 (m, C-H), 1604 (s, C=N), 1574 (m, m, C=C), 1464 (m), 1340 (s), 1301 , 1205 1150 (m, s, s, C-O), 1100 (m).
1H-NMR (400 MHz, CDCI3): δ = 1 ,27 (s, 6 H, CCH3), 2,66 (s, 2 H, Ar-CH2), 3,85 und 3,86 (s, s, je 3 H, OCH3), 6,26 und 6,35 (d, d, 4J = 2,3 Hz, je 1 H, Ar-H), 8,54 (s, 1 H, N=CH).
13C-NMR (100 MHz, CDCI3): δ = 27,56 (CCH3), 30,77 (N=CH), 38,87 (Ar-CH2), 53,69 (CCH3), 55,36 und 55,43 (OCH3), 96,22, 105,1 , 139,3, 152,6, 201 ,9, 206,7 (Ar-C).
MS (70 eV): m/z (%) = 219 (85) [M+], 204 (100) [M+ - CH3], 189 (23) [M+- C2H6], 163 (35) [M+- C2H6- CN], 77 (13) [C6H5 +], 51 (8) [C4H3 +].
Cι3H17NO2 Ber. 219,2828 Gef. 219,1254
Beispiel 2: Darstellung des antitrypanosomalen Tetrahydro- isochinolins 1b
In einem Schlenkrohr löste man 3,00 g (13,7 mMol) 1a in 10 ml abs. DMF. Hierzu gab man 27,4 ml (54,7 mMol) einer 2 M Lösung von Natriumisopropylthiolat, die man durch langsames Eintropfen von Isopropylthiol in eine Suspension von Natriumhydrid in abs. DMF bei -15 °C und ca. zweistündiges Rühren bei Raumtemperatur dargestellt hatte. Nach ca. fünfstündigen Erhitzen auf 80 °C und vollständigem Umsatz
entfernte man das Lösungsmittel i. Vak., entfernte anorganische Salze durch Waschen mit ges. Natriumcarbonatlösung und trennte 1b vom ebenfalls entstandenen Regioisomeren durch Säulenchromatographie an basischem deakt. (7,5 % NH3) Alox.
3, 3-Dimethyl-6-methoxy-8-hydroxy-3, 4-dihydroisochinolin (1b)
Ausbeute: 0,91 g (4,46 mMol; 33 %).
Smp.: 208 °C (MeOH).
IR (Film): v = 3196 crrf1 (br, O-H), 2969 (m, C-H), 1611 (s, ON), 1377, 1307, 1149 (s, s, s, C-O).
1H-NMR (400 MHz, MeOD): δ = 1,33 (s, 6 H, CCH3). 2,73 (s, 2 H, Ar-CH2), 3,76 (s 3 H, OCH3), 5,88 und 5,91 (br s, je 1 H, Ar-H), 8,25 (s, 1 H, N=CH).
13C-NMR (100 MHz, CDCI3): δ = 26,43 (CCH3), 40,86 (Ar-CH2), 54,25 (CCH3), 55,79 (OCH3), 102,3, 107,6, 109,7, 139,5, 154,9, 171 ,4 (Ar-C).
MS (70 eV): m/z (%) = 206(11) [M++H], 205 (43) [M+], 190 (51) [M+ - O], 150 (17) [M+ - C2H3 - CN], 149 (20) [M+ - C2H4 - CN], 91 (17) [C7H7 +], 77 (12) [C6H5 +], 51 (9)
Cι2H15N02 Ber. 205,2560 Gef. 205,1101
Beispiel 3: Darstellung des antiplasmodialen Tetra hydro- isochinolins 2b
Hydrierung des Dihydroisochinolins 2a
Zu einer Lösung von 2 g (9,13 mMol) 1a in 20 ml Methanol wurden bei 0 °C portionsweise 346 mg (9,13 mMol) Natriumborhydrid gegeben, dann ließ man auf Raumtemperatur erwärmen. Nach 1 h entfernte man das Lösungsmittel i. Vak. und gewann das Produkt durch Lösen in Dichlormethan, Abfiltrieren über Celite und Abdampfen des Lösungsmittels als weißen Feststoff.
3, 3-Dimethyl-6, 8-dimethoxy- 1, 2, 3, 4-tetrahydroisochinolin (2a)
Ausbeute; 1 ,85 g (8,34 mMol, 92%).
Smp.: 81 °C (Et2O).
IR (Film): v = 3418 cm-1 (s, br, NH), 2963 (m, CH), 1609 (s, C-N), 1492 (m, OC), 1203, 1147 (s, s, C-O).
1H-NMR (400 MHz, CDCI3) δ = 1 ,18 (s, 6 H, CCH3), 2,58 (s, 2 H, Ar-CH2-C), 3,78 und 3,79 (s, s, je 3 H,OCH3), 3,90 (s, 2 H, Ar-CH2-N), 6,19 und 6,28 (d, d, 4J = 2,3 Hz, Arid).
13C-NMR (100 MHz, CDCI3) δ = 27,51 (CCH3), 39,57 (N-CH2), 41 ,89 (Ar-CH2), 48,23 (CCH3), 55,06 und 55,16 (OCH3), 95,76, 104,7, 115,8, 136,3, 155,8, 157,7 (Ar-C).
MS (70 eV): m/z (%) = 221 (29) [M+], 220 (17) [M+-H], 206 (47) [M+ - CH3], 164 (100) [M++H - C2H6- CN] 91 (10) [C7H7 +].
C13Hι9NO2 (219,38)Ber. C 70,55 H 8,65 N 6,36
Gef. C 69,99 H 8,38 N 5,99.
-V-Benzylierung des Tetrahvdroisochinolins 2a
Zu einer Lösung von 2 g (9,05 mMol) 2a in 20 ml Aceton gab man 3,1 g (9,50 mMol) Cäsiumcarbonat und 2,25 ml (19 mMol) Benzylbromid. Nach 18 h reingte man das Rohprodukt nach Abfiltrieren über Celite säulenchromatographisch auf deakt. (7.5% NH3) Kieselgel. Entfernen des Lösungsmittels ergab 2b als weißen Feststoff.
N-Benzyl-3, 3-dimethyl-6, 8-dimethoxy- 1, 2, 3, 4-tetrahydroisochinolin (2b)
Ausbeute: 2,53 g (8,15 mMol, 90%).
Smp.: 109 °C (Et2O).
IR (Film): v = IR (Film): v = 3432 cm"1 (s, br, NH (H-Brücke), 2963 (m, CH), 2835 (m, CH2-N), 1604 (s, C-N), 1496, 1453 (m, m, OC), 1208, 1149 (s, s, C-O), 1109, 1055 (m, m).
1H-NMR (400 MHz, CDCI3) δ = 1 ,21 (s, 6 H, CCH3), 2,74 (s, 2 H, Ar-CH2-C), 3,51 (s, 2 H, Ar-CH2-N), 3,70 und 3,79 (s, s, je 3 H, OCH3), 3,74 (s, 2 H, Ar-CH2-N), 6,23 und 6,25 (d, d, 4J = 2,3 Hz, Ar-H), 7,24 (br m, 1 h, Ar-H), 7,32 (t, 3J = 7,5 Hz, 2 h, Ar-H), 7,42 (br m, 2 H, Ar-H).
13C-NMR (100 MHz, CDCI3) δ = 24,03 (CCH3), 44,09 (C-CH2), 46,37 (N-CH2), (54,23 (N-CH2), 55,46 und 55,68 (OCH3), 96,11 , 104,4, 127,0, 128,6, 129,0, 136,5, 157,3, 159,2 (Ar-C).
MS (70 eV): tτ?/z (%) = 311 (21) [M+], 310 (15) [M+-H], 297 (20) [M++H-CH3], 296 (100) [M+-CH3], 204 (24) [M++H-CH3-C7H7], 164 (76) [M++H - C9H13 - CN], 91 (74) [C7H7].
C2oH25NO2 (311 ,52) Ber. C 77,11 H 8.10 N 4,52
Gef. C 76,65 H 8,06 N 4,40
Beispiel 4: Biologische Eigenschaften der Verbindungen
a) Antitrypanosomale Aktivität
Die antitrypanosomale Aktivität der Verbindungen wurde an T.-criyz/-infizierten L-6- Zellen nach dem oben beschrieben Verfahren getestet.
Ergebnis: Wie die Substanz 1d beispielhaft zeigt, besitzen 3,3-Dimethyl~8- oxoisochinoün-Derivate eine ausgeprägte Wirkung gegen T. cruzi, den Erreger der Chagas-Krankheit (F. Koberle, Adv. Parasitol. 1968, 6, 63-69). Im //?-ι /ϊro-Modell wies Verbindung 1d sehr selektiv einen ICso-Wert von 2,18 auf, zeigte aber keine Anzeichen von Zytotoxizität gegen Säugerzellen (IC50 >90 μg/ml). Bemerkenswert ist auch, dass gerade diese Verbindung (1d) keine antiplasmodiale Aktivität zeigt (>3000 ng/ml).
b) Antiplasmodiale Aktivität
Die antiplasmodiale Aktivität von 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinolinen wurde an einer Reihe von Beispielen nach dem oben beschriebenen Verfahren untersucht.
Ergebnis: Es wird deutlich, dass besonders Verbindung 2e eine ausgeprägte Aktivität gegen den K1 -Stamm von P. falciparum zeigt, bei im Testrahmen nicht nachweisbarer Zytotoxizität.
c) Antileishmaniale Aktivität
Die Aktivität des 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinolins 1a gegen Leishmania donovani wurde nach dem bereits beschriebenen Verfahren untersucht. Die Tabelle zeigt beispielhaft die Aktivität von 1a.
In diesem Testsystem besitzt Verbindung 1a eine gute - selektive - Aktivität gegen L. donovani, viel besser als z.B. gegen T. cruzi (ICso > 50 μg/ml).
d) Antitumorale Aktivität
Die antitumorale Aktivität der 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinoüne wurde an einer Reihe von Tumor-transformierten Zellen, wie dem L5178y-Mäuselymphomzellsystem (ATCC CRL 1722), getestet. Wie beschrieben (W. E. G. Müller, R. K. Zahn, Cancer Res. 1979, 39, 1102-1107) wurden die Zellen in RPMI-Medium, dem 10% fötales Kälberserum zugesetzt worden war, kultiviert. Als Inokulumskonzentration wurden 10.000 Zellen/ml gewählt. Zum Startzeitpunkt wurde die ausgewählte Substanz zugegeben und die Kultur 72 h inkubiert. Danach wurde die Anzahl der lebenden Zellen mittels des kolorimetrischen XTT-Ansatzes bestimmt und mit einem ELISA-Reader ausgewertet (siehe: D. A. Scudiero, R. H. Shoemaker, K. D. Pauli, A. Monks, S. Tier- ney, T. H. Nofziger, M. J. Currens, D. Seniff, M. R. Boyd, Cancer Res. 1988, 48, 4827-4833; T. Daum, J. Engels, M. Mag, J. Muth, S. Lücking, H. C. Schröder, E. Matthes, W. E. G. Müller, Intervirology 1992, 33, 65-75).
Die ED50-Konzentrationen einiger ausgewählter Dimethyl-8-oxoisochinolin-Derivate für die genannten Tumorzelünien wurden nach Durchführung des kolorimetrischen XTT-Tests durch lineare Regression bestimmt (L. Sachs, Angewandte Statistik. Springer, Berlin, 1984 1-168). Die jeweiligen Mittelwerte mit den dazugehörigen Standardabweichungen wurden aus 10 unabhängigen Experimenten ermittelt. Nachfolgend sind die Antitumoraktivitäten für L5178y Mäuselymphomzellen angegeben.
Ergebnis: Es wird deutlich, dass die Dimethyl-8-oxoisochinolin-Derivate bei den niedrigen erforderlichen Konzentrationen von bis zu 0,4 μg/ml die Zeilproliferation nach 72 h entscheidend reduzieren. Besonders stark hemmend - und hochselektiv - ist 2g mit einer Aktivität (ED50-Konzentration) von 0,4±0,1 μg/ml. Auch die übrigen Derivate besitzen eine ausgeprägte Wirkung auf die Zeilproliferation von L5178y-Zellen. Die EDβo-Konzentration der Dimethyl-8-oxoisochinoün-Derivate in Zellkulturansätzen von PC-12-Zellen, Sarcoma-180-Zellen als auch von HeLa-S3-Zellen liegt ebenso niedrig. Beispielhaft kann auch das Derivat 2g erwähnt werden, das bei PC-12-Zellen eine ED50-Konzentration von 3,7±0,4 μg/ml aufweist. Deshalb kann geschlossen werden, dass das Antitumorspektrum der Dimethyl-8-oxoisochinoün-Derivate breit ist.
e) Antivirale Aktivität
Eine ausführliche Angabe der Referenzen und der Durchführung der Methoden sind in früheren Arbeiten zusammengefasst (P. S. Sarin, D. Sun, A. Thornton, W.E.G. Müller J. Natl. Cancer. Inst, 1987, 78, 663-666; H. C. Schröder, P. S. Sarin, M. Rottmann, R. Wenger, A. Maidhof, K. Renneisen, W. E. G. Müller, Biochem Pharma- co/ 1988, 37, 3947-3952).
Untersuchungsparameter: Zellwachstum
H9-Zellen sowie mit HTLV-IIIB (HIV-1) infizierte H9-Zellen wurden in einer Konzentration von 0,2 x 1 000 000 Zellen/ml Kulturmedium zum Beimpfen eines Kulturmediums verwendet. Nach 4-tägiger Inkubation betrug die Dichte der H9-Zellen 1 ,4 x 1 000 000 Zellen/ml, während die Dichte der mit HTLV-IIIB infizierten H9-Zellen lediglich 0,7 x 1 000 000 Zellen/ml war; diese beiden Werte bildeten die Kontrollwerte.
Dann wurden Proben von H9-HTLV-IIIB-Zellen (0,2 x 1 000 000 Zellen/ml) 4 Tage mit unterschiedlichen Konzentrationen von 2a behandelt. Es wurden folgende Ergebnisse erhalten:
Ergebnis: Es ist ersichtlich, dass 2a in den Konzentrationen zwischen 1 und 5 μg/ml die Wachstumsrate von H9-HTLV-lllB-Zellen auf Werte steigert, die im Bereich der Kontrolle, also H9-Zellen ohne HTLV-IIIB, liegen.
Die gleiche Anti-HIV-Aktivität der Chemikalien wurde auch in den etablierten Testsystemen, bei denen der Untersuchungsparameter auf der Hemmung der Produktion von Reverser Transkriptase sowie der Expression der p24- und p15-Proteine beruht, gefunden.
f) Neuroprotektive Aktivität
Materialien: Es wurden die gleichen Materialien wie früher beschrieben verwendet (S. Perovic, A. Wicheis, C. Schutt, G. Gerdts, S. Pahler, R. Steffen, W.E.G. Müller, Environm. Toxicol. Pharmacol. 1998, 6, 125-133). Fura-2-acetoxymethylester (Fura- 2-AM) wurde von Molecular Probes (Leiden, Niederlande), RPMI 1640 von Biochrom KG (Berlin, Deutschland) und die Antikörper "Mäuse-anti-neurofilament" (68 kDa) und „Mäuse-anti-glial-fibrillary-acidic-Protein,, (Anti-GFAP) von Röche Diagnostics (Mannheim, Deutschland) bezogen.
Zellen: Die kortikale Zellkultur wurde aus den Gehirnen von 17-18 Tage alten Rattenembryonen nach R. I. Freshney (in: Culture of Animal Cells: A Manual of Basic Technique (Hrsg.: R. I. Freshney), A. R. Liss Inc., New York, 1987, S. 257-288) er-
halten; die Methode wurde leicht modifiziert (S. Perovic, C. Schleger, G. Pergande, S. Iskric, H. Ushijima, P. Rytik, W. E. G. Müller, Eur. J. Pharmacol. 1994, 288, 27-33). Zusammenfassend wurden die Neuronen aus den Cerebral-Hemisphären isoliert und diese in "Hank's ballanced salt solution" ohne Ca2+ and Mg2+ (HBSS) überführt. Vorher wurden die Zellen in HBSS mit Hilfe von 0,025% (w/v) Trypsin (10 min; 37°C) dissoziiert. Die proteolytische Reaktion wurde mit 10% (v/v) fötalem Kälberserum (FKS) beendet. Die Einzelzell-Suspension wurde zentrifugiert und das resultierende Pellet mit Medium aufgenommen. Die Zellen wurden in eine mit Poly-L-Lysin (5 μg/ml, 300 μl/cm2) beschichtete Kammer mit einer Zelldichte von 2,0 x 105 Zellen/cm2 ausplattiert. Das DMEM/10% FKS-Medium wurde 2 Tage nach der Isolierung entfernt und durch DM EM/Serum-freies Medium ersetzt. 7 Tage nach der Isolierung erfolgte eine Immunfärbung mit „Anti-Neurofilament„-Antikörper (gegen ein 68-kDa-Protein) als Marker für Neuronen und „Anti-GFAP,, als Marker für Gliazellen. Die Kulturen enthalten >80% Neuronen; die restlichen Zellen waren GFAP-positiv und stellten hauptsächlich Astrozyten dar.
Beladen von Neuronen mit Fura-2-AM: Die intrazelluläre Ca2+-Konzentration ([Ca2+]j) wurde durch Fluoreszenzmessungen bestimmt. Als Parameter wurde das Verhältnis der Fluoreszenz des Ca2+-lndikatorfarbstoffes Fura-2-AM bei den Wellenlängen von 340 und 380 nm herangezogen (G. Grynkiewicz, M. Poenie, R.Y. Tsien, J. Biol. Chem. 1985, 260, 3440-3450). Die Neuronen wurden mit 4 μM Fura-2-AM in DMEM/Serum-freiem Medium (plus 1% bovines Serumalbumin) 45 min lang bei 37°C beladen. Nach der Inkubation wurden die Zellen zweimal mit Medium gewaschen und weitere 45 min bei 37°C inkubiert. Diese Inkubationszeit ist ausreichend, um die Neuronen mit „inaktivem [insensitivem]-Fura-2„ zu beladen; anschließend kann dann die intrazelluläre Hydrolyse durch Esterasen erfolgen.
Eine Calcium-Kalibrierungskurve wurde nach der Methode von Grynkiewicz et al. (Literatur siehe oben) erstellt. Fluoreszenzbilder wurden bei 340 nm und 380 nm erhalten. Der Quotient aus den beiden Fluoreszenzdaten (340/380 nm) wurde berechnet und für die Erstellung der Kaübrierungskuπte eingesetzt. Eine Einheit [Ratio- Einheit] von 1 ,0 aus diesem Quotient (340/380 nm) entspricht 228 nM [Ca2+]j.
Versuchsansatz - Änderungen des Calciumspiegels in Neuronen: In dieser Versuchsreihe wurden die Zellen zuerst mit Fura-2-AM beladen und anschließend mit den verschiedenen Testsubstanzen (in Locke's Lösung; 154 mM NaCI, 5,6 mM KCI, 3,6 mM NaHCOß, 5,6 mM Glucose und 10 mM Hepes; pH 7,4; ohne CaCl2) behandelt. Die Testsubstanzen wurden in 100% Dimethylsulfoxid (DMSO) (Konzentration: 20 mg/ml) gelöst und bei -20°C gelagert. Neuronen wurden im ersten Ansatz (Kontrollen) 5 min mit 0,25% DMSO (Kontrolle) stimuliert; nach 10 min wurde 200 μl L- Glutaminsäure und 2,4 mM CaCI2 zu den Zellen gegeben. Im Testansatz (mit den erfindungsmäßigen Substanzen) wurden die Zellen mit den Test-Derivaten zunächst vorinkubiert (5 min mit 1 μg/ml der 3,3-Dimethyl-8-oxoisochinoline); anschließend wurden 200 μM L- Glutamat und 2,4 mM CaCI2 zu den Ansätzen zugegeben (für 10 min), und es wurde die Änderung des Calciumspiegels der vorinkubierten Neuronen bestimmt. Die Versuchsdauer zur Messung des [Ca2+],-Spiegels betrug 20-22 min.
Zur Durchführung wurden die Zellen auf poly-L-Lysin-beschichteten Deckgläsern im 4 Kammersystem (Lab-Tek Chamber Slide System; Nunc, Wiesbaden, Deutschland) kultiviert. Mit einem "inverted-stage"-Mikroskop Olympus IX70 mit apoch romatisch reflektierendem Licht und dem Fluoreszenzobjektiv UApo40X/340 wurden die Fluoreszenzmessungen durchgeführt. Die Zellen wurden alternierend mit Licht der Wellenlängen 340 und 380 nm mit Hilfe eines computergesteuerten Schmalband- Interferenzfilters vor einer 100-W-Xenon Lampe beleuchtet. Zusätzlich wurde ein 0,25-ND-Filter für 380 nm benutzt. Die Fluoreszenzemissionen bei 510 nm wurden mit einer CCD-Kamera (Modell C2400-87; Hamamatsu, Herrsching, Deutschland) aufgezeichnet. Die Bilder wurden computergestützt, mit dem Imaging-System Argus 50, Hamamatsu, digitalisiert als 256x256 pixels mit 8-bit-Arrays. Das Fluoreszenzverhältnis [Ratio] 340nm / 380nm wurde durch Division der Bilderpaare ermittelt.
Statistik: Die Ergebnisse wurden mittels eines gepaarten Student's t-test (L. Sachs, Angewandte Statistik (Springer, Berlin) (1984) Seite 1-552) ausgewertet.
Ergebnis
Die Neuronen wurden mit der betreffenden neuen Substanz 2d (5 min) und anschließend mit L-Glutamat (200 μM) in Anwesenheit von 2,4 mM CaCI2 behandelt. Wurde L-Glutamat als Agonist eingesetzt und ohne Pyrrol-Alkaloid die Neuronen in-
kubiert, wurde ein Anstieg von intrazellulärem Calcium ([Ca2+] von einer Ratio- Einheit von 0,8 auf eine Ratio-Einheit von 2,6 ermittelt (siehe Figur 1).
Figur 1 zeigt die Reduktion des durch den Glutamatrezeptor-Agonisten L-Glutamat in Neuronen hervorgerufenen Anstiegs der intrazellulären Calcium-Ionen durch die neue Substanz 2d. In der Kontrollserie wurden die Neuronen nur mit L-Glutamat behandelt (♦). In den Testserien wurden die Neurone mit beispielsweise 0,5 μg/ml an 2d (D) 10 min lang vorinkubiert. Anschließend wurde in die Ansätze L-Glutamat hinzugegeben. Die Änderungskinetik wurde kontinuierlich gemessen. Mittelwert (n = 50) und Standardabweichung (± SE) wurden ermittelt.
Schlussfolgerung: Aus den in der vorangegangen Grafik (Figur 1) zusammenge- fassten Daten geht hervor, dass die neue Substanz 2d bereits in der niedrigen Konzentrationen von 0,5 μg/ml den Anstieg an intrazellulären Calcium-Ionen signifikant reduziert. Bei höheren Konzentrationen ist dieser protektive Effekt noch stärker. Hieraus kann geschlossen werden, dass diese wie die verwandten Substanzen auch in vivo eine neuroprotektive Wirkung entfaltet.