Mittel zur Diagnose, Prognose und Therapie maligner Erkrankungen
Beschreibung
Die Erfindung betrifft Mittel zur Diagnose, Prognose und Therapie maligner Erkrankungen.
Mit Hilfe der erfinderischen Lösung werden verschiedene Funktionen des für die Tumorprogression wichtigen Proteins YB-1 gehemmt. Die Tumorzellen werden dadurch in ihrer Proliferation gestört, werden sensitiv für die Behandlung mit den bekannten Chemotherapeutika und können durch das Immunsystem als entartet erkannt werden. Die Erfindung beinhaltet des weiteren die Verwendung des Nachweises von YB-1 für die Diagnose und Prognose maligner Erkrankungen. Die Erfindung betrifft weiterhin Peptide von YB-1, insbesondere das N-terminale Peptid, sowie Mutanten und Varianten des Peptids und andere von YB-1 abgeleitete Peptide, die die gleichen Eigenschaften aufweisen, und selektiv Tumorzellen hemmen sowie Mittel zur Diagnose und Therapie maligner Erkrankungen, die vorzugsweise diese Peptide, ggf. in Kombination untereinander und/oder mit weiteren Tumorhemmern enthalten. Darüber hinaus betrifft die Erfindung Substanzen, die die Peptide erkennen und YB-1 beeinflussen.
Anwendungsgebiete sind die Medizin und die pharmazeutische Industrie.
YB-1 ist ein Vertreter der Y-Box-Proteinfamilie in humanen Zellen. Y-Box- Proteine sind in der Lage, an ein bestimmtes DNA-Sequenzmotiv, die sogenannte Y-Box, zu binden. Das Y-Box-Motiv ist ein transkriptionell regulatorisches Element, das eine reverse CAAT-Box (ATTG) enthält und sich in den Promoter- oder Enhancerbereichen verschiedener Gene befindet.
Ein Teil der Proteine, die von diesen Genen kodiert werden, erfüllt wichtige Funktionen in der Regulation der Zellproliferation. Dazu zählen zum Beispiel der EGF-Rezeptor, die Thymidinkinase, PCNA sowie die DNA- Polymerase I (Ladomery, M. et al., 1995, Bioessays 17:9-1 1).
Eine zweite Gruppe von Genen, an deren Regulation YB-1 beteiligt ist, beinhaltet verschiedene Resistenzgene. Gut untersucht ist die Bedeutung von YB-1 bei der Regulation von mdrl in Mammakarzinomen. Das Produkt dieses Gens, das P-Glykoprotein, ist ein ABC-Transporter, der verschiedene Zytostatika wieder aus den Tumorzellen entfernt. Dadurch kommt es zur Entstehung der Multidrug-resistenz von Tumoren. Es konnte von H.-D. Royer et al. gezeigt werden, daß YB- 1 die Transkription von mdrl stimuliert. Bei allen untersuchten Mammakarzinomen, die eine nukleare Lokalisation von YB- 1 aufwiesen, konnte die Expression von P- Glykoprotein beobachtet werden (Bargou, R.C. et al. 1997, Nature Medicine 4:447-450).
Weitere Untersuchungen zeigten, daß YB- 1 die Expression von Genen der MHC-Klasse II repremieren kann ((Didier et al., 1988, Proc. Natl. Acad. Sei. USA 85: 7322-7326). Diese Klasse von Genen erfüllt wichtige Aufgaben bei der Präsentation von Peptiden auf der Oberfläche von Zellen. Die Repremierung dieser Gene kann dazu führen, daß diese Tumorzellen nicht mehr vom Immunsystem als entartet erkannt und neutralisiert werden.
Das Ziel dieser Erfindung ist die Verwendung des Proteins YB- 1 für die Diagnose, Prognose sowie die Therapie maligner Erkrankungen. Ihr liegt die Aufgabe zu Grunde, entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen.
Gemäß der Erfindung wird das Protein mit dem Namen DBPB („DNA binding protein B", welches fast identisch mit YB-1 ist, mit eingeschlossen. Die Unterschiede zwischen YB-1 und DBPB bestehen in einem Basenaustausch im Bereich der CSD („cold shock domain") sowie in einer Verschiebung des Leserahmens („frameshif ") kurz vor dem C- Terminus. In der wissenschaftlichen Literatur hat sich die Bezeichnung YB- 1 durchgesetzt. Die beiden Proteine gehören zur Familie der Y-Box- Proteine. Neben spezifischen Regionen besitzen Vertreter dieser Proteinfamilie auch identische Bereiche, welche somit auch zum Grundgedanken dieser Erfindung gehören.
Ausgangspunkt der Erfindung ist der überraschende Befund, daß die Reduktion der YB- 1 -Expression zur erhöhten Zytostatikasensivität der
behandelten Tumorzellen führt. Darauf aufbauend enthalten die erfindungsgemäßen Mittel zur Therapie Substanzen, die die Funktionen von YB- 1 in den Tumorzellen beeinflussen können. Dazu zählen Substanzen, die die intrazelluläre YB- 1 -Konzentration in Tumorzellen absenken. Desweiteren gehören dazu Substanzen, die an YB- 1 binden und dadurch dessen Funktionen hemmen, sowie Substanzen, die die zelluläre Regulation von YB- 1 beeinflussen.
Die Absenkung der YB- 1 -Konzentration in Tumorzellen kann durch ein Mittel erfolgen, das entweder ein Antisense-Oligonukleotid oder ein Ribozym gegen die YB- 1 mRNA enthält. Die Verwendung der Antisense- Oligonukleotide bzw. der Ribozyme können entweder direkt oder über einen gentherapeutischen Vektor (Adenoviren etc.) erfolgen. Als weiteres therapeutisches Mittel kommen Adenoviren mit konstitutiver YB-1- Antisense mRNA zur Anwendung. Dafür wird der Vektor pHVad2c/YB- l as (Abb. A) zur Verfügung gestellt. Mit beiden Mitteln wird das generelle Tumorwachstum gehemmt. Desweiteren können für die Absenkung der YB-1 -Konzentration Mittel verwendet werden, die zu einem verstärkten Abbau von YB-1 führen, sowie Mittel, die die Biosynthese von YB-1 hemmen.
Mit gleicher Zielstellung ist auch der Einsatz von YB- 1 -Antikörpern zum Absenken der YB-1 -Konzentration bzw. zur Hemmung von Funktionen von YB- 1 durchführbar. Dabei wird mit Hilfe eines Gentransfers die Expression von intrazellulären Single chain Antikörpern realisiert.
Die Erfindung basiert weiterhin auf der Erkenntnis, daß YB-1 einen Teil der dargestellten Funktionen nur im Zellkern erfüllen kann. Wird die Translokation von YB- 1 in den Zellkern der Tumorzellen verhindert, kommt es zu einer Hemmung der Proliferation dieser Zellen sowie zu einer teilweisen oder vollständigen Hemmung der Expression der Resistenzgene. Dadurch werden die Tumorzellen zum einen in ihrem Wachstum gehemmt, zum anderen auch wieder sensitiv für die Behandlung mit bekannten Zytostatika. Eine weitere Folge ist die verstärkte Expression der Gene der MHC-Klasse II, wodurch das Immunsystem diese Zellen wieder als entartet erkennen und eliminieren kann. Nichtmalignes Gewebe wird auf Grund der Abwesenheit von YB- 1 im Zellkern von dieser Behandlung nicht beeinflußt.
behandelten Tumorzellen führt. Darauf aufbauend enthalten die erfindungsgemäßen Mittel zur Therapie Substanzen, die die Funktionen von YB-1 in den Tumorzellen beeinflussen können. Dazu zählen Substanzen, die die intrazelluläre YB-1 -Konzentration in Tumorzellen absenken. Desweiteren gehören dazu Substanzen, die an YB-1 binden und dadurch dessen Funktionen hemmen, sowie Substanzen, die die zelluläre Regulation von YB-1 beeinflussen.
Die Absenkung der YB- 1 -Konzentration in Tumorzellen kann durch ein Mittel erfolgen, das entweder ein Antisense-Oligonukleotid oder ein Ribozym gegen die YB-1 mRNA enthält. Die Verwendung der Antisense- Oligonukleotide bzw. der Ribozyme können entweder direkt oder über einen gentherapeutischen Vektor (Adenoviren etc.) erfolgen. Als weiteres therapeutisches Mittel kommen Adenoviren mit konstitutiver YB-1- Antisense mRNA zur Anwendung. Dafür wird der Vektor pHVad2c/YB- l as (Abb. A) zur Verfügung gestellt. Mit beiden Mitteln wird das generelle Tumorwachstum gehemmt. Desweiteren können für die Absenkung der YB-1 -Konzentration Mittel verwendet werden, die zu einem verstärkten Abbau von YB-1 führen, sowie Mittel, die die Biosynthese von YB- 1 hemmen.
Mit gleicher Zielstellung ist auch der Einsatz von YB-1 -Antikörpern zum Absenken der YB-1 -Konzentration bzw. zur Hemmung von Funktionen von YB-1 durchführbar. Dabei wird mit Hilfe eines Gentransfers die Expression von intrazellulären Single chain Antikörpern realisiert.
Die Erfindung basiert weiterhin auf der Erkenntnis, daß YB-1 einen Teil der dargestellten Funktionen nur im Zellkern erfüllen kann. Wird die Translokation von YB-1 in den Zellkern der Tumorzellen verhindert, kommt es zu einer Hemmung der Proliferation dieser Zellen sowie zu einer teilweisen oder vollständigen Hemmung der Expression der Resistenzgene. Dadurch werden die Tumorzellen zum einen in ihrem Wachstum gehemmt, zum anderen auch wieder sensitiv für die Behandlung mit bekannten Zytostatika. Eine weitere Folge ist die verstärkte Expression der Gene der MHC-Klasse II, wodurch das Immunsystem diese Zellen wieder als entartet erkennen und eliminieren kann. Nichtmalignes Gewebe wird auf Grund der Abwesenheit von YB- 1 im Zellkern von dieser Behandlung nicht beeinflußt.
Bis jetzt sind die genauen Mechanismen, die zur Translokation von YB- 1 in den Zellkern führen, noch unbekannt, es wurde jedoch eine zellzyklusabhängige Translokation von YB- 1 beobachtet. Dabei konnte festgestellt werden, daß YB-1 beim Übergang der Zellen von der Gl- in die S-Phase des Zellzyklus aus dem Zytoplasma in den Zellkern transportiert wird. Im Verlauf der S-Phase ist dann ein Rücktransport von YB-1 in das Zytoplasma zu beobachten. Desweiteren wurde eine stressinduzierte Translokation von YB-1 in den Zellkern der untersuchten Zellen festgestellt. Daraus folgt, daß die Translokation von YB- 1 in den Zellkern durch spezifische Signale induzierbar ist.
Die Erfindung beinhaltet in ihrem Wesen somit auch Mittel, enthaltend Substanzen, die diese Signalwege in Bezug auf YB- 1 spezifisch inhibieren können.
Die Untersuchung von multidrug-resistenten MCF7-Zellen führte desweiteren zu der Identifizierung eines Proteins, das mit YB- 1 spezifisch interagiert. Bei diesem Protein handelt es sich um P32/SF2 (auch bekannt unter dem Namen: P32/TAP, Hyaluronectin, gClqR). Es konnte beobachtet werden, daß YB- 1 und P32 nur in den resistenten MCF7- Zellen, die durch eine starke nukleare Lokalisation von YB-1 gekennzeichnet sind, nicht jedoch in den sensitiven MCF-Zellen mit einander interagieren. Desweiteren konnte festgestellt werden, daß die Interaktion von YB-1 und P32 beim Übergang von HeLa-Zellen von der Gl- in die S-Phase am stärksten ist. P32 ist offensichtlich an der Translokation von YB- 1 in den Zellkern beteiligt.
Die Erfindung beinhaltet daher auch Substanzen, die die Interaktion von YB- 1 und P32 teilweise oder vollständig hemmen. Zu diesen Substanzen gehören unter anderem Antisense-Oligonukleotide oder Ribozyme, die gegen die mRNA von P32 gerichtet sind, mit dem Ziel die zelluläre Konzentration von P32 zu senken. Ebenfalls zählen dazu Substanzen, die zu einem verstärkten Abbau von P32 führen. Desweiteren beinhaltet diese Erfindung auch Mittel, enthaltend Substanzen, die die jeweiligen Bindungs stellen von P32 und YB- 1 blockieren können, sowie auch Substanzen, die für die Aktivierung notwendigen Modifikationen von P32
bzw. YB- 1 durch Enzyme (Kinasen, Phosphatasen, Methylasen usw.) verhindern können.
Ein weiterer Bestandteil der Erfindung ist ein Verfahren zur Diagnose sowie Prognose maligner Erkrankungen, beruhend auf dem Nachweis der Expression sowie ggf. der intrazellulären Lokalisation von YB-1 und ggf. von P32.
Insbesondere bei Mammakarzinomen gilt bisher der Nachweis von Metastasen in den benachbarten Lymphknoten als Marker für die weitere Behandlung. Bei Patientinnen, deren dem Tumor benachbarte Lymphknoten keine Metastasen aufweisen (sog. nodalnegativ) wird in der Regel auf eine weitere Therapie verzichtet, während bei Patientinnen mit Metastasen in den benachbarten Lymphknoten (sog. nodalpositiv) eine zusätzliche Behandlung durch eine Chemo- oder Strahlentherapie erfolgt. Die Erfahrung zeigt jedoch, das dieser Marker unzureichend für eine genaue Beurteilung der weiteren Behandlung ist. So kommt es bei einem hohen Prozentsatz der nodalnegativen Patientinnen zur Bildung von Metastasen bzw. Rezidiven, woran diese Patientinnen häufig versterben.
Die Expression von YB-1 wurde immunhistochemisch bei einer hohen Anzahl von Mamma- und Ovarialkarzinomen analysiert. Dabei wurde gemäß der Erfindung festgestellt, daß die Expression von YB-1 mit der rezidivfreien Überlebenszeit der nodalnegativen Karzinompatientinnen signifikant korreliert. Alle Patientinnen, deren Tumorproben eine niedrige YB- 1 Expression aufwiesen, hatten in dem Beobachtungszeitraum von über fünf Jahren keine Rezidive bzw. Metastasen. Im Gegensatz dazu traten bei allen Patientinnen mit einer hohen YB- 1 Expression innerhalb dieses Zeitraumes (häufig schon im ersten Jahr nach der Behandlung) Rezidive bzw. Metastasen auf, woran ein großer Teil dieser Patientinnen auch verstarb. Desweiteren konnte auch bei den nodalpositiven Mammakarzinompatientinnen eine direkte Korrelation der YB-1- Expression mit dem Behandlungserfolg nachgewiesen werden. Auch hier konnten Patientinnen mit einer niedrigen YB- 1 Expression erfolgreich therapiert werden, während Patientinnen mit einer hohen YB- 1 Expression innerhalb kurzer Zeit Metastasen bzw. Rezidive bildeten.
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Erfindungsgemäß wird der Nachweis von YB- 1 in Tumoren, insbesondere bei Karzinomen (Mamma-, Ovarial-, Prostatakarzinome etc.), Sarkomen (Osteosarkomen), malignen Melanomen, sowie Hirntumoren (Glioblastomen, etc.) als prognostischer Marker verwendet, um dadurch eine gezielte zusätzliche Behandlung und Nachsorge für die Patienten zu ermöglichen. Die erfindungsgemäßen Mittel können erfolgreich eingesetzt werden.
Die Beteiligung von YB- 1 an der Regulation der im Stand der Technik dargestellten Gene sowie die weiteren erfindungswesentlichen Erkenntnisse belegen, daß YB- 1 bei den meisten Tumorerkrankungen eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Tumorentstehung, Tumorprogression, Aggressivität, Metastasierung sowie Multidrug- Resistenz spielt. Daher können die erfindungsgemäßen Mittel bei den meisten Tumorerkrankungen, insbesondere bei Karzinomen (Mamma-, Ovarial-, Prostatakarzinome etc.), Sarkomen (Osteosarkomen), malignen Melanomen, sowie Hirntumoren (Glioblastomen, etc.) angewendet werden. Eine besondere Bedeutung besitzen die erfindungsgemäßen Mittel für die Diagnose, Prognose sowie die Therapie von resistenten Tumoren (Multi- drug- Resistenz, Resistenz gegen Strahlung etc.).
Eine direkte Beteiligung von YB- 1 an der Regulation von Cyklin A konnte nachgewiesen werden.
Der Nachweis von YB- 1 für die Diagnose und Prognose maligner Erkrankungen ist mit allen an sich gängigen Techniken realisierbar:
- Immunhistochemie/Immunfluorescence mit Antikörpern (sowohl polyklonale als auch monoklonale) gegen YB- 1 bzw. P32
- In-Situ-Hybridisierungen zum Nachweis der mRNA von YB-1 bzw. P32 in Tumorschnitten
- ELISA, RIA u.a. zum quantitativen Nachweis von YB- 1 bzw. P32 in Homogenaten
- Westernblots für den Nachweis von YB- 1 bzw. P32 in Homogenaten
- RT-PCR (semiquantitative, Light-Cycler etc.) zum Nachweis der mRNA von YB-1 bzw. P32 in Homogenaten
- Northern-Blot, Dot-Blots, Micro-Arrays oder ähnliche Hybridisierungstechniken zum Nachweis der mRNA von YB- 1 bzw. P32 in Homogenaten.
Erfindungsgemäße Antikörper gegen YB-1 und P32 sind dadurch gekenzeichnet, daß sie ein oder mehrere der Peptide von YB- 1 bzw. P32 erkennen können, insbesondere die folgenden:
für YB- 1 - Acetylierung-MSSEAETQQPPA-cys für P32 - PPTFDGEEEPSQGQK
Ihre Herstellung erfolgt nach an sich bekannten Verfahren z.B. durch:
a) polyklonale Antikörper:
- Immunisierung von Kleinsäugern, vorzugsweise von Kaninchen, mit den an Trägern (KLH, BSA etc.) gekoppelten Peptiden
- Blutung und Gewinnung des Serums
- Affinitätsreinigung der Antikörper über eine Peptidsäule
b) monoklonale Antikörper:
- Immunisierung von Kleinsäugern oder Immunisierung von Milzzellen in vitro mit den erfindungsgemäßen Peptiden
- Isolierung der Milzzellen und Fusionierung mit Krebszellen zu Hybridomzellen; Selektion positiver Klone
- Isolierung der Antikörper.
Diese Antikörper werden sowohl in verschiedenen immunologischen Testsystemen, in unterschiedlichen ELISA-Testsystemen, in der Durchflußcytometrie und im Western Blot eingesetzt.
Überraschenderweise wurde festgestellt, daß das N-terminale Peptid von YB- 1 mit der Sequenz (Acetylierung-MSSEAETQQPPA-cys) die Proliferation von HeLa-Zellen deutlich hemmt.
Gegenstand der Erfindung ist deshalb insbesondere das Peptid MSSEAETQQPPA sowie davon abgeleitete Mutanten und Varianten und andere von YB- 1 abgeleitete Peptide, die die gleichen Eigenschaften aufweisen, und selektiv Tumorzellen hemmen. Unter der Bezeichnung Peptid werden im Sinne der Erfindung auch solche Aminosäureketten verstanden, die N-terminal und C-terminal Substitutionen aufweisen. Zu diesen Substitutionen können beispielsweise zählen:
Acetylierung, Anfügen eines c-terminale Cysteins zur vereinfachten Kopplung des Peptides an einen Träger, Veresterung mit Fettsäuren, Konjugation mit Zuckerresten, Alkylierungen etc.
Eine Hemmung wurde schon nach der einmaligen Zugabe von nur 10 ng des Peptides zu 5*103 Heia-Zellen beobachtet. Die Erhöhung der verwendeten Peptidmenge führte zu einer dosisabhängigen verstärkten Hemmung. Diese Hemmung steht offensichtlich im Zusammenhang mit der Expression und der Funktion von YB- 1. Das bedeutet, daß Zellen die eine hohe YB-1 -Expression (Tumorzellen) aufweisen, eine hohe Sensitivität bei der Behandlung mit diesem Peptid besitzen, während Zellen mit wenig oder gar keinem YB-1 (normales, nichtmalignes Gewebe) von diesem Peptid nicht beeinflußt werden.
Daraus ergibt sich die erfindungsgemäße Ausführungsvariante mit Hilfe dieses Peptides selektiv Tumorzellen in ihrem Wachstum zu hemmen und dieses Peptid und davon abgeleitete Mutanten und Varianten und andere von YB- 1 abgeleitete Peptide, die die gleichen Eigenschaften aufweisen, als therapeutische Mittel für die Tumorbehandlung zu verwenden.
Zum erfinderischen Grundgedanken gehört die Verwendung dieses Peptides in der vorliegenden Form sowie gegebenfalls mit zusätzlichen Modifikationen für die Therapie maligner Erkrankungen. Gleichfalls gehören dazu Peptide, die zusätzlich zu der dargestellten Sequenz noch weitere Aminosäuren enthalten, unabhängig davon, ob diese von YB- 1 abgeleitet wurden oder nicht. Die Erfindung schließt ebenfalls die Verwendung weiterer, von der YB- 1 -Sequenz abgeleiteter Peptide mit ein. Desweiteren gehören Substanzen zum Wesen dieser Erfindung, die in der Lage sind, an das oben dargestellte Peptid oder davon abgeleitete Peptide zu binden, und damit die Funktion von YB-1 zu beeinflussen. Schließlich
sind weiterhin auch Substanzen zum Gegenstand der Erfindung, die aufgrund der räumlichen Struktur dieses Peptides erstellt werden.
Die Herstellung der Peptide erfolgt nach an sich bekannten Techniken entweder gentechnisch oder synthetisch.
In einer weiteren Ausführungsvariante enthalten die erfindungsgemäßen Mittel zusätzlich Zytostatika. Als Zytostatika kommen alle bekannten Zytostatika in Betracht, beispielsweise Doxorubicin oder Adriblastin.
Eine weitere Ausführungsvariante dieser Erfindung beinhaltet die Verwendung von YB- 1 für das Screening bzw. das Design neuer therapeutischer Substanzen. Dazu wird die gezielte Expression von YB- 1 in kultivierten Zellen oder in einem Mausmodell genutzt.
Die Verwendung entsprechender Zelllinien gehört daher zum Grundgedanken dieser Erfindung. Ebenso gehört die Verwendung von Deletionsmutanten von YB- 1 , sowie die Verwendung von YB-1- Fusionsproteinen (YB-1 mit Kernlokalisationssequenz, GFP u.a.) in diesem Zusammenhang zum Wesen dieser Erfindung.
Die Verwendung YB-1-transgener Mäuse als Tiermodell, allein oder nach Kreuzung mit anderen transgenen Mäusen gehört ebenfalls zum erfinderischen Grundgedanken. Desweiteren gehört die Verwendung dieser Mäuse zur Analyse neuer therapeutischer Substanzen zum Wesen dieser Erfindung.
Die Erfindung soll nachfolgend durch Ausführungsbeispiele näher erläutert werden.
1. Senkung des YB-1 Levels zur Aufhebung von Zytostatikaresistenz und Hemmung des Tumorwachstums
A. Senkung der zellulären YB-1 -Konzentration mittels Antisense- Oligonukleotiden gegen die YB- 1 mRNA
Zur Senkung werden folgende YB- 1 Antisense-Oligos eingesetzt:
asOligo 1 :600-619 5'-TAT TCT GGT AAT TTT GCT GG-3' asOligo 2: 1 140-1 159 5'-TTC ATA TTT CTT CTT GTT GG-3' asOligo 3: 1 160-1 179 5'-TCA TTT CTT ATT GCT GGA AT-3' asOligo 4: 1390-1409 5'-TAT TAC AAA TTA AAA ATG AA-3' asOligo 5: 5'-CTC GCT GCT CAT GGT TGC GGT-3'
Es existiert allerdings darüberhinaus ein Adenovirus mit der YB-1 cDNA in antisense Orientierung (pHVad2c CMV/SV40 YB- 1 as), der ebenfalls die endogene YB- 1 Konzentration in den infizierten Zellen reduziert.
B. Senkung der zellulären YB- 1 -Konzentration mittels Ribozymen gegen die YB- 1 mRNA
Folgende Ribozyme werden eingesetzt:
1.5'-TGT ACA AA CTG ATG AGT CCG TGA GGA CGA AAC ATC TTC CT-3'
2.5'-GTC TGG TG CTG ATG AGT CCG TGA GGA CGA ACC AAA TAC AT-3'
3.5'-TGC GTT GG CTG ATG AGT CCG TGA GGA CGA ACC TTC CTG GG- 3'
4.5'-CAA TCT CC CTG ATG AGT CCG TGA GGA CGA ACC ACT GCG AA-3'
5.5'-ACC ACC AG CTG ATG AGT CCG TGA GGA CGA ACC CTG TAA CA- 3'
2. Herstellung des YB-1 Antikörpers:
Ein synthetisches Peptid (Acetyl-MSSESETQQPPA-cys), das dem N- Terminus von YB-1 entspricht, wurde an BSA und KLH gekoppelt und mehrfach in Kaninchen injiziert. Das gewonnene Antiserum wurde durch eine Peptidsäule affinitätsgereinigt.
3. Anti-YB-1 Antikörper als diagnostische und prognostische Marker
Die Anti-YB- 1 Antikörper werden in der immunhistochemischen Analyse von Gewebeschnitten verwendet. Auf Grund der Expression sowie der Verteilung von YB- 1 können mehrere Rückschlüsse gezogen werden. Der Nachweis von YB- 1 in Geweben, die normalerweise kein YB- 1 expremieren, kann zur Unterstützung der Diagnose einer Tumorerkrankung verwendet werden. Die Expressionshöhe von YB-1 in den Tumorzellen und dem angrenzenden benignen Gewebe korreliert mit der rezidivfreien Überlebenszeit der Patienten. Daher kann dieser Nachweis zur Prognose sowie für die Verbesserung der Behandlung bzw. der Nachsorge verwendet werden. Der Nachweis von YB- 1 in den Kernen der Tumorzellen ergibt einen zusätzlichen Hinweis auf die Expression von mdrl und damit auf die durch das P-Glycoprotein verursachte Multi-drug Resistenz.
4. Hemmung der Expression von P32
Es werden synthetisch erzeugte Antisense-Oligonukleotide verwendet, um die Expression von P32 zu hemmen. Diese Oligonukleotide sind von der Antisense-Sequenz der mRNA von P32 abgeleitet, und führen zu einer Hemmung der Biosynthese von P32, wodurch die zelluläre Konzentration dieses Proteins erniedrigt wird. Es werden u.a. folgende Oligonukleotide verwendet (Aufzählung ist als Beispiel gedacht und nicht vollzählig).
- 5'-GCA GCA GAG GCA GCA TCG CGG-3'
- 5'-CAT CAA ATG TTG GTG GGA TGC-3'
Zur Reduktion des Abbaus im Organismus werden chemisch modifizierte Oligonukleotide verwendet (zum Beispiel Thioate u.a.)
5. Herstellung von Antikörpern gegen P32
Es wird ein synthetisches Peptid (PPTFDGEEEPSQGQK) an einen Träger (BSA oder KLH) gebunden und für die Immunisierung von Kaninchen verwendet. Die aus dem Serum der Tiere gewonnenen Antikörper werden für den immunhistochemischen Nachweis von P32 in Tumorproben verwendet. Die Expression und Verteilung von P32 gibt Hinweise auf die intrazelluläre Regulation von YB- 1 und ermöglicht damit eine entsprechende Prognose für die weitere Behandlung.
6. Verwendung des N-terminalen Peptids MSSEAETQQPPA von YB-1 als therapeutisches Mittel
Zellkultur
Jeweils 5*103 HeLa-Zellen wurden einmalig mit der angegebenen Peptidmenge behandelt, und nach 36 Stunden mittels eines Prolifertionselisas analysiert. Die dargestellten Werte sind der Durchschnitt von jeweils drei Ansätzen.
Therapie
Das Peptid (Acetylierung-MSSEAETQQPPA-cys) wird synthetisch oder gentechnisch hergestellt und gegebenenfalls zusätzlich modifiziert. Therapeutische Mengen dieses Peptides werden entweder direkt in einen gut lokalisierten Tumor injiziert, oder das Peptid wird über eine Infusion appliziert. Die Therapie wird je nach Bedarf wiederholt, bzw. mit den gängigen Chemotherapeutika oder anderen Therapien kombiniert.
7. Verwendung von YB-1-transfϊzierten Zelllinien für das Screening von therapeutischen Substanzen:
Es wurden Zelllinien etabliert, die durch ein entsprechendes Plasmid YB- 1 konstitutiv überexpremieren. Obwohl die Ausgangszelllinien (z.B. HBL100) nicht tumorigen waren, weisen die Transfektanten zahlreiche Merkmale von Tumorzellen auf (Deregulation einzelner Zellzyklusregulatoren, Expression von mdrl und damit einen Multi-drug resistenten Phänotyp etc.). Diese Transfektanten sind daher gut für das Screening oder den Test neuer therapeutischer Substanzen geeignet.
siehe beigefügte Skizze: (pCDN6/YB- l HA) - Abb. B
8. Verwendung von transgenen Mäusen als Tumormodell sowie für die Analyse therapeutischer Substanzen:
Die Erfinder etablierten transgene Mäuse, die YB- 1 durch die Verwendung bestimmter Promotoren gewebespezifisch expremieren (Brustepithel, Thymus). Da die Überexpression von YB-1 sowie die deregulierte Lokalisation entscheidende Schritte bei der Tumorentstehung- und progression sind, stellen diese Mäuse ein gutes Tiermodell für diese Prozesse dar. Diese Mäuse können als Tiermodell allein oder nach Kreuzung mit anderen transgenen Mäusen verwendet werden. Desweiteren können diese Mäuse für die Analyse neuer therapeutischer Substanzen genutzt werden.
siehe beigefügte Skizzen: Brustepithel (BLG-YB- 1 HA) - Abb. C
T-Zellen (lck-YB- 1 HA) - Abb. D
Zum Nachweis des transgenen Proteins wurde YB-1 mit einem HA-Tag versehen.