Verfahren zur Herstellung von Stärkeestern
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von kompostierbaren Stärkeestern, welche zu thermoplastisch verformbaren Produkten weiterverarbeitet werden können.
Die Herstellung von Cellulose- und Stärkeestern ist seit langem bekannt (P. Schüt- zenberger, C. R. Hebd. Seances Acad. Sei. 61 (1865), 485-486 und P. Schützen- berger, C. R. Hebd. Seances Acad. Sei. 68 (1869), 814-818). Eine Übertragung des zur Herstellung von Celluloseestem üblichen Verfahrens der mineralsäurekatalysierten Veresterung in Eisessig auf die Herstellung von Stärkeestern aus nativen Stärken, wie beispielsweise in EP 0204 353 oder in US 5205 863 beschrieben, ist nicht geeignet zur Herstellung von thermoplastisch verarbeitbaren Materialien mit ausreichenden Festigkeiten, da unter stark mineralsauren Bedingungen stets ein erheblicher Abbau der Stärke zu Oligomeren und Zuckern erfolgt.
Im Gegensatz dazu gestattet die Veresterung von nativen Stärken in aminischen Lösungsmitteln, wie beispielsweise Pyridin gemäß US 2 627516 oder EP 0342 599, selbst bei Anwesenheit stark saurer Reaktionskomponenten die Darstellung von Stärkeestern ohne nennenswerten Kettenabbau. Hierbei ist jedoch die Aufarbeitung der Stärkeester äußerst problematisch, da geringe Rückstände von Aminen zu gesundheitlichen Problemen bei der Weiterverarbeitung und zu Produktverfärbungen führen können. Weiterhin gestaltet sich die Lösungsmittelrückgewinnung außerordentlich aufwendig.
Es wurden daher zahlreiche Versuche unternommen, native Stärken ohne Verwendung stickstoffhaltiger Katalysatoren oder Lösungsmittel zu verestern, wobei als Lösungsmittel vor allem Eisessig verwendet wurde, eine insbesondere bei der Herstellung von Stärkeacetylestern (Stärkeacetaten) durch Acetylierung mit Essigsäureanhydrid naheliegende Variante.
Eine Anwendung wasserfreier Essigsäure-Essigsäureanhydrid-Gemische als Acety- lierungsreagens ohne weiteren Katalysator führte nach C. A. Burkhard (Rayon Text. Month., 23 (1942), 340 ff ) erst nach 40stündiger Reaktion bei Rückflußtemperatur zum Stärketriacetat, und Reaktionszeiten in dieser Größenordnung stehen einer Überführung in den technischen Maßstab entgegen.
Eine Darstellung von Stärkeacetaten mit mittleren Substitutionsgraden bei annähernd homogener Substituentenverteilung über die Stärkemoleküle ist auf diese Weise nicht möglich, da der Angriff des Veresterungsreagens von der Oberfläche der Stärkegranulen her erfolgt.
Im Bereich mittlerer Substitutionsgrade entsteht so ein sehr inhomogenes, optisch stark getrübtes Gemisch aus nahezu vollständig substituierten Stärkemolekülen aus den Oberflächenschichten der Stärkegranulen und kaum substituierten Stärkemolekülen aus den inneren Bereichen der Stärkegranulen. Die thermoplastische Verar- beitbarkeit derartiger inhomogener Produkte gestaltet sich schwierig, die Was- serempfindlichkeit ist sehr hoch und die hochsubstituierten Stärkemoleküle mit Substitutionsgraden oberhalb etwa 2,7 weisen eine sehr geringe biologische Abbaugeschwindigkeit im Kompost auf.
Bessere Resultate liefert die Veresterung aktivierter Stärken, wobei die intra- und intermolekularen Wasserstoffbrückenbindungen der Stärkemoleküle weitestgehend durch Quellungsvorgänge in wäßriger Phase und anschließende Extraktion des Wassers zerstört werden (J. Muetgeert et al., Stärke 12 (10) 1958, 303 - 308). Der erhebliche Aufwand derartiger Aktivierungsverfahren insbesondere bei Extraktion und der Trennung großer Mengen Wasser-Extraktionsmittelgemische gestattet keine kostengünstige Realisierung derartiger Verfahren.
Günstiger gestaltet sich das Verfahren einer alkalischen Aktivierung der nativen
Stärken.
So gelang unter Verwendung von Natronlauge als Aktivator gemäß US 3795670,
DE 4 114 185 und DE 4223471 die Darstellung von qualitativ hochwertigen Stärke-
acetylestern mit Substitutionsgraden > 1,8 bei annähernd homogener Substituenten- verteilung entlang der Polymerkette.
Nachteilig bei einer derartigen alkalischen Aktivierung ist der erhöhte Verbrauch an Veresterungsreagens (Essigsäureanhydrid) durch Reaktion mit dem Alkali sowie die Notwendigkeit, durch aufwendige Waschprozesse alle Alkalirückstände aus dem Endprodukt zu entfernen, da Alkalispuren bei einer thermoplastischen Weiterverarbeitung Verfärbungen und Zersetzungsreaktionen hervorrufen können. Vorteilhafter ist das Verfahren nach DE 19633474, jedoch erfordert die dort vorgeschlagene Aktivierung mit einer Essigsäure-Essigsäureanhydridmischung nach durchgeführter Veresterungsreaktion die Entfernung einer relativ großen Menge Essigsäure bei der Produkttrocknung, was insbesondere bei kontinuierlicher Verfahrensgestaltung erhöhten Aufwand erfordert.
Aufgabe der Erfindung ist es, die dargelegten Nachteile des Standes der Technik zu vermeiden und ein kostengünstiges Verfahren zur Herstellung von Stärkeestern mit definiert einstellbarem Substitutionsgrad bei annähernd homogener Substituenten- verteilung vorzuschlagen, welches sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich durchgeführt werden kann.
Überraschenderweise wurde gefunden, daß eine Aktivierung nativer oder modifizierter Stärken mit Carbonsäureanhydriden der Kettenlängen C2 bis C6, mit Gemischen der genannten Carbonsäureanhydride oder mit Gemischen der genannten Carbonsäureanhydride mit den cyclischen Anhydriden der Maleinsäure, der Malon- säure, der Bernsteinsäure, der Glutarsäure, der Phthalsäure, der Pyromellitsäure, der Trimellitsäure sowie deren Derivaten möglich ist, indem durch intensive Einwirkung von mechanischer Energie oder Druck oder Kavitation die bekannte Organo- phobie der Stärketeilchen derart überwunden wird, daß das Carbonsäureanhydrid oder Carbonsäureanhydridgemisch unter Erhalt der teilkristallinen Strukturen der Stärketeilchen diese rasch und nahezu vollständig bei gleichzeitig beginnender Reaktion der Carbonsäureanhydride mit der Restfeuchte der nativen oder modifizierten Stärken durchdringt, ohne daß hierbei eine erkennbare Destrukturierung erfolgt.
Die im Aktivierungsschritt eingesetzte Slurry besteht aus Stärke und 60 % - 120 %, vorzugsweise 95 % - 105 %, Säureanhydrid bezogen auf die stöchiometrische Umsetzung von Feuchtegehalt der Stärke plus gewünschtem Substitutionsgrad.
Die Aktivierung wird entweder kontinuierlich oder diskontinuierlich in einer Vorrichtung, welche in der Lage ist, durch mechanische Energie oder Druck oder Kavitation das Säureanhydrid rasch in die Stärkegranulen einzupressen, beispielsweise in einer Ultraschallzelle, einer Mühle, einem Dispergator, einem Hochdruckdesintegrator, einem Kneter, einem Jetkocher oder einer Kombination der genannten Vorrichtungen, vorzugsweise in einer Kugelmühle oder in einem Dispergator, durchgeführt. Erfindungsgemäß wird die Aktivierung im Temperaturbereich zwischen 10 °C - 140 °C und bei Drücken zwischen 0,001 - 1400 bar, vorzugsweise im Temperaturbereich zwischen 15 ° - 100 °C und bei Drücken zwischen 0,01 - 1000 bar durchgeführt. Nach der Aktivierung wird durch Temperatur- oder Temperatur- und Druckerhöhung die Umsetzung der Restfeuchte vervollständigt und die Veresterungsreaktion durchgeführt, wobei der gewünschte Substitutionsgrad durch die Carbonsäureanhydridmenge eingestellt wird.
Es sind auf diese Weise Umsetzungsgrade der Carbonsäureanhydridkomponente zwischen 96 - 99,8 % erreichbar, und der Anteil an Carbonsäure, welche nach der Reaktion in energieaufwendigen Aufarbeitungsschritten entfernt werden muß, entspricht allein der durch die Stöchiometrie der Veresterung bedingten Menge. Die Veresterung kann kontinuierlich oder diskontinuierlich in einem Rühr- oder Knetreaktor im Temperaturbereich zwischen 60 - 200 °C bei Drücken zwischen 0,5 - 400 bar, vorzugsweise im Temperaturbereich zwischen 110 - 180 °C und bei Drük- ken zwischen 1 - 300 bar durchgeführt werden.
Als Stärkekomponenten können sowohl native Stärken, wie Mais-, Weizen-, Kartoffel-, Reis-, Erbsen-, Tapioca-, Wachsmais- oder hochamylosehaltige Mais-, Kartoffel- oder Erbsenstärken als auch deren Derivate, wie hydroxyethylierte, hydroxypro- pylierte, acetalisierte, phosphorylierte, sulfatierte, oxidierte, carboxyalkylierte, ni-
trierte Stärken, Allylstärken, Xanthatstärken mit Substitutionsgraden von 0,001 - 2,5, vorzugsweise 0,05 - 1 ,8 in naturfeuchtem oder vorgetrocknetem Zustand verwendet werden.
Als Säureanhydridkomponenteπ kommen die Anhydride aliphatischer Carbonsäuren mit Kettenlängen C2 bis C6 , vorzugsweise C2 bis C5, oder Gemische der genannten Carbonsäureanhydride oder Gemische der genannten Carbonsäureanhydride mit den cyclischen Anhydriden der Maleinsäure, der Malonsäure, der Bernsteinsäure, der Glutarsäure, der Phthalsäure, der Pyromellitsäure oder der Trimellitsäure sowie deren Derivaten zum Einsatz.
Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Stärkeester sind weiße bis leicht gelbliche Pulver oder Granulate, welche sich bei Substitutionsgraden oberhalb DS ~ 2,0 nahezu vollständig in Lösungsmitteln wie Chloroform, Ethylme- thylketon oder Methylacetat lösen.
Mit Substitutionsgraden zwischen 1 ,2 - 2,6 lassen sich die erfindungsgemäß dargestellten Stärkeester allein oder mit geeigneten Weichmachern zu kompostierbaren, biologisch abbaubaren Formteilen, Folien oder Tiefziehkörpern mit guten mechanischen Eigenschaften verarbeiten.
Beispiel 1 :
Eine Slurry aus 1600 g Weizenstärke (13 % Feuchte) und 3400 g Essigsäureanhydrid wird in einer temperierbaren kontinuierlichen Kugelmühle bei einer mittleren Verweilzeit von 5 min unter Normaldruck bei 90 °C aktiviert. Die aktivierte Slurry wird in einen 5 I-Knetreaktor überführt, auf 180 °C aufgeheizt und bei dieser Temperatur und einem Druck von ca. 5 bar über 30 Minuten acetyliert. Die klare, hochviskose Stärkeacetatlösung wird bei ca. 140 °C unter Vakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält ca. 1 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 2200 g DS : 2,30
Beispiel 2 :
Eine Slurry aus 1600 g vorgetrockneter Maisstärke (5,5 % Feuchte) und 2900 g Essigsäureanhydrid wird in einer temperierbaren Kugelmühle etwa eine Minute bei 15 °C und 0,1 bar entgast und anschließend 3 Minuten bei 10 bar und 60 °C aktiviert. Die aktivierte Slurry wird kontinuierlich über eine Pumpe und einen Vorwärmer auf 100 °C temperiert und in einem nachfolgenden kontinuierlichen Knetreaktor bei 160 °C und 3,2 bar mit einer mittleren Verweilzeit von 20 min acetyliert. Die glasklare hochviskose Stärkeacetatlösung wird bei ca. 120 °C unter Vakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält ca. 2 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 2550 g DS : 2,60
Beispiel 3 :
Eine Slurry aus 1600 g hydroxyethylierter (DS ~ 0,05), hochamylosehaltiger Maisstärke (ca. 70 % Amylose, 13 % Feuchte) und 2200 g Essigsäureanhydrid wird in kontinuierlichem Volumenstrom von 3,5 kg/h zunächst mit einem Ultraturrax bei Normaldruck und 80 °C (mittlere Verweilzeit ca. 2,5 min) aktiviert, über einen Vorwärmer auf 150 °C aufgeheizt und dann in einem kontinuierlichen Hochviskos-Rühr- reaktor bei 150 °C und 300 bar mit einer mittleren Verweilzeit von ca. 15 min acetyliert.
Die ausgetragene leicht getrübte Stärkeacetatlösung wird bei ca. 130 °C unter Vakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält 0,1 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 1830 g DS : 1,20
Beispiel 4 :
Eine Slurry aus 1600 g phosphorylierter Kartoffelstärke (DS ~ 0,07) mit einem Feuchtegehalt von 16,5 % und einer Mischung aus 3000 g Essigsäureanhydrid und
700 g Buttersäureanhydrid wird bei 5 bar und 90 °C in einer Ultraschallzelle über 5 min mit ca. 2,5 kW/20 - 100 kHz aktiviert. Die aktivierte Slurry wird in einem kontinuierlichen Knetreaktor bei 170 °C und 4 bar mit einer mittleren Verweilzeit von ca. 45 min verestert.
Die ausgetragene leicht getrübte Stärkeesterlösung wird bei 160 °C im Feinvakuum getrocknet, die abdestillierte Essigsäure-Buttersäuremischung enthält ca. 0,7 % Essigsäureanhydrid sowie ca. 2 % Buttersäureanhydrid. Ausbeute : 2250 g DS : 2,32
Beispiel 5 :
Eine Slurry aus 1600 g Erbseπstärke (13 % Feuchte, Amylosegehalt ca. 80 %) und einer Mischung aus 3000 g Essigsäureanhydrid und 600 g Trimellitsäureanhydrid wird bei 100 °C und 1000 bar in zwei Durchläufen über einen Gaulin-Hochdruckhomogenisator aktiviert. Die aktivierte Stärkepaste wird in einem 5 I-Knetreaktor auf 180 °C erwärmt und bei 12 bar innerhalb von 55 min verestert. Die leicht getrübte hochviskose Stärkeesterlösung wird bei 130 °C unter Vakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält ca. 0,7 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 2650 g DS : 2,25
Beispiel 6 :
Eine Slurry aus 1600 g hydroxypropylierter Reisstärke (13 % Feuchte, DS ~ 1,8) und einer Mischung aus 3000 g Essigsäureanhydrid und 300 g Maleinsäureanhydrid wird in einem Dispergator (Ultraturrax) 2 min bei 0,01 bar und 20 °C entgast und nach schneller Erwärmung auf 100 °C bei Normaldruck über 10 min aktiviert. Die aktivierte Slurry wird über einen Vorwärmer auf 140 °C erwärmt und in einem kontinuierlichen Knetreaktor bei 150 °C und 2,5 bar bei einer mittleren Verweilzeit von ca. 35 min verestert.
Die klare Stärkeesterlösung wird bei 150 °C im Feinvakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält < 0,1 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 2350 g DS (Ester) : 2,30
Beispiel 7 :
Eine Slurry aus 1600 g oxidierter Tapiocastärke (0,65 % Carboxyl, 13 % Feuchte) und 3300 g Essigsäureanhydrid wird in einer temperierbaren Kugelmühle bei 90 °C und 2,5 bar über 4 min aktiviert. Die aktivierte Slurry wird in einem 5 I-Knetreaktor bei 160 °C und 15 bar innerhalb von 30 min acetyliert.
Die leicht getrübte hochviskose Stärkeacetatlösung wird bei 125 °C unter Vakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält < 0,8 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 2250 g DS : 2,35
Beispiel 8 :
Eine Slurry aus 1600 g vorgetrockneter Wachsmaisstärke (5,5 % Feuchte) und 2700 g Essigsäureanhydrid wird mit einem Ultraturrax bei Normaldruck und 90 °C über 15 min aktiviert. Die aktivierte Slurry wird in einem 5 I-Knetreaktor bei 170 °C und 4 bar innerhalb von 55 min acetyliert.
Die klare hochviskose Stärkeacetatlösung wird bei 130 °C unter Vakuum getrocknet, die kondensierte Essigsäure enthält ca. 1 % Essigsäureanhydrid. Ausbeute : 2400 g DS : 2,4