Sprengstoffe aus Alt-Explosivstoffen.
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Herstellen von Sprengstoffen aus Alt-Explosivstoffen, insbesondere aus Hexogen oder hexogenhaltigen Mischungen, wobei die Alt-Explosivstoffe mit einem organischen Lösungsmittel benetzt und in eine bröselige bzw. teigige Masse überführt werden.
Die politischen Entwicklungen in den letzten Jahren haben zu einer starken Zunahme an zu delaborierender Munition geführt. Dabei anfallende Treibladungspulver und Sprengstoffe können entsorgt werden, indem sie ohne weitere Behandlung abgebrannt bzw. zur Detonation gebracht werden. Jedoch sind die daraus resultierenden Umweltbelastungen durch Bildung größerer Mengen Kohlenstoffdioxid (C02) und Stickoxiden (NOx), Staub und Lärm oder die Kosten zu deren Reduzierung sind erheblich. Um die Umweltfreundlichkeit und die Wirtschaftlichkeit der Entsorgung delaborierter Explosivstoffe zu erhöhen, sind eine Reihe von Verfahren vorgeschlagen worden, die die Verwertung zumindest einiger Bestandteile der Explosivstoffe zum Ziel haben.
So wird in der DE 41 38 733 AI vorgeschlagen, Delaborierungs- TNT in einem Lösungsmittel zu lösen und diese Lösung einen Kraftstoff zuzusetzen. Das TNT wird somit zwar einer Verwertung zugeführt, letztendlich aber mit den daraus resultierenden Nachteilen doch verbrannt.
Auch gemäß der DE 42 23 415 Cl wird eine Verbrennung vorgesehen. Der Explosivstoff wird in einem flüssigen, brennbaren Lösungsmittel gelöst, unlösbare Fremdstoffe werden aus der Lösung entfernt und die gereinigte, gesättigte Lösung schließlich einer Brennkammer zugeführt.
Aus der DE 42 37 580 Cl ist ein Verfahren und eine Vorrichtung bekannt, mit denen der Wachsgehalt eines Explosivstoffes
und dessen Korngröße verringert werden kann. Der feinkristalline Explosivstoff kann zur Herstellung von Treibladungspulvern oder Wettersprengstoffen verwendet werden. Auch der wachsangereicherte Rückstand kann zur Herstellung eines Sprengstoffes eingesetzt werden, indem er mit porösen Ammo- niumnitrat-Prills zusammengeführt wird. Die bei diesem Verfahren notwendige Trennung in einzelne Komponenten und die Umkristallisation des Explosivstoffes erfordern jedoch einen beträchtlichen maschinellen und zeitlichen Aufwand.
Demgegenüber liegt die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, ein gattungsgemäßes Verfahren so zu verbessern, daß Sprengstoffe aus Alt-Explosivstoffen schneller und einfacher hergestellt werden können.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe bei einem Verfahren der eingangs genannten Art dadurch gelöst, daß die bröselige Masse unmittelbar einem Mischer zugeführt wird, indem sie mit mindestens einem anorganischen Nitrat gemischt und dabei durch Verdampfen des Lösungsmittels zum fertigen Sprengstoff getrocknet wird.
Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt es, Alt-Explosivstoffe, insbesondere hexogenhaltige Explosivstoffe aus delabo- rierter Munition sowie Alt-Treibladungspulver, umweltfreundlich und kostengünstig zu entsorgen. Dadurch, daß der mit einem organischen Lösungsmittel behandelte Alt-Explosivstoffe in eine bröselige bzw. teigige und handhabungssichere Masse überführt wird und in dieser Form in einen Mischer gelangt, dort mit einem anorganischen Nitrat gemischt und zum fertigen Sprengstoff getrocknet wird, fallen keinerlei zusätzliche Zwischenschritte und Zwischenprodukte an. Die Bestandteile des gelösten Alt-Explosivstoffes werden lediglich durch Zugabe von anorganischem Nitrat zu einem neuen Sprengstoff ergänzt, der vor allem auch für zivile Zwecke eingesetzt werden kann. Irgendwelche maschinellen Einrichtungen zur Trennung und Weiterverarbeitung von Einzelkomponenten des Alt-Explosivstoffes sind nicht notwendig.
Vorzugsweise wird als Lösungsmittel Aceton verwendet. Um das Anlösen bzw. Durchfeuchten der üblicherweise faustgroßen Explosivstoff-Brocken zu einer bröseligen Masse zu beschleunigen, kann ein mechanisches Zerkleinern noch nicht vollständig durchgeweichter Explosivstoff-Brocken vorgesehen werden.
In vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung enthalten die anorganischen Nitrate überwiegend Ammoniumnitrat. Es ist auch möglich, der bröseligen Masse ausschließlich Ammoniumnitrat zuzugeben.
Die anorganischen Nitrate werden vorzugsweise in gemahlener Form oder als Granulat beigemischt. Da das anorganische Nitrat beim Mischvorgang seine Form nicht verliert und das Pulver oder das Granulat bzw. die Prills sich beim Mischvorgang lediglich mit den Explosivstoffen nach dem Verdampfen des Lösungsmittels beladen, ist es ohne weiteres möglich, wahlweise pulverförmigen Sprengstoff oder Granulat-Sprengstoff herzustellen.
Das Lösungsmittel wird bevorzugt verdampft, indem der Mischer beheizt wird.
Zur Beschleunigung des Verdampfungsprozesses kann in den Mischer auf die bewegte Oberfläche des Mischgutes ein warmer Luftstrahl gerichtet werden.
In günstiger Weiterbildung der Erfindung wird die mit Aceton- dampf belastete Luft aus dem Mischer abgeführt und über einen Kondensator sowie eine Kühlfalle geleitet, um das Aceton zu kondensieren, und wird das zurückgewonnene Aceton dem Herstellungsvorgang wieder zugeführt. Die Kosten können auf diese Weise beträchtlich gesenkt werden.
Von Vorteil ist es, wenn gegen Ende des Mischvorganges ein schwaches Vakuum an den Mischer angelegt wird. Mit dieser Maßnahme können restliche Lösungsmitteldämpfe schnell aus dem Mischer über die Kondensationsanlage abgezogen werden.
Die Erfindung wird anhand des in der einzigen Zeichnung beispielhaft angegebenen Flußdiagrammes noch näher erläutert.
In den weiter unten angegebenen Beispielen ist das erfindungsgemäße Verfahren angewendet worden auf ein- und mehrba- sige Alt-Treibladungspulver sowie auf Sprengstoffe bzw. Sprengstoffgemische mit der Zusammensetzung Hexogen/Phlegmat, bezeichnet als A IX-1, sowie Hegoxen/Aluminium/Phlegmat bezeichnet als A IX-2. Das erfindungsgemäße Verfahren ist jedoch keineswegs auf diese Explosivstoff-Gruppen beschränkt, sondern auch auf andere anwendbar, wie z.B. auf solche Explosivstoffe, die TNT/Hexogen/Aluminium/Phlegmat enthalten.
Als Phlegmatisierungsmittel diente bei allen oben angegebenen Explosivstoffen Wachs. Die Treibladungspulver und Sprengstoffe lagen als grobes Stückgut, d.h. als faustgroße Brocken, vor. Mechanische Verunreinigungen, wie Kunststoffe, Metalle, Papier usw., waren auf einer Lesebank entfernt worden. Die Explosivstoff-Brocken wurden in Fässer gegeben und mit Aceton benetzt. Die Fässer wurden geschlossen und solange, i.e. etwa 8 Stunden bis mehrere Tage, beiseite gestellt, bis die Brocken in eine bröselige Masse zerfallen waren. Um den Lösungsvorgang zu intensivieren, wurden die Fässer kurzzeitig gedreht. Nach einigen Tagen wurden die Fässer wieder geöffnet. Die ursprüngliche Preßform der Brocken war nun vollständig zerstört.
Zur Zerkleinerung von Explosivstoff-Brocken, die noch nicht vollständig durchgeweicht waren, wurde die feuchte bröselige Masse auf einem Rundsieb mit Drehkreuz und Schleppfahnen durchgerieben. Auf diese Weise können auch im Explosivstoff noch verbliebene mechanische Verunreinigungen entfernt werden. Wenn bereits sichergestellt ist, daß der Explosivstoff frei von solchen Verunreinigungen ist, können die noch nicht vollständig durchgeweichten Explosivstoff-Brocken auch auf einem gummibelegten Walzenstuhl zerkleinert werden.
Die bröselige bzw. zähflüssige breiige Masse wurde nun in einen beheizbaren Mischer gegeben und mit anorganischen Ni-
traten, in den vorliegenden Beispielen mit Ammoniumnitrat, versetzt. Während des Mischens wurde der Mischerinhalt erwärmt, um das Aceton zu verdampfen. Dabei wurde zusätzlich zur Beschleunigung des Verdampfungsvorganges in den Mischer auf die bewegte Oberfläche des Mischgutes ein warmer Luftstrahl gerichtet. Die mit dem Acetondampf belastete Warmluft wurde aus dem Mischer abgeleitet und über einen Kondensator und eine Kühlfalle geführt und so das Aceton kondensiert. Das zurückgewonnene Aceton wurde zur Benetzung der Explosivstoff- Brocken, d.h. des Alt-Treibladungspulvers und der Alt-Sprengstoffe bzw. Alt-Sprengstoffgemische in den Fässern wiederverwendet.
Das Ammoniumnitrat wurde in einigen der Beispiele in gemahlener Form, in den anderen als Granulat bzw. Prills beigemischt. Je nach Form des beigemischten Ammoniumnitrats lag der fertige Sprengstoff nach dem Verdampfen des Acetons als Pulver oder als Granulat vor.
Bei der Verwendung von Alt-Treibladungspulvern als Ausgangsexplosivstoff wurde vorzugsweise nur Ammoniumnitrat in gemahlener Form verwendet, da sich das Gemisch Alt-Treibladungspulver/Ammoniumnitrat ohnehin granulatförmig ausbildet. Der fertige Sprengstoff fällt in diesem Fall somit von vorne- herein als Granulat an und kann durch fraktionierte Siebung in verschiedenen Korngrößen hergestellt werden.
Durch Variation der Mengenverhältnisse Alt-Explosivstoff/Anorganisches Nitrat ist eine weite Bandbreite des sprengtechnischen Leistungsvermögens gegeben, wobei ein kapseiempfind- licher, rieselfähiger Sprengstoff hergestellt wird. Nachfolgend sind einige Beispiele aufgeführt.
Beispiel 1 :
Als Ausgangsstoff diente ein mehrbasiges Alt-Treibladungspulver mit der Zusammensetzung ~ 28% Nitrocellulose, « 23% Ni- troglycerin, * 47% Nitroguanidin sowie ~ 2% Stabilisatoren und Zusatzstoffe. Die neue Sprengstoffmischung enthielt 18% dieses Alt-Treibladungspulvers und 82% feinkristallines Am-
moniumnitrat. Der neue Sprengstoff war als Granulat mit Korngrößen <4 mm ausgebildet und wies folgende sprengtechnische Daten auf: Übertragung (32 mm φ) 5 cm, Bleiblockausbauchung (Trauzl) 300 cm3, Detonationsgeschwindigkeit (freiliegend, 32 mm φ) 3600 m/sec.
Beispiel 2:
Als Ausgangsstoffe dienten ein mehrbasiges Alt-Treibladungspulver I der im Beispiel 1 angegebenen Zusammensetzung sowie ein einbasiges Alt-Treibladungspulver II mit ~ 96% Nitrocel- lulose sowie ~ 4% Stabilisatoren und Zusatzstoffe. Die neue Sprengstoffmischung enthielt 18% Alt-Treibladungspulver I, 18% Alt-Treibladungspulver II sowie 64% feinkristallines Ammoniumnitrat. Der neue Sprengstoff war als Granulat mit einer Korngröße <4 mm ausgebildet und wies folgende sprengtechnische Daten auf:
Übertragung (32 mm φ) 5 cm, Bleiblockausbauchung (Trauzl) 260 cm3, Detonationsgeschwindigkeit (freiliegend, 32 mm φ) 1900 m/sec.
Beispiel 3:
Als Ausgangsstoff diente ein Sprengstoff A IX-1 mit « 94% Hexogen und » 6% Wachs als Phlegmat. Die neue Sprengstoffmischung enthielt 42% A IX-1 und 58% pulverförmiges Ammoniumnitrat. Der neue Sprengstoff war pulverförmig ausgebildet und wies folgende sprengtechnische Daten auf:
Übertragung (30 mm φ) <5 cm, Bleiblockausbauchung (Trauzl) 410 cm3, Detonationsgeschwindigkeit (freiliegend, 30 mm φ) 5300 m/sec.
Beispiel 4:
Als Ausgangsstoff diente der im Beispiel 3 beschriebene
Sprengstoff A IX-1. Die neue Sprengstoffmischung enthielt 28%
A IX-1 und 72% granulatförmiges Ammoniumnitrat. Der neue
Sprengstoff war als Granulat ausgebildet und wies folgende sprengtechnische Daten auf:
Bleiblockausbauchung ( Trauzl ) 280 cm3.
Beispiel 5:
Als Ausgangsstoff diente ein Sprengstoff A IX-2 mit der Zusammensetzung ~ 73% Hexogen, = 23% Aluminiumpulver sowie = 4% Wachs als Phlegmat. Die neue Sprengstoffmischung enthielt 36% A IX-2 und 64% pulverförmiges Ammoniumnitrat. Der neue Sprengstoff war pulverförmig ausgebildet und wies folgende sprengtechnische Daten auf:
Übertragung (30 mm φ) >5 cm, Bleiblockausbauchung (Trauzl) 440 cm3, Detonationsgeschwindigkeit (freiliegend, 30 mm φ) 4200 m/sec.
Beispiel 6:
Als Ausgangsstoff diente ein Sprengstoff A IX-2 in der im Beispiel 5 angegebenen Zusammensetzung. Die neue Sprengstoffmischung enthielt 12% A IX-2 und 88% granulatförmiges Ammoniumnitrat. Der neue Sprengstoff war granulatförmig ausgebildet und wies folgende sprengtechnische Daten auf: Übertragung (30 mm φ) >2 cm, Bleiblockausbauchung (Trauzl) 370 cm3, Detonationsgeschwindigkeit (freiliegend, 30 mm φ) 3600 m/sec.