Textilmaterial aus Wehmaschenware
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Textilmate¬ rial, insbesondere Textilartikel, aus Webmaschenware und auf ein Verfahren zu dessen Herstellung. Textilmaterial umfasst im Rahmen der Beschreibung allgemein Material, das mittels Weben, Stricken usw. aus fadenförmigem Material hergestellt wird. Das fadenförmiges Material kann z. B. Mo¬ no- oder Multifilament sein, aus synthetischen oder natür- liehen Fasern oder Draht hergestellt sein und auch mehrkom- ponentig sein, wie z. B. ummanteltes, umwickeltes oder um¬ sponnenes Material. Im Rahmen dieser Beschreibung werden mit Textilmaterial auch Textilartikel umfasst.
Maschenware zeichnet sich durch ihre Elastizität und ihre Isolationswirkung wegen des hohen Anteils eingeschlossener Luft aus. Aus der Herstellung ergibt sich der weitere Vor¬ teil, dass im Rahmen der technischen Möglichkeiten geformte Stücke hergestellt werden können, wobei sogar dreidimensio- nale Objekte wie z. B. Autositzbezüge (DE-A1-37 25 539, GB-A-2 223 034) ohne zusätzliche Bearbeitungsschritte wie z. B. Nähen oder Zuschneiden möglich sind.
Ein weiterer Vorzug von Maschenware ist die weite Farbmu- sterungsmöglichkeit schon während der Herstellung z. B. durch Intarsia- und Jacquardtechnik. Zusätzlich ergeben sich abwechslungsreiche Strukturen durch Wechsel von rech¬ ten zu linken Maschen, Umhängen von Maschen usw. Gerade in diesem Bereich bedeutete die Einführung von Strick- und Wirkmaschinen mit Einzelnadelsteuerung in Verbindung mit Computersteuerung einen grossen Fortschritt.
Problematisch sind jedoch bei der Herstellung geformter
Stoffteile die sogenannten Zwickel, d. h. die Stellen, an denen Maschen ab- und zugenommen werden, um z. B. später die Kanten der Formteile zu bilden. Beim Ab- und Wiederzu-
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nehmen von Maschen ergibt sich eine "Naht", die jedoch ge¬ genüber der normal hergestellten Maschenware Inkontinuitä- ten wie z. B. kleine Löcher aufweist, jedenfalls nicht un¬ sichtbar ist. Ein überlappendes Stricken dieser Verbindun- gen wurde bereits vorgeschlagen (GB-A-2,223,036) , führt je¬ doch im Verbindungsbereich immer noch zu einer andersarti¬ gen Vermaschung. Die Verbindung hebt sich dadurch von dem umgebenden Material deutlich ab.
Entsprechend der Technik der Vermaschung ist zudem der Be¬ reich verwendbarer Garne eingeschränkt. Die Garne müssen flexibel, d. h. im allgemeinen dünn genug sein, um genügend kleine Maschen bilden zu können, da sonst das Produkt zu voluminös und wegen der grossen Maschen auch der Material- verbrauch sehr gross wäre. Garne mit rauher Oberfläche er¬ schweren auch das gegenseitige Verschieben der Maschen, so dass man eine steife Maschenware erhält. Insbesondere be¬ flockte, umzwirnte oder beschichtete Garne sind daher für die Vermaschung nur eingeschränkt oder gar nicht geeignet.
Andererseits sind natürlich zu dünne Garne auch problema¬ tisch, da sie eine sehr enge Nadelteilung und damit auch entsprechend feine und anfällige Nadeln erfordern, damit die resultierende Maschenware eine dem dünnen Garn entspre- chende Maschendichte aufweist, um den mechanischen und op¬ tischen Ansprüchen zu genügen.
Ein alternatives Stoffherstellungsverfahren, das Weben, kann dagegen verschiedenste Garnsorten verarbeiten. Die Produkte fallen ' jedoch nur als Bahnen von gleichmässiger Breite und gleichmässiger Struktur an. Sie sind nicht ela¬ stisch, soweit nicht das Garn selbst elastisch ist. Bei der Farbmusterung ergeben sich Einschänkungen, da die Kettfäden durchlaufen müssen. In der Folge ist in Kettrichtung nur ein durchgehendes Streifenmuster zu erreichen. In Schuss¬ richtung erlaubt die Jacquardtechnik eine etwas erweiterte
Vielfalt. Trotzdem gilt auch hier, dass jeder Schussfaden über die volle Breite durchgezogen wird.
Die Kombination von Weben und Vermaschung, d. h. das Ein- führen von Webstrukturen wie Schussfäden oder Kettfäden, in Maschenware bzw. auch umgekehrt wurde daher bereits früh¬ zeitig angestrebt und durch Modifizierung der bekannten Strick-, Wirk- oder Raschelmaschinen in gewissem Umfang erreicht. Die so erhaltenen Textilmaterialien wiesen eine durchgehende Maschenstruktur auf, in die Schuss-, Kett- und sowohl Schuss- als auch Kettfäden eingearbeitet waren. Die Schuss- oder Kettfäden waren grundsätzlich endlos, und ihre Verteilung auf die Stäbchen bzw. Reihen der Maschen waren durch die Konstruktion der zur Herstellung benutzten Ma- schine gegeben, d. h. regelmässig und konstant über die gesamte Materialfläche hinweg. Damit waren auch die Eigen¬ schaften des Materials für eine am Stück hergestellte Tex- tilbahn bzw. einen Textilkörper über die gesamte Fläche fest vorgegeben.
Derartig modifizierte Maschinen und damit hergestellte Pro¬ dukte beschreiben z. B. die Patenschriften US-3,884,053 für eine Rundstrickmaschine mit durchgehendem, spiralförmigem Schuss- und kontinuierlichem Kettfadeneintrag, die FR-A- 2' 079 '217 für durchgehende Kettfäden in einer gewirkten flächigen bzw. röhrenförmigen Textilbahn und die GB-A- 239,261 für Strickmaschinen u. a. mit Kett- und Schussein¬ trag. Soweit Kett- und Schussfadeneintrag realisiert wur¬ den, bestand dabei zwischen Kett- und Schussfäden keine Webbindung.
Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist ein Textilma¬ terial, das eine beliebig wählbare Kombination der für den jeweiligen Anwendungszweck vorteilhaften Eigenschaften eines Gewebes oder einer Maschenware aufweist.
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Diese Aufgabe wird mit dem Textilmaterial gelöst, wie es in Anspruch 1 definiert ist. Besondere Ausführungen, Herstel¬ lungsverfahren und Anwendungen sind in den weiteren Ansprü¬ chen angegeben. Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich je nach dem Anwendungsgebiet des erfindungsgemassen Materi¬ als:
Verwendung von bisher für Maschenware unbrauchbaren fa¬ denförmigen Materialien in der Herstellung derartiger Stoffteile; - Erweiterung des Färb- und Formmusterungsspielraums;
Herstellung beliebiger, dreidimensional geformter Tex¬ tilartikel durch eine Strick- oder Wirkteσhnik, so dass weitere Bearbeitungsschritte bis auf eine eventuelle Formung weitgehendst vermieden werden; - Herstellung geformter, insbesondere dreidimensional ge¬ formter Stoffteile mit hinsichtlich insbesondere Aus¬ sehen und mechanischen Eigenschaften verbesserten Zwickelnähten;
Textilmaterial mit zusätzlichen Funktionen und/oder Ei- genschaften, wie z. B. Temperaturstabilität oder Steri- lisierbarkeit, wobei daraus hergestellte Bekleidungs¬ stücke weiterhin angenehm zu tragen sind.
Es werden demgemäss in eine Maschenware zusätzlich Kettfä- den, Schussfäden oder Kett- und Schussfäden eingelegt, wo¬ bei die Abfolge der Kett- und/oder Schussfäden während der Herstellung des Textilmaterials wechselt und insbesondere auch die Schuss- oder Kettfäden in beliebiger Anordnung und Anzahl nur zeitweise eingebunden werden. Die Abfolge des Einsetzens bzw. Wiederaussetzens eines Kett- oder Schussfa¬ deneintrags erfolgt dabei bevorzugt individuell für jeden Faden. Das Herstellungsverfahren wird im weiteren "Web¬ stricken" genannt, wobei neben Stricken auch Wirken für die Erstellung des Maschenwareanteils angewandt werden kann. Das neue Material wird als "Webmaschenware" bezeichnet. Die Bezeichnung "Stricken" soll im weiteren als allgemeiner Be-
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griff für die Herstellung von Textilmaterial durch Verma¬ schung betrachtet werden, also insbesondere auch das Wirken umfassen.
Die Bezeichnungen "Kettfaden" bzw. "Schussfaden" werden hier nur wegen der Analogie ihres Verlaufs in der Webtech¬ nik gewählt, die technische Realisierung und die Verarbei¬ tungsmechanismen sind dagegen grundsätzlich von denjenigen der Webtechnik verschieden. Die Schussfäden verlaufen hier längs der Maschenreihen, brauchen jedoch nicht kuliert zu werden und werden von separaten Fadenführern eingelegt. Die Kettfäden verlaufen in Strickrichtung, d. h. in Richtung der Stäbchen der Maschenware, müssen ebenfalls nicht ku¬ liert werden und werden von den oben genannten Kettfaden- Vorrichtungen geführt. Mit der Einzelsteuerung der Kett- und/oder Schussfadenführer ist es auch möglich, die Kett- und/oder Schussfäden so zu legen, dass sie ebenfalls ku¬ liert werden. Insbesondere die Kettfäden, aber auch die Schussfäden können vor der Verarbeitung geschlichtet wer- den, wonach der fertige Textilartikel dann entschlichtet werden muss.
Die Realisierung des Einlegens der zusätzlichen Fäden ge¬ lingt im allgemeinen erst auf Maschinen mit einzeln gesteu- erten Fadenführern und Kettfadenvorrichtungen, die bevor¬ zugt ebenfalls für jeden Kettfaden eine Einzelsteuerung aufweisen. Diese zusätzlichen Fadenführungsmechanismen für die bestehenden Strick- bzw. Wirkmaschinen können vorteil¬ haft nur von entsprechenden Computersteuerungen gesteuert werden, die in den letzten Jahren den Einzug in die Strick- und Wirkmaschinentechnik gehalten haben.
Da derartige Maschinen erst seit kurzem zur Verfügung ste¬ hen und die darauf herstellbaren Textilmaterialien bisher unbekannte, neue Eigenschaften zeigen und entsprechend neue Anwendungsmöglichkeiten erschliessen, wurden die jetzt ge-
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gebenen Realisierungmöglichkeiten der erfindungsgemassen Materialien bisher nicht erkannt. Insbesondere ist es erst durch Einführung von Vorrichtungen zum Abklemmen von Fäden möglich geworden, einen Faden, insbesondere Kett- oder Schussfaden, innerhalb des Textilmaterials enden zu lassen und an einer anderen Stelle wieder beginnen zu lassen. Da¬ mit können selektiv die Kett- oder Schussfäden einzeln und programmgesteuert, also ohne Prozessunterbrechung, nur in bestimmten Bereichen des Materials eingetragen werden, wo- bei das Problem der verdeckten Führung, z. B. auf der Rück¬ seite oder im Innern des Textilmaterials, nicht auftritt.
Durch die Möglichkeit, Schuss- und Ketteintrag lokal be¬ grenzt vorzunehmen, wobei auch ein Wechsel von einem zu ei- nem anderen Kett- oder Schussfadenmaterial möglich ist, können Musterungen erzielt und Gebiete mit besonderen Ei¬ genschaften, z. B. mechanischer Natur, erzeugt werden, ohne dass das Material weiteren Bearbeitungsschritten unterzogen werden üsste.
Im Unterschied zur Weberei werden die Schussfäden bei der neuen Textilart nicht geschossen, sondern mittels einer Art Fadenführer auf die jeweils letzte Maschenreihe aufgelegt und während der nachfolgenden Strick- bzw. Wirkschritte in die Maschenstruktur eingebunden. Ebenso werden auch die Kettfäden von einzeln steuerbaren Fadenführvorrichtungen zugeführt, woraus sich zusätzliche Möglichkeiten in der Farbgebung und Form ergeben, wie z. B. Jacquard-Musterung, Führung der Fäden einzeln auf der Vorder- oder Rückseite der Vermaschung.
Die Kett- und/oder Schussfäden können, da sie nicht an der Maschenbildung beteilig sein müssen, auch aus wesentlich dickerem und steiferem Garn bestehen als in der Herstellung von Maschenware möglich. Als Beispiele seien beflocktes Material für flauschige Maschenwaren, Drähte für beheizte,
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flexible Stoffe, feuerbeständige Monofilamente oder Mikro- fasern genannt. Insgesamt können, da die eingelegten Fäden keine primäre Haltefunktion übernehmen müssen, sondern durch die umgebende Maschenware in das Stoffgerüst einge- bunden werden, beliebige, als Garne oder Filamente zur Verfügung stehende Materialien in das Textil eingebracht werden. Überraschend ist, dass bei Verwendung steifer Fa¬ denmaterialien nicht nur um die Längsachse der eingelegten Fäden eine hervorragende Flexibilität gegeben ist, wobei ja die eingelegten Fäden nur wenig verbogen werden, sondern dass das Textilstück auch noch leicht unter Biegung der eingelegten Fasern verformt werden kann.
Die Verwendung von Kett- und Schussfäden kann der Maschen- wäre noch eine Gewebestruktur unterlegen, die auch allein tragfähig ist. Damit ergibt sich die Möglichkeit, im Ex¬ tremfall auf einer einzigen Maschine ein textiles Erzeugnis mit beliebiger, dreidimensionaler Formgebung zu erzeugen, das teilweise reine Maschenware ist, teilweise aus Maschen- wäre mit eingelegten Schuss- und/oder Kettfäden und teil¬ weise auch aus reinem Gewebe besteht. Parallel dazu kann ein fliessender Übergang von elastisch zu unelastisch durchgeführt werden.
Ebenso ist es möglich, auf die Schuss- und Kettfäden nicht nur Jacquardtechnik, wie in der Weberei, sondern auch In¬ tarsiatechnik zur Erzielung von Farbmustern anzuwenden, da die Kett- und auch die Schussfäden einzeln geführt werden. Zusätzliche Möglichkeiten ergeben sich aus der Verwendung von zwei oder mehr, zumindest zeitweise parallel geführten Schuss- oder Kettfäden.
Die Kett- und/oder die Schussfäden können auch über eine grössere Anzahl Maschen hinweg nicht in die Maschen einge- bunden werden. Die dann frei vor oder hinter dem Material verlaufenden Kett- bzw. Schussfäden ergeben Laschen, die
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zur Befestigung des Textilstücks dienen können. Eine Anwen¬ dung ergibt sich bei der Herstellung von Autositzen, da so Befestigungselemente integral mit dem Bezug hergestellt werden können.
Der zusätzlich eingelegte Schussfaden kann darüber hinaus zum "Splitten" der Maschen verwendet werden. Der hier neu eingeführte, sogenannte "Splitstich" führt im Bereich der Zwickel, d. h. in den Bereichen, in denen zwei gegeneinan- der gewinkelte Kanten eines bis dahin flächigen Textil¬ stücks aneinander angefügt werden, zu einem gleichmässigen Stoffaussehen der damit gebildeten dreidimensionalen Form.
Die neue Textilart verbindet auch die Vorteile von Gewebe und Maschenware, dass Gewebe nicht gedämpft und gestretcht werden muss, und Maschenware flexibel ist.
Die Möglichkeiten der neuen Textilart sollen anhand einiger Figuren weiter erläutert werden, aus denen der Aufbau der neuen Stoffart hervorgeht. Dadurch soll jedoch der Umfang der Erfindung nicht eingeschränkt werden, und alle dem Fachmann naheliegenden Modifikationen werden ebenfalls um¬ fasst.
Es zeigen:
Fig. 1 ein Schema der Nadelbetten einer Zweibettmaschine mit einer Maschenreihe, einem aufgelegten Schussfa¬ den und Kettfäden; Fig. 2 das Einbinden des Schussfadens durch Umhängen; Fig. 3 den zweiseitigen Splitstich mit Abstricken; Fig. 4 den einseitigen Splitstich ohne Abstricken; Fig. 5 die Abarbeitung eines Zwickels; und Fig. 6 die Abarbeitung eines Zwickels nach einer anderen Methode.
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Fig. 1 zeigt schematisch das Stricken einer Maschenreihe auf einer Zweibettstrickmaschine, wobei Kett- und Schussfä¬ den 3 bzw. 4 vorhanden sind. Der Schussfaden 4 ist hier in einer Köperbindung gegenüber den Kettfäden 3 gelegt. Da der Schussfaden frei gesteuert werden kann, kann diese Bin¬ dungsart bei jeder Schusslegung geändert werden.
Durch eine nicht gezeigte Klemmvorrichtung kann jeder Kett¬ oder Schussfaden zu einem beliebigen Zeitpunkt in einer Haltevorrichtung einklemmt und abgeschnitten werden, wo¬ durch im weiteren Herstellungsprozess, d. h. in den folgen¬ den Maschenreihen, dieser Faden nicht eingesetzt wird. Zum Wiedereintragen führt die Klemmvorrichtung den Faden wieder in den Prozess ein und gibt ihn frei. Auf diese Art können, neben der Steuerung der Vermaschungsprozedur, an bestimmten Stellen z. B. Versteifungen, Farbänderungen und andere Strukturänderungen erzielt werden.
Fig. 1a zeigt schematisch eine Aufsicht auf das Doppelna- delbett mit den Nadeln 1 des vorderen Nadelbetts (nicht dargestellt) und den Nadeln 2 des hinteren Nadelbetts (nicht dargestellt). Die gezeigten vorderen Maschen 6 und hinteren Maschen 7 sind bereits abgestrickt. Die Kettfäden 3 verlaufen durch die Bildebene und sind auf der Vorder- seite des Textilstucks geführt. Der Schussfaden 4 ist auf die Maschenreihe aufgelegt.
Fig. 1b zeigt den Zustand nach dem nächsten Abstricken. Der Fadenführer (nicht dargestellt) des maschenbildenden Fadens 5 ist hier hinter sämtlichen Kettfäden 3 durchgelaufen, wo¬ durch die Kettfäden 3 wiederum auf der Vorderseite des Tex- tilstück geführt werden. Es können natürlich beliebige An¬ zahlen Maschenreihen mit hinter bzw. vor den Kettfäden durchlaufendem Strickfadenführer gestrickt werden, wobei dies für jeden Kettfaden einzeln gesteuert werden kann. Wird eine Anzahl nebeneinanderliegender Kettfäden z. B. i -
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mer mit dahinter verlaufendem Strickfaden 5 und hinten ver¬ legtem Schuss 4 über mehrere Maschenreihen geführt, so er¬ gibt sich eine Schlaufe aus diesen Kettfäden, z. B. für Be¬ festigungszwecke. Umgekehrt kann auch eine Anzahl Schuss- fäden so gelegt werden, dass sie, evtl. noch mit Kettfäden verwoben, eine Schlaufe bilden.
Eine Alternative der Einbindung des Schussfadens zeigt Fig. 2 als zeitliche Fortsetzung von Fig 1a. Die vorderen Ma- sehen 6 wurden auf die Nadeln 2 des hinteren Nadelbetts um¬ gehängt, wodurch sich ein anderes Aussehen des Textilstucks ergibt. Die umgehängten Maschen können sofort -durch die auf den hinteren Nadeln 2 vorhandenen Maschen 7 abgestrickt werden oder zusammen mit diesen während der Bildung der nächsten Maschenreihe. Es kann natürlich auch von hinten nach vorne umgehängt werden, und der Schusseintrag kann einfach unterbrochen oder so gelegt werden, dass er zwar mit den Kettfäden eine Webbindung eingeht, aber nicht in die Maschenware eingebunden wird.
Fig. 3 zeigt die Durchführung des Splitstichs, bei dem zwei Maschen um den Schussfaden 4 herum aus einer vorher vorhan¬ denen Masche, hier beispielsweise einer hinteren Masche 7, gebildet werden. Fig. 3a zeigt eine Maschenreihe mit aufge- legtem Schussfaden 4. Gemäss den Pfeilen 9 wird dann von vorne jeweils eine Halbmasche, d. h. ein Schenkel einer Ma¬ sche, nach hinten auf jeweils eine hintere, bereits Masche tragende Nadel 2 umgehängt und sofort durch die vorhandene Masche abgestrickt, wonach sich der Zustand gemäss Fig. 3b ergibt. Der Strickfaden 5 bleibt als eine Art Fang auf den vorderen Nadeln 1. Das sofortige Abstricken kann natürlich auch unterbleiben.
Ein andere Ausführung des Splitstichs zeigt Fig. 4. Hier wird direkt nach dem Auflegen des Strickfadens 5 auf aus- schliesslich die Nadeln 1 des vorderen Nadelbetts (Fig. 4a)
eine halbe Masche an die Nadeln 2 des hinteren Nadelbetts übergeben. Der Schussfaden 4 wird aufgelegt (Fig. 4b) und die übergebene Halbmasche über den Schussfaden 4 hinweg wieder zurückübergeben, wie es die Pfeile 8 andeuten. Da- nach befinden sich zwei Maschen statt einer auf jeder der Nadeln 1 (Fig. 4c), wobei die Kettfäden 3 gleichzeitig ein¬ gebunden worden sind. Natürlich kann die zurückübergebene Masche auch sofort abgestrickt werden, und die Kettfäden können auch anders oder gar nicht eingebunden werden.
Durch den mit dem Splitstich erzielten Zug im Gewebe erhält man im Bereich der Zwickel eine dichte Vermaschung ohne die bisher bekannten, unerwünschten Verdünnungen oder Löcher. Der Splitstich wird daher bevorzugt an den Rändern der Zwickel eingesetzt.
Zusätzlich können im Bereich der Zwickel die Schussfäden überlappend abgelegt werden. Fig. 5 zeigt den Zustand eines Textilstucks während der Bearbeitung eines Zwickels in Richtung des Pfeils 12 für die dreidimensionale Formung. Die Zickzacklinien 11 symbolisieren einige der Maschenrei¬ hen. Die in die bereits gestrickte Textilflache, die an mo¬ mentan stillgelegten Nadeln hängt, hineinragenden Schuss¬ fäden 4 werden beim Wiedereinsetzen dieser Nadeln überlap- pend in die Zwickelnaht eingearbeitet und verstärken diese. Dieser Verlauf der Schussfäden 4 ist nur mit der neuen Technik des frei steuerbaren Schusseintrags möglich.
Zusätzlich können die Kettfäden 3 entlang der Stäbchen ver- laufen. Diese bilden im fertigen Produkt am Zwickel eine Ecke, der die Kettfäden 3 folgen und sie somit verstärken. Ebenso ist es möglich, den Zwickel von der Spitze her zu stricken, wobei die Maschenreihen um die Ecke verlaufen und die Stäbchen in Richtung der späteren Kante. Hier stehen wieder zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
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Es kann zunächst z. B. die linke Kante des Zwickels von oben nach unten gestrickt werden, wie es der Pfeil 13 in Fig. 6 andeutet, wobei ähnlich wie oben freie Enden der Schussfäden 4 über die Zwickelkante 10 herausstehen. Die Zickzacklinien 15 symbolisieren auch hier wieder einige der Maschenreihen. Später wird dann die rechte Kante von unten nach oben gestrickt gemäss Pfeil 14, wobei laufend entspre¬ chend der Neigung der Zwickelkanten ungehängt wird, die neuen Maschenreihen auf der rechten Seite 17 mit den vorher gebildeten und an jetzt stillgelegten Nadeln hängenden Ma¬ schen auf der linken Seite 16 verknüpft werden, und die Schussfadenenden in die jetzt gebildeten Maschenreihen, be¬ vorzugt überlappend mit den in diese neu gelegten Schussfä¬ den 4 eingearbeitet werden.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, sofort gleichzeitig die rechte und die linke Seite des Zwickels von seiner Spitze her zu stricken, wobei der Zwickel durch Umhängen im Sinne der Abnahme der Maschenzahl in einer Reihe erzeugt wird. Hierbei können die Schussfäden 4 einfach von links nach rechts oder umgekehrt über den Zwickel durchlaufen.
Umgekehrt kann natürlich statt von der Zwickelspitze her auch zu dieser hin mit Hinzufügen von Maschen und gegebe- nenfalls neuen Kettfäden die Kante eines dreidimensionalen Textilstucks erzeugt werden.
Es ist von daher naheliegend, die angegebenen Verfahren zu benutzen, um beliebig geformte dreidimensionale Textil- stücke in einem Arbeitsgang zu produzieren. Die Zwickel müssen nicht wie in den Abbildungen gerade sein, sondern können auch geschwungen sein. Beim Zusammenfügen der Ränder des Zwickels wird insbesondere der Splitstich angewendet. Öffnungen können so ebenfalls hergestellt werden, wobei die Schussfäden entsprechend nur bis zu den Rändern der Öffnun-
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gen verlaufen, und die Kettfäden entweder um die Öffnung herum verlaufen oder aussetzen.
Es ist auch möglich, die einzelnen Komponenten der Stσff- Struktur für sich zumindest zeitweise während des Herstel¬ lungsvorgangs auszuschalten bzw. zu variieren. Es können die Vermaschung, einzelne oder alle Kettfäden, einzelne oder alle Schussfäden aus- und wieder einsetzen. Es können zwei oder mehr Fäden parallel oder auch einzeln verstrickt bzw. als Schuss- oder Kettfäden eingelegt werden.
Die Kett- oder Schussfäden können aus für die Vermaschung wenig oder ungeeigneten Materialien bestehen, wie z. B. Drähten, beflockten Garnen, Monofilamenten, Mikrofasern, texturierten Garnen. Das Material kann auch einfach durch seine Dicke oder Dünne ungeeignet für die Vermaschung sein, wie z. B. umzwirntes, umwickeltes oder ummanteltes Garn, jedoch ohne Probleme als Schuss- oder Kettfaden in die er- findungsgemässe StoffStruktur einarbeitbar sein.
Die Möglichkeit, die Kett- oder Schussfäden willkürlich vor- oder hinter der Vermaschung zu führen, sowie einzelne oder mehrere Fäden zu verwenden, die jedoch bezüglich ihres Verlaufs in der Struktur jeweils einzeln gesteuert werden können, oder auch insbesondere die Schussfäden nur über einen Teil der Warenbreite zu führen, kann für die Struktu¬ rierung und die Farbgebung der Ware in beliebigen Mustern in den gängigen Techniken, wie z.B. Jacquard und Intarsia, sowie zusätzlichen, oben beschriebenen Varianten des Her- Stellungsprozesses verwendet werden.
Aus der Vielfalt der einsetzbaren Materialien ergeben sich zusätzliche Anwendungen. Es kann z. B. mittels eines umman¬ telten Garns eine Seite eines Klettverschlusses direkt ein- gearbeitet werden. Dazu wird mit einer erfindungsgemassen Technik ein Plüsch hergestellt, der durch Kett- oder
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Schussfäden verstärkt ist. Die Polfäden bestehen aus ther- mofixierbarem Material und wirken nach der Thermofixierung als eine Klettverschlusshälfte. Weiterhin können vollsyn¬ thetische Bekleidungsgegenstände hergestellt werden, die dennoch durch die Verwendung von Mikrofaser als Schuss- und/oder Kettmaterial atmungsaktiv sind. Derartige Gegen¬ stände können z. B. im medizinischen Bereich als OP-Kittel verwendet werden.
Es können auch Schlauchtextilien hergestellt werden, die durch Schuss und/oder Kette verstärkt sind. Auf Zweibettma¬ schinen kann dafür der zu vermaschende Faden auf jede zwei¬ te Nadel der beiden Betten geführt werden, wobei jeweils auf einem der beiden Betten nur Fänge gelegt werden. Der Schuss wird aufgelegt, und entweder die Maschen oder die Fänge werden umgehängt, wodurch der Schussfaden eingebunden wird. Im zweiten Durchgang wird dann auf den anderen Nadeln die zweite Hälfte des Schlauchumfangs gestrickt. Es kann auch auf allen Nadeln gestrickt werden, wobei der Schuss- faden vor dem Kulieren aufgelegt wird. Weitere bekannte Varianten des Schlauchstrickens lassen sich in dem Fachmann offensichtlicher Weise mit eingelegtem Schuss und/oder Kettfäden realisieren. Auf Vierbettmaschinen ist es mög¬ lich, auch bei der Umhängetechnik mit allen Nadeln zu ar- beiten, da je zwei Betten eine Hälfte des Querschnittum- fangs erzeugen können. Im Gegensatz zu reiner Maschenware ist das Textilmaterial mit eingelegtem Schuss und/oder Kettfaden in Richtung dieser Fäden nur wenig dehnbar. Es ist damit beispielsweise für geschlossene, nahtlose Riemen verwendbar, die keine Naht aufweisen, wie Treibriemen oder Transportbänder.
Weitere Anwendungen des erfindungsge ässen Textilmaterials ergeben sich für ohne Naht herstellbare, insbesondere dreidimensionale Vorformlinge für Faserverbundprodukte, wie z. B. Helme, Formlinge für Dichtungen und Membranen, Iso-
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lationsteile. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sind dem Fachmann offensichtlich, und die obige Aufzählung stellt keinesfalls eine Einschränkung der Anwendungsmöglichkeiten dar.