Mutierter Wachstumsfaktorrezeptor als Arzneimittel und seine Verwendung zur Behandlung von Krebs
Die vorliegende Erfindung betrifft mutierte Rezeptσr- tyrosinkinasen mit defekter Signalübertragungsaktivität, die therapeutische Eigenschaften besitzen, Arzneimittel enthaltend mindestens einen mutierten Rezeptor und die Verwendung des bzw. der mutierten Rezeptoren zur Behand¬ lung von Krankheiten, die mit einer unkontrollierten Über¬ funktion von Rezeptortyrosinkinasen assoziiert sind, insbesondere von Krebs.
Zellwachstum ist ein sorgfältig regulierter Prozeß in Ab¬ hängigkeit von den speziellen Bedürfnissen eines Organis¬ mus. Bei einem jungen Organismus überwiegt die Zelltei¬ lungsrate die Absterberate von Zellen, was zu einer Größenzunahme des Organismus führt. Bei einem ausgewachse¬ nen Organismus sind die Neubildung von Zellen und der Zelltod so ausgewogen, daß ein "Fließgleichgewicht" ent¬ steht. In seltenen Fällen bricht jedoch die Kontrolle der Zellvermehrung zusammen, und die Zellen beginnen zu wachsen und sich zu teilen, obwohl in dem Organismus kein spezieller Bedarf für eine höhere Anzahl von Zellen dieses Typs besteht. Dieses unkontrollierte Zellwachstum ist die Ursache von Krebs. Faktoren, die das unkontrollierte Zell¬ wachstum verbunden mit Metastasenbildung hervorrufen können, sind oftmals chemischer Natur, können jedoch auch physikalischer Art, wie beispielsweise radioaktive Strah¬ lung, sein.
Zur Therapie von Krebs stehen gegenwärtig im wesentlichen zwei Alternativen zur Verfügung. Entweder es gelingt, die Krebszellen durch einen operativen Eingriff vollständig aus dem erkrankten Organismus zu entfernen, oder es wird versucht, die entarteten Zellen im Organismus unschädlich
zu machen, wie beispielsweise durch Verabreichung von Medikamenten oder durch physikalische Therapieverfahren, wie Bestrahlung.
Bei der Chemotherapie werden häufig Medikamente einge¬ setzt, die in irgendeiner Form in den DNS-Stoffwechsel eingreifen und schnell wachsende Zellen, die eine höhere DNS-StoffWechselleistung erbringen müssen, stärker schädi¬ gen als Zellen, die sich nicht oder nur langsam teilen. Ein schwerwiegender Nachteil vieler Chemotherapien ist je¬ doch die geringe Spezifität der verwendeten Wirkstoffe, was zur Folge hat, daß auch gesunde Zellen bei der Chemo¬ therapie geschädigt werden. Diese geringe Spezifität der Wirkstoffe fordert weiterhin, daß deren Dosierung jeweils so erfolgen muß, daß möglichst wenig gesunde Zellen bei gleichzeitiger Abtötung der Krebszellen geschädigt werden. Dies ist oftmals nicht möglich, und der krebskranke Patient stirbt aufgrund der sich immer weiter ausbreiten¬ den Krebszellen, die im Endstadium den Ausfall lebenswich¬ tiger Funktionen herbeiführen.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Bereitstellung eines weiteren Wirkstoffs mit wertvollen therapeutischen Eigenschaf en, sowie eines Arzneimittels enthaltend den Wirkstoff, wobei der Wirkstoff bzw. das Arzneimittel be¬ sonders vorteilhaft sind bei der Behandlung von Krebser¬ krankungen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine mu¬ tierte Rezeptortyrosinkinase mit defekter Signalüber¬ tragungsaktivität, sowie durch ein Arzneimittel enthaltend mindestens eine mutierte Rezeptortyrosinkinase.
Zum besseren Verständnis der vorliegenden Erfindung werden im folgenden die hierin verwendeten Begriffe näher erläu¬ tert.
Unter "Rezeptortyrosinkinase" wird jeder Rezeptor ver¬ standen, der Tyrosinkinaseaktivität besitzt. Der Ausdruck umfaßt Wachstumsfaktorrezeptoren, die Tyrosinkinaseakti¬ vität besitzen, wie auch HER2 oder die met-Rezeptoren.
"Defekte Signalübertragungsaktivität" bedeutet, daß ein mutierter Rezeptor nicht mehr in der Lage ist, ein extra¬ zelluläres Wachstumssignal oder ein anderes Signal in ein intrazelluläres Signal umzusetzen, so daß dieses Signal teilweise gehemmt oder vollständig blockiert ist.
"Wachstumsfaktor" bedeutet jede mitogene Chemikalie, üblicherweise ein Polypeptid, das von normalen und/oder transformierten Säugerzellen ausgeschieden wird, und das eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Zellwachs¬ tums spielt, insbesondere bei der Stimulierung der Proli¬ feration der Zellen und dem Aufrechterhalten ihrer Lebens¬ fähigkeit. Der Begriff "Wachstumsfaktor" umfaßt z.B. den epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) , den von Plättchen stammenden Wachstumsfaktor (PDGF) und den Nervenwachstums- faktor (NGF) .
Unter "Wachstumsfaktorrezeptor" wird ein die Zellmembran überspannendes Polypeptid verstanden, das einen Wachstums¬ bzw. Differenzierungsfaktor bindet und selbst eine Tyro¬ sinkinaseaktivität in seinem intrazellulären Anteil ent¬ hält oder mit einer solchen assoziiert ist.
Unter "mutierter Rezeptortyrosinkinase" wird ein Tyrosin- kinaserezeptor verstanden, der im Vergleich zu dem Wildtyp-Rezeptor eine Strukturänderung enthält, so daß der Rezeptor die Tyrosinkinaseaktivität des Wildtyp-Rezeptors nicht mehr besitzt.
Unter "mutiertem Wachstumsfaktorrezeptor" wird ein Wachs-
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tu sfaktorrezeptor verstanden, der im Vergleich zu dem Wildtyp-Rezeptor eine Strukturänderung enthält, so daß der Rezeptor die Tyrosinkinaseaktivität des Wildtyp-Rezeptors nicht mehr besitzt.
Unter "Wildtyp-Wachstumsfaktorrezeptor" bzw. anderem "Wildtyp"-Rezeptor wird ein natürlich vorkommender Wachs¬ tumsfaktorrezeptor oder anderer Rezeptor verstanden, der Tyrosinkinaseaktivität besitzt und somit zur Signalüber¬ tragung fähig ist.
Unter "extrazellulärer Domäne" des Wachstumsfaktorrezep¬ tors oder anderen Rezeptors wird der Teil des Rezeptors verstanden, der normalerweise aus der Zelle in die extra¬ zelluläre Umgebung herausragt. Die extrazelluläre Domäne umfaßt beispielsweise den Teil des Rezeptors, an dem ein Wachstumsfaktor oder ein anderes Molekül bindet.
Unter "Transmembranregion" des Wachstumsfaktorrezeptors oder anderen Rezeptors wird der hydrophobe Anteil des Rezeptors verstanden, der normalerweise in der Zellmembran der Zelle lokalisiert ist, die den Rezeptor exprimiert.
Unter "Tyrosinkinasedomäne" oder "zytoplasmatischer Domäne" des Wachstumsfaktorrezeptors oder anderen Rezep¬ tors wird der Teil des Rezeptors verstanden, der sich normalerweise innerhalb der Zelle befindet, und der die Transphosphorylierung von Tyrosinresten bewirkt.
Unter "einer wirksamen Menge" wird eine Menge der erfin¬ dungsgemäßen Zusammensetzung verstanden, die den gewünsch¬ ten therapeutischen Effekt erzielen kann.
Unter "von Plättchen stammender Faktor (PDGF) " wird ein mitogenes Polypeptid verstanden, das in Blutplattchen ent¬ halten ist, und das von Mesenchym stammende Zellen stimu-
liert und die autophosphorylierende Proteintyrosin- kinaseaktivität stimuliert, wenn es an den PDGF-Wildtyp- Rezeptor bindet.
Unter "epidermalem Wachstumsfaktor (EGF) " wird ein mitoge¬ nes Polypeptid verstanden, das üblicherweise eine mitogene Antwort in Fibroplasten erzeugt und das die autophosphory¬ lierende Prσteintyrosinkinaseaktivität des EGF-Wildtyp- Rezeptors stimuliert.
Unter "auf Hyperplasie beruhende Krankheit" wird eine Krankheit eines Gewebes oder Organs verstanden, umfassend beispielsweise die Hautepidermis, das intestinale Epithe- lium, Hepatozyten, Fibroplasten, Knochenmarkszellen, andere Knochenzellen, Knorpel und glatte Muskulatur, wobei die Krankheit gekennzeichnet ist durch einen Anstieg in der Anzahl der Zellen des Gewebes oder Organs, wie z.B. Psoriasis und endometrische Hyperplasie.
Unter "HER2" wird eine Rezeptortyrosinkinase verstanden, die Sequenzhomologie zu dem epidermalen Wachstumsfaktor¬ rezeptor zeigt.
Unter "Liposomen" werden Partikel in einem wäßrigen Medium verstanden, die durch Lipiddoppelschichten gebildet werden, die ein wäßriges Milieu einschließen.
Unter "Überfunktion" wird eine überschüssige, unkontrol¬ lierte Aktivierung eines durch Wachstumsfaktorrezeptoren vermittelten Signalübertragungswegs verstanden, der zu einer überschüssigen Zellteilungsaktivität und anderen Konsequenzen führt, wie z.B. zu solchen, die bei einigen Krebszellen im Vergleich zu den normalen Zellen eines ähnlichen Zelltyps auftreten.
Unter "rekombinanten Vektoren" werden Vektoren verstanden,
die unter Verwendung von rekombinanter DNA-Technologie genetisch verändert wurden, um Nukleinsäurefragmente ein¬ zubauen, die für normale bzw. mutierte Rezeptortyrosin- kinasen codieren. Die rekombinanten Vektoren können Ziel¬ zellen infizieren und die Zielzellen dazu veranlassen, die normalen bzw. mutierten Rezeptoren zu exprimieren.
Unter "rekombinanten retroviralen Vektoren" werden rekombinante Vektoren verstanden, die Retroviren sind.
Gemäß der vorliegenden Erfindung konnte gezeigt werden, daß mutierte Rezeptortyrosinkinasen wertvolle therapeu¬ tische Eigenschaften besitzen, die zur Behandlung von Krankheiten ausgenützt werden können, die mit einer Über¬ funktion von Rezeptortyrosinkinasen assoziiert sind, wobei die mutierten Rezeptoren insbesondere zur Behandlung von Krebserkrankungen geeignet sind.
Wachstumsfaktorrezeptoren spielen bei der Entstehung und Vermehrung von menschlichen Krebszellen eine entscheidende Rolle. Bei gesunden Zellen sind die
Wachstumsfaktorrezeptoren an der Kontrolle des Zellwachs¬ tums beteiligt. Das eigentliche Signal zur Zellteilung ist der Wachstumsfaktor, der in Abhängigkeit von den Bedürf¬ nissen des Organismus gebildet wird. Der Rezeptor über¬ nimmt die Funktion der Signalübertragung, d.h. er ist an der Umsetzung des extrazellulären Wachstumssignals in Zellteilungsaktivität im Innern der Zelle beteiligt. Bei vielen Wachstumsfaktorrezeptoren stellt deren Fähigkeit, nach Bindung des Wachstumsfaktors an die extrazelluläre Domäne Phosphatreste an Tyrosinreste in Proteinen zu über¬ tragen, eine entscheidende Rolle dar. Diese Rezeptoren werden auch als Rezeptortyrosinkinasen bezeichnet. Eine Übersicht über Rezeptortyrosinkinasen befindet sich in Yarden, Y. und Ullrich A. , Rev. Biochem. 1988, 57, 443-78. Die Dimerisierung dieser Wachstumsfaktorrezeptoren nach
Bindung des Wachstumfaktors ist ein weiterer wichtiger Vorgang bei dem Prozeß der Signalübertragung. Die Umwand¬ lung eines extrazellulären Signals in ein intrazelluläres Signal unter Vermittlung von Wachstumsfaktorrezeptoren mit Tyrosinkinaseaktivität läßt sich in die folgenden fünf Stufen zerlegen:
1. Die Bindung des Wachstumsfaktors (auch als Ligand be¬ zeichnet) an die extrazelluläre Domäne des Rezeptors indu¬ ziert eine Konformationsänderung; diese bewirkt
2. Dimerisierung von Rezeptoren mit veränderter Konforma¬ tion; mit
3. gleichzeitiger Induktion einer allosterischen Änderung der zytoplasmatischen Domäne, durch die wiederum die Kinaseaktivität induziert wird;
4. Transphosphorylierung von Tyrosinresten in dem Rezep- tordimer, die wiederum eine aktivierte Rezeptorkonforma¬ tion erzeugt und stabilisiert; und
5. Phosphorylierung von Polypeptidsubstraten und Wechsel¬ wirkung mit zellulären Faktoren.
Eine unkontrollierte Überfunktion dieser Signalübertra¬ gungskette aufgrund der Überexpression oder Mutation kann unter anderem zu einer überhöhten Teilungsaktivität der entsprechenden Zelle führen und im Extremfall zu einer entarteten Krebszelle. Eine Übersicht über Wachstums¬ faktorrezeptoren und deren Funktion bei der Signalübertra¬ gung von dem extrazellulären in das intrazelluläre Milieu, sowie der mögliche Einfluß von abnormal exprimierten Rezeptoren auf die Krebsentstehung ist in Ullrich, A. und Schlessinger, J. (1990) Cell 61, 203 - 212 gegeben.
Der epidermale Wachstumsfaktorrezeptor (EGF-R) ist ein 170 kD Glykoprotein mit Tyrosinkinaseaktivität (Ullrich et al. (1984), Nature 309, 418 - 425). Die molekularen Vor¬ gänge, die an der Bindung seiner Liganden und Stimulierung seiner Kinaseaktivität beteiligt sind, sind ausführlich beschrieben in Ullrich et al. , Cell (1990) 61, 203 - 212. Obwohl EGF normalerweise eine mitogene Anwort in Fibro¬ plasten hervorruft, bewirkt die Überfunktion des Signal¬ übertragungsvorgangs durch den EGF-Rezeptor aufgrund von überexprimierten Rezeptoren eine ligandenabhängige Trans¬ formation von NIH 3T3 Mauszellen (Riedel et al. (1988) , Proc. Natl. Acad. Sei., USA 85: 1477 - 1481 und Di Fiore et al. (1987), Cell 51, 1063 - 1070)). Intensive klinische Studien haben die Funktion dieses Rezeptors bei der Ent¬ wicklung von bestimmten Carcinomen, wie Brustkrebs, Ovarienkrebs und Lungenzellkrebs, gestützt (Slamon et al. (1987), Science 235, 177 - 182 und (1989) Science 244, 707 - 712 und Kern et al. (1990) Cancer Res. 50, 5184 - 5191).
Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß die oben erläuterte fünfstufige Signalübertragungskette durch eine mutierte Rezeptortyrosinkinase blockiert bzw. gehemmt werden kann, wenn die mutierten Rezeptoren gemeinsam mit den Wildtyp-Rezeptoren von einer Zelle exprimiert werden. Somit eignen sich insbesondere mutierte Wachstumsfaktor¬ rezeptoren mit defekter Signalübertragungsaktivität als Arzneimittel, mit denen Krankheiten therapiert werden können, die im Zusammenhang mit einer gesteigerten Über¬ tragung von WachstumsSignalen in das Zellinnere durch ent¬ sprechende Rezeptoren stehen.
Eine bevorzugte Rezeptormutante besitzt die Tyrosinkinase¬ aktivität des Wildtyprezeptors nicht mehr. Diese Mutante ist nicht mehr in der Lage, nach Ligandenbindung Tyrosin- reste in dem Rezeptordimer oder in Polypeptidsubstraten zu phosphorylieren. Somit ist die Umsetzung des extrazellu-
lären Wachstumssignals in ein intrazelluläres Signal blockiert bzw. teilweise gehemmt.
Bereits eine Punktmutation in dem Wildtyprezeptor kann ausreichen, daß der Wildtyp-Rezeptor nicht mehr funktions¬ fähig ist, wenn er durch die Punktmutation die Tyrosin¬ kinaseaktivität verloren hat. Eine solche Punktmutante (z.B. HERK721A) ist besonders bevorzugt.
Weiterhin bevorzugt ist ein mutierter Rezeptor, der eine Deletion in der Tyrosinkinasedomäne trägt, die zu einem Verlust der Tyrosinkinaseaktivität führt.
Es ist bevorzugt, daß der durch eine Deletion in der zyto- plasmatischen Domäne mutierte Rezeptor die Transmembran¬ region jedoch noch enthält (z.B. HERCD-533) . Mutierte Rezeptoren mit vorhandener Transmembranregion führen zu einer wirkungsvolleren Hemmung der Wachstumssignalüber¬ tragung und zeigen somit bessere therapeutische Wirkung als Rezeptoren ohne Transmembranregion, wie beispielsweise Mutanten, die nur aus den extrazellulären Domänen bestehen (z.B. Fig. 1, HERCD-566) .
Besonders geeignet als Arzneimittel sind Mutanten von Rezeptortyrosinkinasen, wie beispielsweise von EGF-, PDGF-,IGF-I-, MET-Rezeptoren, EGF-Rezeptor verwandte Rezeptoren wie HER2-, neu-, C-erbB2-Rezeptoren oder NGF-Rezeptoren. Das MET-Protein ist beispielsweise aus¬ führlich beschrieben in Giordano et al. (1988) , Molec. Cell. Biol. 8, 3510 - 3517 und in Giordano et al. (1989) Nature, 339.
Ganz besonders geeignet ist ein mutierter Rezeptor des epidermalen Wachstumsfaktors (EGF) .
Bei einer besonders bevorzugten Mutante des EGF-Rezeptors
befindet sich an der Aminosäureposition 721 der Wildtyp-Rezeptorsequenz, eine Punktmutation. Bei einer bevorzugten Mutante ist der Lysinrest an Position 721 durch einen Alaninrest in der Mutante ersetzt. Diese Mutante ist bei der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH nach dem Budapester Vertrag hinter¬ legt unter DSM 6678. Bei einer weiteren bevorzugten EGF-Rezeptormutante sind die 533 C-terminalen Aminosäuren des Wildtyp-Rezeptors deletiert. Diese Mutante ist hinter¬ legt unter DSM 6679.
Die Rezeptormutanten sind nach den üblichen gentechno¬ logischen Verfahren, wie beispielsweise in Sa brook, J. et al (1989) Molecular Cloning, Cold Spring Harbor Laboratory Press beschrieben, ausgehend von den Wildtyp-Rezeptoren herstellbar.
Das erfindungsgemäße Arzneimittel enthält mindestens einen der oben beschriebenen mutierten Rezeptoren und die üblichen Hilfs- und Trägerstoffe.
Besonders bevorzugt ist ein Arzneimittel, das den bzw. die Rezeptormutanten in Liposomen verpackt enthält. Um die Liposomen selektiv an das Zielgewebe, zu bringen, ist es vorteilhaft, wenn die Liposomen Antikörper in ihrer Membran enthalten, wobei die Antikörper spezifische Epitope der Zielzellen erkennen und selektiv an diese binden. Somit gelangen die Rezeptormutanten selektiv zu dem Zielgewebe und können dort ihre erwünschte Wirkung entfalten. Die Verabreichung von in Liposomen verpackten Wirkstoffen ist heute eine gängige Verabreichungsform.
Weiterhin bevorzugt ist ein Arzneimittel, das den bzw. die Rezeptoren in Form von einem bzw. mehreren rekombinanten retroviralen Vektoren enthält. Die rekombinanten Vektoren enthalten Nukleinsäurefragmente, die für den bzw. die
Rezeptoren codieren. Nach Verabreichung des Arzneimittels an den Patienten infizieren die Retroviren die Zielzelle und führen in dieser zur Expression der Rezeptormutanten.
Ein besonders bevorzugtes Arzneimittel enthält die für EGF-Rezeptormutanten codierenden retroviralen Vektoren PNTK-HER-K721A und/oder pNTK-HERCD-533, die hinterlegt sind bei der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen, Mascheroden Weg 1B, D-3300 Braunschweig, unter DSM 6678 bZW. DSM 6679.
Die mutierten Rezeptoren können in üblicher Weise in Arzneimittel eingebracht werden, wie beispielsweise beschrieben in Remington's Pharmaceutical Sciences (Osol, A. Herausgeber) Mack Publishing Company, Easton, PA (1980) und Folgebände.
Die oben beschriebenen mutierten Rezeptoren bzw. die diese enthaltenden Arzneimittel sind besonders geeignet zur Be¬ handlung von Krebs. Dabei sind solche Krebsarten besonders gut therapierbar, die Folge einer Überfunktion von Wachstumsfaktorrezeptoren sind. Zu diesen Krebsarten zählen insbesondere Brust-, Ovarien- und Lungenkrebs. Die Rolle von Oberflächenrezeptoren bei diesen Krebserkran¬ kungen werden ausführlich beschrieben in Slamon, D.J. et al (1987), Science, 235, 177 - 182 und (1989) Science, 244, 707 - 712 sowie in Kern, J.A. et al (1990), Cancer Res. , 50, 5184 - 5191.
Die pharmazeutische Zusammensetzung kann Salze, Puffer, Zusatzstoffe und andere Substanzen enthalten, die zum Verbessern der Wirksamkeit der mutierten Rezeptoren wünschenswert sind.
Zusammensetzungen zur parenteralen Verabreichung umfassen sterile wäßrige oder nicht-wäßrige Lösungen, Suspensionen
und Emulsionen. Wäßrige Suspensionen zur Injektion können Substanzen enthalten, die die Viskosität der Suspension erhöhen, und umfassen beispielsweise Natriumcarbσxy- methylzellulose, Sorbit und/oder Dextran. Gegebenenfalls kann die Suspension Stabilisatoren enthalten. Beispiele für nicht-wäßrige Lösungsmittel sind Propylenglykol, Poly- ethylenglykol, pflanzliche Öle, wie Olivenöl, und inji¬ zierbare organische Ester, wie Ethyloleat.
Trägerstoffe oder Okklusiwerbände können verwendet werden, um die Durchlässigkeit der Haut zu steigern und die dermale Adsorption des Arzneimittels zu erhöhen.
Flüssige Dosierungsformen können typischerweise eine Lipo- somenlösung umfassen, die die flüssige Dosierungsform ent¬ halten. Geeignete Formen zum suspendieren von Liposomen umfassen Emulsionen, Suspensionen, Lösungen, Sirup und Elixiere mit inerten Verdünnungsmitteln, die üblicherweise auf diesem Gebiet verwendet werden, wie gereinigtes Wasser.
Neben den inerten Verdünnungsmitteln können diese Zusam¬ mensetzungen auch Zusatzstoffe, Benetzungsmittel, Emulgier- und Suspendiermittel oder Duftstoffe enthalten. Beispiele für weitere Materialien, die zur Verwendung in der vorliegenden pharmazeutischen Zusammensetzung geeignet sind, werden in Remington' Pharmaceutical Sciences (Osol, A. , Herausgeber) , Mack Publishing Co. , Easton, PA (1980) und Folgebänden angegeben.
Die Behandlung eines Individuums mit einem Tumor umfaßt das Verabreichen einer wirksamen Menge der mutierten Rezeptoren oder rekombinanten Vektoren, die die mutierten Rezeptoren herstellen, in einer einzigen Dosis, mehreren Dosen oder in Form einer Infusion an einem Patienten oder einem Tier.
Gemäß der vorliegenden Erfindung ist eine "wirksame Menge" einer pharmazeutischen Zusammensetzun eine Menge, die aus¬ reicht, den gewünschten biologischen Effekt zu erzielen. Im allgemeinen wird die Dosierung, die benötigt wird, um eine wirksame Menge der Zusammensetzung bereitzustellen, und die von einem Fachmann eingestellt werden kann, abhän¬ gen von Faktoren, wie dem speziellen zu verwendenden Rezeptor, dem Vorhandensein und der Art von anderen thera¬ peutischen Mitteln, dem Alter des Patienten oder des Tiers sowie von dessen Zustand, Geschlecht und klinischem Status, einschließlich dem Ausmaß der Krankheit sowie weiteren Variablen.
Die bevorzugte Dosis der erfindungsgemäßen pharmazeu¬ tischen Zusammensetzung beim Menschen ist > 109 Plaque-bildende Einheiten (pfu) pro Person und hängt von der Krebsart und dem Ausmaß der Rezeptorüberfunktion ab.
Der bevorzugte Weg der Verabreichung der erfindungsgemäßen pharamzeutischen Zusammensetzung erfolgt parenteral. Der am meisten bevorzugte Weg erfolgt intravenös, intraperito- neal, topisch oder direkt in das Gehirn, die Rückenmarks¬ flüssigkeit oder den Tumor selbst.
Ohne an eine bestimmte Therorie gebunden zu sein nimmt man an, daß die beschriebenen Rezeptormutanten ihre Wirkung in den Zielzellen entfalten, indem die Mutanten neben dem Wildtyp-Rezeptor in die Membran der Zielzellen eingebaut werden, und die Rezeptormutante dann die Funktion des Wildtyp-Rezeptors beeinträchtigt, indem zur Signalüber¬ tragung inkompetente Dimere gebildet werden, die aus einem Wildtyp- oder onkogenen Rezeptor und einem mutierten Rezeptor mit defekter Signalübertragungseigenschaft bestehen.
Anhand von Mutanten des EGF-Rezeptors als Modell wird die vorliegende Erfindung näher erläutert.
Es wurde überraschenderweise gefunden, daß die Expression von EGF-Rezeptormutanten, die keine Tyrosinkinaseaktivität mehr besitzen, in transformierten Krebszellen, die den EGF-Wildtyp-Rezepter exprimieren, den transformierten Phänotyp rückgängig machen kann.
Material und Methoden:
Herstellen von rekombinanten Retroviren
Die retroviralen Expressionsvektoren pN2, pNTK2 und pNTK-HERc sind ausführlich beschrieben in Keller, G. et al, (1985), Nature, 318, 149 - 154; Stewart, C.L. et al, (1987) EMBO J. , 6, 383-388; von Rüden, T. und Wagner, E.F. (1988), EMBO J. , 7, 2749-2756. pNTK-HER-K 721A wurde her¬ gestellt durch Klonieren eines Bgl II-Fragments von CMVHER-K721A in pNTK-HERc. pNTK-HERCD-533 wurde herge¬ stellt durch Erzeugen einer Clal-Stelle an beiden Seiten des 2 kb großen Fragments Xbal/Xhol von pLSXNA 8, beschrieben in Livneh, E. et al, J. Biol. Chem, 260, 12490-12497, mittels üblicher Klonierungsverfahren, wie beschrieben in Sambrook, J. et al (1989) , Molecular Cloning, Cold Spring Harbour Laboratory Press, und an¬ schließend wurde das 2 kb Clal Fragment mit Clal gespalte¬ nem pNTK2 ligiert. Das NTK-HERCD-566 Konstrukt wurde her¬ gestellt durch Klonieren eines Clal Fragments von CVNHERXCD in die Clal-Stelle von pNTK2. Das Konstrukt ist hinterlegt unter DSM 6680. Ecotrophe rekombinante Retro¬ viren wurden hergestellt aus der Helfervirus-freien Produ¬ zentenlinie GP+E-86, beschrieben in Markowitz D. (1988) J. Virol., 62, 1120-1124. Stabile GP+E-86 Produzentenlinien wurden erzeugt mittels eines modifizierten Infektions-
Protokolls, wie beschrieben in Miller, A.D. und Buttimore, C. (1986) Mol. Cell. Biol., 6, 2895-2902. Amphotrophes Virus mit niedrigem Titer wurde hergestellt durch transiente Transfektion von retroviralen Expressions- plasmiden in die Helfervirus-freie Verpackungszellinie PA317, beschrieben in Miller, A.D. et al (1985) Mol. Cell. Biol., 5, 431-437, und wurde verwendet, um sekundäre Ver¬ packungszellen GP+E-86 zu infizieren, gefolgt von einer Selektion von Klonen der Produzentenlinie GP+E-86 in G418 (1 mg/ml) . Der Virustiter wurde bestimmt durch Infizieren von NIH 3T3-Zellen mit Verdünnungsreihen von Retrovirus, die zellfreie GP+E-86 Überstände enthielten, und Bestim¬ mung der Anzahl der G418 resistenten Kolonien. Ein Retro¬ virus (S.2TGF_v) , das das Gen für den Turmorwachstumsfaktor a (TGFα) enthält, ist beschrieben in Blasband, A. J. (1990), Oncogene, 5, 1213-1221.
Gen-Transfer mittels Retroviren
Subkonfluente NIH 3T3-Zellen (105 Zellen/6cm-Platte) wur¬ den mit Überständen von GP+E-86 Zellen, die hohe Titer an NTK-HERc Virus freisetzen (5xl05 G418R koloniebildende Einheiten pro ml) , für 4 bis 12 Stunden in Anwesenheit von 4 μg/ml Polybrene (Aldrich) inkubiert und anschließend in Überstand von GP+E-86 Zellen, die hohe Titer an ent¬ weder N2, NTK-HERK721A, NTK-HERCD-533 oder NTK-HERCD-566 Viren freisetzen. Der Expressionsspiegel der Rezeptoren wurde gesteigert durch mehrere Infektionsrunden, wie be¬ schrieben in Bordignon, C. et al (1989) , Proc. Natl. Acad. Sei. USA 86, 6748 - 6752. In den beschriebenen Experimen¬ ten wurde die Infektion einmal ausgeführt mit 1 ml eines verdünnten Uberstands (1,25 x 10 — koloniebildende Einhei¬ ten) oder 1 bis 4 mal mit dem gleichen Volumen unverdünn- ten Uberstands (5x10 5 koloniebildende Ei.nhei.ten) von GP+E-86 Zellen, die hohe Titer von entweder N2,
NTK-HERK721A, NTK-HERCD-533 oder NTK-HERCD-566 Viren frei¬ setzen.
Rezeptorphosphorylierung in intakten Zellen
Die wie oben infizierten Zellen wurden in lOcm-Platten bis zu 90%iger Konfluenz kultiviert, gewaschen und für 16 Stunden in methioninfreiem DMEM (Gibco) , ergänzt mit 1% FCS enthaltend 50 μCi/ml S -Methionin (Amersham) , kultiviert. Die Zellen wurden für 10 min mit 20 ng/ml EGF (Amgen Corp.) stimuliert und in 0,5 ml Lysepuffer (50 mM Hepes pH 7,2, 150 mM NaCl, 1,5 mM MgCl2, 1 mM EGTA, 10% Glyerzin, 1% Triton X-100, ImM PMSF, 10 mg/ml Aprotinin, 100 μM Natriumorthovanadat) bei 4°C lysiert. Die Lysate wurden in einer Eppendorf-Zentrifuge bei rund 12000 g für 10 min bei 4° C zentrifugiert. Die Überstände wurden dann mit einem Überschuß an monoklonalem Antikörper 108.1, be¬ schrieben in Honegger, A.M. , Ullrich, A. und Schlessinger, J. (1989) Proc. Natl. Acad. Sei, USA, 86, S. 925-929, und Protein A-Sepharose für 4 Stunden bei 4°C inkubiert. Immunpräzipitate wurden zweimal mit HNTG (20 mM Hepes pH 7,3, 150 mM NaCl, 0,1% Triton X-100 und 10% Glyzerin) ge¬ waschen. Das Pellet wurde in Probepuffer resuspendiert, für 5 min gekocht und anhand von SDS-PAGE (7,5%) analy¬ siert. Die Proteine wurden elektrophoretisch auf Nitro¬ zellulose übertragen und anschließend mit einem monoklona- len Mausantikörper gegen Phosphotyrosin (5 E2) , beschrie¬ ben in Fendly, B.M. et al (1990) Cancer Research, 50, 1550-1558, inkubiert. Zum Nachweis wurde der Nitrozellu¬ losefilter mit einem Peroxidase-gekoppelten Ziege-Anti-Maus-Antikörper inkubiert, gefolgt von einer ECL-Substrat-Reaktion (Amersham) . Nach der Detektion der ECL-Substratreaktion mit Kodak X-Omat-Film wurden die Nitrozellulosefilter mit PBS, enthaltend 0,2% Tween20, ge¬ waschen. Anschließend wurden die S-Methionin-markierten
Proteine mittels Autoradiographie nachgewiesen. Die Dichte der Banden wurde durch Densitometrie ermittelt.
[ ~H] -Thymi.di.n-Ei.nbau
Subkonfluente NIH 3T3 Zellen (105 Zellen/6cm-Platte) wurden wie beschrieben koinfiziert mit NTK-HERc, gefolgt von 4 Infektionsrunden mit entweder N2, NTK-HERK721A, NTK-HERCD-533 oder NTK-HERCD-566. Die Zellen wurden auf¬ geteilt auf 12-Loch Costarplatten. Nach Erreichen der Konfluenz wurden die Zell onolayer für 24 Stunden in 0,5 ml DMEM, 0,5% FCS ausgehungert, und 18 Stunden nach EGF-Zusatz wurden die Zellen mit 0,5 μCi Methyl[3H] -thymidin (Amersham) für 4 Stunden markiert. Die Zellen wurden zweimal mit PBS gewaschen und anschließend mit 10% TCA für 1 Stunde auf Eis präzipitiert. Das Präzipitat wurde mit 10% TCA gewaschen und in 200 μl 0,2 N NaOH/0,2% SDS wieder aufgelöst. Die Lysate wurden neutra¬ lisiert, und die eingebaute Radioaktivität durch Scin- tillationszählung quantitativ bestimmt.
Transformations-Tests
Um die Fähigkeit von NIH 3T3 Zellen zur Koloniebildung in Weichagar zu untersuchen, wurden subkonfluente NIH 3T3 Zellen (105 Zellen /6cm-Platte) mit NTK-HERC, gefolgt von 4 Runden der Infektion mit entweder N2, NTK-HERK721A, NTK-HERCD-533, oder NTK-HERCD-566 infiziert. In den Fällen, in denen eine autokrine Stimulierung zu erzeugen war, wurden die Zellen infiziert mit "_,2TGFα- Virus (5x10 G418R koloniebildende Einheiten pro ml) . NIH 3T3 Zellen (10 ) wurden in 6cm-Platten ausplattiert in der Anwesen¬ heit oder Abwesenheit von 10 ng/ml EGF in 3 ml Medium zum Überschichten (top layer) aus MEM, enthaltend 10% FCS und
0,2% Agar (Gibco). Die Bodenschicht enthielt MEM, 10% FCS und 0,4% Agar. Sichtbare Kolonien wurden nach 4 Wochen gezählt.
Für Focibildungstests wurden subkonfluente NIH 3T3 Zellen (105 Zellen/6cm-Platte) koinfiziert mit NTK-HERc (lxio4 G418 koloniebildende Einheiten pro ml) , gefolgt von 4 Runden der Infektion mit entweder N2, NTK-HERK721A, NTK-HERCD-533, oder NTK-HERCD-566 Viren. In einigen Experimenten wurden die Zellen superinfiziert mit S_*2TGFc--Virus (lxlO3 G418R koloniebildende Einheiten pro ml) . Infizierte Zellen wurden auf 6cm-Platten mit DMEM, enthaltend 4% FCS, in der Anwesenheit oder Abwesenheit von 10 ng/ml EGF kultiviert. Das Medium wurde alle 3 Tage gewechselt. Die Platten wurden mit Kristallviolett ange¬ färbt und die Foci wurden am Tag 18 gezählt.
Legenden zu den Figuren
Fig. 1: Schematische Darstellung des menschlichen EGF-Wildtyp-Rezeptors und mutierte EGF-Rezeptoren. Die Lage von cysteinreichen Domänen (cys) , der Tyrosinkinase (TK)- und der Transmembran(TM)-Domäne sind angegeben. Die Mutante HERK721A trägt eine Punktmutation an Position 721 (ein Austausch von Lysin gegen Alanin) , während HERCD533 und HERCD-566 C-terminale Deletionen von 533 bzw. 566 Aminosäuren tragen. Die Mutanten sind ausführlich beschrieben in Livneh, E. , et al (1986) J. Biol. Chem. , 260, 12490-12497 und Honegger, A.M. , et al (1987) Cell, 51, 199-209.
Fig. 2 (A) : Tyrosinphosphoryiierung des Wildtyp- und mutierten EGF-Rezeptors. Zellen, die entweder den Wildtyp-Rezeptor alleine oder den Wildtyp-Rezeptor und mutierte Rezeptoren coexprimieren, wurden über Nacht mit
[35S] Methionin marki•ert und anschli•eßend i•n der An¬ wesenheit oder Abwesenheit von 2 ng/ml EGF für 10 min inkubiert. Die Zellen wurden in Lösung gebracht und mit Anti-EGF-Rezeptor-Antikörper (mAb 108) präzipitiert, durch SDS-PAGE getrennt und immunologisch mit Anti- Phosphotyrosin- Antikörpern (5E2) analysiert, gefolgt von einer ECL-Substratreaktion.
(B) : Expression des EGF-Rezeptors auf NIH 3T3 Zellen. Zellen, die entweder den Wildtyp-Rezeptor alleine oder den Wildtyp-Rezeptor und mutierte Rezeptoren coexpri- mieren, wurden über Nacht mit [ S] Methionin mar¬ kiert und anschließend in der Anwesenheit oder Abwesen¬ heit von 20 ng/ml EGF für 10 min inkubiert. Die Zellen wurden in Lösung gebracht und mit Anti-EGF-Rezeptor- Antikörper (mAblOδ) präzipitiert, getrennt mit Hilfe von SDS-PAGE und immunologisch mit einem Anti-Phospho- tyrosin-Antikörper (5E2) nachgewiesen, gefolgt von einer ECL-Substrat-Reaktion. Das ECL-Substrat wurde abgewaschen mit PBS, enthaltend 0,2% Tween 20, und die 35S Methionin-markierten Proteine wurden durch Autoradio¬ graphie nachgewiesen.
Fig. 3: EGF-simulierter [3H]-Thymidin-Einbau. In Zellen, die entweder den Wildtyp-Rezeptor alleine (ge¬ strichelte Linie) oder Wildtyp-Rezeptor und mutierte Rezeptoren coexprimierten, wie in A: Wildtyp-EGF-Rezeptor + K721A, B: Wildtyp EGF-Rezeptor +CD-533, C: Wildtyp EGF-Rezeptor + CD-566 wurden in 12-Loch Costarplatten bis zur Konfluenz kultiviert und für 2 Tage in DMEM, enthal¬ tend 0,5% FCS, ausgehungert. 10% FCS oder verschiedene EGF-Konzentrationen wurden zugesetzt und 18 Stunden nach dem EGF-Zusatz wurde [3H]Thymidin (0,5 μCi/Loch für 4 Stunden zugesetzt, und dessen Einbau in DNA wurde be¬ stimmt. Die mitogene Antwort wurde aufgezeichnet, um die Beziehung zwischen Dosis und Antwort aufzuzeigen. Die Werte wurden um den basalen Thymidin-Einbau korrigiert,
und die maximal beobachtete Antwort auf EGF wurde als 100% definiert. Die ausgefüllten Dreiecke geben den halb¬ maximalen Thymidin-Einbau an.
Ergebnisse:
Zellen, die den Wildtyp-Rezeptor alleine oder zusammen mit den mutierten Rezeptoren exprimieren, wurden mit
[ 35SjMethionm markiert, mkubiert in der Anwesen¬ heit oder Abwesenheit von EGF für 10 min, lysiert und immunpräzipitiert mit einem Maus-Antikörper gegen humanen EGF-Rezeptor (mAbl08) . Die Proben wurden mit SDS-PAGE aufgetrennt, auf Nitrozellulosefilter übertragen, und die Tyrosinphosphorylierung wurde nachgewiesen mit Hilfe des phosphotyrosinspezifischen Mausantikörpers 5E2 (Fig. 2A) . Die Menge des in dem Immunpräzipitat vorhandenen Rezep¬ tors wurde durch Autoradiographie desselben Nitrozellu¬ losefilters nachgewiesen (Fig. 2B) .
Wie in Fig. 2A, Spuren b und c, gezeigt, induziert der EGF-Zusatz zu intakten NIH 3T3 Zellen, die mit dem Virus, enthaltend den Wildtyp EGF-Rezeptor, infiziert sind, eine starke Tyrosinphosphorylierung der 170 kD EGF-Rezeptorbande. Durch Phosphorylierung nimmt die Wanderungsgeschwindigkeit des EGF-Rezeptors in der SDS-PAGE, verglichen mit dem unphosphorylierten EGF-Rezeptor, ab, wie ersichtlich aus Fig. 2B, Spuren b und c. Der Spiegel der EGF-stimulierten Phosphorylierung des Wildtyp-Rezeptors wurde nicht verringert durch die Coexpression der löslichen extrazellulären Domäne des EGF-Rezeptors, wie durch das NTK-HERCD-566 Virus Genom codiert, selbst wenn die extrazelluläre Domäne in 4fachem Überschuß zu dem Wildtyp-Rezeptor exprimiert wurde (Fig. 2A, Spuren d bis f; Fig. 2B, Spuren d bis f) .
Im Gegenteil, in einem analogen Experiment, bei dem ein Virus, das die membranständige EGF-Rezeptor-Deletions- mutante HERCD-533 (Fig. 1) exprimiert, verwendet wurde, erfolgte eine starke dosisabhängige Hemmung der EGF-induzierten Phosphorylierung des Wildtyp-EGF-Rezeptors (Fig. 2A, Spuren g bis i) , obwohl der Spiegel des 170 kD EGF-Rezeptorproteins konstant blieb (Fig. 2B, Spuren g bis i) . Die Intensität der Tyrosin-phosphorylierten Banden nahm von 100% auf 71% bzw. 30% ab. Unter diesen Bedingun¬ gen zeigte der EGF-Rezeptor die gleichen elektrophoreti- schen Eigenschaften wie ein nicht-phosphorylierter Rezep¬ tor (Fig. 2B, Spur i) , was in Übereinstimmung mit seinem Zustand der Tyrosinphosphorylierung, nachgewiesen durch mAb 5E2 (Fig. 2A, Spur i) , ist.
Wenn der Wildtyp-Rezeptor mit der kinasenegativen Mutante HERK721A coexprimiert wurde, wurde eine gesteigerte Tyrosinphosphorylierung der 120 kD-Bande nachgewiesen (Fig. 2A, Spuren k bis ) . Die Intensität des Signals der Tyrosinphosphorilierung des Rezeptors wuchs von 251 % auf 337% bzw. 450% an, gemäß der densitometrischen Analyse der Autoradiographien. Da der Wildtyp-Rezeptor und die Kinase-negative Mutante von gleicher Größe sind, stellt das erhöhte 170 kD-Signal in Fig. 2B, Spuren k bis m, die Summe der Phosphorylierung beider Rezeptoren dar, da der mutierte Rezeptor durch den Wildtyp-Rezeptor transphory- liert werden kann.
Hemmung der EGF-induzierten Zellteilungsrate.
EGF stimuliert die Zellteilung in NIH 3T3 Fibroblasten, die den EGF-Rezeptor exprimieren, wie beschrieben in Riedel, H. et al (1988) Proc. Natl. Acad. Sei. USA, 85, 1477-1481 und Prywes, R. et al (1986) EMBO J. , 5, 2179- 2190. Der Einfluß von mutierten Rezeptoren auf die von dem
EGF-Wildtyp-Rezeptor kontrollierte Zellteilung wurde anhand der Induktion der DNA-Synthese bestimmt.
Die DNA-Synthese wurde in Zellen, die mit dem NTK-HERc Virus und der N2-Virus-Kontrolle infiziert waren, als [ H]-Thymidin-Einbau bestimmt,und die Synthese war maximal stimuliert bei 2 ng/ml EGF, mit einer halbmaxi¬ malen Stimulierung (ED50) bei 0,66 ng/ml (Fig. 3). Ähn¬ lich zu früheren Ergebnissen, wie beschrieben in Honegger, A.M. et al (1988) EMBO J.. 7, 3045-3052, und Riedel, H. , et al (1988) Proc. Natl. Acad. Sei., USA, 85, 1477-1481, führten höhere EGF-Konzentrationen zu niedri- geren Spiegeln des [ 3H]-Thyι_ι.dι.n-Eι.nbaus, wi.e i.n Fi.g. 3 angezeigt. Die Coexpression des EGF-Rezeptors mit HERCD-533 und HERK721A führte nach vier Runden der Infek¬ tion mit den entsprechenden Viren zu einer deutlichen Verschiebung der dosisabhängigen Kurve zu höheren EGF-Konzentrationen hin (Fig. 3A und B) . Dies zeigt an, daß die Zellen weniger empfindlich gegenüber dem Wachs¬ tumsfaktor geworden sind, verglichen mit HERc/N2-Zellen. Sowohl die Deletionsmutante HERCD-533 wie auch die Punkt- mutante HERK721A (Fig. 1) zeigten ähnliche Effekte auf das von dem EGF-Wildtyp-Rezeptor vermittelte Zelltei¬ lungssignal und verursachten eine zehnfache Zunahme der ED50 auf 6,6 ng/ml EGF. Im Gegensatz dazu hatte die Superinfektion mit NTK-HERCD-566 Virus keinen signifikan¬ ten Effekt auf die von dem Wildtyp-Rezeptor stimulierte DNA-Synthese durch EGF (Fig. 3C) .
Antionkogene Aktivität der EGF-Rezeptormutanten
Es ist bekannt, daß die Überexpression des EGF-Rezeptors eine EGF-abhängige Zelltransformation von NIH 3T3 Zellen verursacht,wie beschrieben in Di Fiore,P.P. et al (1987) , Cell, 51, 1063-1070, Velu, T. . et al (1987) , Science, 237, 1408-1410 und Riedel, H. et al (1988) Proc. Natl.
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Acad. Sei., USA, 85, 1477-1481. Um zu untersuchen, ob das transformierende Potential von überexprimiertem EGF-Rezeptor gehemmt werden kann durch EGF-Rezeptor- mutanten, wurde EGF-Rezeptor coexprimiert mit Rezeptor¬ mutanten, und anschließend wurde ihre Fähigkeit, Kolonien in Weichagar oder Foci in einer Monolayer-Zellkultur zu erzeugen, untersucht. Die Stimulation von überexprimiertem EGF-Rezeptor wurde entweder durch EGF-Zusatz zu dem Medium erzielt,oder durch Infektion mit einem Virus (Sf.2TGFα) , das eine TGF-α DNA trägt, um ein autokrines Aktivierungssystem zu erzeugen (Tabelle; 1 durchschnittliche Werte aus vier Experimenten sind gezeigt) .
Nach Infektion mit dem NTK-HERc Virus und der N2-Kontrolle bildeten NIH 3T3 Zellen ungefähr 250 Kolonien in Weich-Agar in der Anwesenheit von 10 ng/ml EGF. Durch Coinfektion mit _2TGFα-Virus wurde die Bildung von 148 Kolonien unter ansonsten identischen Bedingungen (Tabelle 1) erzielt. Jedoch wenn die mit dem EGF-Rezeptor infizier¬ ten Zellen mit entweder NTK-HER-K721A oder NTK-HERCD-533 Viren superinfiziert wurden, wurde die koloniebildende Kapazität fast vollständig unterdrückt. Die Coexpression des EGF-Rezeptors mit der extrazellulären Domäne HERCD-566 reduzierte die koloniebildende Fähigkeit um ungefähr 50% bei Stimulation mit 10 ng/ml EGF in der Agar-Schicht, und um ungefähr 33% bei Stimulation durch das autokrine TGF nach Infektion mit *_»"2TGF_-Virus.
Auf ähnliche Weise wurde das Fokus-bildende Potential des NTK-HERc-Virus in NIH 3T3 Monolayer-Kulturen bestimmt, entweder in der Anwesenheit von 10 ng/ml EGF, was zu 920 Foci pro 10 Viren führte, oder nach Coinfektion mit
Sfr2TGFc.-Virus, was zu 480 Foci pro 106 NTK-HERC Viren führte. Superinfektion mit NTK-HERK721A oder NTK-HERCD-533 Viren unterdrückte die Anzahl der Foci um 100% bzw. 90%,
wenn die Stimulation mit EGF erfolgte, und um 75% bzw. 71% bei Stimulation mit dem \f.2TGFc.-Virus (Tabelle 2) .
Zellen, die den EGF-Wildtyp-Rezeptor und HERCD566 coexprimierten, zeigten die gleiche Anzahl an Foci wie Zellen, die den EGF-Rezeptor exprimierten und mit dem Kontrollvirus N2 infiziert waren. Dieses Ergebnis wurde sowohl bei der Stimulation mit EGF wie auch mit dem fr2TGFc-- irus beobachtet.
Aus den obigen Ausführungen ist ersichtlich, daß die EGF-Rezeptormutanten sowohl ein deutliches antiprolifera- tives wie auch antionkogenes Potential besitzen und somit hervorragend für die Behandlung von Krebs geeignet sind.
Tabelle 1: Koloniebildun in Weichacrar
Anzahl der Kolonien /106 CFU
Infektion
+10 ng/ml EGF + \.2TGFc.
N2 0 0
NTK-HERK721A 0 0 NTK-HERCD-533 0 0 NTK-HERCD-566 0 0
NTK-HERC/NTK-HERK721A 8 2 NTK-HERc/NTK-HERCD-533 6 4 NTK-HERC/NTK-HERCD-566 128 100
Die Kolonien wurden nach 4 Wochen gezählt. Die Werte stellen Durchschnittswerte aus vier unabhängigen Experimenten dar. CFU bedeutet Kolonie-bildende Einheiten.
Tabelle 2: NIH 3T3 Focusbildunσ
Anzahl der Foci/10° CFU
Zellinie
+10 ng/ml EGF + \I.2TGFα
N2 0 0
NTK-HERK721A 0 0 NTK-HERCD-533 0 0 NTK-HERCD-566 0 0
NTK-HERC/NTK-HERK721A 40 18 NTK-HERc/NTK-HERCD-533 90 14 NTK-HERc/NTK-HERCD-566 910 500
Die Foci wurden nach 14 - 16 Tagen gezählt. Die Werte stellen Durchschnittswerte aus vier unabhängigen Experimenten dar. CFU bedeutet Kolonie-bildende Einheiten.