Diese Erfindung betrifft ein Verfahren zur selektiven oder vollständigen
Inertisierung von Substraten, Werkstücken und Anlagenteilen mittels nicht reaktiver
Beschichtungen im chemischen Abscheideprozeß von Metallen.
Neben elektrolytischen Verfahren zur Metallisierung von Grundwerkstoffen sind
sogenannte stromlose Beschichtungsverfahren (electroless plating) seit langem
bekannt. Unter außenstromloser oder auch chemischer Metallisierung ist eine
chemische Oberflächenveredlung von nahezu allen Metallen und vielen
Nichtleitern zu verstehen. Sie unterscheidet sich in ihren chemischen und
mechanischen Merkmalen wesentlich von galvanisch aufgebrachten
Metallüberzügen. So beruht die stromlose Beschichtung mit Metallen auf einem
autokatalytischen Prozeß. Bei einem solchen Beschichtungsverfahren findet eine
Reaktion an katalytisch wirkenden Oberflächen statt. Hierbei werden die im
Abscheidebad (Elektrolyten) enthaltenen Metallionen zu elementarem Metall
reduziert, während zumindest ein im Elektrolyten enthaltenes Reduktionsmittel
oxidiert wird.
Für die selektive Beschichtung von Substraten, Werkstücken oder Anlagenteilen,
mit Metallen ist es daher erforderlich, die Bereiche, die nicht metallisiert werden
sollen, mit einem nicht katalytisch wirkenden respektive nicht elektrisch leitfähigem
Material abzudecken, bzw. zu inertisieren. Aus den im Stand der Technik bereits
bekannten Verfahren zur chemischen Vernickelung ist zu entnehmen, daß
einzelne Bauteile der zu verwendenden Prozeßapparatur, wie beispielsweise der
Behälter für das Abscheidebad, die Gestelle für die zu beschichtenden Substrate
etc., vor der Benutzung passiviert werden, um eine ungewollte Beschichtung mit
Nickel und zudem einen unnötigen Verbrauch des Elektrolyten zu vermeiden.
Hierzu werden die zumeist aus Edelstahl bestehenden Anlagenteile wie z. B.
Tanks, Pumpen, Heizkörper oder Rührwerke etc., üblicherweise durch die
Behandlung mit konzentrierter Salpetersäure passiviert. Darüber hinaus wird zur
Aufrechterhaltung des passiven Zustands ein anodisches Potential am Anlagenteil
angelegt. Trotz dieser Maßnahmen ist es jedoch erforderlich, in regelmäßigen
Zeitabständen die Behandlung mit Salpetersäure zu wiederholen. Dies stellt jedoch
für den Beschichtungsbetrieb einen erheblichen kosten- und zeitintensiven
Aufwand dar, da zum einen die Produktion unterbrochen werden muß und, da es
sich bei Salpetersäure um einen Gefahrstoff handelt, zum anderen aufwendige
Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Personals ergriffen
werden müssen.
Des weiteren sind im Stand der Technik Verfahren bekannt, worin eine derartige
Abdeckung von nicht zu metallisierenden Bereichen eines Werkstückes
üblicherweise durch die Verwendung von Lacken oder Kunststoffmaterialien
erfolgt. Diese Verfahren zur selektiven Abdeckung bzw. Passiverung stellen jedoch
gleichfalls einen erheblichen prozeßbezogenen Aufwand dar. Zudem führt eine
eventuell nachfolgende Entfernung der Passivierungsschicht sowie die Beseitigung
der zumeist kaum recycelfähigen Reststoffe zu hohen Entsorgungskosten.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur
selektiven oder vollständigen Ausbildung einer inerten Beschichtung auf
Substraten, Werkstoffen oder Anlagenteilen, auf der ein chemischer
Metallabscheideprozeß nicht starten kann, im Prozeß der stromlosen Abscheidung
von Metallen bereitzustellen, wobei eine unerwünschte Beschichtung bestimmter
Bereiche der Werkstücke oder Anlagenteilen ohne erheblichen kosten- und
zeitintensiven Aufwand vermieden wird.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zur selektiven oder
vollständigen Inertisierung von Substraten, Werkstücken oder Anlagenteilen im
Abscheideprozeß von Metallen gelöst, daß die Behandlung eines Substrats,
Werkstück oder Anlagenteil, mit einer Aktivierungslösung und die elektrolytische
Abscheidung einer haftfesten Inertisierungsschicht auf nicht zu metallisierenden
Bereichen umfaßt.
Durch das erfindungsgemäße Verfahren werden die im Stand der Technik
bekannten Nachteile bei der selektiven Metallisierung durch die elektrolytische
Abscheidung einer Inertisierungsschicht beseitigt. Die durchschnittlichen
Beschichtungszeiten wurden durch die vereinfachte Durchführung der Inertisierung
erheblich verkürzt, die Entsorgungskosten minimiert und dadurch ein erheblich
wirtschaftlicherer Prozeß erzielt. Dies liegt vornehmlich in der vorteilhaften
Zusammensetzung des zur Inertisierung eingesetzten Elektrolyten begründet.
Überraschenderweise stellte sich heraus, daß insbesondere durch den Einsatz von
Chrom aufweisenden Elektrolyten sich elektrolytisch eine Inertisierungsschicht auf
dem nicht zu metallisierenden Bereich eines Substrates abscheiden läßt, die ein
völlig inertes Verhalten in einer Prozeßlösung zur chemischen Abscheidung von
typischen Metallen wie Nickel, Kupfer, Silber, Gold, Zinn etc. zeigt. Selbst im
elektrischen Kontakt mit Oberflächen, die der autokatalytischen Reaktion der
stromlosen Abscheidung von Metallen unterliegen (z. B. die nicht beschichteten
Bereiche eines Werkstücks oder Anlagenbauteile etc.), kommt es zu keiner
Aktivierung und damit auch zu keiner unerwünschten Beschichtung der
inertisierten Bereiche.
Eine erfindungsgemäße selektive oder vollständige inerte Beschichtung kann
vorteilhafterweise auf den unterschiedlichsten Substraten erfolgen. Somit ist eine
Beschichtung von Werkstücken oder Anlagenbauteilen aus Metall und/oder
Metallverbindungen oder auch Kunststoffen möglich, wobei die Kunststoffe vorher
nach anderen Verfahren metallisiert wurden. Diese Metallisierung kann bereits
teilweise oder selektiv erfolgt sein.
Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, daß der
Abscheideprozeß von Metallen durch eine erfindungsgemäße Passivierung der
verwendeten Anlagenbauteile zusätzlich wirtschaftlicher gestaltet werden kann. So
wird vorteilhafterweise durch die Inertisierung des den Elektrolyten zur stromlosen
Metallisierung aufweisenden Behältnisses die durchschnittliche Lebensdauer des
Elektrolytbades erheblich verlängert sowie die Durchführung der Metallisierung
vereinfacht, da unter anderem das Anlegen eines anodischen Potentials zur
Aufrechterhaltung des passiven Zustands entfällt. Zudem können die
Sicherheitsmaßnahmen eingeschränkt und entsprechend Kosten minimiert
werden. Vorteilhafterweise werden insbesondere Anlagenbauteile, bestehend aus
Metall und/oder Metallverbindungen, vorzugsweise Stahl, besonders bevorzugt
Edelstahl, wie beispielsweise die Behälter für die Abscheidebäder oder die
Gestelle für die zu beschichtenden Werkstücke mit einer nicht reaktiven Oberfläche
inertisiert. Eine solche Inertisierung ermöglicht den Einsatz von weitaus
kostengünstigeren Materialien wie konventionellen Stählen anstelle der sehr teuren
Edelstähle.
Je nachdem welche Substrate selektiv inertisiert respektive metallisiert werden
sollen, bzw. welche zusätzlichen Eigenschaften die Metallschichten aufweisen
sollen, werden die Substrate vor der Inertisierung aktiviert. Dies ist insbesondere
bei nicht leitfähigen Substraten notwendig. Die Aktivierung der Substrate kann auf
herkömmlicher Art und Weise erfolgen. Vorteilhafterweise erfolgt die Aktivierung
gleichzeitig mit dem Inertisierungsschritt. In diesem Zusammenhang hat es sich als
vorteilhaft erwiesen, den zur Inertisierung bereitgestellten Elektrolyten mit
Fluoriden und/oder fluorhaltigen Verbindungen zu versetzen, um eine
ausreichende Aktivierung der Werkstoffoberfläche, insbesondere von
Edelstahloberflächen zu erreichen und somit eine haftfeste Belegung mit der
Inertisierungsschicht zu gewährleisten.
Der Vorgang der Inertisierung erfolgt durch elektrolytische Abscheidung einer nicht
reaktiven Beschichtung aus einem geeigneten Elektrolyten, welcher vorzugsweise
Chrom aufweist, unter Anlegen eines Kathodenstroms. Üblicherweise sind zur
Abscheidung von chromaufweisenden Schichten (insbesondere in sogenannten
Chrombädern) bei Temperaturen im Bereich von 40 bis 70° C Stromdichten im
Bereich von 10 bis 50 A/dm2 erforderlich. Da hieraus jedoch ein erheblicher
Gesamtstrom resultiert, der nicht in jedem Fall bzw. für jeden Inertisierungsvorgang
einen angemessenen Aufwand darstellt, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die
Inertisierungsschicht in einem geringen Stromdichtebereich abzuscheiden.
Vorteilhafterweise wird ein Elektrolyt verwendet, der bei niedrigen Temperaturen,
vorzugsweise im Bereich von 15 bis 40°C, eine haftfeste Belegung mit einer
erfindungsgemäßen nicht reaktiven Beschichtung unterhalb einer Stromdichte von
10 A/dm2, vorzugsweise unterhalb von 5 A/dm2, ermöglicht. Dies können
sogenannte Kaltchrombäder sein. Prinzipiell sind auch anders aufgebaute
Chrombäder auf der Basis von Chrom-(III)-Verbindungen einsetzbar, so z.B.
Bädern der Firma Enthone mit dem Namen Trichrolyte.
Eine anschließende stromlose Metallisierung der nicht inertisierten Bereiche des
Substrats kann auf eine herkömmliche Art und Weise erfolgen. Vorteilhafterweise
wird hierzu ein Elektrolyt verwendet, der üblicherweise bei der stromlosen
Metallisierung Anwendung findet.
Die selektiv aufgebrachte Inertisierungsschicht kann zudem im Anschluß an die
stromlose Metallisierung auf einfache Art und Weise ohne manuellen Aufwand
entfernt werden. Dies kann durch Eintauchen in eine verdünnte Säure, oder wenn
eine derartige Säure eine Gefahr für das Substrat darstellt, durch Eintauchen in
eine alkalische Lösung unter Verwendung eines anodischen Stroms bis zur
vollständigen Entfernung der Passivierungsschicht erfolgen.
Zur detaillierten Darstellung der Erfindung wird im folgenden eine bevorzugte
Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben, auf welche
sich die Erfindung jedoch nicht beschränken läßt.
Beispiel:
Der erfindungsgemäße Elektrolyt zur Herstellung einer selektiven nicht reaktiven
Beschichtung auf einem Substrat im Abscheideprozeß von Metallen setzt sich im
Grunde aus einer Fluorid und/oder Fluoridverbindung aufweisenden
Aktivierungslösung sowie einem oder mehreren Chrombasissalzen, vorzugsweise
Chromsäure oder dreiwärtige Chromverbindungen zusammen.
Bei einer Badtemperatur von 20°C und einer angelegten Spannung von 3 A/dm
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wurden aus einem Elektrolyten der Zusammensetzung
200 bis 300 g/l Chrom (VI) Oxid 1 bis 3 g/l konzentrierte Schwefelsäure 0,02 bis 0,3 g/l Fluorid 0,2 bis 3 g/l Methansulfonsäure bzw. Methansulfonsäurederivate
glatte, dicke Schichten ohne Schichtdickenbegrenzung abgeschieden.
Anwendungsbeispiele für das erfindungsgemäße Verfahren sowie den
erfindungsgemäßen Elektrolyten sind die Beschichtung von Edelstählen mit, in
Bezug auf die anschließende Metallisierung, inerten Chromschichten. Hierbei kann
auf die gemäß Stand der Technik übliche Verwendung eines Schlagnickelbades
verzichtet werden. Eine direkte selektive oder vollständige Beschichtung mit einer
inerten Chromschicht ist möglich. In einer weiteren günstigen Anwendung des
erfindungsgemäßen Verfahrens und Elektrolyten ist die Beschichtung des
Innenraums von Behältern für chemischen Metallisierungsbädern zur Verhinderung
einer Metallisierung dieser Flächen. Hierbei kann der Behälter vorteilhafterweise
mit dem erfindungsgemäßen Elektrolyten bis zur maximalen Füllhülle befüllt
werden und anschließend eine entsprechende Spannung an den Behälter für
chemische Metallisierungsbäder angelegt werden. Besonders vorteilhaft ist hierbei
das auf die Verwendung von weitaus teuren Edelstählen für Behälter, Pumpen,
Heizungen, Rührwerken etc. verzichtet werden kann, da die mittels des
erfindungsgemäßen Elektrolyten beschichteten Oberflächen gegenüber
chemischen Metallisierungsbädern inert sind.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist die innenseitige Verzinnung von
Badarmaturen nach einer außenseitigen Verchromung dieser im
erfindungsgemäßen Verfahren bzw. mit den erfindungsgemäßen Elektrolyten. Des
weiteren lassen sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren bzw. Elektrolyten
Kugelventile durch selektive Inertisierung an den Stellen die aggressiven Medien
ausgesetzt sind vernickeln, während die Flächen die abrasiven Verschleiß
aufweisen können verchromt werden.
In einer weiteren Anwendung können Wärmetauscherelemente aus Kupfer oder
Kupferlegierungen für Gasthermen selektiv mit einer inerten Chromschicht
beschichtet werden, während Hohlräume aus Korrosionsschutzgründen mit einem
chemisch Nickelüberzug versehen werden. Die verchromten Außenbereiche sind
beständig gegen heiße Verbrennungsgase, während der wasserführende
Innenraum gegen Korrosion durch Wasser oder andere Wärmeträgermedien
beständig ist.