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Verfahren zur Frischhaltung oder Konservierung beliebiger Stoffe,
wie Lebens- und. Arzneimittel od. dgl. Die Erfindung betrifft ein Verfahren, durch
das beliebige Stoffe,. insbesondere Lebensmittel wie Säfte, Arzneimittel u. dgl.,
zeitlich begrenzt oder unbegrenzt frischgehalten bzw. konserviert werden können.
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Zur Erreichung dieses Zieles macht die Erfindung von der Erkenntnis
Gebrauch, daß sich unter der ausgedehnten Bakterienflora einer zu sterilisierenden
(oder pasteurisierenden) Substanz stets Keime befinden, die antagonistische Wirkungen
auszuüben vermögen. Unter Antagonismus `ersteht man dabei die Erscheinung, daß ein
Bakterium (oder ein Pilz) ein oder mehrere andere Bakterien oder Pilze vernichtet
oder doch wenigstens in der Fortpflanzung hemmt. Diese Hemmwirkung tritt für gewöhnlich
nach außen nicht in Erscheinung, da es bei der verschiedenen Zahl der vorhandenen
verschiedenartigen Keime sehr unwahrscbeinlich ist, daß gerade ein Gleichgewicht
zwischen der Zahl der vorhandenen schädlichen Keime und der von einem oder mehreren
Keimen herrülirenden antagonistischen Wirkung vorhanden ist und somit im Ergebnis
eine Hemmung zustande kommt.
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Auf diesen Erkenntnissen aufbauend besteht die Erfindung darin, das
Gleich- oder-Übergewicht der
Hemmstoffe im Verhältnis zu den schädigenden
Keimen bewußt so zu verschieben oder einzustellen, daß dadurch eine Frischerhaltung
oder Konservierung ermöglicht oder begünstigt wird. Dafür gibt es verschiedene grundsätzliche
Wege, die auch gleichzeitig nebeneinander beschritten werden können.
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Eine erfindungsgemäße Möglichkeit besteht darin, daß man das Gleichgewicht
zwischen den vorhandenen Keimen verschiedener Art zugunsten eines wirkungsmäßigen
Übergewichtes der bereits anwesenden antagonistisch wirkenden Keime oder der von
ihnen produzierten Hemmstoffe durch geeignete noch zu erörternde Maßnahmen verschiebt.
Man kann andererseits vorher isolierte Stämme von antagonistischem Charakter oder
deren Hemmstoffe zur Herstellung eines ausreichenden Übergewichtes der Substanz
zusetzen. Beide Wege können miteinander und vor allen Dingen auch mit einer Sterilisation
durch Erhitzung in geeigneter Weise gekuppelt werden, wobei auch die Art der Aufheizung
dem Ziel der Erfindung angepaßt werden kann. Die vom Erfinder eingeführte Steilaufheizung
bietet sogar die Möglichkeit, die Erfindung ohne weitere zusätzliche Hilfsmittel
in die Tat umzusetzen. Das Verfahren dieser Steilluftaufheizung besteht darin, daß
die zu behandelnden Stoffe mit einer Aufheizgeschwindigkeit von beispielsweise 5o
bis ioo°/sec von einer verhältnismäßig niedrigliegenden, z. B. Raumtemperatur, auf
eine etwa 5o bis 75° höherliegende Temperatur aufgeheizt, wenige Sekunden hei- der
erreichten Temperatur von beispielsweise 7o bis 8o° belassen und dann wieder zurückgekühlt
werden. Diese Steilaufheizung gibt die Möglichkeit, die Behandlungszeit außerordentlich
stark herabzusetzen (bis auf einige Sekunden), und die Behandlung in einem Temperaturbereich
durchzuführen, der unterhalb der bisher gewohnten Temperaturen liegt.
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Diese früher und gleichzeitig von den Erfindern niedergelegten Erfindungsgedanken
eröffnen nun, wie eingehende Versuche gezeigt haben, einen Weg für die Durchführung
der vorliegenden Erfindung, denn das beschriebene Verfahren bietet die Möglichkeit,
die vorhandenen Keime abzutöten, ohne daß die von ihnen öder einzelnen unter ihnen
gebildeten Hemmstoffe geschädigt bzw. vernichtet werden. Der so behandelte Stoff
hat infolgedessen aus sich heraus eine aktive Immunität erworben, d. h., er ist
gegen weitere normal aus der Umgebung stattfindenden Infektionen immun.
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Dieser Fall der aktiven Immunität erstreckt sich jedoch nicht nur
auf nach der Behandlung aus der Umgebung neu hinzutretende Keime, sondern wirkt
sich auch aus auf Keime, die die Behandlung überstanden haben, z. B. Dauerformen,
deren ausgekeimte vegetative Formen durch die bei der Behandlung erhalten gebliebenen
antagonistisch wirkenden Stoffe gehemmt oder vernichtet werden.
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Der bewußt herbeigeführte oder gesteigerte Gehalt der Behandlungssubstanz
an Hemmstoffen ist in der Praxis noch mit zwei wesentlichen Vorteilen verbunden:
man kann bezüglich der Verpackung weniger vorsichtig sein, und man braucht bei Ingebrauchnahme
der Substanz nicht so leicht eine Verderbnis zu befürchten, wenn die geöffnete angebrauchte
Packung eine Zeit offen stehenbleibt.
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Mit diesem Verfahren wurde z. B. frische Leberwurst behandelt und
die aktive Immunität erreicht, so daß die Wurst im Darm und angeschnitten über lange
Zeit frisch blieb, ferner Gemüsesäfte, die auch im. unverschlossenen Glas frisch
blieben.
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Eine zweite Möglichkeit der erfindungsgemäßen Ausnutzung der antagonistischen
Wirkungen der Hemmstoffe besteht darin, daß der frisch zu erhaltende Stoff durch
Einbringung von hemmend wirkenden Zusätzen eine passive Immunität erhält Diese Zusätze
können sein: lebende Keime einer oder verschiedener Arten, die eine Hemmwirkung
gegenüber den vorhandenen Keimen haben, oder ein Filtrat aus einer Aufschwemmung
dieses Keimes oder dieser Keime oder endlich der von dem Keim oder den Keimen gebildete
Hemmstoff. Bei den Arbeiten ist es z. B. gelungen, eine Keimart (sporenbildendes
Bodenbakterium) zu finden, mit der es möglich war, Gemüsesäfte, die normalerweise
in i bis 2 Tagen verdorben und völlig verschimmelt waren, über q. bis 5 Tage frisch
zu halten. Es wurde bei diesen Versuchen eine gewisse Menge lebender Keime des betreffenden
Stammes zugesetzt.
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In dem zuletzt erwähnten Beispiel verdarb der Saft schließlich infolge
der Wirkung des zugesetzten Stammes. Wo dies zu befürchten ist, kann man die Substanz,
bevor diese Verderbnis eintritt, zur Abtötung der Keime behandeln, am zweckmäßigsten
wieder mit einem schonenden Verfahren (Steilaufheizung), das die Hemmstoffe und
damit die Immunität unbeeinflußt läßt. In der praktischen Durchführung des Verfahrens
wird man natürlich nicht den lebenden Stamm, sondern ein Filtrat aus der Bakterienaufschwemmung
oder am besten den in den Stoffwechselprodukten vorhandenen oder aus den Bakterienleibern
nach dem Absterben freigewordenen Hemmstoff nach seiner Isolierung benutzen. Man
wird jedoch auch in diesem Falle, wenn der oder die Hemmstoffe nicht baktericid,
sondern hemmend wirken und wenn man nicht nur eine Frischhaltung über enger begrenzte
Zeit, sondern eine Konservierung erhalten will, nach einer gewissen Zeit eine vorzugsweise
kurzzeitige Sterilisierung der Substanz vornehmen, allerdings nunmehr mit dem Vorteil,
daß man die Behandlungszeit auf die Abtötung der vegetativen Formen abstellen kann,
da die in der Substanz vorhandenen Dauerformen inzwischen ausgekeimt sind. Diese
ausgekeimten vegetativen Formen sind jedoch bereits infolge der Anwesenheit des
oder der Hemmstoffe nicht mehr vermehrungsM hig.
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Der Hemmstoff hat keine toxischen Eigenschaften für den Menschen.
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Beide Verfahren eignen sich gut als vorbereitende Maßnahmen für die
sogenannten Tiefkühlverfahren. Sie bringen dabei noch den Vorteil mit sich, daß
derartig behandelte und gekühlte Substanzen nicht nach dem Auftauen sehr schnell
verderben,
wie das bei den bisherigen tiefgekühlten Lebensmitteln-der
Fall ist.