-
Verfahren zur Herstellung Von biologisch wirksamen Verbindungen des
»Thiolutins« Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Hydrolyseproduktes
eines Antibiotikums, das in der britischen Patentschrift 692 o66 beschrieben
und im Handel unter dem Warenzeichen »Thiolutin« bekannt ist. Es ist eine hochwirksame
Verbindung, die aus Nährböden gewonnen werden kann, auf denen Mikroorganismen unter
bestimmten Bedingungen gezüchtet wurden. Trotz der guten Wirksamkeit besitzt »Thiolutin«
gewisse Nachteile, z. B. ist es in wäßrigen Lösungen, wie sie für Desinfektionszwecke
und für tierärztlichen Gebrauch zur Anwendung gelangen, wenig löslich.
-
Es wurde nun gefunden, daß »Thiolutin« durch Behandlung mit einer
starken anorganischen Säure in einem mit Wasser nicht mischbaren organischen Lösungsmittel
und Wasser hydrolysiert werden kann. Man erhält eine basische Verbindung, die biologisch
wirksam ist. »Thiolutin« selbst reagiert neutral. Die gebildete basische Verbindung
enthält eine Aminogruppe und ist in Form ihrer Salze gut wasserlöslich. Sie kann
kristallin erhalten werden.
Anscheinend wird durch die Hydrolyse
eine Acetylgruppe aus dem Molekül entfernt, weshalb die Verbindung als »Desacetylthiolutin«
bezeichnet werden kann. Man kann verschiedene Salze durch Behandlung der basischen
Verbindung mit einer geeigneten Säure sowohl in trockener Form wie auch in Lösung
herstellen, da diese sehr beständig sind.
-
Das durch Hydrolyse des »Thiolutins« erhaltene Amin kann dann durch
Behandlung mit einem Acetylierungs- oder Propionylierungsmittel in ein Säureamvd
umgewandelt werden. Verwendet man als Acetylierungsmittel Acetylchlorid, so wird
»Thiolutin« selbst wiedergewonnen, also die zuvor entfernte Acetylgruppe wird wieder
eingeführt. Diese Verbindung hat die gleiche biologische Wirksamkeit wie das durch
Gärung hergestellte »Thiolutin«. Wird ein Propionylierungsmittel verwendet, so entsteht
aus »Desacetylthiolutin« das Antibiotikum »Aureothricin«, dessen erstmalige Gewinnung
in Japanese Med. J., Bd. 2, 1949, S. 85; beschrieben wurde.
-
Da das gebildete Amin nicht sehr beständig gegen heiße, starke Säuren
ist,. wie sie zur Hydrolyse benötigt werden, wird »Thiolutin« in Gegenwart eines
organischen Lösungsmittels hydrolasiert, welches das Hydrolyseprodukt wenigstens
teilweise aufnimmt und dadurch einer Zersetzung durch die heiße Säurelösung entzieht.
Als organisches Lösungsmittel kann z. B. Dioxan, als Säure konzentrierte Salzsäure
verwendet werden. Oft scheidet sich bereits während der Hydrolyse ein festes, bisweilen
kristallines Produkt ab. Es können auch andere Lösungsmittel, wie Dibutyläther,
benutzt werden, die unter den angewandten Bedingungen beständig sind und selbst
bei den höheren Reaktionstemperaturen noch zwei Schichten bilden. Die Verwendung
von Dioxan ist jedoch besonders vorteilhaft.
-
Als Säuren können Mineralsäuren verwendet werden. Die Angabe »stark
sauer« kennzeichnet eine Säure mit einer Dissoziationskonstanten von wenigstens
1o-2. Konzentrierte Salzsäure scheint indessen besonders geeignet zu sein. Es muß
darauf geachtet werden, daß nur solche Säuren verwendet werden, die nicht stark
zersetzend wirken. Im allgemeinen ist eine höhere Temperatur, z. B. zwischen So
und ioo°, zur Durchführung der Umsetzung erwünscht.
-
Das durch Hydrolyse in Salzsäure gewonnene Rohprodukt kann durch Umkristallisieren
aus heißer Salzsäure gereinigt werden. Auch kann Aktivkohle zur Entfernung gefärbter
Verunreinigungen verwendet werden. Die Verbindung wird in Form von gelben Kristallen
gewonnen. Das Monohydrochlorid-monohydrat besitzt eine Wirksamkeit von etwa 26oo
Einheiten je mg, wenn es mit »Thiolutin«, das eine Wirksamkeit von looo Einheiten
je mg hat, im mikrobiologischen Versuch verglichen wird. Es zeigt außerdem Ab--3orptionsmaxi:ma
bei 226, 309 und 381 my. Die Verbindung besitzt ein Neutralisationsäquivalent
%-on 239,5 und hat einen pKa-Wert von 2,9 (vgl. Fieser und Fieser, Lehrbuch der
organischen Chemie, 1954, S. I72 ff.) .
-
Analyse: Berechnet für Cü H$ O N2 S2 - H Cl - 1,2 O: C 29,94, H 3,77,
N 11,64,S 26,6, Cl r4,7°/0, gefunden C 30,22, H 3,86, N 11,67, S 27,4, Cl
15,00/0. Das Hydrochlorid kann durch Basen, wie Ammoniak, Pyridin oder Natriumhydroxyd,
leicht in die freie Base umgewandelt werden. Die Base kann auch durch Suspendieren
des-,Hydrochlorids in Chloroform und Behandlung mit wasserfreiem Amoniak gewonnen
werden. Das ausgeschiedene Ammoniumchlorid wird abfiltriert und dem Filtrat Hexan
zugesetzt, um die Base auszufällen.
-
Das durchHydrolyse von »Thiolutin« gewonnene Amin kann dann mit einem
Acetylierungs- oder Propionylierungsmittel leicht acyliert werden. Hierzu gehören
Säurechloride oder -anhydride. Zur Herstellung von »Thiolutin« wird als Acetylierungsmittel
Acetylchlorid, Essigsäureanhydrid, Keten oder Acetylbromid verwendet. Diese Umsetzungen
können in Wasser oder verschiedenen organischen Lösungsmitteln vorgenommen werden;
gegebenenfalls kann der gebildete Halogenwasserstoff, wenn ein Säurehalogenid als
Acylierungsmittel verwendet wird, mit einer Base neutralisiert werden.
-
»Thiolutin«, das durch Behandlung von »Desäcetylthiolutin« mit einem
Acetylierungsmittel erhalten wird, ist in jeder Hinsicht mit dem aus Gärlösungen
gewonnenen Produkt identisch.
-
Man kann nicht nur das Acetylderivat der aus »Thiolutin« hergestellten
organischen Base erhalten, sondern auch verschiedene Salze dieses Derivats. Diese
können durch Neutralisation der Base mit einer Säure hergestellt werden. Die oben
angegebene Arbeitsweise zur Herstellung des salzsauren Salzes, nämlich die Hydrolyse
von »Thiolutin« mit Salzsäure, kann auch bei einer beschränkten Zahl anderer Säuren,
wie Bromwasserstoffsäure, angewandt werden. Man kann die Base auch in Wasser oder
organischen Lösungsmitteln in die verschiedenen Salze überführen. Es ist darauf
zu achten, daß saure Lösungen nicht längere Zeit stehen, da die Verbindungen sich
sonst zersetzen. Salze, wie Phosphate, Sulfate, Tartrate und Citrate, können auf
diese Weise hergestellt werden. Der Ausdruck »Desacetylthiolutine« bezeichnet daher
nicht nur das basische Hydrolyseprodukt, sondern auch seine Salze.
-
Die folgenden Beispiele sollen die vorliegende Erfindung erläutern.
Beispiel 1 a) Zu Zoo cmg reinem Dioxan, das bis zur Siedetemperatur erhitzt wurde,
und das 2 g »Thiolutin« enthält, wurden 2o cm3 konzentrierte Salzsäure gegeben.
Das Gemisch bildete zwei Schichten. In wenigen Minuten wurde die Mischung orangefarben
und dann allmählich bräunlichgrün. Nach
io Minuten Erhitzen unter
Rückfluß begann sich aus der Mischung ein kristallines Produkt abzuscheiden. Das
Gemisch wurde nach halbstündigem Erhitzen unter Rückfluß gekühlt. Das Produkt wurde
filtriert und getrocknet. Es wog o,9 g. Wurde das Filtrat eisgekühlt, so schieden
sich weitere 0,3 g ab. 3 g des erhaltenen braunen Produktes wurden durch
Auflösen in 12o cm3 heißem Wasser mit einem Gehalt von i g konzentrierter Salzsäure
umkristallisiert. Das heiße Gemisch wurde mit i g Tierkohle behandelt und unter
Stickstoff filtriert. Das Filtrat wurde rasch mittels eines Trockeneis-Aceton-Bades
gekühlt und das gelbe kristalline Produkt, das 2,1 g wog, unter Stickstoff abfiltriert.
Dieser Stoff erwies sich als reines Monohydrochlorid-monohydrat des desacetylierten
»Thiolutins«.
-
b) 480 mg des kristallinen Hydrochlorids des »Thiolutin«-hydrolyseproduktes
wurden in 25 ccm Chloroform suspendiert und wasserfreies Ammoniak in die Mischung
eingeblasen. Die Base löste sich imLösungsmittel, und kristallinesAmmoniumchlorid
schied sich ab. Der Feststoff wurde abfiltriert und die Base mittels So ccm Hexan
gefällt. Das Produkt wurde abfiltriert und getrocknet. Es wog 25o mg. Dieses Produkt
erwies sich als das wasserfreie basische Hydrolyseprodukt des »Thiolutins«.
-
Analyse Berechnet für C0 1116 O N2 S2: C 38,7o, H 3,20 0/0,
gefunden: C 38,62, H 3,760/0.
-
c) 480 mg des salzsauren Salzes des »Thiolutin«-hydrolyseproduktes,
das wie vorher beschrieben hergestellt wurde, wurden in 25 ccm Chloroform mit 3,5
ccm Acetylchlorid und i ccm trockenem Pyridin versetzt. Das Gemisch wurde kurze
Zeit gerührt, und ein kristallines Produkt begann sich abzusetzen. Das Produkt wurde
abfiltriert und getrocknet. Es wog 487 mg. Ein Vergleich mit »Thiolutin« zeigte,
daß beide Stoffe identisch waren.
-
Die Acetylierung des Hydrolyseproduktes von »Thiolutin« kann auch
mit Essigsäureanhydrid durchgeführt werden.
-
So wurden z. B. 0,5 g Desacetylthiolutinhydrochlorid in So ccm Wasser
gelöst und mit 5 9 Essigsäureanhydrid unter Rühren versetzt. Nach kurzer
Zeit begann sich ein kristallines Produkt abzuscheiden. Dieses wurde abfiltriert,
gewaschen und getrocknet. Ein Vergleich mit »Thiolutin« zeigte, daß beide Produkte
identisch waren.
-
Beispiele a) 480 mg »Desacetylthiolutin«-hydrochlorid wurden in 25
ccm Chloroform mit 3,5 ccm Propionylchlorid und i ccm trockenem Pyridin versetzt.
Das Gemisch wurde kurze Zeit gerührt, worauf sich ein kristallines Produkt abschied.
Dieses wurde abfiltriert und getrocknet. Es wog 330 mg. Der Vergleich mit einer
Probe »Aureothricin«, das durch Gärung gewonnen war, zeigte, daß beide Verbindungen
die gleichen waren.
-
Analyse: Berechnet für C9 H19 02 N2 S2 C 44,6i, H 4J6, N ii,56%, gefunden
C 44,97, H 4,i2, N 11,54o/0.
-
Die Acylierung kann auch mit Propionsäureanhydrid durchgeführt werden.
-
b) o,5 g »Desacetylthiolutin«-hydrochlorid werden in 50 ccm
Wasser mit etwa 3 Moläquivalenten Propionsäureanhydrid unter Rühren versetzt. Das
kristalline Produkt begann sich beinahe augenblicklich abzuscheiden. Es wurde abfiltriert,
mit Wasser gewaschen und getrocknet. Es war mit dem mit Hilfe von Propionylchlorid
hergestellten Stoff identisch.