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Verfahren zur Herstellung von gallertbildenden Alginsäurederivaten
Es wurde gefunden, daß man gallertbildende Alginsäurederivate erhält, wenn man Ester
der Alginsäure mit flüssigem Ammoniak umsetzt.
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Die Alginsäure und ihre Herstellung aus Meeresalgen sind bekannt.
Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich Ester verwenden, die
aus Alginsäuren beliebiger Reinheitsgrade gewonnen wurden. Die Polymerisatlonsgrade
der Alginsäuren, aus denen die erfindungsgemäß zu verarbeitenden Ester hergestellt
werden, können in weiten Grenzen schwanken. Vorzugsweise geht man von Alginsäuren
mittlerer Polymerisationsgrade aus. Als besonders geeignet haben sich Alginsäuren
erwiesen, deren Molekulargewicht bei viskosimetrischer Abschätzung nach Donnan und
Rose (»Canadian Journal Research«, Bd. 28 B, S. I05 bis II3, Jg. I950), zwischen
30000 und I50000 liegt. Jedoch ist die Erfindung nicht auf die Verarbeitung von
Estern aus Alginsäuren dieser Polymerisationsgrade beschränkt.
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Die Veresterung der Alginsäure ist z. B. von A. B. Steiner (Industrial
and Engineering Chemistry, Bd. 43, S.2073, Jg. I95I) beschrieben worden. Ester von
Alginsäuren erhält man z. B. durch Umsetzen der freien Alginsäuren mit Alkyherungsmitteln,
wie Diazomethan oder Alkylen-
oxyden. Als besonders zweckmäßig haben
sich die letzteren erwiesen, deren praktisch wichtigste Vertreter Äthylenoxyd, Propylenoxyd
oder Glycid sind. Es empfiehlt sich, die Veresterung so durchzuführen, daß man zu
hohen Veyesterungsgraden kommt, d. h. daß mindestens 40, vorzugsweise mehr als 6o0/o
der vorhandenen Carboxylgruppen in Ester umgewandelt wurden. Die Bestimmung des
Veresterungsgrades nach den bei nicht makromolekularen Substanzen üblichen Methoden
liefert völlig unbrauchbare Werte, vermutlich, weil die Alkalilauge bei den üblichen
Verseifungsbedingungen das Alginsäuremolekül zerstört. Eine für die Zwecke des erfindungsgemäßen
Verfahrens ausreichende Bestimmung des Veresterungsgrades ist nach- folgender Methode
möglich: I g getrockneter Alginsäureester wird im Meßkolben (100 cm3) in 50 cm3
Wasser suspendiert und mit 25 cm3 o,5 n-NaOH versetzt. Nach Auffüllen bis zur Marke
wird gut umgeschüttelt und nach einstündigem Stehen bei Zimmertemperatur unter Verwendung
von Phenolphthalein als Indikator zurücktitriert. -Aus dem Laugeverbrauch errechnet
sich der Veresterungsgrad.
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Zur Herstellung der erfindungsgemäßen gallertbildenden Alginsäurederivate
bringt man den Alginsäureester mit flüssigem Ammoniak zusammen. Obwohl sich auch
wasserfeuchte Ester verarbeiten lassen, so empfiehlt es sich doch, das Wasser soweit
wie möglich aus dem Ester zu entfernen, was durch Auswaschen mit wasserlöslichen
organischen Lösungsmitteln, insbesondere mit Alkoholen, geschehen kann. Die zu verarbeitenden
feuchten Alginsäureester sollen vorzugsweise nicht mehr als 50Gewichtsprozent und
nicht weniger als 10 Gewichtsprozent an Flüssigkeit enthalten. Man kann den Ester
auch trocknen, z. B: durch 10 Stunden langes Erwärmen auf 400. Völlige Trocknung
bewirkt im allgemeinen Verhornung des Esters und eine Verminderung oder sogar ein
völliges Verschwinden der Reaktionsfähigkeit.
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Die anzuwendende Menge flüssigen Ammoniaks beträgt meist mehr als
das Ifache, vorzugsweise das I,5- bis 5fache des trockenen Alginsäureesters..
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Der bei der Reaktion im Reaktionsgefäß auftretendeDruck ist höchstens
gleich dem Sättigungsdruck des Ammoniaks, bei 200 etwa 8 Atm., und kann je nach
der in dem Alginsäureester enthaltenen Flüssigkeitsmenge bis zu etwa 3 Atm. bei
200 beliebige Zwischenwerte annehmen. Vorzugsweise arbeitet man aber unter Bedingungen,
bei denen der Ammoniakpartialdruck dem des reinen, flüssigen Ammoniaks möglichst
nahekommt.
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Die Reaktionstemperatur kann in weiten Grenzen schwanken. Bei - 100
verläuft die Reaktion sehr langsam. Bei +500 ist mit Störungen durch Abbau und Nebenreaktionen
zu rechnen.
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Vorzugsweise arbeitet man bei Temperaturen zwischen o und +. 300.
Die Dauer der Reaktion kann 0,5 bis 24 Stunden betragen.
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Die Umsetzung der Estergruppen mit Ammoniak unter Bildung von Säureamidgruppen
und Alkohol tritt wahrscheinlich nicht an allen Estergruppen ein, sondern es wird
ein gewisser Teil der Estergruppen unter Bildung des Ammoniumsalzes der Alginsäure
verseift. Die Annahme, daß die Esterbindung bei der Durichführung der erfindungsgemäßen
Reaktion unter Bildung von Carbonsäureamidgruppen aufgespalten wird, findet ihre
Stütze darin, daß man aus dem Umsetzungsprodukt von Alginsäureestern mit Ammoniak
die theoretische Menge an Alkohol isolieren kann. Besonders leicht läßt sich dies
bei Alginsäureestern durchführen, die als Alkoholkomponente den Rest eines wenig
flüchtigen Alkohols, z. B. des Glykols, enthalten.
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Bei. der Aufarbeitung der erfindungsgemäßen Produkte ist eine Behandlung
mit Säure nicht zweckmäßig. Ein saures Auswaschen des Reaktionsproduktes, z. B.
mit säurehaltigem Alkohol, führt zu Produkten, die in heißem Wasser quellen, aber
nicht löslich sind. Behandelt man jedoch derartige, in heißem Wasser nicht lösliche
Produkte vor dem Trocknen wieder mit Alkalien, wie geringen Mengen an Ammoniak,
Natronlauge, Kalilauge oder Triäthanolamin, so sind die Produkte in heißem Wasser
lösLich und geben beim Abkühlen Gallerten.
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Die erfindungsgemäßen Präparate können je nach der Beschaffenheit
des Ausgangsmaterials und den Arbeitsbedingungen mit Ammoniak neutralisierte Carboxylgruppen
enthalten, deren Menge aber sehr klein sein kann. Eine Bestimmung der Carbonsäureamid-Gruppen
ist nach dem von G. H. Joseph (Food Technology, Bd. 3, S. 780, I949) angegebenen
Verfahren möglich. Die erfindungsgemäß erhältlichen Alginsäurederivate quellen in
kaltem Wasser, lösen sich aber erst beim Erwärmen und lifi ern beim Abkühlen Gallerten,
deren Festigkeit von der Konzentration des Alginsäurederivates abhängt Die warme
Lösung gelatiniert beim Abkühlen sehr schnell. Die Mindestkonzentration beträgt
etwa 0,40/0, liegt also tiefer als bei handelsüblicher Gelatine. 2- bis 30/oige
Gallerten haben eine höhere Festigkeit als Gelatinegallerten gleicher Konzentration.
Aus Alginsäureamiden hergestellte GallertenSzeigen im Gegensatz zu solchen aus Agar-Agar
keine Synärese und trüben sich auch nicht. Der Zusatz von Fremdsubstanzen, der bei
manchen Stoffen erst die Gelierfähigkeit herbeiführt, ist nicht notwendig, stört
aber auch nicht, sofern die Substanzen gegenüber den Carbonsäureamidgruppen inert
sind. Der Schmelzpunkt der Gallerten läßt sich in weiten Grenzen variieren. Er kann
weit über dem der Gelatinegallerten liegen.
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Die Erstarrungszeit ist gering. Während Gelatinegallerten auch bei
höherer Konzentration erheblichte Zeit zur Gelatinierung benötigen, die bis zu vielen
Stunden betragen kann, erstarren die neuen Gallerten sehr bald nach dem Abkühlen.
Beim Eintrocknen ergeben die neuen Gallerten zähe und feste, klare Filme. Die erfindungsgemäßen
gallertbildenden Alginsäurederivate sind im Vergleich zu bisher bekannten gallertbildenden
Stoffen verhältnismäßig temperaturunempfindlich. Man kann eine Gallerte durch Erwärmen
beliebig oft aufsckmelzen und die Lösung bis zum Sieden erhitzen; nach dem
Abkühlen
erhält man immer wieder eine Gallerte der ursprünglichen Festigkeit. Diese neuen
gallertbildenden Stoffe sind daher mit großem Vorteil für alle Anwendungsgebiete
zu verwenden, für die man bisher Gelatine-, Pektin-, Agar-Agar oder Carragheen-Gallerten
verwendet hat Die erfindungsgemäßen gallertbildenden Alginsäurederivate können auch
zum Gelatinieren schwach sauret oder schwach alkalischer wäßriger Flüssigkeiten
verwandt werden.
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Es ist verständlich, daß auch Variationen des erfindungsgemäßen Verfahrens
Produkte mit gallertbildenden Eigenschaften liefern, sofern diese Produkte neutralisierte
Carboxylgruppen und Carbonsäureamidgruppen enthalten. Geht man z. B. von unvollständig
veresterten Alginsäuren aus, deren freie Carboxylgruppen mit wasserlösliche Alginate
bildenden Kationen neutralisiert sind, so erhält man gallertbildende Alginsäurederivate.
Auch eine unvollständige Umsetzung der Alginsäureester durch nur kurze Zeit dauernde
Behandlung mit flüssigem Ammoniak führt zu gallertbildenden Substanzen.
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Es ist zwar bekannt, Ester von Pektinen, d. h. von Polygalakturonsäuren,
durch Behandeln mit flüssigem Ammoniak in Amide umzuwandeln.
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Diese Verbindungen besitzen aber nur in Gegenwart von Zucker oder
von Kalksalzen Gallertbildungsvermögen. Daher war nicht zu erwarten, daß man bei
der entsprechenden Umsetzung von Estern der Alginsäure, d. h. einer Polymannuronsäure,
ohne derartige Zusätze gallertbildende Stoffe erhält.
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Es ist in der Literatur ein Alginsäureamid beschrieben, das durch
Umsetzung von Alginsäurernethylester mit konzentriertem wäßrigem Ammoniak hergestellt
wurde, wobei in geringem Maße eine Verseifung der Estergruppen zu neutralisierten
Carboxylgruppen eingetreten sein soll.
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Beim Nacharbeiten dieses Verfahrens wurde festgestellt, daß die so
erhaltenen Produkte bereits in kaltem Wasser gut löslich sind und keine gallertbildenden
Eigenschaften besitzen. Es ist anzunehmen, daß hierbei gar kein Amid gebildet wird,
sondern daß der Alginsäureester vollständig zum Ammoniumsalz verseift wurde. Dies
erklärt sich leicht daraus, daß konzentriertes wäßriges Ammoniak nur etwa 25 0/o
N H3 enthält, während man mit wesentlich größerer NH3-Konzentration arbeiten muß,
wenn man bei Verarbeitung wasserfeuchter Alginsäureester zu gallertbildenden Produkten
kommen will.
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Beispiel I Zur Herstellung des Ausgangsstoffes werden 695 g einer
mit 8o0/&igem Alkohol ausgewaschenen Alginsäure (durch Trocknen festgestellter
Flüssigkeitsgehalt: 53 °/o) mit 3 kg Athylenoxyd 96 Stunden in Autoklaven mit 10
1 Inhalt bei 20 bis 250 sich selbst überlassen. Durch diese Behandlung werden etwa
750/a der Carboxylgruppen der Alginsäure verestert. 40 g des mit Alkohol ausgewaschenen
feuchten Alginsäureglykolesters, der etwa goO/o Festsubstanz enthält, werden im
Autoklav mit IOOg flüssigem, wasserfreiem Ammoniak versetzt und bei Temperaturen
von I8 bis 250 2+ Stunden sich selbst überlassen, wobei sich ein Druck von etwa
g Atm. einstellt. Nach Abdampfen des Ammoniaks wird das Produkt mit 800/obigem Athylalkohol
ausgewaschen und bei 400 getrocknet. Aus dem Waschalkohol lassen sich etwa IO g
Glykol zurückgewinnen. Der Stickstoffgehalt des in einer Menge von 32 g erhaltenen
Reaktionsproduktes beträgt 5,6. Das erhaltene Produkt quillt in kaltem Wasser stark
auf und löst sich in warmem Wasser; beim Erkalten der Lösung entsteht eine Gallerte.
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Beispiel 2 885 g einer 700/algen. aus einer Alginatlösung durch Salzsäurezusatz
ausgefällten, feuchtenAlginsäure, die durch die Aufarbeitung noch geringe Menge
Salzsäure enthält (PH = 3,2) werden in einem Autoklav von IO 1 Inhalt mit 4 kg flüssigem
Äthylenoxyd befeuchtet und 96 Stunden bei 20 bis 250 sich selbst überlassen. Der
erhaltene, als Ausgangssubstanz dienende Ester ist in Wasser unlöslich. 62 g des
etwa 500/0 Wasser enthaltenden Alginsäureglykolesters werden, wie im Beispiel 1
beschrieben, mit 150 g wasserfreiem flüssigem Ammoniak behandelt. Man erhält 28
g eines Reaktionsproduktes, das 7,5 0/o Stickstoff enthält. Das Produkt ist in warmem
Wasser löslich. Die Lösung gelatiniert beim Erkalten.
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Beispiel 3 Verarbeitet man einen Alginsäureglykolester gemäß den
im Beispiel l gegebenen Vorschriften und setzt man die Einwirkungszeit des flüssigen
Ammoniaks auf. 2 Stunden herab, so erhält man bei gleicher Aufarbeitung ein Produkt,
das weichere Gallerten als die nach Beispiel 1 und 2 erhaltenen Produkte liefert.
Es enthält 60/o Stickstoff.
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Beispiel 4 Alginsäure wird durch Behandlung mit einer ätherischen
Lösung von Diazomethan in einen Alginsäuremethylester umgewandelt. Das angewandte
Verfahren ist von F. Micheel und E. Mill e': »Zeitschrift für physiologische Chemie«,
Bd.2g3, S. I2I, Jg. I933, beschrieben. Das Produkt hat einen Methoxygehalt von I8,IO/o.
Da der theoretische Methoxylgehalt eines Alginsäuremethylesters I6,30/o beträgt,
ist anzunehmen, daß völlige Veresterung der Carboxylgruppen der Alginsäure vorliegt
und daß darüber hinaus noch eine geringe Ätherbildung an den Hydroxylgruppen der
Alginsäure stattgefunden hat. 4 g des trockenen Alginsäuremethylesters werden mit
der doppelten Gewichtsmenge flüssigen Ammoniaks I8 Stunden im Autoklav bei Temperaturen
von 200 sich selbst überlassen. Nach Auswaschen mit 800/obigem Alkohol und Trocknen
bei 400 erhält man ein Produkt, das in kaltem Wasser quillt, sich
beim
Erwärmen auflöst und beim Abkühlen auf Temperaturen unter I60 Gallerten liefert.
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Beispiel5 260 g einer wasserfeuchten Alginsäure (durch Trocknen festgestellter
Feuchtigkeitsgehalt: 53 0/o) werden mit 1 kg flüssigem Äthylenoxyd in einem Autoklav
von 5 1 Inhalt 370 Stunden bei oO stehengelassen. Der entstandene als Ausgangssubstanz
dienende Alginsäureglykolester ist zu goO/o verestert und in Wasser unlöslich.
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20g dieses Esters werden mit 60 g flüssigem Ammoniak im Autoklav
20 Stunden bei Zimmertemperatur stehengelassen. Das erhaltene Produkt quillt in
kaltem Wasser und löst sich beim Erwärmen. Beim Abkühlen bildet sich eine klare,
feste Gallerte. Das Produkt hat einen Stickstoffgehalt von 5,4°/o.
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PÄTENTANSPRÜCHE: I. Verfahren zur Herstellung von gallertbildenden
Alginsäurederivaten aus Alginsäureestern und Ammoniak, dadurch gekennzeichnet, daß
man die Ester der Alginsäuren bei Temperaturen zwischen - 10 und + 500, vorzugsweise
zwischen o und +300,, im Autoklav mit flüssigem Ammoniak, vorzugsweise beim Sättigungsdruck
des Ammoniaks, umsetzt.