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Verfahren zur Herstellung von Tricyclodekanaldehyden bzw. Tricyclodekanmethylolen
aus Dicyclopentadien
Für Dicyclopentadien haben Alder und Stein einen unsymmetrischen
Aufbau bewiesen (vgl. Angewandte Chemie, Bd. 47, 1934, 5. 837) und die von Bergel
und Wie dm an n aufgestellte symmetrische, einen Cyclobutanring enthaltende Formel
(Liebigs Annalen der Chemie, Bd. 467, mg28, S. 76) durch die nachstehende, dem chemischen
Verhalten dieses Stoffes, insbesondere der Umsetzungsfähigkeit einer der beiden
Doppelbindungen besser entsprechende Formel 1 ersetzt.
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Durch teilweise katalytische Reduktion läßt sich, ebenfalls nach
den Angaben von Alder und Stein, dieser Kohlenwasserstoff in ein Dihydro dicyclopentadien
überführen, das als Tricyclodecen-4-[5, 2, I, o2,6] zu bezeichnen ist, nach der
neuen Bezeichnung seine Doppelbindung zwischen dem 4. und 5. Kohlenstoffatom hat
und durch die Formel II dargestellt werden kann.
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Es ist bereits vorgeschlagen worden, Dicyclopentadien unter überatmosphärischem
Druck katalytisch mit Wassergas zu behandeln. Hierbei ergaben sich bisher nur völlig
undefinierte Produkte, so daß man die Oxo-Synthese für die Verarbeitung von Dicyclopentadien
als ungeeignet ansah (vgl. Fiat Final Report Nr. IOOO, S. 3I, Absatz I).
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Die bisher bei der Übertragung der Oxo-Synthese auf Dicyclopentadien
auftretenden Schwierigkeiten werden erfindungsgemäß dadurch überwunden, daß das
Dicyclopentadien vor- der katalytischen Wassergasanlagerung, zweckmäßig unter verdünnendem
Zusatz von Kohlenwasserstoffen, unterhalb von 1000 zunächst in milder Weise hydriert
wird. Hierdurch beseitigt man die eine Doppelbindung, so daß für die Oxo-Synthese
nur noch eine Doppelbindung zur Verfügung steht. Auf diese Weise kann man aus Dicyclopentadien
Aldehyde und andere Verbindungen gewinnen, bei denen die sauerstoffhaltigen Gruppen
im Fünfnng liegen; insbesondere läßt sich auf diese Weise Tricyclodekanmethylol
herstellen.. Die primär entstehenden Aldehyde werden zur Gewinnung der Methylolverbindungen
entweder hydratisiert und hydriert oder hydratisierend hydriert. Wenn man die Hydrierung
mit einem auf Kieselgur niedergeschlagenen Nickelkatalysator .durchführt, dessen
höchste Hydrierungstemperatur bei ungefähr I30° liegt, darf eine Hydrierungstemperatur
von 1000 nicht überschritten werden. Ausreichend niedrige Hydrierungstemperaturen
werden dadurch erreicht, daß man das Dicyclopentadien mit anderen Kohlenwasserstoffen,
beispielsweise mit Heptan oder Benzol, verdünnt. Wenn 4 Teile Dicyclopentadien mit
einem Teil Heptan verdünnt werden, genügt eine Hydrierungstemperatur von 850. Bei
einer Verdünnung von I Teil Dicyclopentadien mit I Teil Heptan erfordert die Hydrierung
eine Höchsttemperatur von nur ungefahr 750 In jedem Fall wird die Hydrierung abgebrochen,
sobald annähernd die für eine Doppelbindung berechnete Wasserstoffmenge aufgenommen
ist. Die Jodzahl der Mischung fällt hierbei auf ungefähr die Hälfte.
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Es war höchst überraschend, daß die Beseitigung der einen Doppelbindung
beim Dicyclopentadien erfindungsgemäß in einfachster Weise gelingt und die nachträgliChe
Anlagerung von Wassergas an die noch verbleibende andere Doppelbindung darauf ohne
Schwierigkeit durchgeführt werden kann. Auf diese Weise lassen sich wohidefinierte
Aldehyde (endo- und exo-Form) und Methylolverbindungen gewinnen, obwohl man annehmen
mußte, daß auch das teilweise vorhydrierte Dicyclopentadien bei der katalytischen
Wassergasanlagerung noch zu unerwünschten - Polymerisationen neigen würde.
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Das bei der teilweisen Hydrierung erhaltene Reähtionsprodukt kann
nach der Abtrennung des Katalysators in Aldehyde übergeführt werden. Man benutzt
hierfür in bekannter Weise Lösungen, die ungefähr 8 bis I6 g Kobalt in Form von
Kobaltverbindungen und I5 bis 30 g MgO in Form von Magnesiumverbin dungen je Liter
enthalten. Besonders vorteilhaft kann als Katalysator eine schwachsaure wäßrige
Kobaltsulfat-Magnesiumsulfat-Lösung verwendet werden. Die Wassergasanlagerung erfolgt
unter einem Druck von ungefähr 150 kg je Quadratzentimeter. Die Reaktionstemperatur
beträgt im Durchschnitt ungefähr 1500.
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Nach beendeter Wassergasaufnahme, die etwa 2 bis 3 Stunden in Anspruch
nimmt, wird das aldehydhaltige Reaktionsprodukt von der wäßrigen, als Katalysator
benutzten Salzlösung getrennt, mit 10 bis 30 0/o seines Volumens an Wasser versetzt
und im Druckgefäß bei einer Temperatur von ungefähr 200° behandelt. Das derart mit
Wasser hydratisierte metall- und acetallreie Reaktionsprodukt kann sodann vom Wasser
abgetrennt und fraktioniert werden. Will man das aldehydhaltige Produkt beispielsweise
auf den entsprechenden Alkohol weiterverarbeiten, dann kann es in üblicher Weise
hydriert werden.
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-Die Hydratisierung läßt sich mit der Hydrierung auch in einem Arbeitsgang
durchführen, wobei vorteilhaft ein reduzierter Kobaltkatalysator verwendet wird.
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Arbeitet man bei der hydratisierenden Hydrierung nicht mit einem Kobaltkatalysator,
sondern beispielsweise mit einem Nickelkatalysator, dann müssen die im aldehydhaltigen
Reaktionsprodukt gelösten Kobaltcarbonylverbindungen auf geeignete Weise, z. B.
durch eine Behandlung mit Sauren, entfernt werden.
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Das vom Hydrierungskatalysator und gegebenenfalls vom Wasser befreite
Reaktionsprodukt wird vom Lösungsmittel abgetrennt und darauf fraktioniert. In mindestens
90010iger Ausbeute erhält man das Thcyclodekanmethylol. Dieser neue Alkohol stellt
eine klar durchsichtige viskose Flüssigkeit dar, die bei 50° eine Viskosität von
120 Engler besitzt. Bei 180 erstarrt dieser Alkohol, während sein Siedepunkt bei
10 mm Hg zwischen I35 bis 1380 liegt. Der verhältnismäßig sehr enge Siedebereich
macht es wahrscheinlich, daß ein einheitlicher Alkohol vorliegt.
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Wenn man die weiter oben angegebene Formel II betrachtet, dann zeigt
sich, daß die beim Kohlenstoffatom 4 liegende Doppelbindung in Nachbarschaft vom
Kohlenstoffatom 4 ein sekundäres und in Nachbarschaft von Kohlenstoffatom 5 ein
tertiäres Kohlenstoffatom aufweist. Da die Kohlenoxydanlagerung in der Nachbarschaft
eines tertiären Kohlenstoffatoms bekanntlich erschwert ist, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit
annehmen, daß das erhaltene Tricyclodekanmethylol seine Methylolgruppe am Kohlenstoffatom
4 trägt, was die Bezeichnung Tricyclodekan-[5, 2, I, o2,6]-methylol-(4) für den
neuen Alkohol rechtfertigt.
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Beispiel In einem 4 1 fassenden, mit Rührwerk versehenen Druckgefäß
wurden 1,2 1 technisches Dicyclopentadien und I,2 1 Heptan mit 100 cm3 eines reduzierten
Nickel-Magnesiumoxyd- Kieselgur - Katalysators vermischt.
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Der Katalysatorbes-tand aus 100 Teilen Nickel, 10 Teilen Magnesiumoxyd
und 50 Teilen Kieselgur. Die Reaktionsmischung wurde bei einem, Druck von 50 bis
100 kg/qcm und bei einer Temperatur von 70" mit Wasserstoff behandelt. Bei einem
im Druckgefäß verbliebenen freien Gasraum von 1,49 1 wurden innerhalb von 30 Minuten
I88 Normal/l Wasserstoff aufgenommen. Zur Ab sättigung einer Doppelbindung des Dicyclopentadiens
waren theoretisch I99 Normal/l Wasserstoff erforderlich. Die. als Ausgangsmaterial
eingesetzte Mischung besaß eine Ozon-Jodzahl von 226 (nach Roelen und Noeske, vgl.
Brennstoffchemie, Bd. 3I, I950, S. 384), während die teilweise Hydrierung bei einer
Ozon-Jodzahl -von I3I abgebrochen wurde, weil während der Austragung des Reaktionsproduktes
erfahrungsgemäß immer noch
eine teilweise Nachhydrierung von etwa
In01, der Ozon-Jodzahl eintritt. Eine endgültige Nachprüfung der Ozon-Jodzahl ergab
den Wert II8, was ungefähr 50 Olo der ursprünglichen Ozon-Jödzahl entsprach.
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Das teilweise hydrierte Reaktionsgemisch wurde von dem verwendeten
Hydrierungskatalysator abfiltriert und in einem 9,6 1 fassenden Druckgefäß mit 1,2
1 einer wäßrigen Kobaltsulfatlösung zusammengebracht. Vorher wurden dem Reaktionsgemisch
0,I 01o Hydrochinon zugesetzt. Die Wassergasanlagerung erfolgte bei einem Druck
von I50 bis 200 kg/qcm und 1500. Bei einem im Druckgefäß vorhandenen freien Gasraum
von 6,1 1 wurden während der I80 Minuten dauernden Gasaufnahme insgesamt 400 Normal/l
C O + HS verbraucht.
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Nach Beendigung der Wassergasanlagerung wurde das Druckgefäß abgekühlt
und das Aldehydgemisch von der Katalysatorlösung abgetrennt. Infolge der bei der
Wassergasanlagerung eingetretenen Acetalbildung lassen sich die Kennzahlen für dieses
Produkt nicht unmittelbar angeben.
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Zur Spaltung der Acetale wurden 50 cm3 Wasser zugesetzt, die Reaktionsmischung
wurde auf 2000 erhitzt und dann der Abkühlung überlassen. Nach dem Abfiltrieren
von ausgeschiedenen Metallhydroxyden wurde die eine Hälfte des Reaktionsproduktes
von dem als Verdünnungsmittel verwendeten Heptan durch Destillation abgetrennt.
Hierauf konnte bei Kp. lo = II3 bis II5° ein Aldehyd mit folgenden Kennzahlen gewonnen
werden: Bruttoformel CllHl60, Dichte D20 = 1,045, Brechungsindex nw = 1,5076, Carbonylzahl
C OZ. = 330 (berechnet 342).
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Die zweite Hälfte des Reaktionsproduktes wurde in bekannter Weise
mit einem durch Fällungsreaktionen gewonnenen Katalysator, der 100 Teile Nickelmetall,
12 Teile Magnesiumoxyd und 50 Teile Kieselgur enthielt, bei I30° mit Wasserstoff
behandelt. Hierbei wurden insgesamt 120 Normalll Wasserstoff aufgenommen.
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Das hydrierte Reaktionsprodukt. wurde zunächst unter Normaldruck
destilliert und vom zugesetzten Heptan befreit. Das auf diese Weise gewonnene Produkt
wurde sodann in einer 50 cm hohen Füllkörpersäule bei einem absoluten Druck von
10 mm/Hg fraktioniert.
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Als Alkoholfraktion erhielt man go Gewichtsprozent des Ausgangsproduktes.
Als Vorlauf ergaben sich 5 Gewichtsprozent eines Tricyclodekan enthaltenden Produktes.
Der Destillationsrückstand betrug ungefähr 5 Gewichtsprozent und bestand aus Estern
und Polymerisationsprodukten.
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Die Alkohollraktion besaß folgende Kennzahlen: Hydroxylzahl OHZ.
= 340 (berechnet 342), Dichte D20 = 1,047, Brechungsindex n20 = 1 5146 Die erfindungsgemäß
herstellbaren Aldehyde und deren Derivate, insbesondere das Tricyclodekanmethylol,
sind für viele Verwendungszwecke geeignet.
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Sie können beispielsweise als Weichmacher, als elektrotechnische Isolierflüssigkeiten,
als Bremsöle. und als hydraulische Öle verwendet werden. Durch an sich bekannte
chemische Reaktionen lassen sie sich in weitere Derivate überführen.
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PATrNTANSPRüCHE: 1. Verfahren zur Herstellung von Tricyclodekanaldehyden
bzw. Tricyclodekanmethylolen aus Dicyclopentadien mit der sauerstoffhaltigen Gruppe
im Fünfring, dadurch gekennzeichnet, daß man Dicyclopentadien gegebenenfalls unter
verdünnendem Zusatz von Kohlenwasserstoffen unterhalb von Ion", vorzugsweise bei
75 bis 85°, in milder Weise bis zur Aufnahme von höchstens 1 Mol Wasserstoff je
Mol Dicyclopentadien hydriert, an das hierbei entstehende Kohlenwasserstoffgemisch
durch Oxo-Synthese Kohlenoxyd und Wasserstoff anlagert und den gebildeten Tricyclodekanaldehyd
als solchen gewinnt bzw. ihn durch Hydratisierung und Hydrierung oder durch hydratisierende
Hydrierung in Tricyclodekanmethylol umwandelt.