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Verfahren zur Herstellung von substituierten Pseudothiohydantoinhydrohalogeniden
Gegenstand des Patents 929 549 ist ein Verfahren zur Herstellung von substituierten
Pseudothiohydantoinhydrohalogeniden der allgemeinen Formel
worin R' eine Alkyl-, Cycloalkyl- oder Aralkylgruppe, R" ein Wasserstoffatom, eine
Alkyl-, Cycloalkyl- oder Aralkylgruppe, R"" ein Wasserstoffatom, eine Alkyl-, Cycloalkyl-,
Aralkyl-, Aryl- oder heterocyclische Gruppe und X ein Cl-, Br- oder J-Atom bedeuten,
sowie der entsprechenden freien Pseudothiohydantoine, welches dadurch gekennzeichnet
ist, daß man Verbindungen der Formel R' N H C S N H R", in der R' und R" die gleiche
Bedeutung wie oben haben, mit a-Halogencarbonsäureestern der Formel XCR"'(R"")COOR
in der X, R' -und R"" die gleiche Bedeutung wie oben
haben und R
eine niedrigmolekulare Alkyl- oder. Aralkylgruppe bedeutet, in einem siedenden wasserfreien
organischen Lösungsmittel ohne Hydroxylgruppen im Molekül umsetzt und gegebenenfallsdie
erhaltenen Hydrohalogenide in an sich bekannter Weise in die freien Pseudothiohydantoine
umwandelt. Es wurde nun gefunden, daß man auch durch Umsetzung der freien a-Halogencarbonsäuren
der allgemeinen Formel XC . R"'(R"")COOH mit substituierten Thioharnstoffen der
allgemeinen Formel R' N H C S N H R" in sehr guten Ausbeuten direkt zu den entsprechend
substituierten Pseudothiohydantoinhydrohalogeniden kommt nach der Reaktionsgleichung
wenn man in siedenden wasserfreien organischen Lösungsmitteln, die keine Hydroxylgruppen
im Molekül tragen, in Abwesenheit von basischen, halogenwasserstoffbindenden Kondensationsmitteln
arbeitet.
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In den obigen Formeln bedeuten R' Wasserstoff, eine Alkyl-, Cycloalkyl-
oder Aralkylgruppe und R" Wasserstoff oder R' urid R" Wasserstoff oder die gleichen
oder verschiedenen Alkyl-, Cycloalkyl oder Aralkylgruppen, R"' und R"" Wasserstoff
undloder eine bzw. zwei gleiche oder verschiedene Alkyl-, Cycloalkyl- oder Aralkylgruppen
und X Chlor, Brom oder Jod.
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Als Lösungsmittel im Sinne der Erfindung eignet sich besonders Aceton,
aber auch Methyläthylketon, Kohlenwasserstoffe und Äther.
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Es ist bereits bekannt, substituierte Pseudothiohydantoine herzustellen
durch direkte Kondensation von a-Halogencarbonsäuren mit Thioharnstoff bzw. substituiertenThioharnstoffen.(vgl.
z. B. J. Bougault und P. Chabrier, Comptes rendus des Seances de 1'Academie-- des
Sciences, Jg. 1947, Bd. 22q., S. 657, referiert in ChemicalAbstracts, Bd.41 [19q.7],
S. 4792e, und die französische Patentschrift 827 15o, Beispiel 1, 2, 3). Diese Arbeitsweise
führt, ausgehend von monoalkylsubstituierten Thioharnstoffen, zu Derivaten, die
den Alkylsubstituenten in 3-Stellung des Thiozolidinringes tragen (vgl. die genannte
französische Patentschrift, Beispiel 1). Bei dieser Arbeitsweise fallen aber die
Pseudothiohydantoinhydrohalogenide in wesentlich unreinerer Form als nach dem vorliegenden
Verfahren an; das Endprodukt enthält noch nicht umgesetzte Reaktionspartner eingeschlossen
und muß erst in weiteren Arbeitsstufen gereinigt werden.
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Dagegen führt das Arbeiten in Lösungsmitteln, wie es in der vorliegenden
Erfindung beschrieben wird, und in Abwesenheit von halogenwasserstoffbindenden Mitteln
in sehr guten Ausbeuten zu praktisch analysenreinen Pseudothiohydantoinhydrohalogeniden.
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Das Arbeiten in wäßriger oder alkoholischer Lösung ist ebenfalls schon
beschrieben worden und liefert bei arylsubstituierten Pseudothiohydantoinen brauchbare
Ergebnisse, da diese im Reaktionsmedium nur mäßig oder schwer löslich sind und dann
als solche auskristallisieren und daher der Hydrolyse bzw. Alkoholyse unter -dem
Einfluß der bei der Reaktion entstehenden Halogenwasserstoffsäure weitgehend entzogen
sind (vgl. z. B. D. P. Ahuja und S. Dutt, Journal of the Indian Chemical Society,
Jg. 1951, Bd. a8, S. 13, referiert in Chemical Abstracts, Bd. 46 L19521, S. 495
i).
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Sind die Substituenten des Pseudothiohydantoins jedoch Alkylgruppen
oder Cycloalkylgruppen, so hat die Arbeitsweise in Wasser oder Alkohol den Nachteil,
daß die Reaktionsprodukte im Reaktionsmedium sehr gut löslich.sind und so leicht
der Hydrolyse bzw. Alkoholyse unter dem Einfluß der bei der Reaktion entstandenen
Salzsäure unterliegen. Man hat deshalb schon die Umsetzung in Alkohol oder indifferenten
organischen Lösungsmitteln in Gegenwart von halogenwasserstoffbindenden Kondensationsmitteln
wie tertiären Aminen oder Natriumacetat vorgenommen (vgl. z. B. die obige französische
Patentschrift, Beispiel 3, weiterhin J. Doran und H. A. Shonle, Journal of Organic
Chemistry, Jg. 1938, Bd. 3, S. 195, referiert in Chemical Abstracts, Bd. 33 [=939],
S. 9859, und die USA.-Patentschrift 22559o3, Abschnitt »Method A«). Diese Arbeitsweise
hat den Nachteil, daß die alkylsubstituierten Pseudothiohydantoine in Form ihrer
Lösungen anfallen, aus denen sie gewonnen werden, indem man zunächst das Lösungsmittel
entfernt und dann noch vom Kondensationsmittel bzw. dem daraus mit der entstandenen
Halogenwasserstoffsäure gebildeten Salz -trennen muß (vgl. die letztgenannte USA.-Patentschrift
unter dem Abschnitt »5, 5-ethyl-(1-methyl-butyl)-2-imino-4-thiazolidone«). Es war
deshalb überraschend, daß man nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren unter
Vermeidung jeden Kondensations- bzw. Halogenwasserstoff bindenden Mittels in sehr
guten Ausbeuten direkt zu den Hydrohalogeniden der allkyl-, cycloalkyl- oder aralkylsubstituierten
Pseudothiohydantoine kommt, die sich aus der heißen Reaktionslösung bereits in sehr
reiner Form ausscheiden und durch einfaches Auskochen mit dem betreffenden Lösungsmittel
weiter gereinigt werden können; im allgemeinen genügt einfaches Absaugen und Auswaschen
mit dem betreffenden Lösungsmittel. Die freien, substituierten Pseudothiohydantoine
kann
man aus ihren Hydrohalogeniden in an sich bekannter Weise mit Halogenwasserstoff
bindenden Mitteln, wie Natriumbicarbonat, gewinnen.
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Verwendet man zur Kondensation einen monosubstituierten Thioharnstoff
der allgemeinen Formel
wobei R' die weiter oben erläuterte Bedeutung hat, so erhält man nach dem vorstehenden
Verfahren Pseudothiohydantoine, die den Substituenten R' am extracyclischen Stickstoff,
d. h. in N2-Stellung tragen, was sich wie folgt beweisen läßt : Kondensiert man
Pseudothiohydantoine der allgemeinen Formel
bei denen einer der beiden Substituenten R1 bzw. R2 Wasserstoff ist, mit Benzaldehyd,
so erhält man die entsprechenden 5-Benzal-NI- oder 3-substituierten Pseudothiohydantoine.
Durch die Benzalgruppe in 5-Stellung wird das Pseudothiohydantoinringsystem so stabilisiert,
daß bei einer anschließenden Hydrolyse in saurem Medium der Thiazolidinring als
3-substituiertes bzw. unsubstituiertes 5-Benzal-2, 4-dioxothiazolidin erhalten bleibt
und die extracyclische Iminogruppe als Ammonium- bzw. Aminsalz abgespalten wird,
je nachdem, ob der Substituent am extracyclischen oder Ringstickstoff des Pseudothiohydantoins
stand (vgl. F. B. Dains und F. Eberly, Journal of the Americän Chemical Society,
Bd. 55, Jg. 1933, S. 38/59).
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Es zeigte sich, daß in allen geprüften Fällen die erfindungsgemäß
hergestellten Pseudothiohydantoine, bei denen R", R"' und R"" Wasserstoff sind,
stets als Hydrolyseprodukte ihrer 5-Benzalderivate 5-Benzal-2, 4-dioxothiazolidin
neben dem entsprechenden Alkyl-bzw. Aralkylaminsalz gaben. Verwendet man zur Hydrolyse
z. B. Salzsäure, so lassen sich die zur Feststellung der Konstitution führenden
chemischen Reaktionen wie folgt wiedergeben:
R' hat dabei die vorstehend erläuterte Bedeutung. Den erfindungsgemäß hergestellten,
substituierten Pseudothiohydantoinen, die aus einem monosubstituierten Thioharnstoff
hergestellt werden, kommt also in jedem Fall die Konstitution von N2-Alkyl- bzw.
Aralkyl-pseudothiohydantoinen zu.
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Offenbar reagiert der Thioharnstoff-Schwefel zunächst mit dem Halogen
der a-Halogencarbonsäure zu dem entsprechenden N-substituierten Pseudothiohydantoinsäurehydrohalogenid,wobei
der abgespaltene Halogenwasserstoff mit dem basischeren der beiden Stickstoffatome,
d. h. dem alkyl- bzw. aralkylsubstituierten, das Hydrohalogenid bildet. Der Ringschluß
muß dann mit der unsubstituierten Aminogruppe stattfinden.
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Die entstehenden Produkte zeigen wertvolle pharmakologische Eigenschaften
und können z. B. als Sedativa angewendet werden. Ihre Giftigkeit ist verhältnismäßig
gering. Besonders die am extracyclischen Stickstoff monoalkylsubstituierten Pseudothiohydantoine
haben den Vorzug, hauptsächlich sedativ und nur in geringem Maß narkotisch zu wirken.
Es ist deshalb bedeutsam, daß diese Derivate nach dem vorstehenden Verfahren in
guten Ausbeuten und in sehr reiner Form leicht hergestellt werden können. Beispiel
1 7,6 g Thioharnstoff werden in 380 ccm Aceton gelöst und zu dieser Lösung
17 g a-Brombuttersäure zugegeben. Dann wird mehrere Stunden unter Rückfluß erhitzt
und nach dem Erkalten das ausgefallene 5-Äthyl-pseudothiohydantoin-hydrobromid abgesaugt
(21,2 g, 94,11)[, der Theorie; Mittel aus mehreren Versuchen). Durch Auflösen in
wenig Wasser und Versetzen der Lösung mit festem Natriumbicarbonat
erhält
man das freie 5-Äthyl-psendothiohydantoin. vom F. = 198°.
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Beispiel 2 11,6g Allylthioharnstoff und io g Chloressigsäure werden
in wasserfreier acetonischer Lösung so lange unter Rückfluß gehalten, bis eine herausgenommene
Probe mit ammoniakalischer Silbernitratlösung keine Thioharnstoffreaktion mehr gibt.
Nach dem Erkalten erhält man 16,5 g N2-Allyl-pseudothiohydantoinhydrochlorid (entsprechend
85,6 0% der Theorie). Nach dem Auskochen mit Aceton schmilzt das Produkt bei 176
bis z78°.
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Durch Auflösen in wenig Wasser und Versetzen der Lösung mit Natriumbica@bonat
erhält man das freie N2-allyl-pseudothiohydantoin. Nach dem Umkristallisieren aus
Äther bildet es Nadeln von F. = 1o3°.
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2 g davon wurden lediglich zwecks Konstitutionsaufklärung mit 4 g
Benzaldehyd und einigen Tropfen Piperidin . einige Stunden in alkoholischer Lösung
gekocht. Nach dem Abkühlen -brachte man mit Petroläther zur Kristallisation. Man
erhielt 2,8 g (entsprechend 89,5 °% der Theorie) 5-Benzal-N2-allylpseudothiohydantoin;
F. = 165°. Von dem -Produkt wurden 2 g in alkoholischer Lösung mit konzentrierter
Salzsäure gekocht. Nach dem Erkalten wurden 1,2 g (entsprechend 71,4 °/o der Theorie)
5-Benzal-2, 4-dioxothiazolidin, F. = 24o°, erhalten. Durch Eindampfen der Mutterlauge
auf ein kleines Volumen und Versetzen mit absolutem Äther erhielt man o,a g (entsprechend
26,101, der Theorie) Allyl-aminhydrochlorid. Beispiel 3 23,2 g Allylthioharnstoff
werden mit 36,7 g a-Brombuttersäure wie im Beispiel 2 bis zum Verschwinden der Thioharnstoffreaktion
in wasserfreier acetonischer Lösung rückfließend erhitzt. Man erhält 42 g (entsprechend
79,5 °% der Theorie) N2-Allyl-5-äthylpseudothiohydantoin-hydrobromid, das durch
Auskochen in Aceton gereinigt wird; F. = 2o4°. Beispiel 4 Auf die gleiche Weise
wie im Beispiel 2 erhält man aus Benzylthioharnstoff und Chloressigsäure in sehr
guter Ausbeute N2-Benzyl-pseudothiohydantoinhydrocblorid.
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Durch Aufschlämmen in wenig kaltem Wasser und Neutralisieren mit Ammoniak
erhält man das freie N2-Benzylpseudothiohydantoin von F. = 188°.
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Durch Kondensation mit Benzaldehyd wie im Beispiel e erhält man N2-Benzyl-5-benzal-pseudothiohydantoin
(8401o der Theorie); F. = 218°. Durch Verseifen mit wäßrigalkoholischer Salzsäure
erhält man 5-Benzal-2, 4-dioxothiazolidin (83,1°o der Theorie) und Benzylamin-hydrochlorid
(410/, der Theorie).