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Verfahren zur Herstellung von Mischpolymerisaten mit Carboxylgruppen
Die Herstellung von Mischpolymerisaten, die Carboxylgruppen enthalten, ist schon
lange bekannt. Polymerisate mit geringen Mengen C O O H-Gruppen (o,i bis 4% ungesättigte
Säure), wie sie z. B. in der USA.-Patentschrift 2 32g 456 beschrieben sind, eignen
sich für gut haftende Lacke und Überzüge sowie für Klebstoffe. Solche Polymerisate
aus Vinylchlorid, Vinylacetat und a, ß-ungesättigten Carbonsäuren werden nach dem
in der französischen Patentschrift 885 251 beschriebenen Verfahren durch Polymerisation
in Lösung hergestellt. Wesentlich für die gute Haftung und den Klebeeffekt ist die
Reinheit der Polymerisate, damit der geringe Anteil der C O O H-Gruppen wirken kann.
Zur Herstellung von festen Polymerisaten in reinster Form ist im allgemeinen die
Blockpolymerisationsmethode geeignet. Vinylchloridreiche Mischpolymerisate können
nach dieser Methode jedoch schlecht hergestellt werden, da die Wärmeabführung wegen
der hohen Zähigkeit der Polymerisate schwierig ist. Dagegen ist die Herstellung
von festen Polymerisaten mit Hilfe der Lösungspolymerisation sehr unwirtschaftlich,
weil große Mengen von Lösungsmitteln aufgearbeitet werden müssen, was gesonderte
Apparaturen benötigt und immer mit einem gewissen Verlust an Lösungsmitteln verbunden
ist.
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Das in der Technik gebräuchlichste Verfahren zur Herstellung fester
hochpolymerer Stoffe ist die Polymerisation in wäßri-ger Emulsion oder Suspension
mit anschließender Aufarbeitung. Es wurde jedoch gefunden, daß es überraschenderweise
nicht möglich ist, nach den üblichen Polymerisations- und Aufarbeitungsverfahren
in wäßriger
Phase Mischpolymerisate, die einen geringen Anteil
an Carboxylgruppen enthalten, vor allem die obengenannten Dreierpolymerisate, herzustellen,
welche die gleichen Hafteigenschaften besitzen wie die mit Hilfe der Lösungsmittelpolymerisation
gewonnenen Polymerisate.
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Es wurde jedoch ferner gefunden, daß es mit Hilfe verschiedener Maßnahmen
und Abänderungen der geläufigen Methoden gelingt, auch über den Weg der Polymerisation
in wäßriger Phase die genannten Polymerisate mit ausgezeichneten Hafteigenschaften
herzustellen. Diese einzeln oder kombiniert anzuwendenden Maßnahmen sind im einzelnen
folgende: i. Man polymerisiert die Monomeren bei einem pH-Wert, der annähernd dem
pH-Wert der monömeren ungesättigten Säure entspricht oder bei einem niedrigeren
pH-Wert. Als Emulgatoren-kommen daher weitgehend neutrale Stoffe, wie z. B. Umsetzungsp
rodukte von Fettalkoholen mit Äthylenoxyd oder Monofettsäureester von Triäthanolamin,
oder ionenbildende Emulgatoren in Frage, die das Salz einer starken Säure sind,
z. B. Natriumsalze von Sulfosäuren oder Schwefelsäureestern oder Chlorwaserstoffsalze
von langkettigen quaternären Ammoniumverbindungen.
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2. Man führt die Polymerisation und die Aufarbeitung so durch, daß
die verwendeten Emulgatoren weitgehend aus dem aufgearbeiteten Polymerisat entfernt
sind. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, die in dieser Richtung wirken: a)
Man führt die Fällung der Emulsionen in starker Verdünnung durch, beispielsweise
derart, daß die Konzentration an Polymerisat unter 20% liegt.
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b) Man verwendet Fäller, welche die Löslichkeit des Emulgators nicht
herabsetzen, also z. B. keine schwerlöslichen Salze mit dem Emulgator bilden.
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c) Man führt die Fällung so durch, daß gut filtrierbare und gut waschbare
Teilchen entstehen. Das ist z. B. dadurch zu erreichen, daß das gefällte Produkt
in der wäßrigen Suspension vorübergehend erhitzt wird, z. B. über 70°, dann abgekühlt
wird und bei einer tieferen Temperatur, z. B. unter 5o0, filtriert wird.
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d) Man wäscht den noch dem Polymerisat anhaftenden Emulgator mit genügend
Waschflüssigkeit aus; gewöhnlich Wasser, eventuell Methanol oder Äthanol.
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3. Ein besonders vorteilhafter Weg, das Polymerisat weitgehend emulgatorfrei
zu erhalten, besteht darin, daß man von vornherein die Polymerisation in Gegenwart
von möglichst wenig Emulgator durchführt. Es wurde die überraschende Beobachtung
gemacht, daß man die Mischpolymerisation mit geringen Mengen ungesättigter Säuren
in Gegenwart von ganz geringen Mengen Emulgator durchführen kann, z. B. unter 0,2'0/a,
auf das Monomere bezogen.
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Gewöhnlich benötigt man bei der Emulsionspolymerisation mehrere Prozent
Emulgator, bezogen auf das eingesetzte Monomere, um eine einigermaßen haltbare Emulsion
zu erhalten und um stärkere Beläge an den Reaktionsgefäßen zu vermeiden.
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Der überraschende Befund, daß man bei der Herstellung von wasserunlöslichen
Polymerisaten, die geringe Mengen hydrophiler Gruppen enthalten, nur ganz geringe
Mengen Emulgator benötigt, um stabile Dispersionen zu erhalten, ist dort von besonderem
technischem Interesse, wo Emulgatoren eingespart werden# sollen oder wo die Anwesenheit
von Emulgatoren im Polymerisat bestimmte Eigenschaften des Polymerisates verschlechtert.
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Als besonders günstig und besonders wenig Emulgator benötigend hat
sich folgendes Verfahren bewährt: Man legt die wäßrige Flotte mit einem Teil des
Emulgators und dem Aktivator vor (bei Verwendung eines Redoxsystems zweckmäßig eine
Komponente des Aktivators). Man gibt dann das Monomere etwa in dem Maße dem Polymerisationsgefäß
zu, wie es wegpolymerisiert, und schleust den Restanteil des Emulgators während
der Polymerisation (bei der Redoxpolymerisation mit der zweiten Komponente des Aktivatorsystems)
nach. Man arbeitet zweckmäßig bei solchen Monomerenkonzentrationen, die nicht stark
über der Sätti= gungskonzentration, bei oder unter der Sättigungskonzentration liegen.
Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß relativ einheitliche Polymeri:sate entstehen.
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Die Hafteigenschaften der Polymerisate können durch Auswaschen der
gefällten Produkte mit einem Lösungsmittel für die niedermolekularen Anteile, z.
B. mit Methanol, noch verbessert werden.
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Das neue Verfahren hat besondere Bedeutung bei der Herstellung solcher
Polymerisate, die überwiegend aus Vinylchlorid erhalten werden, beispielsweise aus
Mischungen von Vinylchlorid mit geeigneten Mengen Vinylacetat (wie Mischungen mit
75 bis goa/o Vinylchlorid) und etwa o,i bis 50/0 der a, ß-ungesättigten Säure.
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Als ungesättigte Säure kommen beispielsweise in Frage: Maleinsäure
(oder ihr Anhydrid), Fumarsäure, Acrylsäure, Methacrylsäure, Crotonsäure, Citraconsäure
oder Mischungen dieser Säuren.
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Beispiel i a) In einem Rührautoklav werden unter Stickstoff vorgelegt
15 ooo Gewichtsteile destilliertes Wasser, So Gewichtsteile alkylsulfosaures Natrium
(Alkyl Cio bis C18), io Gewichtsteile 35°/o H202. In eine Monomerenschleuse werden
gegeben 8 50o Gewichtsteile Vinylchlorid, 140o Gewichtsteile Vinylacetat, ioo Gewichtsteile
Maleinsäureanhydrid. In eine Aktivatorschleuse werden gegeben ioo Gewichtsteile
alkylsulfosaures Natrium (Alkyl C10 bis C18), io Gewichtsteile forinaldehydsulfoxylsaures
Natrium und 90o Gewichtsteile destilliertes Wasser.
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Es wird folgendermaßen polymerisiert: Aus der Monomerenschleuse und
der Aktivatorschleuse werden Monomeres und Aktivator in dem Maße dem Polymerisationskessel
zugeführt, daß sich ungefähr die Sättigungskonzentration einstellt, erkenntlich
am Druck. Die Reaktionstemperatur wird durch Mantelkühlung auf 45 ± i° gehalten.
Die
Dauer des Ansatzes einschließlich Auspolymerisation beträgt
4 Stunden.
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Die Menge des eingesetzten Emulgators, auf Monomeres bezogen, ist
1,5%. Manerhälteine dünnflüssige Emulsion. Der Kessel hat keinen Belag.
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b) Es wird wie bei i a) beschrieben gearbeitet. Jedoch werden 15 Gewichtsteile
Emulgator vorgelegt und 3o Gewichtsteile Emulgator nachgeschleust. Die Menge des
eingesetzten Emulgators, auf Monomeres bezogen, ist o,450/0. Man erhält eine dünnflüssige
Emulsion. Der Kessel hat keinen Belag.
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c) Es wird wie bei i a) beschrieben gearbeitet. Jedoch werden 5 Gewichtsteile
Emulgator vorgelegt und i.o Gewichtsteile Emulgator nachgeschleust. Die Menge des
eingesetzten Emulgators ist o,i5'o/o, auf Monomeres bezogen. Es entsteht eine dünnflüssige
Emulsion. Der Kessel hat keinen Belag.
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Ausfällung der Emulsionen i a), i b), i c) io ooo Gewichtsteile Emulsion
werden mit 2o Voo Gewichtsteilen Quellwasser und i20 Gewichtsteilen 40°/o CaC1.-
Lösung versetzt. Die Mischung wird durch Einleiten von Dampf auf 8o° erhitzt, wobei
die Fällung eintritt, durch Zugabe von kaltem Wasser auf 5o° abgekühlt und auf eine
Saugnutsche gegeben. In mehreren Anteilen wird mit insgesamt ioo ooo Gewichtsteilen
Quellwasser nachgewaschen. Man trocknet die einzelnen Produkte nach bekannten Methoden
und stellt von jedem Produkt eine ioio/oige Lösung in Toluol-Aceton (i : i) her.
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Prüfung der Haftfestigkeit: Auf Aluminiumfolien werden durch Aufspritzen
der Lacklösungen und Trocknen dünne Filme erzeugt. Je zwei Folien werden durch Bügeln
bei i20° miteinander verklebt und nach dem Abkühlen im Reißapparat voneinander getrennt.
Die Kraft, die nötig ist, eine be-_ stimmte Trennfläche (bei gleicher Reißgeschwindigkeit)
herzustellen, wird hier als Trennfestigkeit bezeichnet. Die in der folgenden Tabelle
angegebenen Werte sind Mittelwerte von io Bestimmungen. Die Schwankungen der Einzelwerte
betragen ± 0,2.
Trenn- |
Mittlere festigkeit |
Produkt Trenn- nach |
festigkeit Methanol- |
Extraktion |
Vinylchlorid / Vinylacetat 85 /15 |
(Lösungspolymerisat) < 0,2 < 0,2 |
Vinylchlorid / Vinylacetat / Malein- |
säureanhydrid 85/14/z (Lösungs- |
polymerisat) mit Methanol |
gefällt 1,6 1,7 |
Emulsionspolymerisat |
I a) 1,5 % Emulg. 0,3 z,9 |
zb) 0,45 0/0 - 1,2 2,0 |
I c) o,15 0/0 - z,g 2,1 |
Die Tabelle zeigt, daß die Haftfestigkeit der Produkte um so besser ist, je weniger
Emulgator verwendet wird. Das Produkt i c) ist für die Praxis sehr gut geeignet.
Bei der Methanolextraktion werden sowohl beim Lösungsmittelpolymerisat wie bei den
Emulsionspolymerisaten geringe Mengen niedermolekularer Anteile entfernt, wodurch
die Trennfestigkeit noch etwas verbessert werden kann. Beispiel e Es wird wie bei
i c) beschrieben gearbeitet, jedoch wird folgende Monomerenmischung eingesetzt:
8,6 kg Vinylchlorid, 1,3 kg Vinylacetat, o,i kg Crotonsäure, 0,o5 kg Maleinsäureanhydrid.
Die Aufarbeitung geschieht wie bei i beschrieben, jedoch teilt man den Ansatz auf
und fällt die einzelnen Proben mit verschiedenen Fallsalzen.
Mittlere |
Versuch Fallsalz Waschflüssigkeit Trenn- |
festigkeit |
2a) NaC1 Quellwasser 1,6 |
2b) KCl - 1,8 |
2 c) CaC12 - 1,6 |
2d) MgC12 - 1,7 |
2 e) M9S 04 - 1.5 |
2f) A12 (S 04) 3 - 0,7 |
2g) CaC12 Destilliertes Wasser 1,8 |
2h) CaC12 Methanol 2,1 |