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Verfahren zur Behandlung alkoholischer Flüssigkeiten vor ihrer Rektifikation
V-s sind unter dem Namen »Hydroselektion« zahlreiche Verfahren bekannt, die es gestatten,
die Verunreinigungen aus dem Alkohol auszuscheiden, sie in konzentrierter Form mit
noch einem schwachen Anteil Äthylalkohol zu sammeln, andererseits aber auch ein
niedriggradiges Phlegma zu erhalten, das noch einige Verunreinigungen enthält, die
dann im Laufe der Rektifikation ausgesondert werden.
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Diese Hydroselektionsverfahren haben die früheren Arbeiten von E.
B a rb e t zum Ausgangspunkt, der die Phänomene der Destillation lange studiert
und die Reinigungskoeffizienten K' festgesetzt hat, die heute bei allen Fachleuten
allgemein Anerkennung gefunden haben. Dieser Koeffizient bestimmt sich wie folgt:
Wenn K' > I, weisen die Dämpfe mehr Verunreinigungen auf als die Flüssigkeiten,
aus denen sie hervorgehen.
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Ist K' G I, konzentriert sich die Verunreinigung in der Flüssigkeit.
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Barbet hat in einer graphischen Darstellung mit Hilfe von Kurven die
Werte von K' für die verschiedensten Verunreinigungen festgelegt, die hauptsächlich
in gegorener Maische enthalten zu sein pflegen.
Es ist festgestellt
worden, daß eine sehr große Zahl von Verunreinigungen in Alkohol leicht, in Wasser
hingegen schlecht oder gar nicht lösbar ist. Diese Verunreinigungen haben in einer
niedriggradigen Alkoholflüssigkeit einen erhöhten Reinigungskoeffizienten, d. h.
der größte Teil dieser Verunreinigungen wird von den Dämpfen mitgeschleppt, die
die Kolonne verlassen.
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Gewisse Verunreinigungen bilden eine Ausnahme. Als Beispiel sei Äthylaldehyd
genannt, bei denen sich K' mit dem Alkoholreichtum vergrößert. Dies erklärt sich
aus der großen Lösbarkeit dieser Stoffe in Wasser. Zu der genannten Kategorie der
Verunreinigungen gehören Azeton, Ammoniak, Methanol usw.
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Die verschiedenen Verunreinigungen können in zwei Gruppen eingeteilt
werden: Die erste Gruppe umfaßt die Verunreinigungen, deren K' in einer niedriggradigen
Alkoholflüssigkeit am größten ist; die zweite Gruppe umfaßt die Verunreinigungen,
deren K' in einer hochgradigen Alkoholflüssigkeit den höchsten Wert hat.
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Das Hydroselektionsverfahren besteht darin, erstens die Flüssigkeit
einer Kolonne mit einem wenig erhöhten Alkoholgehalt (io bis 2o° GL) durch Beimischung
von Wasser mit einer Temperatur von 95° C über die oberste Platte der genannten
Kolonne zu halten; zweitens unter Einwirkung einer begrenzten Beheizung den größten
Teil der Verunreinigungen der ersten Gruppe zu verdampfen, deren K' bei einer Alkoholkonzentration
von io bis 2o° GL am größten ist.
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Hierbei ergibt sich, daß die Verunreinigungen der zweiten Gruppe,
deren K' bei einer starken Alkoholkonzentration am größten ist, zum überwiegenden
Teil in der Flüssigkeit verbleiben, die am Fuß der Hydroselektionskolonne austritt.
Diese Verunreinigungen können wegen ihres sehr hohen Prozentsatzes in der Rektifikationskolonne
mit den bekannten Mitteln nicht völlig ausgeschieden «erden.
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In den Vorrichtungen der klassischen Bauart ohne Hydroselektion weist
die Reinigungskolonne, die der Rektifikationskolonne vorgeschaltet ist, Verstärkerböden
auf, welche die aus Alkohol und Verunreinigungen bestehende Mischung auf
95' GL bringen. Bei diesem Alkoholreichtum werden die Verunreinigungen der
zweiten Gruppe fast vollständig von den Dämpfen mitgenommen, die die Reinigungskolonne
verlassen. Die Flüssigkeit, die am Fuß der genannten Kolonne austritt, enthält nur
noch schwache Reste dieser Gruppe von Verunreinigungen, die in der Rektifikationskolonne
ohne weiteres nach dem Verfahren B a r b e t ausgeschieden werden können, das unter
dem Namen »Pasteurisation« des Alkohols bekannt ist.
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Der erhebliche Anfall von Verunreinigungen der zweiten Gruppe in der
Rektifikationskolonne, die an der Hydroselektionskolonne angeschlossen ist, verursacht
die meisten Unzulänglichkeiten dieses Verfahrens. Um die Verunreinigungen auszuscheiden,
sind eine ganze Reihe von Verbesserungen vorgeschlagen worden. Die bekannteste besteht
darin, an die Rektifikationskolonne eine dritte Kolonne anzuschließen.
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Dieser dritken Kolonne wird unvollkommen rektifizierter Alkohol mit
einer Stärke von 96 bis 97° GL zugeführt. Bei dieser Konzentration werden auch die
restlichen Verunreinigungen der zweiten Gruppe ausgeschieden. Das Verfahren hat
jedoch den Nachteil, daß die endgültige Reinigung einen zusätzlichen Verbrauch an
Heizdämpfen mit sich bringt.
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Es sind also im wesentlichen zwei unvollkommene Verfahren bekannt:
i. die Hydroselektion, die zwar in den Dämpfen den größten Teil der Verunreinigungen
der ersten Gruppe in konzentrierter Form ausscheidet, die jedoch in der Flüssigkeit
eine erhebliche Menge der Verunreinigungen der zweiten Gruppe zurückläßt; 2. die
klassische Reinigung der Phlegmen, die es ermöglicht, in den Dämpfen den größten
Teil der Verunreinigungen der zweiten Gruppe und einen Teil der Verunreinigungen
der ersten Gruppe aufzunehmen, die jedoch den größten Teil der Verunreinigungen
der ersten Gruppe ebenfalls in der Flüssigkeit beläßt.
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Die Erfindung behebt die im vorstehenden geschilderten Nachteile vollständig,
indem sie die Hydroselektionskolonne des unter i oder-die klassische Reinigungskolonne
des unter 2 erläuterten Verfahrens, die beide unter Druck arbeiten, durch eine Reinigungskolonne
ersetzt, die im Vakuum arbeitet.
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Es ist bekannt, daß die Wertekurven von K' nach E. Barbet, die bei
einem Druck von 76o mm testgelegt worden sind, erheblich modifiziert werden, wenn
im Vakuum gearbeitet wird. Bisweilen werden sie dann fast verdoppelt. Nachstehend
werden beispielsweise die Werte für K' einiger Verunreinigungen angegeben, die beiden
Gruppen angehören, und zwar für Flüssigkeiten mit einer Stärke von io° GL und solche
mit einer Stärke von 95°` GL.
Flüssigkeit |
io° GL 95° GL |
76o mm I Vakuum I 76o mm I Vakuum |
i. Gruppe |
Furfurol..... 0,5 0,71 0,13 0,22 |
Äthyl-Azetat . 8,25 14,0 4,o6 4,2 |
Isoamyl-Azetat 15,2 15,5 0,27 0,57 |
2. Gruppe |
Äthylaldehyd 5,1o - i5,26 - |
Azeton ...... 2;0 - 4,8 - |
Wegen des niedrigen Siedepunktes des Aldehyds, der für 76o mm bei 21° C liegt, war
es unmöglich, für die Verunreinigungen der zweiten Gruppe in der Tabelle die Werte
K' im Vakuum anzugeben. Dieser Stoff verhält sich im Vakuum wie ein vollkommenes
Gas und wird sehr schnell verdrängt. Das gleiche gilt- für Azeton und im allgemeinen
auch
für sämtliche anderen Stoffe, die zur zweiten Gruppe gehören.
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Das Reinigungsverfahren bietet gegenüber den bekannten Verfahren der
Hydroselektion und der klassischen Reinigung folgende Vorteile: Die Verunreinigungen
der ersten Gruppe befinden sich, weil ihr K' im Vakuum höher ist als bei 76o mm,
im Augenblick der höchsten Konzentration in den Dämpfen, die die Reinigungskolonne
verlassen.
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Die Verunreinigungen der zweiten Gruppe werden mit der Luft und den
Gasen entfernt, die von der Vakuumpumpe angesaugt werden.
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Bei der Destillation unter Druck führt die erhöhte Temperatur zu Reaktionen
(Esterifizierung und Oxydation), die die Zusammensetzung der zu behandelnden Stoffe
erheblich beeinflußt. Das Vakuum setzt hingegen die Temperatur herab und hat zur
Folge, daß die Reaktionen nicht auftreten. Es macht daher die Bildung von Estern
unmöglich.
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Die Rektifikationskolonne erhält eine alkoholische Flüssigkeit, die
nur noch geringe Reste von Verunreinigungen enthält, welche, soweit es sich um solche
der zweiten Gruppe handelt, durch Pasteurisieren, und, soweit es sich um solche
der ersten Gruppe handelt, durch das übliche Ausscheiden auf den unteren Böden entfernt
werden können.
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Besondere Vorrichtungen oder eine dritte Kolonne nach der Rektifikationskolonne
sind überflüssig. Folglich wird auch der sonst für deren Betrieb erforderliche Heizdampf
erspart.
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Die Beheizung der Reinigungskolonne erfolgt ohne zusätzliche Kosten,
da sie durch die am Kopf der Rektifikationskolonne abgeführten Wärmemengen vermittelt
wird.
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Das Verfahren der Reinigung unter Vakuum ist bei Maischen anwendbar,
die aus den verschiedensten Erzeugnissen gegoren sind, bei unreinen alkoholischen
Flüssigkeiten, die bei der einfachen Destillation gegorener Maische gewonnen werden,
bei Rektifikationsrückständen, bei Alkoholzusammensetzungen usw.
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Bei der nachstehenden Beschreibung der Arbeits-«-eise soll als Ausführungsbeispiel
eine Flüssigkeit genommen werden, die bei der einfachen Destillation. einer gegorenen
Maische gewonnen wird. Diese unter der Bezeichnung »Phlegma« bekannte Flüssigkeit
besteht aus einem Gemisch von Wasser, Alkohol und Verunreinigungen. Sie weist im
allgemeinen eine Stärke von q.o bis 9o° GL auf.
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Das im Behälter A enthaltene Phlegma gelangt durch die Leitung 21
in die Flasche B, die über die Leitung 18 auch das Ablaßwasser aus der Heizschlange
der Rektifikationskolonne .NI und über die Leitung 22 das rückständige Siedewasser
der genannten Rektifikationskolonne aufnimmt. Das Phlegma wird so vor Eintritt in
die Reinigungskolonne C erwärmt und auf etwa 25' GL verdünnt.
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Über die Leitung i gelangt Wasser in die Kolonne C, das aus dem Ablaßwasser
oder dem rückständigen Wasser der Rektifikationskolonne oder von einer außerhalb
gelegenen Stelle herbeigeführt wird. Die Menge des zugeführten Wassers richtet sich
je nach der Art und dem Prozentsatz und der Verunreinigungen, die auszuscheiden
sind. Auf diese Weise wird in der Kolonne C von oben bis unten ein gleichmäßiger
Alkoholgehalt zwischen i o und 2o° GL aufrechterhalten.
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Die Kolonne C wird ohne zusätzliche Kosten durch den Wasserdampf geheizt,
der aus den Wärmemengen der alkoholischen Dämpfe, welche durch die Leitung 23 aus
der Rektifikationskolonne M austreten, sowie über die Leitung 2,4 aus den Wärmemengen,
die in den Wasserrückständen der genannten Kolonne enthalten sind, gewonnen wird.
Diese Art der Beheizung ist Gegenstand des deutschen Patents 8p.886 der Patentinhaberin,
welches im Zusatzverhältnis zu dem deutschen Patent 868 888 steht.
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D ist eine Flüssigkeitsvakuumpumpe, die über die Leitung 20 in den
Kondensatoren E, F sowie in der Kolonne C das Vakuum aufrechterhält.
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Die Beheizung der Kolonne; C erfolgt dadurch, daß in den Dämpfen,
die in der Leitung 3 hochsteigen, sowohl Verunreinigungen der ersten Gruppe, deren
K' im Vakuum höher ist als bei 76o mm Druck, als auch solche der zweiten Gruppe
mitgerissen werden, die sich im Vakuum wegen ihres niedrigen Siedepunktes wie vollkommene
Gase verhalten.
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Die Verunreinigungen der ersten Gruppe kondensieren in den Röhren
E, F und werden über die Leitungen q., 5 in dem Behälter G aufgefangen (barometrischer
Verschluß).
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In den Behälter G wird über die Leitung 6 kaltes Wasser zugeführt,
wodurch das Abziehen der im Wasser unlösbaren Verunreinigungen erleichtert wird,
welche dann durch die Leitung 7 abfließen.
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Die Verunreinigungen der zweiten Gruppe werden von der Luft und den
Gasen mitgenommen, die in der Leitung 2o durch die Vakuumpumpe D angesaugt werden,
und schließlich in dem durchsichtigen Zylinder I der Absorptionsvorrichtung
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gesammelt, die Gegenstand des deutschen Patents 833 942 der Patentinhaberin
ist.
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Eine Pumpe I saugt über die Leitungen 8 und 9 diejenigen Verunreinigungen
an, die in Wasser lösbar sind, und fördert sie in die Konzentrationskolonne F, die
das Wasser über die Leitung io absondert und über die Leitung i i beim Austritt
aus dem Kondensator i i die Verunreinigungen in maximaler Konzentration ausscheidet.
Die Beheizung der Kolonne P erfolgt durch ein Absorptionsgefäß oder eine Schlange,
die den Beheizungsdampf über die Leitung 25 erhalten.
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Die Pumpe N fördert über die Leitungen 12 und 13 die Phlegmen, die
nur noch geringe Reste von Verunreinigungen enthalten, in die Rektifikationskolonne
M. Diese letzten Spuren von Verunreinigungen werden entfernt: erstens soweit es
sich um solche der ersten Gruppe handelt, mit den bekannten Mitteln über die Leitungen
1q. und 16, zweitens, sofern es sich um solche der zweiten Gruppe handelt, durch
Pasteurisieren des Alkohols nach dem Verfahren B a r b e t über die Leitung 15.
Über
die Leitung 17 wird der rektifizierte Alkohol in sehr großer Reinheit abgezogen,
und zwar in einer Stärke von 96 bis 97° GL.