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Verfahren zur Gewinnung von reinem Azulen und dessen Derivaten aus
ihren natürlich vorkommenden Gemischen mit pflanzlichen Begleitstoffen oder aus
den durch Synthese gewonnenen Reaktionsprodukten
Es ist bekannt, daß Azulen und seine
Abkömmlinge mit aromatischen Trinitroverbindungen, insbesondere mit symmetrischem
Trinitrobenzol und Pikrinsäure, ferner mit Trinitrotoluol und Styphninsäure abtrennbare
Anlagerungsverbindungen mit bestimmten Schmelzpunkten liefern, die zu ihrer Kennzeichnung
beitragen.
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Weiterhin ist bekannt, daß die sich verschieden stark basisch verhaltenden
Azulene in hinreichend konzentrierten Mineralsäuren, wie Schwefelsäure, Phosphorsäure
und Salzsäure, unter Abwandlung ihrer ursprünglichen Farbe und Bildung des betreffenden
Azuleniumions salzartig lösen. Durch Verdünnen dieser konzentrierten Lösungen mit
Wasser werden die Azulene unverändert und in ihrer ursprünglichen Farbe wieder abgeschieden
und von andersartigen Begleitstoffen durch Extraktion mit organischen Lösungsmitteln
abgetrennt.
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Ähnlich wie mit Mineralsäuren bilden die Azulene mit Ferrocyanwasserstoffsäure
Anlagerungsverbindungen, die z. B. zur Abtrennung von Chamazulen aus dem ätherischen
Kamillenöl, dem sogenannten »Kamillenblauöl«, dienen können.
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Schließlich ist es bekannt, daß man Azulene von besonders hohem Reinheitsgrad
für spektrographische Auswertungen dadurch gewinnen kann, daß man die nach den obengenannten
Abtrennverfahren mehr oder weniger weitgehend rein erhal-
tenen
Azulene einer nochmaligen Reinigung durch chromatographische Adsorption an standardisiertem
Aluminiumoxyd unterwirft.
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Diese bisher für Azulene bekannten Methoden der Abtrennung und Reinigung
sind jedoch entweder nur bedingt geeignet oder in ihrer Anwendung kostspielig und
langwierig, insbesondere dann, wenn es sich um die Abtrennung und Reinaufarbeitung
größerer Rohazulenmengen handelt.
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So ist z. B. das Arbeiten mit größeren Mengen Pikrinsäure oder anderen
in Frage kommenden Nitroverbindungen gefährlich, die Ausschüttelungen mit flüssigen
Mineralsäuren sind besonders bei häufig auftretenden Emulsionsbildungen langwierig,
und die chromatographische Adsorptionstrennung ist infolge der Benötigung verhältnismäßig
sehr großer Mengen standardisierten Aluminiumoxyds kostspielig.
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Es wurde demgegenüber nun gefunden, daß man Azulene sowohl im kleinen
quantitativen als auch im größeren präparativen Maßstab aus ihren aus Naturstoffen
anfallenden oder synthetisch dargestellten Gemischen mit andersartigen Begleitstoffen
in sehr reiner oder weitgehend reiner Form gewinnen kann, indem man als Adduktbildner
Mono oder Polysulfonsäuren, insbesondere Sulfosalicylsäuren, verwendet.
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Mit den genannten Sufonsäuren treten die basisch reagierenden Azulene
auf Grund ihrer Fähigkeit, kationenpositive Azuleniumionen zu bilden, zu salzartigen
Anlagerungsverbindungen zusammen, die vorteilhafterweise in ihrer Adduktform selbst
nicht abgetrennt zu werden brauchen.
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Die Bildung dieser salzartigen Anlagerungsverbindungen wird z. B.
für Guajazulen durch das folgende Formelschema erläutert:
In Ausübung der Erfindung verreibt man den azulenhaltigen Ausgangsstoff mit festen
Mono-oder Polysulfonsäuren innig, z. B. 5-Sulfosalicylsäure oder Naphthalindisulfonsäure,
um die hierbei erhaltenen Anlagerungsprodukte derart zu zerlegen, daß reine Azulene
einerseits, Sulfonsäuren, wasserlösliche Verunreinigungen und Zerlegungsmittel andererseits
getrennt werden können. Es ist zweckmäßig, die 6- bis Iofache Menge des azulenhaltigen
Ausgangs stoffes an Mono- oder Polysulfonsäuren zu verwenden.
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Gegenüber zahlreichen wasserfreien organischen Lösungsmitteln, wie
Petroläther, Äther oder Benzol, die geeignete Extraktionsmittel für wasserunlösliche
Begleitstoffe sind, sind diese Sulfonsäure-Azulen-Anlagerungsverbindungen, auch
bei den Siedetemperaturen der genannten Lösungsmittel, beständig und werden erst
bei Zutritt von Wasser sofort wieder in das betreffende chemisch und physikalisch
unveränderte Azulen und die Sulfonsäure gespalten. Das Wasser nimmt dann außer der
Sulfonsäure auch die vorher im betreffenden Azulenrohprodukt enthalten gewesenen
wasserlöslichen Verunreinigungen auf, während das reine Azulen mit einem organischen
Lösungsmittel, z. B.
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Petroläther, der Suspension entzogen werden kann.
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Die Sulfonsäuren lassen sich in bekannter Weise aus der eingeengten
wäßrigen Phase zurückgewinnen und können erneut zur Bildung der Anlagerungsverbindung
verwendet werden.
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Man kann auch die Azulen-Sulfonsäure-Anlagerungsverbindungen zur
Abspaltung der Sulfonsäure, z. B. als Alkalisalz, durch überschüssige Alkalicarbonatlösungen
oder durch Verreiben mit festen Alkalicarbonaten zerlegen und das betreffende freigesetzte
reine Azulen oder Azulenderivat durch Extraktion oder durch Wasserdampfdestillation
abtrennen.
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Der Reinheitsgrad der auf diese Weise abgetrennten bzw. gereinigten
Azulene beträgt je nach Art, Vielfalt und Menge beigemengter Verunreinigungen go
bis IooO/o.
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Beispiel I 40 g eines in bekannter Weise durch Dehydrierung von azulenbildenden
Sesqui terpenfraktionen gewonnenen I, 4- Dimethyl - 7 - isopropylazulen-(= Guajazulen-)Rohproduktes
werden mit 240 g feingepulverter Sulfosalicylsäure (z. B. s-Sulfosalicylsäure +
2 Mol Kristallwasser Erg. Bd.
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D. A. B. IV), in einem Porzellanmörser innig verrieben. Hierbei entsteht
unter Verschwinden der tiefblauen Azulenfarbe infolge der Bildung einer Sulfonsäure
- Azulen - Anlagerungsverbindung ein helles, gelblichgraues oder olivfarhenes Pulver.
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Dieses wird mit wasserfreiem, mindestens über geglühtem Natriumsulfat
getrocknetem Petroläther in Anteilen mehrmals so lange ausgeschüttelt, bis der abdekandierte
oder unter Ausschluß von Luftfeuchtigkeit (Verdunstungskälte) rasch abfiltrierte,
grüngefärbte Petrolätherauszug nicht mehr gefärbt ist. Hierzu werden etwa dreimal
300 ccm und einbis zweimal 150 cm Petroläther gebraucht. An Stelle der genannten
Ausschüttelung ist auch eine Extraktion der Azulen-Sulfonsäure-Anlagerungsverbindung
in einer innen mit glattem, gehärtetem Filterpapier ausgekleideten Filterhülse mit
siedendem Petroläther in der Soxhletapparatur sehr
zweckmäßig. Statt
Petroläther kann auch wasserfreies, über Natrium destilliertes Benzol verwendet
werden.
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Die verbliebene pulvrige Azulen-Sulfonsäure-Anlagerungsverbindung
wird hierauf mit destilliertem Wasser versetzt, wobei sofort das chemisch unveränderte
Ausgangsazulen freigesetzt wird und eine tiefe Violettblaufärbung auftritt. Die
Sulfosalicylsäure geht dabei in Lösung. Das freigesetzte I, +-Dimethyl-7-isopropylazulen
wird aus der wäßrigen Suspension mit Petroläther erschöpfend ausgeschüttelt. Aus
der verbleibenden wäßrigen Phase wird durch Abdampfen des Wassers die Sulfosalicylsäure
zurüclçgewonnen und zur Reinigung aus gesättigter Kochsalzlösung umkristallisiert.
Die stark violettblaue azulenhaltige Petrolätherlösung wird mit destilliertem Wasser
gewaschen, mit geglühtem Natriumsulfat getrocknet, filtriert und der Petroläther
abdestilliert, zuletzt unter schwach vermindertem Druck. Der Rückstand an Guajazulen
betrug nach ein- bis zweistündigem Trocknen im Trockenschrank bei 1000 unter mehrmaligem
Beblasen mit Luft 37,16 g. Der durch Extinktionsmessungen benzolischer oder paraffinhaltiger
Lösungen im Pulfrich-Photometer (Filter S 6I) an Hand einer Eichextinktionskurve
für reinstes, kri.stalliertes Guajazulen ermittelte Reinheitsgrad des abgetrennten
I,q-Dimethyl-7-isop 1, 4-Dimethyl-7-isopropylazulens (= Guajazulen) betrug 99,8
bis I00°/o, gegenüber demjenigen von 93,1 0/o des Ausgangsproduktes.
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Somit war die Ausbeute des auf diese Weise erhaltenen reinen Guajazulens
praktisch quantitativ.
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Der bei der Extraktionsreinigung nach dem Waschen, Trocknen und Einengen
der grüngefärbten Petrolätherlösung anfallende Grünanteil wog 1,.5 g.
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Beispiel 2 11,7 g je nach Lagerzeit blaues bis dunkelgrünes ätherisches
Kamillenöl, das man in bekannter Weise durch Wasserdampfdestillation der Blüten
von echten Kamillen erhält werden mit II7 g feingepulverter, kristallwasserhaltiger
s-Sulfosalicylsäure innig zu einer pulverförmigen Masse verrieben, wobei die ursprüngliche
Kamillenölfarbe verschwindet und die Mischung eine olivgraue bis bräunlichgraue
Farbe annimmt. Nach einstündigem Aufbewahren wird das pulverartige Gemisch in der
im vorangegangenen Beispiel geschilderten Art in einer Soxhletvorrichtung so lange
mit siedendem, wasserfreiem Petroläther extrahiert, bis dieser ungefärbt in den
Destillierkolben zurückfließt, was nach etwa 4 bis 5 Stunden erreicht ist. Die nunmehr
das chamazulenfreie ätherische Kamillenöl enthaltende, grünlichgelbe Petrolätherlösung
wird mit Wasser gewaschen, getrocknet und der Fetroläther abdestilliert. Es verbleiben
7,6 g (65 O/o) eines teefarbenen, stark und angenehm nach Kamillen duftenden ätherischen
Öles.
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Zur Abtrennung weiterer Begleitstoffe, insbesondere von Harzanteilen,
wird die Sulfosalicylsäureanlagerungsverbindung in der Soxhlet-Vorrichtung mehrere
Stunden mit wasserfreiem Benzol extrahiert, bis das Benzol ungefärbt in den Destillierkolben
zurückfließt, dessen Inhalt inzwischen eine gelbbraune Färbung angenommen hat. Nach
dem üblichen Waschen, Trocknen und Einengen der benzolischen Lösung verbleiben o,I5
g (I3 O/o) eines in Petroläther unlöslichen chamazulenfreien Harzanteiles.
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Die in der Filterhülse verbliebene Sulfosalicylsäure - Chamazulen
- Anlagerungsverbindung wird zur Entfernung restlicher Mengen Benzol zweimal mit
wenig wasserfreiem Petroläther gewaschen, im lufttrockenen Zustand der Hülse entnommen,
mit reichlich Wasser versetzt und darauf das in Freiheit gesetzte Chamazulen mit
Petroläther extrahiert. Nach dem Abdestillieren der gewaschenen und getrockneten,
stark violetthlau gefärbten Petrolätherlösung verbleiben o,2g g (2,40/o) Chamazulen
von 93%igem Reinheitsgrad. Verglichen mit dem photometrisch ermittelten Chamazulengehalt
des verwendeten Kamillenöls von 2,76°/o, sind somit 87 °/o der theoretisch in diesem
enthaltenen Menge Chamazulen abgetrennt worden.
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Beispiel 3 3,2 g Chamazulen von 770/oigem Reinheitsgrad werden mit
25 g feingepulverter 5-Sulfosalicylsäure 2 H2 0 zu einem hellgrauen Pulver innig
verrieben und dieses in einer innen mit glattem (gehärtetem) Filtrierpapier ausgekleideten
Filterhülse oder einer Filterextraktionshülse aus Jenaer Sinterglas in der Soxhlet-Vorrichtung
4bis 5 Stunden mit wasserfreiem Benzol extrahiert. Die in der Hülse verbliebene
Chamazulen-Sulfonsäure-Anlagerungsverbindung wird mit einer reichlichen Menge Wasser
versetzt und das sich unmittelbar wieder abscheidende reine Chamazulen nach der
in den vorangegangenen Beispielen beschriebenen Weise abgetrennt. Ausbeute: 2,42
g Chamazulen von 96- bis 97'o/oigem Reinheitsgrad.
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Somit beträgt die Ausbeute an reinem Chamazulen 92 O/o der Theorie.
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Beispiel 4 10 g I, 4-Dimethyl-7-isopropylazulen (Rohprodukt, Reinheitsgrad
75 bis goO/o) werden mit 65 bis 70 g kristallwasserhaltiger, feinstgepulverter Naphthalindisulfonsäure-(I,
5) innig verrieben, wobei die stark violettblaue Azulenfarbe unter Bildung des naphthalin-r,
5-disulfonsauren Salzes des I,-Dimethyl-7-isopropylazulens verschwindet. Das hellgraugefärbte
Pulver wird in der im Beispiel 3 beschriebenen Weise durch Dekantieren oder besser
in einer Soxhlet-Vorrichtung mit wasserfreiem Petroläther oder wasserfreiem Benzol
mehrere Stunden extrahiert, die in der Hülse verbliebene Azulen Sulfonsäure - Anlagerungsverbindung
mit Wasser oder Alkalicarbonatlösung zerlegt und das freigesetzte reine I, 4-Dimethyl-7-isopropylazulen
abgetrennt. Der Reinheitsgrad des gereinigten I, 4-Dimethyl-7-isopropylazulens,
das in fast quantitativer Ausbeute anfällt, beträgt 99 bis 1000/0.
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Zur Herstellung azulenhaltiger Tabletten oder Dragees kann man 10
g Guajazulen und60 g feinstgepulverte 5-Sulfosalicylsäure (Erg.B>d. D.A.B. VI)
wie in den vorangegangenen Beispielen zu der pulverförmigen Anlagerungsverbindung
verreiben.
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Nach Zumischen von z. B. Milchzucker und Granulierung des Gemisches
mit einem nicht wäßrigen Lösungsmittel, das geringe Zusätze von Stearin, Paraffin
oder ähnlichen fettartigen Bindestoffen enthält, gelingt es, aus dem trockenen Granulat
etwa 1000 Tabletten bzw. Drageekerne mit einem Gehalt von je 10 mg Guajazulen zu
pressen. Durch Aufbringen entsprechender magensaftresistenter Überzüge auf die Kerne
können daraus auch nur dünndarmlösliche Dragees hergestellt werden.
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Beispiel 5 20 g I, 4-Dimethyl-7- isopropylazulen (Rohprodukt, Reinheitsgrad
etwa 8o 0/o) werden mit einem feingepulvertem Gemisch aus 60g 5-Sulfosalicylsäure
2 H 0 und 70 g I,S-Naphthalindisulfonsäure .4 4 H20 innig im Mörser verrieben.
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Die sich bildende Sulfonsäureanlagerungsverbindung, ein grünbraunes
Pulver, wird, wie im Beispiel I beschrieben,. anschließend mehrere Stunden mit wasserfreiem
Petroläther oder Benzol gereinigt. Daraufhin wird die Azulen-Sulfonsäure-Anlagerungsverbindung
mit einer reichlichen Menge destilliertem Wasser versetzt und auf diese Weise das
tiefblaugefärbte Azulen in Freiheit gesetzt. Durch sorgfältiges Ausschütteln mit
Petroläther wird das Azulen in sehr reiner Form (98 bis gg°/o) und in nahezu quantitativer
Ausbeute aus der wäßrigen Phase wiedergewonnen.