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Verfahren zur Herstellung plastischer Massen aus Ölen
Es ist bekannt,
daß man halogenhaltige Filmbildner, wie Polyvinylchlorid, durch Erhitzen mit hochsiedenden
aromatischen Erdölbestandteilen in plastischse Massen umwandeln kann.
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Es wurde nun gefunden, daß man plastische Massen von höherer Zerreißfestigkeit
und Elastizität erhält, wenn man ein oder mehrere Polymerisationsprodukte ungesättigter
aliphatischer Halogenkohlenwasserstoffe, z. B. von Vinylchlorid oder unsymmetrischen
Dichloräthylen, mit solchen Ölen erhitzt, die dlurch. eine zu aromatischen Kohlenwasserstoffen
führende thermische Behandlung von Erdölen, Teueren, Druckhydrierungs-, Spalt- oder
Extraltionsrodukten von Kohle, Teeren, Ölen oder bituminösen Rückständen oder Fraktionen
davon erhlalten wurden.
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Geeignete Au,sgangsöle erhält m.an z. B. durch Dehydrierung, Cyclisierung
und bzw. oder aromatisierende Druckhydrierung der genannten Öle bei 450 bis 6000,
vorteilhaft bei 500 bis 5500, wobei man die Temperatur dem zu verarbeitenden Ausgangsstoff
so anpaßt, daß keine stärkere Aufspaltung der Öle in niedrigermolekulare Kohlenwasserstoffe
eintritt. Geht man von verhältnismäßig niedrigsiedenden Ölen, z. B. Benzin, aus,
so ist es vorteilhaft, bei so hohen Temperaturen zu arbeiten, daß die als Nebenprodukte
entstehenden ungesättigten Kohlenwasserstoffe zu höher als Benzin siedenden cyclischen
Kohlenwasserstoffen polymerisiert werden. Die Dehydrierung kann in bekannter Weise
auch in Gegenwart von Sauerstoff, Schwefel oder Halogen durchgeführt werden.
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Die bei der thermischen Behandlung gewonnenen Öle werden, gegebenenfalls
nach weiterer Anreicherung der aromatischen Kohlenwasserstoffe, durch Destillation,
z. B. durch Abdestillieren der unter 2000, vofteilhaft unter 2500, siedenden Anteile,
oder durch selektive Zerlegung und gegebenenfalls nach Behandlung mit Luft oder
nach U.mwandlung durch Chlorierung, Nitrierung oder Sulfonierung, mit Polymerisationsprodukten
der genannten ungesättigten Kohlenwasserstoffe oder mit deren Mischpolymerisaten
mit anderen Stoffen, z. B. Acrylsäureestern oder Acrylnitril, auf 80 bis 200°, vorteilhaft
120 bis 160°, erhitzt. Die Erhitzungsdauer kann zwischen wenigen Minuten und 10
Stunden oder mehr schwanken; sie hängt von den gewünschten Eigenschaften des Erzeugnisses,
von der Schichtdicke der zu erhitzenden Stoffe und von der angewandten Temperatur
ab. Je tiefer die letztere liegt, desto länger muß erhitzt werden. Bei einer Temperatur
von 120 bis 150° genügt in der Regel eine Erhitzungsdauer von wenigen Minuten bis
I Stunde.
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Von polymeren Halogenkohlenwasserstoffen eignen sich besonders solche,
die einen K-Wert (= Eigenviskosität, s. »Cellulose-Chemie«, 1932, S. 58 ff. und
71 ff.) von über 70, vorteilhaft über 80, z. B. 100 bis 130, haben. Auch Gemische
dieser Polymerisationsprodukte unter sich oder mit solchen von geringerem K-Wert
können verwendet werden. Will man harz- oder leimartige Massen erhalten, so verwendet
man Polymerisationsprodukte von niedrigem K-Wert, z. B. 30. Die polymeren Halogenkohlenwasserstoffe
können vor dem Vermischen mit Öl noch mit Chlor behandelt werden.
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Die Menge des zuzusetzenden Polymerisations produkts kann in weiten
Grenzen schwanken. So erhält man schon mit wenigen Prozent Polyvinylchlorid, z.
B. 2 bis 10%, bezogen auf den öligen Ausgangsstoff, gallertartige Massen, die als
Starrschmieren, Weichmacher für Kautschuk oder andere Kunststoffe verwendet werden
können. Setzt man etwa 15 bis 40% Polymerisationsprodukt zu, so erhält man kautschukartige
Massen von großer Festigkeit. Man kann jedoch auch größere Mengen, z. B. 50 bis
100% oder mehr, bezogen auf die öligen Ausgangsstoffe, von dem Polymerisationsprodukt
anwenden, je nach den Eigenschaften, die das Erzeugnis haben soll.
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Den Gemischen aus Ölen und Polymerisationsprodukten kann man vor
oder während der Erhitzung noch Harze, Füllstoffe, Weichmacher, Farb- oder Riechstoffe,
Antioxydations- oder Polymerisationsmittel, Stoffe, die die Zersetzung der polymeren
Halogenkohlenwasserstoffe verhindern oder zurückdrängen, z. B. Bleioxyd, oder mehrere
dieser Stoffe zusetzen. Außerdem kann man noch andere polymerisierbare Verbindungen,
wie Butadien, Styrol, Acrylnitril, Acrylsäureester, oder cyclische Verbindungen,
wie Inden, Carbazol, Phenol oder insbesondere dessen höhere Homologen, gegebenenfalls
nach deren Polymerisation, oder Asphalte, Peche oder Rückstände der Hydrierung von
Kohle oder Öl oder Gemische davon zugeben.
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Die polymeren Halogenkohlenwasserstoffe können auch in wäßriger Emulsion
angewandt werden, zweckmäßig unter Verwendung von Emulgierungsmitteln, z. B. Alkalisalzen
alkylierter Naphthalinsulfonsäuren oder von Fettsäuren, wie der Palmitin- oder Oleinsäure.
In diesem Fall kann bei etwas tieferer Temperatur, z. B. 30 bis I00°, gearbeitet
werden.
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Man kann die öligen Ausgangs stoffe auch stufenweise mit den genannten
Stoffen mischen, indem man sie z. B. zunächst mit dem polymeren Halogenkohlenwasserstoff
unter schwachem Erwärmen zusammenbringt und dann Füllstoffe, Farbstoffe oder andere
der genannten Zusatzstoffe zugibt, wobei die Temperatur weiter erhöht werden kann,
um schon eine mehr oder weniger weitgehende Umwandlung in plastische Massen zu bewirken.
Die fertigen Gemische werden dann, zweckmäßig in Formen, auf höhere Temperatur erhitzt.
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Will man poröse plastische Massen gewinnen, so erhitzt man die Polymerisationsprodukte,
gegebenenfalls zusammen mit einem oder mehreren der genannten Zusatzstoffe, mit
einem Öl, das außer cyclischen Kohlenwasserstoffen noch solche Kohlenwasserstoffe,
die die polymeren ungesättigten Halogenkohlenwasserstoffe nicht zur Quellung bringen,
insbesondere paraffinische oder isoparaffinische Kohlenwasserstoffe, enthält, und
entfernt dann die nicht gebundenen Öle aus den Erzeugnissen, z. B. durch Auspressen,
Behandeln mit Wasserdampf oder heißem Wasser oder durch Auswaschen mit einem Lösungsmittel.
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Die so hergestellten Produkte lassen -sich wie Kautschuk für viele
Zwecke verwenden, so z. B. für hochelastische Lacküberzüge, für Kaschierungen, zum
Auskleiden von Gefäßen, zum Imprägnieren von Bekleidungsstücken, zum Lostfestmachen
von flächenförmigen Faserstoffgebilden, zur Herstellung von Fahrzeugreifen oder
-schläuchen, für Schuhsohlen oder -absätze, für Kabelisolierungen oder Dichtungen.
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Es ist nicht notwendig, die plastischen Massen vor der Verwendung
zu vulkanisieren; man kann dies jedoch nach den ;bei der Kautschukherstellung bekannten
Methoden tun. So setzt man z. B. Zinkoxyd, Schwefel und Ruß, Vulkanisationsbeschleuniger
und Antioxydationsmittel zu und erhitzt auf Temperaturen von 100 bis 180°, zweckmäßig
100 bis 120°. Dies ist besonders dann vorteilhaft, wenn den Mischungen noch Polymerisationsprodukte
von Olefinen oder Diolefinen zugemischt wurden. Auch Polysulfide, z. B. Natriumtetra-
oder -pentasulfid, können, besonders wenn die Ausgangsstoffe chloriert wurden, zugesetzt
werden.
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Bei den Mengenangaben in den folgenden Bei spielen handelt es sich
um Gewichtsteile.
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Beispiel I Über aktive Tonerde, die mit 5% Molybdänsäure beladen
ist, leitet man bei 6400 und unter einem Druck von 50 at mit einem Durchsatz von
I kg je
Liter Katalysatorraum und Stunde ein von 200 bis 3250 siedendes,
durch Druckhydrierung von Steinkohle gewonnenes Mittellöl und gleichzeitig je Kilogramm
Öl 1 cbm eines Gases;, das 45% Wasserstoff enthält. Nach je 12stündiger Betriebsdauer
wird der Katalysator durch Behandlung mit Sauerstoff regeneriert.
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Aus dem flüssigen Produkt erhält man 10% bis 200° siedendes hochklopffestes
Benzin und 86% von 200 bis 3400 siedendes Mittel öl, das über 90% aromatische Kohlenwasserstoffe
enthält.
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60 Teile des aromatischen Mittelöls werden mit 40 Teilen Polyvinylchlorid
mit dem K-Wert go bei etwa 40 bis 500 durchgeknetet, in Formen gepreßt und 10 Minuten
auf I500 erhitzt. Man erhält kautschukartige Stoffe von hoher Elastizität und Reißfestigkeit.
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B e i s p i e l 2 100 Teile des nach Beispiel I gewonnenen durchgekneteten
Gemisches von Polyvinylchlorid und aromatischem Mittelöl werden mit I5 Teilen Kalk,
2 Teilen Schwefel und I Teil Farbstoff verknetet und in der Spritzmaschine bei 1400
zu einem Schlauch verspritzt. Man erhält einen elastischen Schlauch von hoher Reißfestigkeit.
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Beispiel 3 30 Teile des nach Beispiel 1 hergestellten aromatischen
Mittelöls werden m.it 20 Teilen eines von 250 bis 3500 siedenden Schwelöls und 50
Teilen eines Mischpolymerisats, das aus So Teilen Vinylchlorid und 20 Teilen Acrylsäureäthylester
erhalten wurde, bei 500 verknetet. Das Gemisch wird bei 70 bis 80° ZU Fellen ausgewalzt,
die dann 20 Minuten auf 140° erhitzt werden. Zur Abtrennung des nicht gebundenen
Öls werden die Felle auf einer Walze ausgepreßt und dann mit Benzol extrahiert.
Man erhält einen feinporigen lederartigen Stoff, der an Stelle von Leder oder Linoleum
verwendet werden oder als Filtermasse dienen kann.
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B e i s p i e l 4 Eiln nach dem Spülgasverfahren aus Steinkohle gewonnenes,
von 250 bis 3500 siedendes Sclnveiöl wird bei 4000 unter einem Druck von 300 at
zusammen mit Wasserstoff über Tonerde geleitet, auf die Eisen, Nickel und Wolfram
aufgebracht sind.
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Nachdem so die Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel enthaltenden Verbindungen
entfernt werden, wird das Öl bei 505° zusammen mit 1,2 cbm eines 52% Wasserstoff
enthaltenden Gases je Kilogramm Öl über aktive Tonerde, die mit 6% Chromoxyd beladen
ist, geleitet. Der Gesamtdruck beträgt 50 at, der Wasserstoffpartialdruck 18 at.
Man erhält neben 11,5% Gasen ein flüssiges Produkt, das aus 24% klopffestem Benzin
und 76% Mittelöl mit einem Gehalt an aromatischen Kohlenwasserstoffen von 95% besteht.
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96 Teile des aromatischen Mittelöls werden mit 2 Teilen Polyvinylchlorid
mit dem K-Wert 110 bei etwa 400 verknetet. Man erhält eine harzartige Gallerte,
die zur Füllung von Brandbomben oder, gegebenenfalls nach Zusatz von Ö;len oder
Graphit, als Starrschmiere dienen kann.
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Beispiel 5 Das nach Beispiel 4 hergestellte aromatische Mittelöl
wird in eine von 200 bis 2500 und eine von 250 bis 3200 siedende Fraktion zerlegt.
20 Teile der ersten Fraktion werden mit 20 Teilen Polyvinylchloriid mit dem K-Wert
100 bei 400 ver- -knetet und dann 1/2 Stunde auf 80° erhitzt. In der gleichen Weise
werden 35 Teile der zweiten Fraktion mit 25 Teilen eines aus 80 Teilen Vinylchlorid
und 20 Teilen Acrylnitril hergestellten Mischpolymerisats vom K-Wert 70 erhitzt.
Die beiden Proedukte werden bei 800 zu Fellen ausgezogen und dann gemeinsam weiter
ausgewalzt. Die so entstehenden Platten werden 10 Minuten lang auf I500 erhitzt.
Man erhält sehr dehnbare, reißfeste kautschukartige Stoffe.
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Beispiel 6 In das nach Beispiel 4 gewonnene aromatische Mittelöl
wird so lange Chlor eingeleitet, bis das Öl 200/0 davon aufgenommen hat. 65 Teile
des chlorierten Produkts werden mit 35 Teilen nachchloriertem PolyvinylchLorid mi.t
dem K-Wert go bei etwa 40° verknetet, mit 2 Teilen Bleioxyd versetzt und mit Hilfe
einer Spritzmaschine um Drähte gespritzt. Die so hergestellten Überzüge hauben eine
hohe Elastizität und ein gutes elektrisches Isoliervermögen.
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Beispiel 7 Ein von 100 bis 2000 siedendes, aus rumlänischem Erdöl
gewonnenes Schwerbenzin wird zusammen mit o,8 cbm eines 3.50/0 Wasserstoff enthaltenden
Gases je Kilogramm Benzin bei 4800 über aktive Tonerde, die mit 3% Wolframsäure
beladen ist ,geleitet. Der Gesamtdruck beträgt 30 at, der Wasserstoffpartialdruck
10 at. Man erhält ein flüssiges Produkt, das zu 92% aus klopffestem Benzin von der
Oktanzahl 8s und zu 8% aus einem von 200 bis 300° siedenden, 90% aromatische Kohlenwasserstoffe
enthaltenden Mittelöl besteht.
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45 Teile des aromatischen Mittelöls werden mit 55 Teilen Polyvinylchlorid
mit dem K-Wert 80 bei 500 verknetet. Nach Zusatz von 5 Teilen Trikresylphosphat
wird unter Erhöhen der Temperatur auf 800 weiter verknetet. Das Gemisch, dem noch
10 Teile Schiefermehl, 0,2 Teile Farbstoff und I Teil Schwefel zugegeben werden,
wird in einer Spritzmaschine bei I40 bis I500 auf Fahrradschläuche verarbeitet.
Man erhält sehr elastische, luftdichte Schläuche von großer Reißfestigkeit.