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Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen einseitig geschlossener Hohlkörper,
Rohre u. dgl. Die Herstellung einseitig geschlossener Hohlkörper durch vereinigtes
Ziehen und Strangpressen ist bekannt. Bei diesem Verfahren zieht der Lochdorn am
austretenden Querschnitt, während auf die Schulter des Hohlblocks ein Preßdruck
ausgeübt wird.
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Beim reinen Strangpressen auf mechanischen Pressen ergibt sich beim
Auftreffen des Preßstempels auf das in die Matrize eingeschobene Werkstück durch
das plötzliche Abbremsen des Preßstempelantriebs eine schlagartige Einwirkung auf
das Werkstück, durch die der Schulterdruck erhöht und der Materialfluß in Gang gebracht
wird. Man hat eine solche schlagartige Einwirkung auf das Werkstück für unbedingt
erforderlich gehalten und daher versucht, sie mechanisch oder durch Explosionen
auch beim vereinigten Ziehen und Strangpressen auf hydraulischen Pressen mit angetriebenem
Dorn hervorzurufen. Derartige Vorschläge haben jedoch keinen Eingang in die Praxis
gefunden, weil es so nicht gelingt, die Verformungsarbeit in richtigem Verhältnis
auf den Dorn und den Preßstempel zu verteilen. Das aber ist die Aufgabe, die dieser
Erfindung zugrunde liegt.
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Auf Rohrstoßbänken und Ziehpressen arbeitet man im allgemeinen mit
Abnahmen von etwa zoo/o und weniger. Der Querschnitt des durch reines Ziehen hergestellten
Enderzeugnisses macht also
etwa 8o 0/a des Ausgangsquerschnitts
aus. Begnügt man sich nun beim vereinigten Ziehen und Strangpressen mit einer verhältnismäßig
geringen Verformung, beispielsweise mit einer Streckung des Ausgangswerkstücks um
das Doppelte, und nimmt man den Einsatzquerschnitt mit i an, dann beträgt der Endquerschnitt
0,5 und die Querschnittsverminderung durch Ziehen (o,5 : 0,80 -0,5 = 0,i25
oder 25 % der gesamten Querschnittsverminderung. Die restlichen 75 % der Verformungsarbeit
müssen beim vereinigten Ziehen und Pressen also vom Preßstempel aufgebracht werden.
Der dabei von ihm auszuübende Schulterdruck ist daher selbst bei geringer Gesamtverformung
beträchtlich, zumal zusätzlich der Reibungswiderstand des Werkstücks an der Matrizeiiwandung
aufgebracht werden muß. Bei einer Materialstreckung auf das Vierfache entspricht
dem Ausgangsquerschnitt i ein Endquerschnitt von o,25. An der Gesamtabnahme von
0,75
ist in diesem Falle die Dornarbeit nur mit (0,2j : 0,80 - 0,25
= 0,o6 oder 8 °/o beteiligt. 92 % der Verformungsarbeit entfallen demnach auf Strangpreßarbeit.
Setzt man nun voraus, daß der leine Strangpreßvorgang mit dem gleichen Formänderungswirkungsgrad
durchgeführt werden kann wie der reine Ziehvorgang, dann ergibt sich bei zweifacher
Streckung ein Verhältnis von Schulterdruck zu Dorndruck voll 3 : i und bei vierfacher
Streckung ein solches von rund 12 : i. Dabei ist der vom Preßstempel zusätzlich
zu überwindende Reibungswiderstand des Werkstücks an der Matrizenwandung noch nicht
berücksichtigt. Außerdem aber haben Preßstempel und Ziehdorn auch der jeweiligen
Streckung entsprechende unterschiedliche Arbeitswege.
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Damit es verformt werden kann, muß man das Werkstück einer solchen
Flächenpressung pro Quadratzentimeter unterwerfen, daß es in den plastischen Zustand
übergeht. In diesem Zustand legt sich das Werkstück aber mit um so höherer Flächenpressung
gegen die Matrizenwandung an, je größer der vom Preßstempel notwendigerweise auszuübende
Schulterdruck ist. Bei langen Rohlingen und großer Streckung kann dabei der Reibungswiderstand
an der Matrizenwandung so groß werden, daß die gesamte, vom Preßstempel ausgeübte
Kraft gerade zu dessen Überwindung ausreicht, Verformungsarbeit aber nicht geleistet
wird. jede Erhöhung des Stempeldrucks würde nur mit einer Steigerung der Flächenpressung
zwischen Werkstück und Matrize verbunden sein.
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Von diesen Erkenntnissen geht die Erfindung aus. Sie hat zum Ziel
die Herstellung einseitig geschlossener Hohlkörper, Rohre u. dgl. von verhältnismäßig
großer Länge auf mit angetriebenem Dorn arbeitenden Strangpressen. Gelöst wird diese
Aufgabe mit dem allgemeinen Vorschlag, einen erheblichen Teil des sich beim vereinigten
Ziehen und Strangpressen bisher als Matrizenwandpressung äußernden Preßstempeldrucks
in Dornwandpressung umzuwandeln, mit der dann Zieharbeit geleistet werden kann.
Da die gedrückten Flächen zwischen Matrize und Dorn gleich lang sind, trägt der
Dorn um so mehr zur Überwindung der Materialreibung an der Matrizenwandung bei,
je größer sein Durchmesser ist. Am günstigsten wickelt sich die Verformung ab, wenn
gemäß dem Verfahren nach der Erfindung für den auf den Dorn einerseits und die Schulter
des Lochstücks andererseits auszuübendenDruckvon einem Verhältnis ausgegangen wird,
das gleich oder größer ist als das Verhältnis des Dorndurchmessers zum Matrizendurchmesser,
und der sich daraus ergebende Schulterdruck um denjenigen Druck vermehrt wird, der
notwendig ist, den Werkstoff in den plastischen Zustand zu versetzen. Letzterer
Druck beträgt bei den beim Strangpressen üblichen Temperaturen erfahrungsgemäß etwa
500 kg/cm2.
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Geht man davon aus, daß ein Lochstück von 6o cm Länge, einem Außendurchmesser
von dm
= 30 cm und einem Innendurchmesser von dD
= i2 cm (dm
: dD
= 5 : 2) bei dreifacher Streckung durch vereinigtes Ziehen und
Strangpressen auf einen Hohlkörper mit einem Außendurchmesser von 2o cm und einem
Innendurchmesser von 12 cm zu verformen ist, dann errechnen sich die dafür erfindungsgemäß
aufzuwendenden Dorn- und Schulterdrücke folgendermaßen: Der für die Überführung
des Werkstoffs in den plastischen Zustand aufzuwendende Schulterdruck
(PP) beträgt bei einer Formänderungsfestigkeit
(K f)
von
500 kg/cm2:
Unter Berücksichtigung eines Reibungswiderstandes von = o,2 und des durch den plastisch
gewordenen Werkstoff auf die Wandungen übertragenen Flächendrucks von 50o kg/cm2
ergeben sich nachstehende Dorn- und Schulterdrücke:
Dorndruck PD = dD # Z . l . 500 # 0,2 |
= 12 . 3,14 -6o . 500 . 0,2 |
= ^- 226 t |
Schulterdruck PS = dhT # z # l # 500 # 0,2 |
= 30-3.r4-6o#5oo#o,2 |
= 565 t |
Der Schulterdruck PS von 565 t ist nun noch um den Betrag von
300 t (Formänderungsdruck)
zu erhöhen, so daß insgesamt aufzuwenden sind als
i. Dorndruck = 226 t |
2. Schulterdruck = 865 t |
3. Gesamtdruck = iogi t |
In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel einer zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens dienenden Anlage schematisch dargestellt. Es zeigen Abb. i bis 4 die
Anlage in verschiedenen Arbeitsstellungen, Abb. 5 und 6 in vergrößertem Maßstab
Teile der Anlage und
Abb. 7 in graphischer Darstellung die an Matrize
und Dorn auftretenden Flächenpressungen.
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In Preßzylindern i und Rückholzylindern 2 sind Plunger 3 gelagert,
die über eine Traverse q. mit dem Preßstempel 5 verbunden sind. Durch die zentrale
Bohrung des Preßstempels ist Dornstange 6 geführt, die von einer Traverse 7 gehalten
wird. An ihr greifen eine angetriebene Zahnstange 8 und Plunger 9 an, die in Preßzylindern
io geführt und zur Hubbegrenzung mit Anschlägen i i versehen sind. Auf der dem Antrieb
abgekehrten Seite der Matrize 12 liegt eine Spritzdüse 13, an die sich der mit Ziehringen
14. oder Rollenkalibern ausgestattete Ziehteil anschließt. Im Gehäuse der Matrize
12 befindet sich eine Ausnehmung 15, in die eine Druckplatte 16 einzulegen ist.
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Nachdem das Ausgangswerkstück 20 vor den Preßstempel 5 gebracht ist,
werden durch Aufgeben von Druckwasser auf die Zylinder i die Plunger 3 und mit ihnen
Traverse q. und Preßstempel 5 nach vorn gedrückt (Abb. i). Dabei schiebt Stempel
5 das Werkstück 2o bis zum Anschlag an die Spritzdüse 13 in die Matrize 12 ein (Abb.
2). Durch Aufgeben von Druckwasser auf die Zylinder io wird über Plunger 9 und Traverse
7 der Dorn vorgetrieben, wodurch das Vorlochen des Werkstücks 21 erfolgt (Abb.3).
Bis zur Beendigung des Vorlochens ist der Materialaustritt aus Düse 13 durch die
Druckplatte 16 versperrt. Durch die Anschläge i i, die den Hub der Plunger 9 begrenzen,
regelt sich die Eindringtiefe des Dorns 6 in -das Lochstück 21. Nunmehr wird Platte
16 entfernt und der Dorn durch Antrieb der Zahnstange 8 über die Matrize hinaus
vorgestoßen, wobei der Stempel s unter vollem Preßdruck steht und auf den Einsatzquerschnitt
des Lochstücks 21 einwirkt. Das aus der Spritzdüse 13 heraus- und durch die Ziehringe
14 gedrückte Werkstück wird in der üblichen Weise zu einem Rohr oder Hohlkörper
22 ausgezogen (Abb. 4).
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Nach Beendigung des Arbeitshubs bringen die Plunger 3 durch Aufgabe
von Druckwasser auf die Rückholzylinder 2 den Preßstempel wieder in seine Ausgangsstellung
zurück. Gleichzeitig zieht die Zahnstange 8 durch Umkehr ihres Antriebs auch den
Dorn 6 zurück, wobei durch die Traverse 7 die Plunger 9 wieder in die Zylinder io
eingeschoben werden. Darauf beginnt ein neues Arbeitsspiel. Die zum Abstreifen des
Rohrs 22 von dem zurückgehenden Dorn dienende Einrichtung ist der Einfachheit halber
nicht dargestellt. Andererseits kann auch das Lösen des Rohrs vom Dorn auf anderen,
der erfindungsgemäßen Einrichtung nachgeschalteten bekanntenLösewalzwerken bewerkstelligt
und jeweils in bekannter Weise eine neue Dornstange verwendet werden.
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Abb.5 zeigt eine Einrichtung zur Entfernung des restlichen Kragens
23 an Rohr 22. Vor Beginn des Arbeitshubes wird eine Druckscheibe 17 vor den Preßstempel
5 in Matrize 12 eingelegt. Diese Scheibe trägt einen der (,->uerschnittsform der
Düse 13 entsprechenden vorderen Ansatz 18. Dessen Neigung ist jedoch so bemessen,
daß nach Beendigung des Arbeitshubes (strichpunktierte Stellung) ein Kragen 23 des
Rohrs 22 vor,der Düse 13 in der Matrize verbleibt. Dieser Kragen hat eine von innen
nach außen verjüngte Form und kann durch den weiterziehenden Dorn ohne weiteres
aus der Matrize bzw. der Spritzdüse herausgezogen werden.
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In Abb.6 ist der Beginn der Verformung des Lochstücks 21 nach Entfernen
der Druckplatte 16 dargestellt. Durch den Druck des Preßstempels 5 wird an der Innenwandung
der Matrize 12 eine der Flächenpressung entsprechende Reibung x und an dem Mantel
des Dorns 6 eine der Flächenpressung entsprechende Reibung y erzeugt (Abb. 7). Als
sich auswirkender Reibungswiderstand ergibt sich die Strecke x. = x - y.
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Die größtmögliche Einsatzlänge des Werkstücks 2o bestimmt sich nach
dem Verhältnis von Dorn-und Matrizendurchmesser und dem erfindungsgemäß davon abhängigen
Verhältnis von Dorn- und Preßstempeldruck. Da die wirksame Matrizenreibung x1 im
Vergleich zu der ohne Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens vorhandenen Reibung
x sehr klein ist, leuchtet es ohne weiteres ein, daß die Einsatzlänge gegenüber
der bei den bekannten Verfahren zulässigen wesentlich erhöht und durchweg auf mehr
als dem i,5fachen des Matrizendurchmessers gehalten werden kann.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren kann die Reibung zwischen Werkstück
und Matrizenwandung durch Schmierung verringert und diejenige zwischen Werkstück
und Dornmantel entweder unbeeinflußt oder durch an sich bekannte Mittel erhöht werden.