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Gleichstrom-Hochspannungs-Kraftübertragung Die Erfindung bezieht sich
auf Gleichstrom-Hochspannungs-Kraftübertragungen, bei denen die Umformer an den
Enden der Übertragungsleitung als Stromrichter ausgebildet sind. Welcher Art die
Stromrichter dabei sind, ist an sich gleichgültig. Es können entweder Stromrichter
mit eindeutiger Durchlaßrichtung, wie z. B. Quecksilberdampfstromrichter, verwendet
werden; die Stromrichter können aber auch als Kontaktstromrichter, insbesondere
mit Schaltdrosseln zur Verbesserung der Kommutierung, ausgebildet sein, die sich
von den mit Entladungsstrecken arbeitenden Umformern dadurch unterscheiden, daß
sie keinen Ventilcharakter besitzen, so daß bei ihnen auch die Möglichkeit der Stromrichtungsumkehr
gegeben ist. Für derartige Kraftübertragungsanlagen bestehen bestimmte Grenzen der
Belastbarkeit, die in dem Verhalten des Wechselrichters begründet liegen. Ein Wechselrichter
besitzt nämlich eine sogenannte Trittgrenze, d. h. eine von verschiedenen sonstigen
Betriebszuständen abhängige Stromgrenze, bei der er nicht mehr kommutieren kann.
Beim Ventilwechselrichter äußert sich ein Überschreiten der Trittgrenze in der Weise,
daß die gerade stromführende Ventilstrecke nicht mehr imstande ist, den Strom an
die in der Phasenfolge benachbarte
Ventilstrecke abzugeben. Beim
Kontaktwechselrichter verlaufen die inneren Vorgänge an sich ganz ähnlich; ein Überschreiten
der Trittgrenze hat dabei den Erfolg, daß eine funkenlose Öffnung des abzulösenden
Kontaktes nicht mehr möglich ist. Der Erfindungsgegenstand besteht demgemäß in Maßnahmen,
die zum Ziele haben, durch Eingriffe in die Steuerung der Stromrichter ein überschreiten
der Trittgrenze bei allen Belastungszuständen bzw. Belastungsänderungen zu verhindern.
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Um das Verständnis des Erfindungsgegenstands zu erleichtern, möge
an Hand .der Zeichnung der Kommutierungsvorgang bei einem Wechselrichter näher betrachtet
werden. Um einen Übergang der Stromführung von der Phase z zu der Phase 2 bei Wechselrichterbetrieb
zu ermöglichen, ist es bekanntlich erforderlich, die Phase 2, sei es durch Gittersteuerung,
sei es durch Schließen des vorschalteten Kontaktes, bereits vor dem Zeitpunkt der
Spannungsgleichheit, d. h. vor dem Schnittpunkt der Spannungskurven ei und e2 in
den Stromkreis einzuschalten. Die Stromführung geht beim Zuschalten der Folgephase
nun keineswegs plötzlich, sondern wegen der vorhandenen Induktivitäten nur allmählich
auf die Folgephase über. Es entsteht infolgedessen ein Überlappungsintervall, währenddessen
beide Phasen gleichzeitig an der Stromführung beteiligt sind. Die Größe dieses Überlappungsintervalls
der Ströme stellt sich sowohl beim Ventilstromrichter als auch beim Kontaktstromrichter
ganz automatisch ein. Beim Kontaktstromrichter muß dabei dafür gesorgt sein, daß
die überlappungsdauer der Kontaktschließungszeiten mindestens ebenso groß ist wie
das Überlappungsintervall der Ströme.
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Auf den durch die Stromüberlappung gebildeten kommutierenden Kreis
wirkt die Differenz e"= e1-e. der beiden aufeinanderfolgenden Phasenspannungen als
Wendespannung ein. Die Gleichspannung ug des Wechselrichters, die hier als Gegenspannung
gegenüber der treibenden Gleichspannung wirkt, verläuft während der Übergabedauer
zt nach der Mittelwertkurve
zwischen den Spannungen der beiden kommutierenden Transformatorphasen. Hierdurch
erhöht sich beim Wechselrichter die zuzuführende Gleichspannung bei Belastung gegenüber
der EMK um den der schraffierten Fläche entsprechenden Betrag. Die Kommutierung
des Wechselrichters unterliegt nun der Bedingung, daß das Ende der Stromüberlappungsdauer
u theoretisch spätestens im Zeitpunkt der Spannungsgleichheit liegt. Praktisch wird
man wegen der erforderlichen Entionisierungszeit und wegen etwaiger Steuerungsgenauigkeiten
noch einen gewissen Sicherheitsabstand ß, zwischen dem Endpunkt der überlappung
und dem Zeitpunkt der Spannungsgleichheit aufrechterhalten müssen. Es fragt sich
nun, unter welchen Voraussetzungen die genannte Kommutierungsbedingung für den Wechselrichter
erfüllt ist.
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Für eine gegebene Induktivität L des kommutierenden Kreises ergibt
sich durch Integration der Spannung an einer Induktivität im Wechselstromkreis e"
= -L -
über den Stromübergabeabschnitt zt die Beziehung
Hierin ist 19 der zu übergebende Gleichstrom, und der Ausdruck auf der linken
Seite der Gleichung ist die über den Zeitabschnitt der Übergabedauer von den Anodenspannungen
der kommutierenden Phasen eingeschlossene Wendespannungsfläche. Diese Wendespannungsfläche
ist, wie aus der Zeichnung ersichtlich, doppelt so groß wie die schraffierte Spannungsabfallfläche.
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Bei gegebener Induktivität ist die Größe der Wendespannungsfläche
gemäß der angegebenen Gleichung nur abhängig von dem Gleichstrom Jg und diesem verhältnisgleich,
dagegen vollkommen unabhängig von dem Grad der Aussteuerung, d. h. von dem Winkel
fl; um den die Einschaltung bzw. Zündung der Folgephase dem Zeitpunkt der Spannungsgleichheit
vorauseilt. Der Überlappungswinkel u ändert sich dementsprechend mit der Aussteuerung.
Dieser ist am kleinsten bei einem Steuerwinkel von 9o°' (große Wendespannung) und
am größten bei voller Aussteuerung (kleinste Wendespannung). Weiterhin hängt bei
gegebenem Gleichstrom J, die Größe des überlappungswinkels auch noch ab von der
Größe der Phasenspannungen. Je kleiner diese ist, um so größer wird der Überlappungswinkel
u.
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Von besonderer Bedeutung für Gleichstrom-Hochspannungs-Kraftübertragungen
ist eine Kontaktstromrichtergattung, bei der in Reihe mit den Schaltkontakten zur
Verbesserung der Kommutierung sogenannte Schaltdrosseln geschaltet sind, d. h. Drosselspulen,
die sich bei Überschreitung eines bestimmten noch funkenfrei zu unterbrechenden
Stromes sprunghaft sättigen. Der Kommutierungsvorgang bei einem solchen Kontaktstromrichter
verläuft in der Art, daß nach erfolgter Zuschaltung der Folgephase zunächst nur
eine ganz langsame, flach verlaufende Stromänderung einsetzt. Erst in dem Augenblick,
in dem die Schaltdrossel des Folgekontaktes ihren Sättigungszustand erreicht, beginnt
eine rasche Stromänderung, an die sich dann schließlich wiederum ein Zeitabschnitt
mit langsamer Stromänderung anschließt. Die gesamte Zu- bzw. Abnahme des Stromes
während der Zeiten langsamer Änderung ist verschwindend gering, so daß als eigentlicher
Kommutierungsvorgang nur der Zeitabschnitt zu gelten hat, währenddessen beide Schaltdrosseln
des Kommutierungskreises gesättigt sind. Das Ende dieses Zeitabschnittes ist dann
auch für die Überlastbarkeit bzw. für die Erreichung der Trittgrenze maßgebend.
Der Beginn des genannten Zeitabschnittes legt unabhängig von dem eigentlichen Einschaltzeitpunkt
den Aussteuerungsgrad des Stromrichters fest. Man kann den Aussteuerungsgrad cos
ß unter anderem also dadurch verändern, daß man bei festliegendem Einschaltzeitpunkt
die Länge der flach
verlaufenden Einschaltstufe verändert, was beispielsweise
durch Vormagnetisierung der Schaltdrosseln geschehen kann. Im übrigen gelten für
den Kontaktwechselrichter der genannten Gattung genau die gleichen Überlegungen,
-wie sie oben ganz allgemein angestellt wurden.
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Um nun im Betrieb ein Außertrittfallen des Wechselrichters unter allen
Umständen zu verhindern, wird gemäß der Erfindung vorgeschlagen, die Gleich-EMK
des am Anfang der Übertragungsleitung befindlichen Gleichrichters bei Überschreitung
einer bestimmten Stromgrenze, die sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Größe
der zulässigen Wendespannungsfläche des Wechselrichters verschiebt, herabzusetzen.
Unter der zulässigen Wendespannungsfläche ist dabei diejenige Fläche zwischen den
Phasenspannungskurven zu verstehen, die auf der einen Seite durch den Beginn der
überlappungszeit (Voreilwinkel ß) begrenzt ist und bis zu dem Sicherheitsvoreilwinkel
ß, heranreicht. Durch diese Fläche ist der größte Wert der Überlappungszeit festgelegt,
bei dem noch eine Kommutierung des Wechselrichters mit Sicherheit möglich ist. Es
ist bereits der Vorschlag gemacht worden, beim Anwachsen des Belastungsstromes die
Steuerung des Wechselrichters so zu beeinflussen, daß der Steuerwinkel ß vergrößert
wird. Damit wird die zulässige Wendespannungsfläche ebenfalls vergrößert und die
Gefahr eines Außertrittfallens vermindert. Dieses Steuerverfahren hat jedoch den
Nachteil, daß gleichzeitig damit wegen der Herabsetzung der Gleich-EMK eine Erhöhung
des Stromes stattfindet, so daß der Gewinn an Überlastungssicherheit nur verhältnismäßig
gering ist und außerdem in dem gespeisten Wechselstromnetz unerwünschte Stromerhöhungen
entstehen. Diese Nachteile werden bei der erfindungsgemäßen Anordnung vermieden.
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Die Regelung der zugeführten Gleichspannung kann in beliebiger Art
erfolgen. Man kann entweder die Steuerung des Gleichrichters beeinflussen oder die
diesem zugeführte Wechselspannung herabsetzen. Die Regelung erfolgt zweckmäßig in
der Art, daß die genannte Stromgrenze, die in ihrem Betrag von der jeweilig zulässigen
Wendespannungsfläche des Wechselrichters abhängt, überhaupt nicht überschritten
werden kann. Bei Erreichung dieser Grenze wird also der Gleichrichter, solange die
Wendespannung konstant bleibt, auf konstanten Strom geregelt.
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Die am Gleichrichter vorzusehende Regelanordnung kann so ausgestaltet
sein, daß sie von dem Strom auf der Gleichrichterseite der Übertragung, und zwar
entweder von dem Wechselstrom oder auch von dem Gleichstrom, beeinflußt wird. Falls
jedoch an der Übertragungsleitung noch andere Verbraucher hängen, so kann es auch
zweckmäßig sein, die Ströme in dem Wechselrichter zu messen und die entsprechenden
Meßgrößen dann durch eine Fernwirkeinriehtung auf die Gleichrichterregelung zu übertragen.
Die Fernwirkeinrichtungen können dabei in beliebiger Wise ausgestaltet sein. Man
kann zur Übertragung der Meßgröße entweder eine besondere Leitung benutzen oder
die Übertragungsleitung selbst als Träger für die Steuerimpulse verwenden, beispielsweise
unter Zuhilfenahme von Hochfrequenz. Für die Übertragung des jeweiligen Wertes der
zulässigen Wendespannungsfläche auf die Regeleinrichtung des Gleichrichters ist
eine Fernwirkeinrichtung nicht zu umgehen. Auch hier kann man die Fernwirkeinrichtung
in irgendeiner bekannten Art ausbilden.
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Besonders wichtig ist es, daß die Übertragung der Meßgrößen sowie
die Beeinflussung der Gleichrichterspannung möglichst trägheitslos erfolgt. Man
wird infolgedessen vorteilhaft für diesen Zweck trägheitslose Relais, wie z. B.
Elektronenröhren, oder Gas- oder Dampfentladungsstrecken verwenden. Der Grad der
Kommutierungssicherheit des Wechselrichters hängt davon ab, wie die Stromgrenze,
bei der die Gleichrichterspannung herabgeregelt wird, in bezug auf die Größe der
jeweiligen zuverlässigen Wendespannungsfläche gelegt wird. Um die Kommutierungssicherheit
der Art des Betriebes jederzeit anpassen zu können, ist es zweckmäßig, die Abhängigkeit
zwischen der genannten Stromgrenze und der zulässigen Wendespannungsfläche willkürlich
einstellbar zu machen.
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Für die Bestimmung der zulässigen Wendespannungsfläche bzw. für die
Festlegung der dieser Größe entsprechenden Meßgröße bestehen eine ganze Reihe von
Möglichkeiten. Wenn die Aussteuerung des Wechselrichters unverändert bleibt, so
stellt bereits die Größe der Wechselspannung des gespeisten Netzes ein Kriterium
für die Größe der zulässigen Wendespannungsfläche dar. Je höher die Wechselspannung
des gespeisten Netzes, um so höher ist auch die zulässige Wendespannungsfläche.
Die Beeinflussung der Gleichspannung durch die Spannung des gespeisten Wechselstromnetzes
ist von großer Wichtigkeit, da beim Herabsinken dieser Wechselspannung die zulässige
Wendespannungsfläche kleiner wird, während die erforderliche Wendespannungsfläche
nicht nur gleichbleibt, sondern sogar anwächst, da wegen des mit dem Absinken der
Wechselspannung verbundenen Absinkens der Wechselrichter-EMK ein Anwachsen des Stromes
eintritt. Das bedeutet, daß der sich einstellende überlappungswinkel in doppelter
Hinsicht zunimmt und dabei den eingestellten höchstzulässigen Überlappungswinkel
überschreiten kann, wenn nicht besondere Maßnahmen ergriffen werden.
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Wenn die Aussteuerung des Wechselrichters, sei es willkürlich, sei
es selbsttätig, in Abhängigkeit von irgendwelchen Betriebsgrößen veränderlich ist,
so wird man zweckmäßig auch eine dem Aussteuerungsgrad entsprechende Meßgröße auf
die Regeleinrichtung des Gleichrichters zur Einwirkung bringen. Je niedriger die
Aussteuerung des Wechselrichters ist, mit je größerem Voreilwinkel dieser also betrieben
wird, um so höher kann die Stromgrenze liegen, bei der die Beeinflussung der Gleichrichterspannung
einsetzt.
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Es sei noch darauf hingewiesen, daß die Wendespannung keineswegs in
allen Fällen nur von der Wechselspannung des gespeisten Netzes abzuhängen
braucht,
da unter Umständen auch eine besondere Wendespannung von einer fremden Spannungsduelle
her, z. B. von einer Kommutierungsmaschine oder von einem geladenen Kondensator,
eingeführt werden kann. Hierauf müß naturgemäß bei der Ausgestaltung der erfindungsgemäßen
Regelanordnung Rücksicht genommen werden.
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Die beschriebenen Maßnahmen sind bei Verwendung eines Ventilwechselrichters
zur Aufrechterhaltung eines stabilen Betriebes im allgemeinen ausreichend; bei Kontaktstromrichtern
genügen diese Regelmaßnahmen jedoch unter Umständen noch nicht, da in diesem Fall
noch die Gefahr besteht, daß sich die Stromrichtung in der Übertragungsleitung und
damit in den Stromrichtern umkehrt. Das würde beim Kontaktwechselrichter eine starke
Funkenbildung an den Kontakten hervorrufen, da die für Wechselrichterbetrieb eingestellten
Schaltzeitpunkte keine einwandfreie Kommutierung bei Gleichrichterbetrieb ermöglichen.
Man kann die Entstehung eines Rückstromes von vornherein dadurch unterbinden, daß
man nur einen der beiden Stromrichter als Kontaktstromrichter, den anderen dagegen
als Ventilstromrichter ausbildet. Sind jedoch beide als Kontaktstromrichter ausgebildet,
so ist es zweckmäßig, die Steuerung bei Unterschreitung eines Mindeststromes so
zu beeinflussen, daß das Verhältnis der Gleichrichter-EMK zur Wechselrichter-EMK
nicht weiter absinkt. Es genügt unter Umständen zur Erreichung dieses Zieles, wenn
nur die Steuerung des einen Stromrichters beeinflußt wird. Häufig wird es jedoch
zweckmäßig sein, beide Stromrichter gleichzeitig zu regeln, wenn sich der genannte
Betriebszustand einstellt. Um hierbei Betriebszustände auszuschließen, bei denen
aus anderen Gründen die Gefahr der Instabilität auftreten kann, kann man die Anordnung
auch so treffen, daß in bestimmten Regelbereichen nur der Gleichrichter, in anderen
Regelbereichen nur der Wechselrichter beeinflußt wird. Das schließt jedoch nicht
aus, daß auch noch Regelbereiche vorhanden sind, in denen beide gleichzeitig beeinflußt
werden. Durch die gleichzeiti@ge Beeinflussung läßt sich nämlich eine wesentliche
höhere Regelgeschwindigkeit erzielen, wenn die EMK des einen Stromrichters herauf-,
die des anderen gleichzeitig herabgeregelt wird.