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Streichfertige Decklacke Wenn auch die Nitrocelluloselacke wegen ihrer
ausgezeichneten film- und anstrichtechnischen Eigenschaften bis in die neueste Zeit
in immer weitere Anwendungsgebiete vordringen, so blieb ihnen bisher doch ein wichtiges
Verarbeitungsgebiet verschlossen, nämlich das Gebiet der Streichlacke. Der Grund
hierfür ist darin zu suchen, daB die Filmbildung bei Nitrocelluloselacken wie bei
allen anderen Celluloseesterlacken ein reversibler Vorgang ist, denn die Trocknung
vollzieht sich ohne chemische Veränderung der filmbildenden Stoffe nur durch Entweichen
der flüchtigen Lösungsmittel. Zwar gelang es neuerdings, durch Wahl geeigneter Lösungsmittel
Streichlacke auf der Grundlage von Nitrocellulose herzustellen, die guten Verlauf
und Verschlichtbarkeit zeigten. Mit diesen Streichlacken war jedoch nur eine einmalige
Lackierung möglich. Beim Auftragen eines zweiten Anstriches auf einen vorhandenen
Nitrocellulosefilm wurde dieser durch die in dem Lack enthaltenen Lösungsmittel
stark angelöst oder gar aufgelöst, so daB ein Vermischen der beiden Anstrichfilme
stattfand. Diese Erscheinung tritt besonders dann auf, wenn auf eine gute Verschlichtung
Wert gelegt und der Lack daher längere Zeit ausgestrichen wird.
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Der allgemeinen Anwendbarkeit der Nitrocellulose-Streichlacke stand
aber noch eine weitere Schwierigkeit im Wege. So wird zwar beim Überstreichen eines
vorhandenen Ölanstriches mit einem solchen Lack der
Ölfilm von den
Lösungsmitteln nicht aufgelöst; es tritt aber häufig ein starkes Hochziehen mit
Runzelbildung ein.
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Es wurde gefunden, daß sich diese Schwierigkeiten vermeiden lassen,
wenn man als Decklacke Nitrocelluloselösungen verwendet, die neben den üblichen
Zusatzstoffen hochsiedende hydrophile Lösungsmittel enthalten und denen etwa 5 bis
25 °/o Wasser zugesetzt sind. Es hat sich gezeigt, daß beim Auftragen derartiger
wasserhaltiger Nitrocellulosestreichlacke kein Hochziehen oder gar Auflösen eines
vorhandenen Anstriches eintritt, selbst wenn dieser aus Nitrocellulose hergestellt
war.
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An sich enthält jeder Nitrocelluloselack, der wie üblich aus äthänol-
bzw. butanolfeuchter Nitrocellulose hergestellt ist, gewisse, wenn auch sehr geringe
Mengen Wasser. Diese Mengen reichen aber nicht aus, um ein Wiederauflösen eines
vorhandenen Filmes zu vermeiden. Es war auch bekannt, daß das Lösungsvermögen mancher
Lösungsmittel für Nitrocellulöse durch Zusatz bestimmter Mengen Wasser gesteigert
werden kann. Um so überraschender ist es, daß man umgekehrt durch den Zusatz von
Wasser die auflösende Wirkung der in dem Lack enthaltenen Lösungsmittel hemmen kann,
ohne daß dadurch die anstrichtechnischen Eigenschaften des Streichlackes verschlechtert
werden.
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In der Patentschrift Nr. ?,11520 ist ein Verfahren zur Herstellung
von Tauchlacken mit selbständiger Deckkraft beschrieben, bei dem durch einen Wasserzusatz
zu Nitrocelluloselösungen ein trübes-Auftrocknen bewirkt wird, so daß der Lack durch
seine Trübung eine ähnliche abdeckende Wirkung bekommt wie ein pigmentierter Lack.
Gegenstand der Patentschrift Nr. 555 548 ist ein Verfahren zur Herstellung von bronzehaltigen
Kollodiumlacken, denen zur Verhinderung des Eindickens 3 bis io °/o Wasser zugesetzt
ist. Durch diese Patentschriften wird weder die Kenntnis vermittelt noch nahegelegt,
daß sich Nitrocelluloselösungen mit einem Gehalt an hochsiedenden hydrophilen Lösungsmitteln
mit einem Wassergehalt von 5 bis 25 °/o gemäß der Erfindung als klar auftrocknende
streichfähige Decklacke auf Untergründen aller Art verwenden lassen, ohne diese
aufzulösen oder hochzuziehen.
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Ein Vorteil der Streichlacke beruht darauf; daß man zu ihrer Herstellung
Nitrocellulose in wasserfeuchtem Zustande, wie sie bei der Herstellung anfällt,
verwenden kann. Bisher mußte bekanntlich aus der Nitrocellulose das Wasser durch
Äthyl- oder Butylalkohol verdrängt werden. Außerdem kann man auch bei der Pigmentierung
des Lackes wasserfeuchte Pigmente verwenden, die bekanntlich eine größere Deckkraft
als die üblichen trockenen Pigmente besitzen. Schließlich wird durch den Wasserzusatz
der Flammpunkt des Streichlackes heraufgesetzt und seine Brennbarkeit vermindert.
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Ausführungsbeispiele Es werden Lacke mit folgender Zusammensetzung
hergestellt
Beispiel |
I I II |
Nitrocellulose |
niedrigviskos ....... 14 14 |
Methylcyclohexanol- |
methyladipinsäureester 5 5 |
Gyclohexanonharz ... ix ii |
spritlösliches Alkydharz |
Butylglykol .......... io 10 |
Äthylglykol .......... 15 15 |
Butylacetat ......... 8 8 |
Essigester .......... 12 12 |
Wasser ....-......... 9 9 |
Bütanol.............. ii 1i |
Toluol............... 5 5 |
ioo ioo |
Beide Lacke stellen klare bis leicht trübe Lösungen dar. Zur Herstellung von Emaillelacken
werden sie mit Farbpasten pigmentiert, und zwar
Beispiel |
I I 1I |
Klarlack ............ ioo ioo |
Pigment ............ 12 11,25 |
Ricinusöl ........... 3 3,75 |
Dibutylphthälat |
115 I 115,00 |
Die so hergestellten Klar- bzw. Emaillelacke werden ohne Schwierigkeiten mit dem
Pinsel auf Holz oder Metall aufgetragen. Öl- oder Nitrocellüloselackanstriche werden
durch die klar auftrocknenden, streichfähigen Decklacke weder hochgezogen noch aufgelöst.
Die Lackschichten trocknen einwandfrei auf und entsprechen in bezug auf Festigkeit,
Haltbarkeit und in ihren sonstigen Eigenschaften in jeder Weise den bekannten Nitrocelluloselacken.