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Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen Kunststoffen aus Eiweißstoffen
und Aminoplasten bzw. deren Komponenten Es ist seit langem bekannt, aus strukturlosen
Eiweißstoffen, wie Casein, Kunststoffe herzustellen, die z. B. unter dem Handelsnamen
Galalith seit etwa 30 bis qo Jahren Eingang in die Technik gefunden haben.
Bei der Herstellung dieser Kunststoffe machte es besondere Schwierigkeiten, Stücke
von größerer Dicke durchzuhärten, da das Formaldehyd nur langsam in das Eiweiß diffundiert.
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Weiterhin sind Kunststoffe auf der Basis Harnstoff-Formaldehyd bekannt,
die durch Warmverpressung verformt und in den unlöslichen, unschmelzbaren Zustand
übergeführt werden. An Stelle von Harnstoff können harnstoffähnliche Produkte, wie
Thioharnstoff, Guanidin, Melamin, Dicyandiamid u. dgl., zur Reaktion verwendet werden.
Auch ist es bereitsi bekannt, diese sogenannten Aminoplaste durch, verschiedenen
Zusatz. zu modifizieren, unter anderem wurde bereits vorgeschlagen, den Aminoplasten
Eiweißstoffe bzw. Proteine oder Keratine, wie Hornmehl u. dgl., zuzusetzen, die
dann in der Regel als Füllstoff dienen.
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Schließlich ist es in den letzten Jahren gelungen, künstliche Wurstdärme
oder ähnliche Erzeugnisse aus Hautteilen, Lederspänen und Abfällen herzustellen.
Dazu werden die tierischen, faserförmigen Eiweißstoffe zunächst einer alkalischen
Behandlung, vorzugsweise mit einem Kalkäscher, unterworfen, der eine Quellung der
Fasern bewirkt. Danach wird mit Wasser gewaschen, worauf sich eine Säurebehandlung
anschließt. Durch diese Säurebehandlung wird die bereits bei der alkalischen Behandlung
erzeugte Quellung zu einem optimalen Wert geführt.
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Die Quellung wird gewöhnlich durch eine mechanische Behandlung (Zerfaserung,
Knetung) unterstützt. Die auf' diese Weise erhaltene Masse aus
faserigen
Eiweißstoffen läßt sich durch Düsen verpressen und anschließend durch eine Wärmebehandlung,
vorzugsweise gemeinsam mit einer Behandlung mit einem härtenden Agens wie Formaldehyddämpfen,
Rauch (wie er in der Wursträucherei verwendet wird), härten.
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Es wurde nun gefunden, daß. sich thermoplastische Kunststoffe herstellen
lassen, wenn in an. sich bekannter Weise hochgequollene, faserförmige tierische
Eiweißprodukte mit Harnstoff oder dessen Derivaten und Aldehyden zusammen umgesetzt
werden. Es entstehen dabei, je nach den angewandten Bedingungen, durchscheinende
bis glasklare Preßkörper, die wasch- und: kochfest sind, eine glatte, glänzende
Oberfläche aufweisen und sich in hervorragender Weise zur Herstellung von Preßkörpern,wie
Knöpfen, Kämmen u. d,-l., eignen. Die auf diese Weise erhaltenen Preßlinge sind
auch in hohem- Maße bügelfest. Der beim Pressen anfallende Abfall bzw. Teile, die
als Ausschuß gewertet werden müssen, oder zerbrochene Stücke u. dgl. können ohne
weiteres aufs neue verpreßt werden.
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Das hochgequollene, faserförmige, tierische Eiweiß hat im allgemeinen
von der Säurebehandlung her, auch wenn eine Waschung angeschlossen wurde, eine saure
Reaktion, die etwa bei pH 3,5 liegt. Dieses saure Eiweißprodukt wird gemäß der Erfindung
entweder mit den Komponenten; des Aminoplastes, also z. B. Harnstoff und Formalde-hyd,
zusammengebracht, innig vermengt, kondensiert und die auf diese Weise erhaltene
Masse entwässert, oder das hochgequollene, faserförmige, tierische Eiweiß wird mit
einem Vorkondensationsprodukt des Aminoplastes zusammengemischt, gemeinsam nachkondensiert
und anschließend wieder entwässert.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn das Reaktionsgemisch zuerst schwach
alkalisch ist und bei einem pH von 7 bis 8 liegt. Im Verlauf der Kondensation sinkt
:das pH langsam ab und hat am Ende der Reaktion vorzugsweise einen Wert von etwa
5. Um die Reaktionsbedingungen zu Anfang alkalisch zu halten, wird von einem alkalischen
Vorkondensationsprodukt ausgegangen, oder aber der Mischung aus Eiweiß, Harnstoff
und Formaldehyd wird ein alkalisch reagierendes Mittel, vorzugsweise Ammoniak, in
den erforderlichen Mengen zugegeben. An Stelle von Ammoniak kann der Mischung auch
Hexamethylentetramin zugesetzt werden, das sich während des Verfahrens in Ammoniak
und Formaldehyd spaltet.
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Umn am Ende eine schwach saure Reaktion des Gemisches zu. erhalten,
kann auch kurz vor Schluß der Umsetzung eine organische Säure, wie Adipinsäure,
Oxalsäure, Salizylsäure u. dgl., zugesetzt werden.
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Werden alkalisches Vorkondensat und saures Eiweiß bei gewöhnlicher
Temperatur zusammengemischt, so ergibt sich kein brauchbares Produkt, das sich verpressen
läßt. Aber schon bei gelinder Erwärmung, z. B. auf 7o bis 8o°, werden brauchbare
Preßmassen erhalten, Die Erwärmung kann ohne Schaden auf höhere Temperaturen von
z. B. iio oder i?-,o', gegebenenfalls unter Druck, erfolgen. Die auf diese Weise
erhaltenen Massen ergeben nach dem Entwässern und Verpres-sen glasklare, durchsichtige
Produkte. Wird an Stelle des alkalischen Vorkondensats ein saures Vorkondensat mit
dem sauren, hochgequollenen Eiweiß vermischt, so erhält man, auch schon ohne äußere
Wärmezufuhr, brauchbare Produkte, die sich durch Einwirkung von Wärme noch schneller
bilden und sich nach der-Entwässerung zu durchscheinenden Formstücken verpressen
lassen.
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Werden als Ausgangsprodukte keine Vorkondensate verwandt, sondern
wird von den einzelnen Komponenten ausgegangen, so wird das Gemisch der Reaktionskomponenten
vorzugsweise auf ein pH von 7 bis 8 eingestellt. Bei der anschließenden Erwärmung
bis zu i?-o', gegebenenfalls auch höher, und im Autoklav wird ein Endprodukt mit
einem pi von etwa 5 bis 6 erhalten. Erforderlichenfalls können noch organische Säuren
vor der Erhitzung zugegeben werden. Beim Vermengen und Durchkneten der einzelnen
Bestandteile wird die Masse im Verlauf der Kondensation laufend dicker, dann bildet
sich ein teigartiges Produkt, das schließlich in eine feste krümelige Sulr stanz
übergeht. Diese wird vorzugsweise unter Vakuum entwässert und'' kann gegebenenfalls
nach nochmaligem Vermahlen verpreßt werden.
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Es ist überraschend und war in keiner Weise vorherzusehen, daß die
hitzehärtbaren Aminoplaste, die durch Verpressen in der Wärme und unter Druck in
den unlöslichen und unschmelzbaren Zustand übergehen, durch einen Zusatz von hochgequollenem,
f.aserförmigem, tierischem Eiweiß thermoplastische Massen ergeben. Mit anderen eiweißartigen
Stoffen, wie Casein, lassen sich nach den bekannten Verfahren keine thermoplastischen
Kunststoffe herstellen; worauf die besondere Wirkung des Zusatzes von hochgequollenem,
faserförmigem, tierischem Eiweiß zurückzuführen. ist, konnte bisher nicht ergründet
wenden. Erstaunlich ist weiterhin, .daß die thermoplastischen Massen gemäß derErfindung
nicht nurdann erhalten werden, wenn die einzelnen Komponenten vermischt werden,
sondern auch dann, wenn das hochgequollene, faserförmige, tierische Eiweiß mit einem
Vorkondensat aus Harnstoff und Aldehyd versetzt und das Gemisch zu Ende kondensiert
wird. Beim Durchschneiden von Preßkörpern, die mit den Massen gemäß der Erfindung
hergestellt wurden, lassen sich keine Einschlüsse od. d.gl-. feststellen, wie dies
z. B. der Fall ist, wenn eiweißhaltige Substanzen, wie Hornmehl, auch wenn sie vorher
beispielsweise mit Formaldehyd behandelt wurden, in ein Aminoplast als Füllmittel,
eingeführt werden.
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Die thermoplastischen Eigenschaften bleiben erhalten bz.w. werden
noch verstärkt, wenn den. gemäß der Erfindung hergestellten künstlichen Massen andere
quellbare Materialien, wie Cellulose, Cellulosederivate, Stärke, Weizenkleber, Casein
u. dgl., zugesetzt werden. Stoffe, die ihrerseits mit den Aldehyden, wie Formaldehyd,
reagieren wie Casein und Stärke, erhöhen die Plastizität und
leichte
Verpreßbarkeit der erhaltenen plastischen Massen.
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Um die Menge des zu verdampfenden Wassers herabzusetzen, kann der
Aldehyd auch in fester Form z. B. als Par- oder Metaldehyd oder auch in Form von
Hexamethylentetramin angewendet werden. In dem zuletzt genannten Fall besteht der
weitere Vorteil, daß sich im Verlauf der Reaktion Ammoniak bildet und die besonders
günstige alkalische Reaktion, die allerdings für die Herstellung der plastischen
Massen nicht unbedingt erforderlich ist, erzielt wird. Wird bei der Kondensation
unter leicht alkalischen Bedingungen gearbeitet, so muß zur Beendigung der Kondensation
Wärme angewendet -werden. Sollen Produkte von milchiger Transparenz hergestellt
werden, so kann auch im, rein sauren Medium kondensiert werden, und dann erübrigt
es sich, Wärme zuzuführen. Bei saurer Kondensation oll ein pH von 2,5 nicht unterschritten
werden. /Für die Herstellung glasklarer Produkte wird 7Äv.eckmäßig die alkalische
Kondensation durchgeführt, und es ist darauf zu achten, daß das pH am Ende der Reaktion
möglichst nicht unter 5 sinkt.
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Das Verpressen der gemäß der Erfindung hergestellten plastischen Massen
geschieht bei etwa 12o, bis 16o°.
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Im nachstehenden. sind einige Beispiele zur Erläuterung des Verfahrens
angeführt. Beispiel i i kg Hautabfälle (feucht) wird bei etwa 18° einer Vorbehandlung
mit verdünnter Natronlauge (z. B. 3°/oig) unterworfen und dann nach dem Auswaschen
mit Wasser mit verdünnter Salzsäure (z. B. 6o/aig) mehrere Stunden 'behandelt, bis
eine sehr starke Quellung erreicht ist. Die so vorbehandelten Hautabfälle werden
durch wiederholtes Erneuern des Waschwassers so lange behandelt, bis die Hautteile
einen pH von 3,2 zeigen, worauf sie in einer üblichen Zerfaserungsvorrichtung zerkleinert
werden. Dann werden sie (Trockensubstanzgehalt etwa Zoo bis 2-50,g) mit
250 g Harnstoff, 750 g Formaldehyd 40°/0i-, 25 g Hexamethylentetramin
gründlich gemischt. Die so erhaltene Mischung wird bei einer langsam bis zu 8o°
steigenden Temperatur kondensiert und, die erhaltene Masse anschließend im Vaknu.m
entwässert. Sie läßt sich heiß verpressen, und die dabei erhaltenen Preßlinge zeichnen
sich, durch eine gute Festigkeit, Elastizität, Wassetbeständigkeit und Transparenz
aus und besitzen ausgezeichnete thermoplastische Eigenschaften.
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Beispiele Käufliche, getrocknete Rindersehnen werden 12-Stunden lang
inWasser eingeweicht und mehrere Tabe in einer etwa 3o/oigen Ätzkalkmilch eingelegt.
Nach sorgfältigem Waschen wird mit einer etwa 2o/oigen Säurelösung versetzt, bis
zu. .einem pH von 3,5 ausgewaschen und zerkleinert. i kg dieses Materials wird mit
i kg Stärke gut verknetet. Dann wird ein bei 35° hergestelltesKondensationsprodukt
aus iooo g Harnstoff, 250o ccm Formalin 4oo/oi.g, i50 ccm Ammoniak (das man etwa
2o Stunden stehen ließ) zugegeben, Anfangs-pH 7 bis 8, und die Kondensation unter
langsamen Steigern der Temperatur bis iio° unter Druck im Autoklav weitergeführt,
End-pH 6. Die Weiterverarbeitung erfolgt wie im Beispiel i. Die auf diese Art erzeugte
Masse liefert beim Verpressen glasklare, feste Preßlinge, die neben ausgezeichneten
thermoplastischen Eigenschaften, die ein mehrmaliges, nachträgliches Umformen zulassen,
eine ausgezeichnete Wasch- und Kochbeständigkeit sowie Bügelfestigkeit aufweisen.
Beispiel 3 In 80o g zerfasertem, hochgequollenem, tierischem Eiweiß, das gemäß Beispiel
i oder 2 vorbereitet ist, werden nacheinander 50o g Harnstoff, iooo g Formaldehyd
4oo/oig, 40,g Hexamethylentetramin, 30g Ammoniak 25o/oig eingeknetet. Es
wird' i Stunde ohne Wärmezuführung geknetet. Nach Zugabe von 2 kg in etwa 2o ccm
Wasser gelöster Oxalsäure wird bei einer bis ioo° steigenden Temperatur so lange
erhitzt, bis das. Material feinkrümelig im Kneter anfällt. Das restliche Wasser
wird im Umlufttrockner (Lufttemperatur 40°) entfernt.
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Auch diese Masse ergibt transparente, ausgezeichnet wasserfeste, thermoplastische
Preßlinge. Beispiel 4 i kg zerfasertes, gemäß Beispiel i hochgequollenes, tierisches
Eiweiß von z. B. PH 3,5 wird mit 0,75 kg Kartoffelstärke, i kg Harnstoff, igoo g
Formaldehyd 4oo/oig von pH 2,8 8 Stunden ohne Wärmezufuhr geknetet. Das hierbei
anfallende Kondensationsprodukt, das sich fest und) krümelig gebildet hat, wird
im Umlufttrockner bei 40° getrocknet und anschließend vermahlen. Aus der Masse ergeben
sich milchigweiße, transparente, gut kochbare Preßlinge, die einen ausgezeichneten
Glanz und hervorragende Thermoplastizität haben.
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Bei Verwendung von gegerbten Lederabfällen empfiehlt es sich, vor
der Verwendung in bekannter Weise zu entgerben, z. B. durch Wärmebehandlung mit
Alaun bei lohgegerbtem Leder.