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Verfahren zur Reinigung von durch Trübungsstoffe verunreinigten Wässern,
insbesondere von Moorwässern Die Klärung, Entfärbung, Enteisenung, Entmanganung,
Entsäuerung und Entkeimung huminsaurer Wässer wird nach dem heutigen Stand der Technik
je nach dem Ausfall der Rohwasseranalyse in mehrstufigen Arbeitsgängen durchgeführt.
In Erkenntnis der kolloiden (leimartigen) Natur der Huminstoffe und deren chemischer
Widerstandsfähigkeit gegen stufenweisen Abbau wurden Verfahren entwickelt, die in
mehreren Arbeitsstufen unter örtlich verschiedenem Kapitalaufwand zum Erfolg führen,
solange der Gehalt an Huminstoffen, Eisen, Mangan und freier Kohlensäure in gewissen
praktischen Arbeitsgrenzen liegt.
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Bei den bis jetzt bekannten Verfahren werden diese Wässer in Absetzbecken
unter Zugabe von Chemikalien, wie Aluminiumsulfat, Eisenchlorid, Eisensulfat, Natriumaluminat,
aktiven Alaun, Kupfersulfat mit Ätzkalk@usw., geklärt und entfärbt. Diese Chemikalien
setzen sich unter Bildung von Hydroxyden um. Die erzeugten Niederschläge sind positiv
elektrisch geladen, während die Huminstoffe ein negatives Elementarquantum tragen.
Durch Adsorption schließen die Hydroxydflocken die Huminstoffe ein, worauf die Fällung
(Ausflockung) eintritt. Der Erfolg der Flockung ist weitgehend von der Regulierung
der elektrischen Ladungsverhältnisse, also der Einhaltung eines bestimmten, engen
pH-Bereiches abhängig.
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Nach diesem ersten Arbeitsgang erfolgt bei den bis jetzt bekannten
Verfahren die Nachschaltung der verschiedensten Filtrationen, woraus sich der oben
angeführte mehrstufige Reinigungsgang ergibt, wie er. generell an einigen Beispielen
nachstehend aufgezeigt werden soll:
i:-Voiklärung,init Aluminiumsulfat
und Bleicherde, A-Kohle-Filterung und Chlorung ; 2. Verdüsung, Aluminiumsulfatzusatz,
Enteisenung, Kalkwasserzusatz; 3. Rieselung, Kaliumpermanganatzusatz, Enteisenung,
Entmanganung; 4. geschlossene Enteisenung, Entmanganung, Entsäuerung mit Kalkwasser
und Marmorfilterung. Bekannt ist weiterhin ein Verfahren zur Reinigung von Wasser
von lästigen Geruchs- und Geschmacksstoffen durch Zugabe von noch nicht vollkommen
aufgebrauchten, z. B. durch Rückspülung aus dem Filter wiedergewonnenen Adsorptionsstoffen
zum Rohwasser vor oder während der Zugabe der Flockungsmittel. Nach dem Absitzenlassen
des entstehenden- Niederschlags der so vorbehandelten Wässer erfolgt die eigentliche
Adsorptionsmittelbehandlung mit frischen Adsorptionsstoffen im nachgeschalteten
Filter. Das Ziel der Vorbehandlung ist hauptsächlich die -Beschleunigung der Ausflockung,
des Absitzvorganges und die Verzögerung der Verstopfung im Hauptfilter.
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Nach diesem Verfahren (Vorbehandlungsverfahren) stehen die noch nicht
vollkommen aufgebrauchten Ad sorptionsstoffe nach etwa 4o bis 6o Stunden Schnellsandfilterarbeit
zur Vorbehandlung des Rohwassers im Klärbecken zur Verfügung. Der noch nicht vollkommen
aufgebrauchte Adsorptionsstoff wird einmal rückgeführt, und zwar nach Rückspülung
des Hauptfilters, wobei ganz bestimmte Spül- und Waschwassermengen erforderlich
werden. Die Adsorptionsstoffe werden gemeinsam mit dem Spülwasser und sonstigen
Verunreinigungen in einem Klärbehälter mit Bodenabzug gesammelt. Nach einigen Stunden
Absitzzeit zieht man die vom übrigen Schlamm befreiten Adsorptionsstoffe gesondert
ab.
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Bekannt ist ferner ein Wasserenthärtungsverfahren mittels Kalk oderhydraulischem
Zement und Bariumcarbonat. Hier wird der hydraulische Kalk oder Zement zunächst
wiederholten Auswaschungen unterzogen, so lange, bis er vom löslichen Kalk befreit
ist. Der in der letzten Waschung anfallende Niederschlag wird getrocknet und in
Säcke gefüllt. Die Löslichkeit des so gewonnenen kalkhaltigen Materials ist nunmehr
etwa ebenso gering wie die des Bariumcarbonats. Setzt man beide Reinigungsmittel
zur Enthärtung gemeinsam an, so wird die Erzeugung eines Kalküberschusses im gereinigten
Wasser vermieden.
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" Nach diesen und ähnlichen mehrstufigen Verfahren wurden und werden
noch heute huminsauere Wässer behandelt.
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Der technische Fortschritt und Erfindergedanke des neuen Verfahrens
besteht im Einsatz eines neuen Fallmittels, das auf Grund seiner Eigenschaften auch
bei hochgradig saueren Wässern, z. B. unter anderem -Moorwässer, schnell und wirtschaftlich
zu nachfolgenden Reinigungserfolgen in einem Arbeitsgang führt: Klärung und Entfärbung,
Enteisenung und Entmanganung, Entsäuerung, Reduzierung-des Phenolgehalfes, weitgehende
Entkeimung.
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Zum Einsatz gelangt das hydraulische Bindemittel Zement, der ohne
jedwede Vorbehandlung dem nicht vorbehandelten Rohwasser zugegebenwird. Schwebe-.
fällung und Absitzvorgang verlaufen bei kurzer Kontaktzeit schnell 'und 'gründlich,'
wobei auf Zugabe weiterer, in der Wasserreinigungstechnik bekannter Adsorptionsstoffe
und künstliche Zufuhr von Luft verzichtet werden kann. .
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Der Zement wird dem Rohwasser in einer durch Vorversuche festzulegenden
Menge zugesetzt (Absitzbecken oder Behälter) und kräftig von Hand oder mechanisch
wenige Minuten lang eingerührt. Nach dem Absitzvorgang und Nachfilterung ist das
Wasser völlig klar und farblos.
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Der Vorversuch entscheidet über die Nachschaltung des Filters nach
Art und Größe. Diese Behandlung mit. Zement wird als erste Phase oder Zementphase
bezeichnet. Hier steht der Zement allein als Arbeitsgröße zur Verfügung.
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Die im Vorversuch ermittelte Zusatzmenge an Zement setzt sich zusammen
mit den niedergerissenen Huminstoffen in wenigen Minuten als Schlamm ab. Dieser,
aus der ersten Phase resultierende Schlamm wird nun zurückgenommen und für den Reinigungsvorgang
einer neuen, mengenmäßig gleichen Rohwassermenge im gleichen Absitzbecken oder Behälter
benutzt. Dieser Rücknahmevorgang wiederholt sich je nach dem Verschmutzungsgrad
der saueren Wässer und kann beliebig bis zur Erschöpfung erfolgen. Nach Erschöpfung
beginnt das Reinigungsverfahren wieder mit der ersten Phase (Zementphase).
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Die Durchführung des Verfahrens sei an nachfolgendem Beispiel erläutert:
Die hauptsächlichsten Rohwasseranalysenwerte sind der Tabelle zu entnehmen, desgleichen
die nach Durchführung der Behandlung. Das Wasser wurde zunächst nach einem bekannten
Verfahren, und zwar durch a) Belüftung und Filtrierung - Fall i, b) Behandlung mit
Aluminiumsulfatlösung (i ccm Lösung; 0,4 °/o, pro ioo ccm) = Fall 2 einer Reinigung
unterzogen.
Rohwasser I Fall x I Fall 2 |
Papierfiltratfarbe: 2o ...... 30 io mg Pt/1 |
Eisen (Fe), unfiltriert: 30 , i,0 o,i mg/1 |
Eisen (Fe), filtriert: o,-5 .... I,0 0,i - |
Mangan (Mn), unfiltriert: 2,6 2,0 2,1 - |
Mangan (Mn), filtriert: 2,6.. 2,0 2,1 - |
Kaliumpermanganat- |
verbrauch, unfiltriert: _43,4 28,4 _ 28,4 - |
Kaliumpermanganat- _ |
verbrauch; filtriert: 25,9.. 28,4 28,4 - |
Dasselbe Rohwasser wurde nunmehr nach dem neuen Verfahren unter Einsatz von 7 g
Zement/1 ohne künstliche Luftzufuhr im geschlossenen Behälter und ohne nachfolgende
Filtration über Kies gereinigt. Die Ergebnisse der Zementphase, in der also das
hydraulische Bindemittel Zement allein arbeitet, ist der ersten Zeile der nachfolgenden
Tabelle zu entnehmen (Vertikal-Reihe). Die Reinigung wurde noch zweimal wiederholt
unter gemeinsamer Rücknahme des Zementes und des jeweilig anfallenden Absitzschlammes.
Die Ergebnisse hierfür sind ebenfalls der Tabelle, und zwar den nachfolgenden Vertikalreihen
zu entnehmen.
Nach Reinigung von drei gleich großen Wassermengen
wurde im vorliegenden Beispiel das Verfahren bewußt abgebrochen. Das Arbeitsvermögen
der Zementschlammenge war noch keineswegs erschöpft.
Ergebnisse der Reinigung mit Zement |
Rohwasser I Zementphase I Rücknahme x I Rücknahme 2 |
Papierfiltratfarbe: 2o ........................... 5
5 5 mg Pt/1 |
Freie Kohlensäure: 273,4 ........................ o
18,9 35,8 mg/1 |
Kalkaggr. Kohlensäure: vorhanden ............... 0 0 0 - |
Eisen (Fe), unfiltriert: 30 ....................... 0,3 0 0
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Mangan (Mn), unfiltriert: 2,6 .................... 0 0 0,2
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Kaliumpermanganatverbrauch: 43,4 .............. 34,6
27,1 24,6 - |
Vorliegendes Ergebnis bezieht sich auf eine Moorwasserreinigung (Küstennähe). Aus
der Tabelle ist zu ersehen, daß jedem Reinigungsgang, sei es der erste, zweite oder
dritte, ein ganz bestimmter, summarischer Reinigungserfolg zugeordnet ist, nämlich
die Klärung und Entfärbung, Enteisenung, Entmanganung sowie Entsäuerung.
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Das Verfahren ist an insbesondere hochgradig saueren Wässern erprobt,
wobei sich gleichzeitig eine weitgehende Entkeimung und bei Wässern mit Phenolgehalt
eine Reduzierung dieses Gehaltes ergab.
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Die Adsorptionskraft muß sich natürlich mit zunehmender Schlammenge
reduzieren. Es ist daher im Vorversuch, speziell bei Moorwässern und sonstigen hochgradigen
saueren Wässern das Wasser aus der letzten Rücknahme zu überwachen, um eine eventuell
eintretende geringe Anreicherung, z. B. an Eisen oder Mangan, zu verhüten.
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Je nach dem Verschmutzungsgrad sauerer Wässer wird man diese mit in
einer oder mehreren Rücknahmen gereinigten Wässer, wie vorher beschrieben, mischen,
wodurch ein weiterer Zementverbrauch ausgeschaltet ist und die Alkalität ausgenutzt
wird, Diese sogenannte Teilaufbereitung wird für viele Fälle der Industrie von Nutzen
sein.
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Das Bindemittel Zement mit seinen hauptsächlichsten Komponenten wie
Tonerde, Kalk, Magnesia leitet die in der Reinigungstechnik bekannten Umsetzungen
(Hydroxydbildung) ein. Der nachfolgende Adsorptionsvorgang wird ganz erheblich durch
die große Oberflächenaktivität des Zementes, wie sie durch die genormte Mahlfeinheit
gegeben ist, gesteigert. Schon in der Zementphase, insbesondere aber nach den wiederholten
Rücknahmen, wird dieFlockung durch den gleichmäßig verteilten und sich gleichmäßig
absetzenden Rücknahmeschlamm beschleunigt (katalytische Wirkung). Die gesamte Fällung
geht turbulent und äußerst schnell vor sich, und der gesamte Arbeitsgang ist ein
kombinierter mit den drei Arbeitsgrößen: Hydroxydbildung, Adsorption, katalytische
Vorgänge.
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Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der technische Fortschritt
dieses Verfahrens gegenüber den bisher bekannten darin besteht, daß i. durch die
Verwendung von Zement als Fälhuittel allein oder in Verbindung mit anderen Stoffen
die Klärung, Entfärbung, Enteisenung, Entmanganung, Entsäuerung, Reduzierung des
Phenolgehaltes sowie eine weitgehende Entkeimung huminsaurer Wässer durchgeführt
werden kann; 2. dank der kombiniert wirkenden Eigenschaften des Zementes die vorgenannten
Vorgänge ohne Vorbehandlung des Bindemittels, des Rohwassers, ohne Trennung des
Zementes vom übrigen Absetzschlamm in einem Arbeitsgang und in einem Absetzbecken
oder Behälter erfolgen; 3. das Verfahren mit dem Fällmittel Zement durch sein kombiniertes
Arbeitsvermögen bei wiederholter Rücknahme äußerst wirtschaftlich und leistungssteigernd
ist, daß die Fällung vollständig, selbständig, schnell verläuft, und zwar unabhängig
von der Einhaltung eines engen pzi-Bereiches; 4. das Verfahren mit dem Fällmittel
Zement die Nachteile der bisher bekannten Verfahren, wie die Überlastung der in
Reihe geschalteten bestehenden Filteranlagen, denen das von Huminstoffen meistens
ungenügend befreite Wasser zugeführt wird, den hohen Spülwasserbedarf, das häufige
Ersetzen des Filtermaterials, den gesteigerten Kapitalaufwand u. ä. vermeidet; 5.
das Verfahren die Möglichkeit eröffnet, selbst hochgradig sauere Wässer, die bisher
ungenutzt den Vorflutern zugeführt Werden, zu nutzen.