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Verfahren zum Stabilisieren von Kunststoffen Eine Anzahl von Kunststoffen
neigt dazu, sich bei längerem Belichten oder Erwärmen auf Temperaturen über ioo°
oder auch durch chemischen Einfiuß zu verfärben. Dabei entstehen je nach der Stärke
und Dauer der Wärmebehandlung mehr oder weniger gelblich, hellbraun oder rötlich
bis braunschwarz gefärbte Produkte. Dieser Nachteil ist bei der Verarbeitung der
Kunststoffe auf plastische Massen, Lacke, Binde- und Klebemittel sowie besonders
Spritz- und Preßmassen recht störend. In besonders ihohem Maße zeigen die Polymerisate
oder Mischpolymerisate des Vinylchlorids diese störenden Verfärbungen. Ferner treten
sie auf bei Polyvinylacetalen, Polyvinylalkylketonen und Poly-chlor-z-butadien-i,
3, Chlorkautschuk, einfachen oder Mischpolymerisaten des as. Dichloräthylens und
Chlorierungsprodukten des Polyisobutylens.
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Um diesen Nachteil zu vermeiden, hat man bebereits den Kunststoffen
geringe Mengen von so-,genannten Stabilisatoren zugesetzt. Als Stabilisatoren wurden
solche Verbindungen vorgeschlagen, welche die beispielsweise beim Polyvinylchlorid
entstehende Säure neutralisieren bzw. binden und dadurch unschädlich machen. Die
bisher verwendeten Zusätze haben jedoch hinsichtlich ihrer
Wirkung
und ihres nachteiligen Einflusses 'auf wesentliche Eigenschaften der Kunststoffe
nicht immer befriedigt.
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Es wurde nun ermittelt, daß die eigentliche Ursache für die Verfärbungen
der Polymeren sehr wahrscheinlich in einer sekundären Erscheinung zu suchen @ ist,
nämlich im Auftreten von Doppelbindungen bzw. konjugierten Doppelbindungen, die
durch die Abspaltung von Halogenwasserstoffen oder anderen Komponenten im Mol-eküi
entstehen müssen. Die bisher bekannten Stabilisatoren sind nur imstande, die primär
entstehenden Halogenw asserstofe oder andere Komponenten abzufangen und möglichst
unschädlich zu machen. Jedoch bleiben bei ihrer Verwendung die sekundär entstandenen
Doppelbindungen bestehen und mit ihnen die Verfärbungen.
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Es wurde weiter gefunden, daß es gelingt, die obenerwähnten störenden
Zersetzungen und Verfärbungen besonders vorteilhaft zu vermeiden, wenn man den festen
Polymeren, ihren Lösungen oder ihren. Dispersionen geringe Mengen monomerer, ungesättigter,
für sich allein zu höhermolekularen Produkten polymerisierbarer Verbindungen zusetzt.
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Dieser Befund ist außerordentlich überraschend, und zwar besonders
deshalb, weil eine Erscheinung, welche- durch die Bildung von Doppelbindungen in
einem Molekül hervorgerufen wird., durch Doppelbindungen eines anderen Moleküls
wieder zum Verschwinden gebracht wird. Dies läßt sich vielleicht dadurch erklären,
daß eine Anlagerung der Moleküle der ungesättigten Verbindung an die Doppelbindungen
des gefärbten IC--unststoffes erfolgt; wodurch seine Verfärbung aufgehoben wird.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß die zugesetzten monomeren, ungesättigten, für sich
allein polymerisierharen Verbindungen auch noch die entstandenen Halogenwasserstoffe
anlagern und dadurch diese unschädlich machen können.
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Brauchbare monomere, für sich allein polymerisierbare, Verbindungen
sind vor allem aromatische Verbindungen, .deren Kern durch eine odere mehrere Vinylgruppen
substituiert ist, beispielsweise Styrol, Butyl- oder Isobutylstyrol, Divinylbenzol
und N-substituierte Vinylverbindungen wie Vinylcarbazol; N-Acrylsäurecarbazolid;
ferner seien genannt höhersiedende Vinyläther, ungesättigte, polymerisierbare Acetale,
wie z. B. Acroleinacetale, und für sich allein polymerisierbare Säuren und ihre
S,Üze, insbesondere die Alkalisalze der Acrylsä:ure und .Methacrylsäure.
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Man kann das neue Verfahren, die Verfärbung von Kunststoffen zu verhindern,
mit den bisher bekannten Arbeitsweisen kombinieren. Man kann also .außer den erfindungsgemäß
zu verwendenden ungesättigten, polymerisierbaren Versbindungen noch solche Stoffe
zusetzen, deren stabilisierende Wirkung bereits bekannt ist. Vor allem ist es vorteilhaft,
noch Stoffe zuzusetzen, welche die aus halogenhaltigen Polymerisaten bei der Zersetzung
entstehenden Halogenwasserstoffe zu neutralisieren oder in ,anderer Weise zu binden,
vermögen. Es seien hier genannt: alkalisch reagierende Stoffe sowie Verbindungen,
die Äthylenoxy.dgruppen enthalten, wie z. B. Phenoxypropenoxyd,.
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Verwendet man Alkali-, Erdalkali- oder andere Metallsalze ungesättigter,
für sich allein polymerisierender Säuren, als Zusatzstoffe, so wird gleichzeitig
der entstehende Halogenwasserstoff gebunden.
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Besonders vorteilhaft für die Unterbindung der eingangs erwähnten
Verfärbungs- und Zersetzungserscheinungen ist es ferner, wenn man außer den genannten
polymerisierbaren monomeren Verbindungen noch mono- oder di.acylierte Hydrazine
den zu stabilisierenden Kunststoffen zusetzt. Dies tritt besonders dann in Erscheinung,
wenn die zu schützenden Polymerisate während der Verarbeitung oder bei der Verwendung
hohen Temperaturen ausgesetzt sind, also beispielsweise bei Tier Herstellung von
Spritz- und Preßmassen. Geeignete, Mittel dieser Art sind z. B. die Mono- oder Dihydraci-de
der Adipinsäure, der Methyladipinsäur.e, der Sebacinsäure, der Thiodipropionsäure,
der Laurinsäure oder der Phth.alsäure. Derartige Zusatzstoffe sind in der Patentschrift
764 918 -beschrieben.. Sie sind mitunter in den hochmolekularen, halogenhaltigen,
verformbaren Kunststoffen, vor allem, soweit diese noch Weichmacher enthalten, nur
unvollständig löslich, sie können, soweit sie noch basisch sind, auch in Form ihrer
Salze, wie z. B. des Phthalats oder Laureats, angewandt werden. Es empfiehlt sich
auch, in manchen Fällen in Gegenwart von Lösungsvermittlern zu arbeiten, wenn man
klare, durchsichtige Materialien erhalten will.
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Die Stabilisierung der Kunststoffe kann in der Weise erfolgen, daß
das nutschenfeuchte Produkt mit einer Lösung, die bis zu io.o/o der obengenannten
Stabilisatoren enthalten kann, angeteigt wird, gegebenenfalls in Gegenwart eines
Lösungsvermittlers, wie Methanol. Man kann. das Einarbeiten auch durch schwaches
Erwärmen beschleunigen. Nach Absaugen und Trocknen verhält man stabilisierte Preßpulver,
.die eine hervorragende Wärmebeständigkeit aufweisen und nach stundenlangem Erhitzen
auf i45° keine Verfärbung zeigen; während die nichtstabilisierten Proben nach einigen
Minuten schon rot bis braunrot gefärbt sind. Man kann auch die trockenen Polymeren
mit den Stabilisatoren, gegebenenfalls in Gegenwart von Alkalien., oder alkalisch
wirkenden Mitteln auf der Kugelmühle oder Walzenmühle mischen. Es ist übrigens zur
Erzielung einer maximalen Stabilisierung wichtig, daß der Stabilisator möj liehst
bleichmäßig über die ganze Masse des Polymeren, verteilt ist.
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In gleicher Weise können auch Lösungen der Polymeren mit den obengenannten
Stabilisatoren stabilisiert werden. Hier ist es zweckmäßig, solche Stabilisatoren
auszuwählen, die in organischen Lösungsmitteln löslich sind, damit die Klarheit
der aus den Lösungen hergestellten Formkörper, wie Filme, Folien, Fäden, nicht verschlechtert
wird.
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Andererseits können auch die mit Plastifizierungs-, Weichmachungs-
und Gelatinierungsmitteln
versetzten Hochpolymeren mit den genannten
Stabilisatoren im Kneter oder auf der Walze verarbeitet werden, wobei ausgezeichnet
lichtechte und hitzebeständige Massen erhalten werden.
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Eine weitere Anwendung besteht in der Stabilisierung von wäßrigen
Emulsionen hochpolymerer Verbindungen, die als solche Verwendung finden, wobei die
obengenannten Stabilisatoren in Mengen von beispielsweise i bis 501ü in die wäßrige
Emulsion eingerührt werden.
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Die nach dem neuen Verfahren hergestellten Polymeren eignen sich besonders
gut zur Herstellung von Preß-, Form- und Spritzgußkörpern, Platten, Filmen. und
Fäden.
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Diese meist durch einen Erwärmungsprozeß geformten plastischen Massen
zeichnen sich durch eine Farblosigkeit aus, die auch beim weiteren Einfluß von Hitze
erhalten bleibt und die nach den bisher bekannten Verfahren nicht erreicht werden
konnte.
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Man hat bereits Formkörper durch Mischen mit festen Polymerisationsprodukten
mit monomeren Verbindungen und Polymerisation der so erhaltenen pastenförmigen Massen
hergestellt. Für dieses Verfahren sind jedoch stets erhebliche Mengen der monomeren
Verbindungen erforderlich, welche die zur Stabilisation notwendigen Mengen weit
übertreffen. Beispiele i. 96 Gewichtsteile Polyvinylchlorid werden mit i
Gewichtsteil sekundärem Natriumphosphat und 3 Gewichtsteilen Vinylcarbazol in einer
Kugelmühle innig vermischt. Nach darauffolgender Plastihzierung auf einer Walze
bei 170 bis i8o° wird das Walzfell zerkleinert und das körnige Material bei
etwa igo° nach dem Spritzgußverfahren verarbeitet. Die erhaltenen Spritzlinge zeichnen
sich durch helle Farbe sowie gute mechanische und elektrische Werte aus.
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2. g8 Gewichtsteile Polyvinylchlori,d werden fein.st gepulvert und
mit 2 Gewichtsteilen Natriumacrylat in der Kugelmühle innig vermischt. Aus dieser
Mischung hergestellte Preßplatten zeigen keine Verfärbung, während sich das uristabilisierte
Produkt beim Verpressen stark bräunt.
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3. 96 Gewichtsteile eines Mischpoly merisats aus 2o0/&
Vinylchlorid und 8o'/o! as. Dichloräthylen werden mit i Gewichtsteil Natri:umhydroxyd
und 3 Gewichtsteilen Vinylcarbazol in der Kugelmühle vermischt. Die aus diesem so
stabilisierten Produkt hergestellten Preßlinge verfärben sich praktisch nicht.
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q.. 97 Gewichtsteile eines Mischpolymerisats aus 700% Vinylchlorid
und 300/& Vinylchloracetat werden in i Gewichtsteil N.atriumcarbonat und 2 Gewichtsteilen
Acrylsäurecarbazolid in einer Mischmaschine vermischt; die nach darauffolgender
Verpressung erhaltenen Formstücke sind fast farblos, während sich ein uristabilisiertes
Produkt bei der Verpressung stark verfärbt. 5. ioo Gewichtsteile eines Mischpolymerisats
aus 8o%, Vinylchlorid und, 2o0/& Vinylacetat werden mit Zoo Gewichtsteilen einer
Lösung, die oy5 0/& adipinsaures Natrium und 11/9 Div inylbenzol in go%igem
Methanol enthält, angeteigt, kurze Zeit verrührt und darauf im Vakuumschrank bei
4o° getrocknet. Das trockene Pulver wird dann bei einer Temperatur von z35° und
einem Druck von i 5o atü verpreßt. Die Preßplatten sind farblos, während unter gleichen
Umständen verpreßte unstabilisierte Produkte dunkelbraun gefärbt sind.
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6. ioo Gewichtsteile eines Mischpolymerisats aus 8o% Vinylchloridund
2o% Acrylsäuremethylester werden mit i 5o Gewichtsteilen einer Lösung, die i %.
acrylsaures Natron und 45 0/& Vinyl-dodecyläther in go%igem Methanol enthält,
angeteigt, kurze Zeit verrührt und darauf getrocknet. Durch Verspritzen oder Verpressen
dieses so stabilisierten Produktes werden farblose Kunststoffe erhalten, während
das ohne Zusatz von Vinyldodecyläther stabilisierte Produkt starke Verfärbungen
aufweist.
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7. ioo Gewichtsteile Polyvinylalkoholformaldehydacetal werden mit
ioo Gewichtsteilen einer 3%,igen Lösung von Divinylbenzol in Methanol verknetet.
Nach dem Trocknen wird das Pulver l1/2 Stunden auf 145° erhitzt, wobei es absolut
farblos bleibt. Das unstabilisierte Produkt verfärbt sich unter gleichen Bedingungen
tiefgelb.
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B. ioo Gewichtsteile Chlorkautschuk werden in 300 Gewichtsteilen
eines Lösungsmittelgemisches aus Xylol, Toluol und Butylglykol gelöst, welches 3
Gewichtsteile Divinylbenzol und 2 Gewichtsteile phenoxypropenoxyd enthält. Die daraus
hergestellten Filme lassen sich auf i5o° erhitzen, ohne sich dabei wesentlich zu
verfärben.
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g. Zu einer Lösung von ioo Gewichtsteilen eines Mischpolymeritsats
aus 50%Vinylacetat in 3ooGewichtsteilen Methylaoetat werden 2 Gewichtsteile Acroleinbutylenglykolacetal
und 2 Gewichtsteile Phenoxypropenoxyd zugesetzt. Ein aus dieser Lösung gegossener
Film verfärbt sich nach einstündigem Erhitzen auf iso° nicht. Das uristabilisierte
Produkt auf gleiche Weise behandelt, bräunt sich stark.
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io. In ioo Gewichtsteile einer 5o'/eigen stabilen, mit Weichmachern
versetzten wäßrigen Emulsion eines Mischpolymerisats aus 30% Vinylchlorid und 70%
Vinylacetat werden 2 Gewichtsteile Natriumacrylat eingerührt. Die hiermit hergestellten
Anstriche oder Filme verfärben sich nicht, wenn sie längere Zeit auf Temperaturen
um i5o" erhitzt werden, während das uristabilisierte Produkt sich hierbei tiefbraun
verfärbt.
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1i. 96,5 Gewichtsteile Polyvinylchlorid werden mit
3,0 Gewichtsteilen Styrol und o,5 Gewichtsteilen Adipinsäuredihydrazid auf
einer Mischmaschine kurze Zeit vermischt und anschließend bei etwa 170 bis
iSo° auf einer Walze plastifiziert. Das Walzfell wird nunmehr auf einer Mühle auf
eine für Spritzgußmassen geeignete Korngröße zerkleinert. Die Spritzgußmasse wird
bei etwa igo bis 1g5° nach dem Spritzgußverfahren verarbeitet
und
liefert hellfarbige Spritzlinge, welche sich durch hohe mechanische Festi.gkeiten,
geringe Wasseraufnahme, sehr gute elektrische Werte und gute Chemikalienbeständigkeit
auszeichnen.
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12. 95,5 Gewichtsteile Polyvinylchlorid, 4,o Gewichtsteile Vinylcarbazol,
o,5 Gewichtsteile T'hiodipropio4säurehydrazid. werden kurze Zeit auf einer Mischmaschine
behandelt. Anschließend wird bei etwa i7o bis iSo° auf einer Walze plastifiziert.
Das Walzfell wird auf eine für Spritzmassen geeignete Korngröße zerkleinert. Bei
der Verarbeitung nach dem Spritzgußverfahren erhält man hellfarbige Spritzlinge,
welche die im vorhergehenden Beispiel erwähnten guten Eigenschaften besitzen.