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Verfahren zur Herstellung von Calciumpolysulfidlösungen Es ist bekannt,
Calciumpolysulfidlösungen durch Kochen von Kalk und Schwefel in Wasser zu gewinnen.
Dabei setzen sich Kalk und Schwefel in der Weise um, daß der Sauerstoff des Kalkes
von Schwefel gebunden wird und dabei eine Oxydationsstufe des Schwefels entsteht,
während ein zweites Schwefelmolekül mit dem Calcium des Kalkes zusammentreten kann.
An dieses Calciumsulfid lagern sich darauf noch weitere Schwefelmoleküle zum Calciumpolysulfid
an. Auf der anderen Seite entsteht nebenher aus der Oxydationsstufe des Schwefels
Calciumthiosulfat. Es wird also nur ein Teil des Schwefels zu Polysulfid umgesetzt;
der Rest bildet Sulfid- und Thiosulfatschwefel. Man rechnet hierbei mit Polysulfiden,
die der Formel Ca S2 bis Ca S,; entsprechen, und setzt folgende Gleichung ein 3
Ca(OH)2 + 12 S -= 2 CaSS + CaS203 + 3 H20. Danach gehen zwei Drittel des angewandten
Schwefels in Polysulfidschwefel über; ein Sechstel liegt als Sulfid-, ein Sechstel
als Thiosulfatschwefel vor.
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Dieses Verfahren liefert Schwefelkalkbrühen, die als Schädlingsbekämpfungsmittel
Verwendung finden. Bei der Herstellung derartiger Lösungen bleiben üblicherweise
sehr wenig unlösliche Bestandteile als Schlamm zurück, da der Schwefel praktisch
rein ist und auch der Kalk nur geringe Anteile an Kieselsäure und anderen Verunreinigungen
enthält, die sich nicht mit umsetzen.
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Im Gegensatz dazu sind nun solche schwefelhaltigen Massen, die bdspielsweise
Eisenverbindungen enthalten, wie etwa ausgebrauchte Gasreinigungsmasse, früher nicht
zur Gewinnung von calciumpolysulfidhaltigen Schwefelkalkbrühen herangezogen worden,
da einerseits kein besonderer Anreiz dafür bestand, weil ausgebrauchte Gasreinigungsmasse
auf völlig anderen
Wegen zu Rhodanammon-'und Ferrocyansalzen verarbeitet
wurde, worauf die rhodan- und cyanfreien Rückstände zum Abrösten in die Schwefelsäurefabriken
gingen, andererseits reiner Schwefel zur Herstellung von Schwefelkalkbrühe genügend
zur Verfügung stand. Auch war zu erwarten, daß sich der Schwefel der Gasreinigungsmasse
beim Kochen in wäßriger Lösung zwar zunächst zu Calciumsulfid und -polysulfid umsetzen
würde, daß aber dann der große Anteil der Gasreinigungsmasse an Eisenoxyd und -hydroxyd,
zumal in alkalischer Lösung, zu einer Fällung von unlöslichem Schwefeleisen führen
müßte.
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Um so überraschender war die Erkenntnis, daß sich trotz Anwesenheit
der Eisenoxyde der Schwefel zu Schwefelkalk umsetzen ließ, wobei gute Ausbeutenentstanden.
So lieferte beispielsweise eine ausgebrauchte Gasreinigungsmasse mit -57,80/0
Gesamtschwefel beim Kochen mit Kalk in wäßriger Lösung 55,3 °/o durch Kalk extrahierbaren,
gelösten Schwefel, also Sulfid, Polysulfid und Thiosulfat, und nur 2,2 °/o blieben
unlöslich. Demnach wurden 96 °/o gelöst; 4 %
waren unlöslich. Der kalklösliche
Schwefel ging sogar über den in Schwefelkohlenstoff löslichen Schwefel hinaus, woraus
sich ergibt, daß durch die Kalkkochung auch in C S2 unlöslicher Schwefel
bzw. unlösliche Schwefelverbindungen mitgelöst wurden. Hierbei wurden aus betriebspraktischen
Gründen auch Überschüsse an Kalk angewendet, die, je nach der Art des verwendeten
Kalkes oder Kalkstaubes, zwischen dem 1,6- bis 5,6fachen der Theorie nach obiger
Gleichung lagen. Zu vermeiden ist aber bekanntermaßen ein Mg0-Gehalt von mehr als
5 °/o, weil mehr als diese. Menge Mg0 im Kalk den Zerfall der Polysulfide begünstigt.
Rhodan- und -Eisencyanverbindungen, die in der fertigen Lösung verbleiben, wirken
nicht schädlich auf die Pflanzen ein. Es ist also nicht nötig, sie vor der Kalkkochung
zu entfernen. Sie können sogar stabilisierend wirken und die Schwefeleisenbildung
hindern. Abgesehen davon geht Ammoniak aus den Ammonverbindungen bei der Kalkkochung
flüchtig und kann gesondert aufgefangen werden. Man hat es also in der Hand, die
übrigen Bestandteile der Gasreinigungsmasse vorher in üblicher Weise zu entfernen
und gesondert zu verarbeiten, z. B. auch einen Teil des Schwefels, etwa bei reichen
Massen, vorher abzudestillieren oder abzusublimieren, zu lösen u. dgl., um ihn gesondert,
etwa auf sublimierten Schwefel zur Schädlingsbekämpfung oder auf Schwefelkalkbrühe
in bisher üblicher Weise, zu verarbeiten. Es ist möglich, die übrigen Anteile der
Gasreinigungsmasse auf obige Weise wie bisher zu gewinnen; man kann sie aber auch
in der Masse lassen. Eine Zugabe von Natriumhydroxyd oder Soda, die mit dem Kalküberschuß
Natronlauge und Calciumcarbonat bildet, ist zur Beschleunigung der Polysulfidbildung
ebenfalls angängig. Sogar sehr niederprozentige Gasreinigungsmassen mit nur etwa
15 °/o Schwefel, während normale Massen 35 bis 50 °/: und mehr enthAen, konnte man
verarbeiten.
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Die hergestellten Polysulfidlösungen können wie die übliche Schwefelkalkbrühe
als Schädlingsbekämpfungsmittel Verwendung finden, ohne daß Schädigüngen der Pflanzen
-eintreten.. Das -neue Verfahren schließt eine Lücke in der Zurverfügungstellung
von Schwefel für Schädlingsbekämpfungsmittel; es arbeitet mit leicht verfügbaren
Rohstoffen und stellt einen wertvollen Beitrag zur Versorgung der Land- und Gartenwirtschaft
mit Mitteln des Pflanzenschutzes dar.
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Beispiele i. Ausgebrauchte Gasreinigungsmasse mit etwa 15 %
S, der man die Nebenverbindungen vorher auf bekannte Weise entziehen kann, wird
mit gebranntem oder gelöschtem Kalk, Kalkschlamm oder Kalkstaub in wäßriger Lösung
erhitzt, wobei man auf 13o kg lagerfeuchte Masse 2o bis 6o kg Staubkalk, je nach
dessen Güte, und 150 1 Wasser oder untenerwähnte Waschlauge anwendet. Nach
2- bis 3stündigem Kochen unter Rühren wird ein Gehalt von 8 bis 9 g Polysulfidschwefel
in itQo ccm Lösung erreicht. Die fertige Maische wird heiß filtriert, worauf man
den schweren Eisenschlamm mit Wasser auswäscht. Die dabei entstehenden Waschlaugen
werden zum Teil der - Starklauge zugegeben, zum Teil zu neuen Ansätzen verwendet.
Der Eisenschlamm kann andenweit verwertet werden. Die fertige Schwefelkalkbrühe,
bestehend aus der Starklauge und so viel von den Waschlaugen, daß die Lösung nicht
zu sehr verdünnt wird, fällt in einer Menge von.- ioo--bis 130 1 an und stellt eine
handelsübliche Ware von 23° B6 (D = i,ig) dar, die in gewohnter Weise gebraucht
wird. 85 bis 95 %
des möglichen Polysulfidschwefels werden in den Lösungen
wiedergewonnen.
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2. 13o kg lagerfeuchte Gasreinigungsmasse mit etwa 5o % S werden
mit 45 kg Stückkalk und 170 1 Waschlauge, wie oben erwähnt, erhitzt. Man erhält
nach dem Filtrieren und nach Zugabe der ersten Waschlaugen 175 bis Zoo 1 handelsübliche
Schwefelkalkbrühe mit 15 bis 18 g Polysulfidschwefel in ioo ccm, entsprechend 30°
B6 (D = i,27). Die Ausbeute beträgt auch hier über go °/o.