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Verfahren zur Abformung und Vervielfältigung von Gegenständen
Die körperliche
Wiedergabe der reinen Form durch die Methode des Abgipsens ist seit langem bekannt,
aber unbequem und untollkommen. Auch die längst bekannten Abformungen mittels Ton,
Zement und Wachs haben Mängel, die in den Eigenschaften dieser Materialien begründet
sind. Weiter ist bekannt, außer diesen harten Abformmassen Gummi zum Abformen zu
verwenden, daneben aber auch andere weiche Massen, beispielsweise solche, die aus
Leim bzw.
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Gelatine und Glycerin oder aus Agar-Agar hergestellt werden. Die letzteren
Massen werden z. B. mittels Pinsel so oft über das Objekt gestrichen, bis die Lage
dick genug wird; nach dem Erstanen sind die Massen elastisch wie eine Gummihülle
und können daher an Unterschneidungen ohne Verletzung abgenommen werden. Das Ausgießen
dieser Negative erfolgt dann mit einer wachsartigen Positivmasse. Damit hat man
ein einfaches Verfahren zur exakten körperlichen Wiedergabe von Objekten mit ihren
feinsten Einzelheiten, jedoch mit dem Nachteil, daß das Reproduktionsmaterial wegen
seiner Feuchtigkeitsempfindlichkeit und seiner geringen Härte und Festigkeit nur
für bestimmte Zwecke, z. B. für medizinische Abformungen, Bedeutung hat.
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Neuerdings hat man, insbesondere für die Herstellung von Zahnprothesen,
neben Celluloid, Acetylcellulose und Kunstharzen aus Phenol und Formaldehyd auch
schon gewisse Polymerisationsprodukte zu Abformungen herangezogen. Als solche sind
zu erwähnen: Polystyrol, Polyvinylchlorid und Mischpolymerisate des Polyvinylchlorids
sowie vor allem Polymethacrylsäureester. Besonders gut hat sich die
Verwendung
von Gemischen aus festem Polymethacrylsäureester mit flüssigen (monomeren) oder
nur teilweise polymerisierten ungesättigten organischen Verbindungen eingeführt,
weil derartige Gemische stopfbar bzw. knetbar sind. Sie müssen zur weiteren Polymerisation
einer Nachbehandlung in der Wärme unterzogen werden.
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Abformung
und Vervielfältigung von Gegenständen, insbesondere von Münzen, Schmuckgegenständen,
Reliefs und Plastiken aus Stoffen aller Art (Gips, Holz, Stein, Edelsteinen und
Halbedelsteinen, Marmor, Terrakotta, Ton, Blei, Bronze, Eisen, Stahl, Gummi, Plastilin,
Leim usw.), ferner zur Herstellung von Prothesen aller Art (u. a. auch Zahnprothesen,
Gaumenplatten), unter Verwendung solcher Äthyleniminderivate, und den im folgenden
noch näher bezeichneten Gemischen, deren Polymerisation in Gegenwart von Kontaktmitteln
größtenteils während des Abformungsvorganges bei gewöhnlicher oder nur mäßig erhöhter
Temperatur erfolgt. Die Verwendung dieser in flüssiger Form vorliegenden Derivate
und Gemische hat gegenüber den obenerwähnten anderen Kunststoffabformungsmaterialien
den entscheidenden Vorteil, daß man den abzuformenden Gegenstand nur damit zu übergießen
und stehenzulassen braucht, ohne Druck oder Wärme zuzuführen oder auch nur zu stopfen,
zu kneten oder zu pinseln. Dadurch, daß man von einer Flüssigkeit ausgeht und bei
gewöhnlicher oder nur mäßig erhöhter Temperatur polymerisiert, erreicht man eine
unübertrefflich exakte Abformung der feinsten Einzelheiten ohne störende Schrumpfungserscheinungen
und ohne Blasenbildung. Das Abformungsmaterial kann glashell oder beliebig gefärbt
sein; das nach verhältnismäßig kurzer Zeit auspolymerisierte Produkt ist auf Grund
seiner Feuchtigkeitsunempfindlichkert, seiner weitgehenden Lichtbeständigkeit, Härte,
mechanischen Festigkeit und chemischen Beständigkeit den vielseitigsten Ansprüchen
gewachsen. Durch die Einfachheit des Verfahrens und die Genauigkeit der Abformung
werden in Verbindung mit der Güte und Haltbarkeit der Abformmasse die bisher bekannten
Abformverfahren erheblich übertroffen.
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Für die Zwecke der vorliegenden Erfindung eignen sich besonders solche
Äthyleniminderivate, welche durch Anlagerung von Äthylenimin an die Doppelbindungen
der Biscrotonsäureester des 1, 3- bzw.
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1, 4-Butylenglykols oder anderer Diole erhalten werden; aber auch
Mischungen der vorgenannten Äthyleniminderivate unter sich und/oder mit anderen
ungesättigten organischen Verbindungen, insbesondere solchen, die durch Anlagerung
von Äthylenimin an andere ungesättigte Verbindungen, wie z. B. Acrylsäure, entstehen,
sind, da sie in ähnlicher Weise bei Raumtemperatur nach Zusatz von Kontaktmitteln
polymerisieren und dabei zum Teil Erzeugnisse mit noch besseren Eigenschaften ergeben,
für die Abformung und Vervielfältigung von Gegenständen und zur Herstellung von
Prothesen aller Art geeignet.
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Durch Mischpolymerisation mit gewissen ungesättigten organischen
Verbindungen kann man auch zu bei gewöhnlicher Temperatur langsamer polymerisierenden
Abformmassen gelangen, die bei der Poly merisation vorübergehend in einen gummiartigen
Zustand übergehen, bevor sie hart werden. In diesem gummiartigen Zustand lassen
sie sich ohne Verletzungen auch von Originalen mit Unterschnitten oder Durchbrüchen
abnehmen. Eine solche Abformmasse erhält man, wenn man z. B. dem Monomeren aus Äthylenimin
und dem Biscrotonsäureester des I, 3-Butylenglykols hergestellten Äthyleniminderivat
außer dem üblichen Kontaktmittel, z. B. Di-n-propyl sulfat, einen erheblichen Prozentsatz
monomeren a-Cyansorbinsäureester zumischt. Obwohl letzterer sonst bekanntlich nur
in Gegenwart von alkalischen Kontaktmitteln, wie z. B. Magnesiumoxyd, polymerisiert,
erfolgt in Gegenwart des mit Kontaktmitteln versetzten Äthyleniminderivats eine
gemeinsame Polymerisation beider Monomeren ohne Zumischung zusätzlicher alkalischen
Kontaktmittel bei gewöhnlicher Temperatur. Im Verlauf dieser Mischpolymerisation,
die wesentlich langsamer als die Polymerisation des Äthyleniminderivats allein verläuft,
geht die Masse in einen gummiartigen Zustand über, bevor sie hart wird, und kann
in diesem von dem abzuformenden Gegenstand entfernt und weiter gehärtet werden.
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Erfindungsgemäß hat man es ferner in der Hand, durch Zusatz von bestimmten
Weichmachern die Härte und sonstige Eigenschaften der neuen Abformungsmasse zu verlieren.
Als geeignet wurden beispielsweise gewisse Phthalsäureester und Thiodibuttersäureester,
z. B. Phtbalsäuredibutylester und Thiodibuttersäureäthylhexanolester, gefunden.
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Beispiel I Ein vom Bildhauer aus Ton, Marmor oder Metall ausgearbeitetes
Relief wird zur Herstellung eines Negativs z. 3. mit einer Metallegierung abgeformt.
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Das erhaltene Reliefnegativ wird nun mit einem Wall aus Wachs, Fett
oder Gips bis zur Höhe der gewünschten Schichtdicke des Aufgusses eingefaßt und
dann mit einem Gemisch aus monomerem Äthylen iminderivat mit der erforderlichen
geringen Menge Kontaktmittel, z. B. Di-n-propylsulfat, und etwaigen Farben und/oder
Füllmitteln übergossen. Nach etwa 2stündigem Stehenlassen ist die Flüssigkeit erstarrt,
doch wartet man mit dem Ablösen aus der Negativform zweckmäßig noch einige Stunden,
um die Polymerisation zu Ende zu führen und ein glattes Ablösen ohne jede Beschädigung
der Form zu ermöglichen.
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(Zu letzterem Zweck ist unter Umständen auch noch ein dem Guß voraufgehendes
Überziehen der Negativform mit einer hauchdünnen Schicht Ö1, Paraffin, Fett oder
Wachs zu empfehlen.) Da die Negativform weder durch Wärme noch Druck beansprucht
wird, kann der Vorgang ohne wesentlichen Formenverschleiß sehr häufig wiederholt
werden, und das Verfahren ermöglicht somit die Vervielfältigung künstlerisch hochwertiger
Bildhauer-und Graphikarbeiten in einer bisher nicht bekannten Vollkommenheit in
einem Material, das nicht nur hervorragende physikalische und chemische Eigenschaften
aufweist, sondern auch zu außerordentlich vielseitigen Abstufungen in bezug auf
Farbtöne und
Effekte (Marmorierung usw.) befähigt ist. Eine für
manche Zwecke besonders interessante Möglichkeit besteht darin, vor dem Gießen Leuchtfarben
zuzusetzen, die in dieses Polymerisat eingebettet, da weder Wärme noch Druck zum
Polymerisieren gebraucht wird, im Vergleich zu anderen Kunststoffen besonders gut
zur Wirkung kommen. Auch ein Zusatz von Fischsilber oder von anderen zur Erzielung
eines Perlmutteffekts geeigneten Zusätzen kommt bei diesem glasklaren Material,
bei dessen Herstellung weder Druck noch Hitze angewandt wird, besonders schön zur
Geltung.
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Beispiel 2 Man verfährt, wie in Beispiel I beschrieben, jedoch mit
dem Unterschied, daß man von dem Originalrelief, nachdem man dasselbe mit einer
hauchdünnen Schicht von Fett oder Paraffin (durch Übergießen mit heißflüssigem Fett
oder Paraffin und Ablaufenlassen) überzogen hat, schon das Negativ anstatt mit Metallegierung
durch Übergießen mit einem Gemisch aus monomerem Äthyleniminderivat und wenig Kontaktmittel
herstellt, nach vollendeter Polymerisation ablöst und nun das Positiv, nachdem man
das Polymerisatnegativ wiederum mit einer Fett- oder Paraffinschicht überzogen hat,
ebenfalls durch Übergießen mit Äthyleniminderivat, dem vorher das nötige Kontaktmittel
beigemischt wurde, herstellt.
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Beispiel 3 Eine Brosche oder eine Halskette aus Bernstein oder einem
Edelstein oder Halbedelstein oder aus Perlmutt wird in üblicher Weise mit irgendeiner
geeigneten Negativmasse abgeformt und darauf ein Positiv aus Äthyleniminderivat
mit Kontaktmitteln unter Zusatz geeigneter organischen oder anorganischen Farben
oder Fischsilber und sonstiger für Sondereffekte geeigneten Zusatzstoffen in ähnlicher
Weise wie in Beispiel I und 2 beschrieben hergestellt.
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Beispiel 4 Ein Gaumenplattennegativ aus Gips wird mit einem hauchdünnen
Film z. B. aus nachchloriertem Polyvinylchlorid überzogen und dann durch Eingießen
eines rosagefärbten Gemisches aus monomerem Äthyleniminderivat und Kontaktmitteln
und nachfolgende Polymerisation bei Raumtemperatur die Prothese hergestellt.