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Verfahren zum elektrolytischen Entrosten und/oder Entzundern von Gegenständen
aus Eisen oder Eisenlegierungen Die Erfindung beschreibt ein elektrolytisches Verfahren
zur Entfernung von Rost- und Zunderschichten auf reinem und legiertem Eisen, bei
dem diese Verunreinigungen in eine instabile wasserlösliche Verbindung übergeführt
werden, so daß der Elektrolyt erhalten bleibt und sich der Materialaufwand, abgesehen
von den geringen, durch Anhaften auf der Ware entstehenden Badverlusten, ausschließlich
auf den Verbrauch von Strom und Wasser erstreckt. In der Folge und im engen Zusammenhang
mit dem elektrolytischen Beizverfahren werden Maßnahmen zur Entfernung von auf der
blankgebeizten Fläche verbleibenden Kohlenstoff- bzw. Graphitresten sowie zur Verkürzung
der Elektrolysierdauer vorgesehen.
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Es sind einige Verfahren zur elektrolytischen Reinigung oxydierter
Eisenflächen in sauren oder alkalischen Bädern bekannt, bei denen die Ware entweder
kathodisch oder anodisch, absatzweise auch nach beiden Stromrichtungen gepolt sowie
auch unter gleichzeitiger Einwirkung von Wechsel-und Gleichstrom behandelt wird.
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Soweit diese Verfahren mit alkalischen Elektrolyten arbeiten, erfolgt
die Umwandlung der Rost-und Zunderschichten durch positive Polung bis zur Bildung
von löslichen Ferraten, die sich im Bad durch intensive Rotfä.rbungbemerkbar machen.
Diese bekannten Verfahren ergeben aber nur dann einen tragbaren technischen Effekt,
wenn es sich um sehr dünne, leicht ablösbare Zunder-, Rost- oder Walzhautschichten
handelt. Bei derEntfernungstürkerer und schwerer ablösbarer Rost- und Zunderschichten
z. B. von Grobblechen oder von Werkstücken aus Gußeisen verläuft hingegen die anodische
Behandlung in alkalischen Bädern unbefriedigend.
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Es wurde gefunden, daß die anodi@sche Behandlung nur bis zu einem
gewissen Zeitpunkt wirtschaftlich verläuft, während nach diesem Zeitpunkt
die
Stromausbeute auf ein Zehntel der ursprünglichen absinkt. Dieser Zeitpunkt i-st
dadurch gekennzeichnet, daß sich auf den metallischen Werkstücken eine dunkle bis
schwarze Schicht, die durch mechanische Mittel entfernbar ist, ausgebildet hat.
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Es scheint, daß diese Schicht, die, wie die Farbe andeutet, aus einem
Gemisch von Ferro- und Ferrihydroxyd besteht, einen Schutzfilm gegen weitere oxydative
Einwirkung des elektrischen Stromes an der Anode darstellt, @so daß die weitere
Bildung von Ferraten unterbunden wird.
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Erfindungsgemäß wind daher dieser Zeitpunkt zum Umschalten auf kathodische
Behandlung im gleichen Bad gewl'ählt, durch welchen Vorgang eine sehr rascheEntfernung
dieserFerro-Ferrihydroxyd-Schicht bewirkt wind. Nach Beendigung der negativen Polung
ist das Eisenmischoxyd gelöst, und es setzt beim neuerlichen Umschalten auf anodische
Behandlung wieder die volle Stromausbeute ein. Erfindungsgemäß wird daher ein Absinken
der Stromausbeute vermieden und gleichzeitig eine wesentliche' Abkürzung des Entzunderungsverfahrens
erzielt. Es ist auf diese Weise möglich, schon bei einigen absatzweisen Polungen,
deren Dauer beispielsweise anodisch rao und kathodisch 6o Sekunden beträgt, denselben
Entrostungseffekt zu erzielen, der bei den bekannten Verfahren erst nach einigen
Stunden eintritt.
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Die Durchführung des erfindungsgemiäßen Verfahrens erläutert das folgende
Ausführungsbeispiel: Handelsübliches verrostetes Schwarzblech wird bei einer Stromdichte
von 5 A%dm2 (doppelte Warenoberfläche), einer Spannung von 8 Volt in einem auf 7o
bi-s 8o° C erwärmten Bad während 8 .Minuten derart behandelt, daß die absatzweise
negative Polü-ng des Bleches insgesamt 25 Sekunden und die zwischenzeitige
positive Polung 175 Sekunden beträgt. Das Bad besteht aus einer Soo/oigen
Lösung von technischem Ätznatron, dem als Katalysator a g Natriumchromat pro Liter
zugesetzt sind.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird, wie an
sich bekannt, anstatt der absatzweisen anodischen und kathodischen Umpolung der
zu behandelnden Werkstücke dem die anodische Polarisierung verursachenden Gleichstromkreis
Wechselstrom überlagert, dessen Spannung so bemessen ist, daß die Scheitelspannung
in der der Gleichstromrichtung entgegengesetzten Halbwelle größer ist als die Gleichspannung.
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Je nach dem Kohlenstoffgehalt des Eisens entstehen auf den behandelten
Werkstücken blankweiße bis leichtgraue metallische Flächen, die unmittelbar nach
der Entnahme aus dem alkalischen Bad einer weiteren Behandlung, z. B. der Aufbringung
eines metallischen Überzuges durch Galvanisieren, zugeführt werden können. Die im
Elektrolyt mit kirschroter Farbe gelösten Ferrate sind nur einige Stunden beständig,
sie zerfallen zu Ätzkali und Eisenhydroxyd. Letzteres ist praktisch unlöslich und
fällt aus, wodurch bereits einige Stunden nach Durchführung der Beizung der Elektrolyt
wieder vollständig (klar und farblos ist und durch Zugabe von Wasser seine Ausgangskonzentration
erhält. Der Verbrauch an Elektrolytflüssigkeit ist daher auf die unvermeidlichen
Benetzungsverluste an der Warenoberfläche beschränkt, ein Umstand, der die Wirtschaftlichkeit
des Verfahrens weiter günstig beeinflußt.
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Falls aus dem Elektrolyt wasserunlösliche Ferrate gewonnen werden
sollen, empfiehlt es sich, die zugehörigen Basen, z. B. Barium, in Form des Hydroxydes
im Elektrolyt zu lösen bzw. während der Elektrolyse in wässeriger Lösung zuzuführen.
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Bei einigen Eisensorten, insbesondere bei Stählen und Gußeisen wurde
beobachtet, daß die entoxydierte Ware mit einer grauen, unansehnlichen Oberfläche
zurückblieb. Eine genaue mikroskopische Untersuchung ergab das Vorhandensein von
Graphitresten, die in der Elektrolytflüssigkeit unlöslich sind und' an der Ware
haftenbleiben. Da es möglich ist, Graphit in Form der Graphitsäure in eine Verbindung
zu überführen, die von Flüssigkeiten aufgenommen wird, wurden die abgebeizten Eisenteile
kurzzeitig in mittelkonzentrierte Salpetersiäture eingebracht. Der Graphit löst
sich darin innerhalb weniger Sekunden, so daß die früher graue Ware nunmehr ebenso
weiß gebeizt wie Blankblech diesem zweiten Bad entnommen wird. Auch andere sauerstoffabgebende
Verbindungen, wie die Chromate, Manganate, Vanadate, reine Chromsäure und chlorsaure
Verbindungen, ebenso auch Perchlorate haben sich zusammen mit, aber auch ohne die
Beigabe von technischer Salpetersäure als sehr geeignet zur Ablösung der Graphitreste
erwiesen.
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Gelegentlich dieser letztangeführten Versuche wurde eine Beobachtung
gemacht, die sich in Richtung der Abkürzung des Elektrolysiervorganges, also der
Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens, als außerordentlich vorteilhaft
erweisen sollte. ,Bei den vielen Versuchen mit Blechen verschiedener Herkunft wurden
wiederholt Proben gefunden, die auch bei längerem Tauchen in oxydierende Flüssigkeiten,
z. B. in Salpetersäure, ihre graue Oberfläche nicht verloren hatten. Es war die
Annahme naheliegend, daß die Eisenteile nicht ausreichend lange im elektrolytischen
Bad vorbehandelt worden waren. Beim Einhängen in den alkalischen Elektrolyten und
Wiederholung der elektrolytischen Behandlung während einiger Sekunden konnten die
vorher in wässeriger Salpetersäurelösung behandelten Proben weißgebeizt ent- j nommen
werden, während von derselben Ware stammende Proben ohne zwischenzeitige Behandlung
in Salpetersäure wesentlich länger, oftmals die zehnfache Zeit, elektrolysiert werden
mußten, um dieselbe reinweiße metallische Oberfläche zu erlangen. Diese sehr wichtige
Beobachtung hat über eine Reihe bewußt angestellter Zwischenversuche zu nachstehender
Erfahrung geführt: An der Oberfläche von ungenügend entoxydierten Eisenteilen, die
in verdünnte Salpetersäure eintauchen, finden zwei Vorgänge statt, nämlich die Ablösung
von
Kohlenstoff (Graphit) in Form der Graphitsäure und anscheinend die Bildung von Eisennitrat
und/oder Eisennitrit. Da Salpetersäure bekanntlich stark passivierend wirkt, kann
nur eine sehr feine Schicht von salpetersauren Verbindungen entstehen, die noch
nicht durch die Grün- oder Gelbfärbung der Oberfläche erkennbar ist. Werden nun
derart präparierte Teile in das alkalische Bad eingebracht und sofort negativ polarisiert,
dürfte die Zeit nicht zur Fällung der Eisenhydroxyde und zur Diffusion der neugebildeten
Alkalinitr.ate und/oder -nitrite in den Elektrolyt ausreichen, d. h. es entstehen
durch Einwirkung des elektrolytisch abgeschiedenen Wasserstoffes durch Reduktion
der salpetersauren und/oder salpetrigsauren Alkalien rein chemisch stark reduzierende
Stoffe, vor allem Hydroxylamin. Letzteres -bewirkt dann die beschleunigte Reduktion
etwa noch vorhandener Oxydreste, die dann beim anodischen Umpolen der Anode fast
augenblicklich in Ferrate übergeführt, somit wasserlöslich werden. Nicht mit Nitraten
bzw. Nitriten überzogene Eisenflächen benötigen eine viel längere Zeit der elektrolytischen
Behandlung. Weitere systematische Untersuchungen haben ergeben, daß die Dauer der
erfindungsgemäßen Behandlung im elektrolytischen Bad wesentlich herabgesetzt werden
kann, wenn die folgenden zusätzlichen Maßnahmen eingehalten werden, wobei aber die
Entfernung allfäfiger Graphitreste unabhängig davon stets nur in einem oxydierenden
Bad nach erfolgtem elektrolytischen Entfernen der Eisenoxyde möglich ist.
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i. Auf der Warenoberfläche müssen Alkalinitrate und/oder Alkalinitrite
durch Entwicklung von @`'asserstoff zu Hydroxylamin reduziert werden, (las selbst
wieder als starkes, in basischen Lösungen beständiges Reduktionsmittel die Eisenoxyde,
insbesondere aber den Magnesit Fe304 rein chemisch in leichter in Ferrate umwandelbare
Eisenoxyde zerlegt.
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2. Es ist nicht unbedingt notwendig, die,besagten Eisenstickstoffverbindungen
im Wege einer Nachbeize in Salpetersäure herzustellen, auch die Anreicherung von
Nitraten @und/oder Nitriten, besonders jenen der Alkalien in den porigen Oxydschichten
mittels einer Vorbeize, also vor der elektrolytischen Behandlung, verkürzt wesentlich
die Dauer der Entoxydation.
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3. Statt oder neben der Vor- und/oder Nachbeize können Alkalinitrate
und/oder Alkalinitrite zu Beginn und während der Elektrolyse dem Ätzalkalibad, vorteilhaft
in wässeriger Lösung, zugeführt werden, wodurch eine weitere Verkürzung der Elektrolysierdauer
eintritt.
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Sollen die Nitrat- bzw. Nitritionen bildenden Verbindungen während
der Elektrolyse zugegeben werden, ist es aus Ersparungsgründen vorteilhafter, sie
erst gegen Ende der Behandlung zuzusetzen, da sie, solange noch eine zu starke Zunderschicht
vorhanden ist, verhältnismäßig weniger wirksam sind.
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Betreffend der Zusammensetzung der früher angeführten Vorbeize ist
zu bemerken, daß die Aufnahine von Nitraten bzw. Nitriten durch die porigen Schichten
oder, falls Salpetersäure verwendet wird, die Bildung dieser Salze innerhalb des
Oxydl)elages in der Regel einige Stunden, etwa 4 bis 1,2 Stunden je nach Stärke
der Oxydhaut, dauert. Diese relativ lange Reaktionszeit wird dadurch bedingt, daß
sowohl dieKonzentration der Eisen an sich wenig angreifenden Salpetersäure als auch
die Konzentration anderer Mineralsäuren, die zusammen mit oder an Stelle von Salpetersäure
verwendet werden, sehr niedrig bleiben muß. Reine wässerige Nitrat- und/oder Nitritlösungen
wirken auf Oxyde erst innerhalb mehrerer Tage ein, es kommt .daher stets die Zugabe
einer oder mehrerer Säuren in Frage; doch muß die Konzentration dieser Säuren niedrig,
höchstens insgesamt bis zu 7 % des Wasseranteiles, gehalten werden, damit sich nicht
Wasserstoff bildet. Dieser würde im status nascendi in das Eisen hineindiffundieren
und dieses, besonders bei längerer Beizdauer, brüchig und spröde machen. SalzsIäure
und organische Säuren, besonders die Oxalsäure, sind als Zugabe zur Vorbeize sehr
geeignet; falls Schwefelsäure verwendet wird, ist , darauf zu achten, daß diese
Nitrite zersetzt und daher Aden wirksamen Anteil dieser Salze an .der Vorbeize herabsetzt.
Zur Beigabe zu dem Elektrolyt sind außer den Alkalinitraten bzw. -nitriten auch
sämtliche anderen wasserlöslichen Salze der Salpeter-bzw. der salpetrigen Säure
geeignet. Letztere bedingen allerdings einen gewissen irreversiblen Verbrauch an
Ätzalkaili, da sie unter Fällung ihrer Kationen als Hydroxyde selbst zu dem Alkalisalz
umgesetzt werden, während von Anfang an zugesetzte Alkalinitrate bzw. Alkalinitrite
bei der elektrolytischen Reduktion neben dem Hydroxylamin zusätzlich selbst zu Ätzalkali
umgesetzt werden und derart den Elektrolyt anreichern. Für die Entgraphitierung
kommt selbstverständlich niemals die Vorbeize, sondern stets nur eine Salpetersäure
bzw. Nitrate und/oder Nitrite neben den früher angeführten, die Graphits,äure bildenden
Körpern enthaltende Zwischen- und/oder Nachbeize in Betracht. Um in Vorbeizen den
Angriff höher konzentrierter Säure auf frei liegende Metallpartien und damit die
Entwicklung und das Lösen von naszierendem Wasserstoff auch dann möglichst herabzudrücken,
wenn eine relativ kurze Vorbeizdauer notwendig ist, können die an sich bekannten
Sparbeizzusätze beigegeben werden. Besonders der Thioharnstoff und von ihm abgeleitete
komplizierte organische Verbindungen haben sich als sehr vorteilhaft anwendbar,
billig und verl@äßlich wirkend erwiesen.