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Verfahren zum elektrolytischen Entrosten, Entzundern und Brünieren
von Metallen in alkalischen Lösungen Das Verfahren bezieht sich auf das Entrosten
und Entzundern von Metallen, insbesondere von Eisen und Stahl in alkalischen, Lösungen
auf elektrolytischem Wege. Der Arbeitsgang wird im Bedarfsfall durch eine elektrolytische
Brünnerung im gleichen Bade abgeschlossen.
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Das elektrolytische Entrosten in .alkalischen Lösungen ist schon seit
drei Jahrzehnten bekannt und war in der Folgezeit Gegenstand vieler Patentanmeldungen
und Veröffentlichungen. Die beschriebenen Verfahren bezogen sich auf anodische und
katholische Behandlung sowie auf Behandlungsweisen mit wechselnder Palung und mit
Wechselstrom.
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Das Wesen des Vorganges ist folgendes: In einer alkalischen. Lösung,
z. B. in einer Lösung von Ätznatron, wird das Werkstück mit dem Minuspol und die
Gegenelektrode mit dem Pluspol einer elektrischem Stromquelle verbunden. Hierdurch
bildet sich am Werkstück gasförmiger Wasserstoff, der den Rost oder Zunder vom Grundmetall
lockert und absprengt, da er zwischen Rost und Metall zur Abscheidung gelangt. (Zum
Teil wirkt dieser naszicrende Wasserstoff auf die Oxyde reduzierend.) Infolge :der
alkalischen Reaktion- der Lösung wird das Eisem katholisch nicht angegriffen.
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Die amodische Behandlung in alkalischen Medien wird vorwiegend bei
Legierungsstählen angewendet.
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Die Behandlung mit wechselnder Polung erfollgte bisher zum Reinigen
und Entrosten hauptsächlich in Natronlauge mit und ohne Zusätze. Ein, neueres Verfa-hhrern
z. B. empfiehlt, der Alkalihydroxydlösung noch Alkal.icyanid und Alkalichlorid-
sowie ein Peptisationssalz zuzusetzen. Die entfetteten
Werkstücke
werden nach, diesem Verfahren erst kathodisch und dann anodisch behandelt.
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Auch für das Reinigen von Ventilkegeln hat man die Behandlung in Ä.tznatrondösungen
mit wechselnder Polung angewendet. Schließlich wurde noch in-schmelzflüssigen Elektrolyten,
die neben Ätznatron noch Soda, Kochsalz oder Natriumfluorid - enthielten, mit wechselnder
Polung gearbeitet.
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Die praktische Erfahrung hat nun gelehrt, daß, sowohl den schmelzflüssigen
Elektrolyten als auch den wäßrigen Lösungen unter den bisher angewendeten Arbeitsbedingungen
erhebliche Mängel anhaften. Die Schmelzen erfordern eine sehr 'hohe Temperatur und
stellen sich in der Anlage und im Betrieb wesentlich teurer als wäßrige Lösungen.
Ihr Vorteil liegt darin, daß sie meistens rasch und sicher arbeiten. Die Verfahren
in wäßrig@en Lösungen aber, die in Anlage und Betrieb billiger sind, haben in den
bisher beschriebenen Ausführungsformen den , Nachteil, daß der Entrostungs- oder
Entzunderungsvorgang fei stark oxydierten Werkstücken verhältnismäßig viel Zeit
in Anspruch nimmt, so daß .der mengenmäßige Durchsatz den Anforderungen der Technik
oft nicht .mehr entspricht.
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Die Aufgabe bestand also darin, ein. Verfahren zu entwickeln, welches
die bequeme Handhabung wäßriger Lösungen mit der rascheren Arbeitsweise schmelzflüssiger
Elektrolyte verbindet.
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Systematische Versuche ergaben, daß die Arbeitsgeschwindigkeit von
Ätzalkalilaugen verschiedener Konzentration bei gleicher kat'hodischer Stromdichte
mit steigender Temperatur rasch ansteigt. Demgegenüber beeinflußt die Konzentration
der Lösung die Arbeitsgeschwindigkeit nicht in gleichem Ausmaß : Sie, .wirkt in
erster Linie dadurch, daß sie die Anwendung von Temperaturen weit über too ° ermöglicht.
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Zur Entrostung stark verrosteter Muster wurden z. B. in einer Lösung
mit 8oö-g/I NaOH bei einer Stromdichte von. 2o A/dm2 und bei den nachfolgend angegebenen
Temperaturen die.- untenstehenden Entrostungszeiten beobachtet:
-Temperatur in"°C - - Erforderliche Arbeitszeit |
in Minuten |
=40, 3 _ |
_ .xio ' :6 |
70 20 |
Die "Arbeitsgeschwindigkeit wächst also mit steigender Temperatur in geometrischer
Reihe. Bei einer Temperatur von 140 ° braucht man nur etwa ein Siebentel jener Zeit,
die bei einer Temperatur von 7o' erforderlich ist. Dieses Gesetz ist bei rein chemischen-
Reaktionen schon lange bekannt. Bei topflehemschen Reaktionen: indessen, die sich
an der @Grenzfiäahe - zwischen flüssigen und festen Körpern abspielen, ,gilt dieses
Gesetz häufig nicht in gleichem Maße, wie aus vielen Beispielen aus dem. Gesamtgebiet
der chemischen und elektrochemischen Oberflächenbehandlung bekannt ist. Aus diesem
Grunde ist es wohl auch, bisher' noch nicht versucht worden:, in, alkalischen Lösungen
im Temperaturbereich über too ° zu entrosten und zu entzundern.
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Die Stromdichte beeinflußt die Entrostungsdauer in :gleichen. Elektrolyten
bei einer B@adtemperatur von 140 ° in folgender Weise:
Stromdichte |
Entrostungsdauer Stromverbrauch |
in A dm2 in Minuten in A /Minute |
.- 2 20 40 |
zo 5 50 |
20 3 6o |
Hieraus. ergibt sich, daß die Entrostungsdauer mit :steigender Stromdichte rasch
abnimmt, wobei allerdings der insgesamt verbrauchte Strom mit steigender Stromdichte
ansteigt. Letzteres erklärt sich so: je höher die Stromdichte ist, d. h. je mehr
Wasserstoff sich in der Zeiteinheit auf :die Flächeneinheit abscheidet, ein desto
;geringerer Anteil des abgeschiedenen. Wasserstoffes kann aus räumlichen Gründen
seine reduzierende und absprengende Wirkung ausüben.- Da indessen die Stromkosten.
nur einen Bruchteil der Gesamtkosten des Arbeitsganges .darstellen, wird man in
der Praxis meist vorziehen, mit möglichst hohen Stromd.idhten, zu arbeiten, um auf
diese Weise den Durchsatz und die Leistung der Anlage zu .erhöhen. Darüber hinaus
gewährleistet die Anwendung hoher Stromdichten .die sichere Entfernung loser, auf
der Metalloberfläche !haftender Rückstände (z. B. von Graphit), so'@daß umständliche
Nachbehandlungen nicht erforderlich sind. Die Werkstücke können nach -,dem Spülen
ohne eine mechanische Zwischenbehandlung :galvanisiert oder in anderer Weise behandelt
werden.
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Weitere Versuche haben gezeigt, daß man die entrostende Wirkung zuweilen
dadurch verbessern kann, daß das Werkstück, wie in Patentschriften wiederholt vorgeschrieben,
nach der kathodischen Behandlung i bis 2 Minuten lang anodisch und dann wieder i
Minute lang kat'hodisch behandelt wird. Dieser Rhythmus wird im Bedarfsfall öfter
wiederholt. Bei der anodisch en Behandlung bildet sich auf der Oberfläche des Werkstückes
eine schwarze Schicht von Eisen(II, III)-oxyd, die beim kathodischen Stromstoß in
wenigen Sekunden wieder abgesprengt wird. _ Der besondere Vorteil des beschriebenen
Verfahrens zur Entrostung und Entzunderung liegt darin, daß man im gleichen Bade
nicht nur. die Oxyde entfernen, sondern gleichzeitig eine Ros.tschutzschicht erzeugen
kann. Diese besitzt- etwa die Sohntzwirkung handelsüblicher B.rüniersohichten und
hat auch die gleiche Farbe und chemische Zusammensetzung. Zur Ausbildung dieser
Schutzschicht nach beendeter Oxydentfernung ist es. lediglich notwendig, .die Stromarbeit
mit einer anodisehen Behandlung von 5 bis to Minuten Dauer abzuschließen.
Das
beschriebene Verfahren eignet sich nicht nur zur Entfernung von Rost und Zunder,
sondern vermag gleichzeitig auch alle anderen Arten von losem und festhaftendem
Schmutz sowie von Lacken oder anderen nichtmetallischen Überzügen rasch und wirksam
zu entfernen. Ebenso ist seine Anwendungsmöglichkeit nicht auf Eisen-und Stahl beschränkt.