-
Verfahren zur Herstellung von Fäden Filmen und Schäumen aus Fibrin
Es
ist bekannt, daß man Fäden und Filme aus Fibrin erzeugen kann, indem man verdünntes,
geronnenes Plasma in vorsichtiger Weise austrocknet (vgl. Ebbeck e, Kolloid-Zeitschrift
I940, S. I34ff.) .
-
In dieser Arbeit ist auch bereits die Nachbehandlung solcher Fäden
und Filme mit Wasser oder Glycerin beschrieben. Außerdem ist bekannt, daß Fibrinfilme
in ihren Eigenschaften verändert werden können, wenn man sie einer nachträglichen
Hitzebehandlung unterwirft (vgl. F e r r y et al.
-
J. Am. Chem. Soc. 1947, 5. 409ff.). Weiterhin ist bekannt, daß man
Fibrinschäume herstellen kann, wenn man eine Fibrinogenlösung intensiv zerschäumt
und dabei mit Thrombin zum Gerinnen bringt (vgl. v. K a u 11 a, Klinische Fortschritte
auf dem Gebiet der Blutgerinnung, I949, S. 80).
-
Die so erhaltenen Präparate werden in der Chirurgie verwendet. Beispielsweise
wird der Fibrinschaum als blutstillendes Präparat verwendet, während die Fibrinfilme
in der Chirurgie zum Einnähen usw. angewendet werden. Für die Fibrinfäden wurde
bisher noch keine praktische Verwendung gefunden, weil die mechanischen Werte der
Fäden nicht genügten. Die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften ist aber nicht
nur bei den Fäden, sondern auch bei den Filmen und Schäumen eine bisher noch nicht
in befriedigender Weise gelöste Aufgabe.
-
Es wurde nun gefunden, daß man Materialien mit verbesserten mechanischen
Eigenschaften aus Fibrin erhalten kann, wenn man die Materialien in einer geeigneten
Stufe ihrer Herstellung, d. h. bevor sie ihre endgültige Form erhalten haben, mit
einem geeigneten Weichmachungsmittel versetzt.
-
Als Weichmachungsmittel hat sich in erster Linie das Glycerin als
geeignet erwiesen. Man kann aber auch andere Weichmachungsmittel verwenden, sofern
sie physiologisch unschädlich sind. Es ist überraschend, daß sich die mechanischen
Eigenschaften der Fibrinpräparate auf diese Weise erheblich verbessern lassen, da
die bereits bekannte nachträgliche Behandlung der fertigen Fibrinpräparate mit z.
B. Glycerin 1keinen entsprechenden Effekt erkennen ließ.
-
Es wurde weiterhin gefunden, daß man nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
nicht von Fibrinogenlösungen auszugehen braucht, sondern für die Herstellung aller
Präparate von menschlichem oder tierischem Blut ausgehen kann. Dadurch wird die
Herstellung der Präparate wesentlich wirtschaftlicher gestaltet. Allerdings empfiehlt
es sich besonders bei Verwendung von tierischem Blut, die gewonnenen Fäden, Filme
oder Schäume zwecks Sterilisation und Denaturierung des Eiweißes abschließend einer
geeigneten Hitzebehandlung zu unterwerfen.
-
Zweckmäßig geht man bei der Herstellung des zu verwendenden Blutplasmas
vom Blut größerer Tiere, z. B. von Rindern, aus. Die Gewinnung des Blutplasmas kann
z. B. wie folgt durchgeführt werden: Das aus der Halsschlagader des geschlachteten
Rindes ausfließende Blut wird im Schlachthof sauber in bereitgestellte Gefäße aufgefangen,
die zur Verhinderung der Gerinnung vorher mit Zitratlösung beschickt sind. Auf 800
ccm Blut kommen etwa 200 ccm einer etwa 2,5¼eigen Lösung von Natriumzitrat. Dies
ergibt etwa 1 1 Zitratblut. Aus einem Rind sind etwa 21 Blut aufzufangen. Das Zitratblut
wird vom Schlachthof frisch transportiert und am besten schon wenige Stunden nach
der Entnahme verarbeitet, da bei längerem Aufbewahren im Kühlschrank die Ausbeute
abnimmt.
-
Es wird zunächst zum Abschleudern der Blutkörperchen zentrifugiert
und zum Entfernen von Trübungen filtriert. Die abpipettierte oder abgeheberte Menge
Zitratplasma aus 1 1 Zitratblut beträgt rund 500 ccm. Der Fibringehalt vom Zitratplasma
des Rindes beträgt etwa 0,5 bis o,6 O/o und bei dem aus Menschenblut gewonnenen
Zitratplasma etwa die Hälfte.
-
Bei der Herstellung des Fibrinschaumes kann man wie folgt verfahren:
Zu je 250 ccm Zitratplasma wird in einer großen Glasküvette I5 bis 20 ccm Glycerin
zugesetzt. Dadurch wird dem später entstehenden Schaum eine gute Konsistenz gegeben.
Außerdem wird das Endprodukt gut schneidbar und nach Eintauchen in Salzlösung leicht
formbar und klebrig. Zur Einleitung der Gerinnung (Rekalzifizierung) wird eine gleiche
Menge (250 ccm) einer o,50/oigen Calciumchloridlösung zugefügt und das Ganze durchmischt.
-
Die Gerinnungszeit ist temperaturabhängig. Das Verfahren wird zweckmäßig
bei Zimmertemperatur, rund 200, durchgeführt. Nachdem sich die ersten Anfänge der
Gerinnung zeigen, was nach etwa 10 bis 20Minuten der Fall ist (Andeutungvon Trübung
und Flöckchenbildung), werden 20 ccm Wasserstoffsuperoxyd (H202 in 350!oiger Lösung)
hinzugegeben, so daß das Gesamtvolumen von 250 ccm auf 535 ccm angewachsen ist.
Nach der gründilichen Durchmischung mit dem Wasserstoffsuperoxyd wird das Gefäß
unbewegt sich selbst überlassen. Es steigen die Bläschen des sich zersetzenden H202
auf, die sich mit einer haltbaren Fibrinhülle umgeben und daher an der Oberfläche
nicht platzen. Bis sich die einige Zentimeter dicke haltbare Schicht an der Oberfläche
genügend angesammelt, verdichtet und von dem darunterliegenden flüssig bleibenden
Serum abgesetzt hat, vergehen 2 bis 3 Stunden. Der Schaum läßt sich dann gut abheben,
aufhängen und, vor Staub und Verunreinigungen geschützt, an der Luft trocknen.
-
Aus 250 ccm Zitratplasma werden auf diese Weise rund 2,5 g Trockenschaum
gewonnen. Es folgt die Heißluftsterilisierung bei etwa I600 und die sterile Verpackung.
-
Die so erhaltenen Materialien sind völlig keimfrei und können vorteilhaft
überall dort angewendet werden, wo es sich um die Gefahr reichlicher kapillarer
Blutungen handelt, wie bei Operationen an Gehirn, Lungen, Leber, Niere, Prostata
usw.
-
Wenngleich sich die Schaumbildung mit Hilfe von Wasserstoffsuperoxyd
als besonders vorteilhaft erwiesen hat, weil man Präparate von einer sehr gleichmäßigen
Struktur erhält, kann man die Schaumbildung auch auf beliebige Art herbeiführen,
wie durch Anwendung mechanischer Mittel, durch Hindurchführen von Luft oder einem
indifferenten Gas usw.
-
Zur Herstellung der Filme kann man z. B. derart verfahren, daß man
etwa 300 ccm Zitratplasma mit etwa 700 ccm einer o, 2 5 O/oigen Calciumchloridlösung
und 50 ccm Glycerin gut durchmischt und in einer flachen rechtwinkligen Glasküvette
bei Zimmertemperatur gerinnen läßt. Es wird mehrere (bis zu I6) Stunden abgewartet,
bis der Gerinnungsvorgang abgeschlossen und die gleichmäßig undurchsichtige und
gelatinöse Masse sich genügend gefestigt hat. Danach wird der Küvetteninhalt mit
feuchtem Filtrierpapier bedeckt und durch Umstülpen auf ein Lochsieb gebracht. Die
im Fibrinmaschenwerk eingeschlossene Flüssigkeit (Serum) tropft dann durch die eigene
Schwere langsam ab.
-
Nach etwa 5 bis6 Stunden ist auf dem Filtrierpapier eine dünne weiße
Platte zurückgeblieben, die in einem Gestell zwischen zwei Klemmen gespannt und
unter mäßiger Dehnung luftgetrocknet wird.
-
Die Platte wird in überhitztem Wasserdampf (I200) im gespannten Zustand
sterilisiert und ist eine durchscheinende, biegsame, elastische und haltbare Membran,
die gut einheilt. Ihre Elastizität und Dicke kann durch Variation des Glycerinzusatzes
und des Verdünnungsgrades verschieden eingestellt werden.
-
Die so hergestellten Filme besitzen eine verbesserte Elastizität
und werden nicht so leicht spröde wie die bisher bekannten Filme. Die Herstellung
der Fäden kann wie folgt erfolgen: Das aus Rinderblut gewonnene Zitratplasma wird
mit Gycerin versetzt, rekalzifiziert und dann in, eine
Glasröhre
von etwa 1 m Länge und 1/2 bis 2 cm lichtem Durchmesser eingefüllt. Nach Eintritt
der Gerinnung, Trübung und Verdichtung läßt man die weiche gelatinöse Masse aus
der Röhre auf eine Filtrierpapierunterlage ausgleiten und dort bis zur gewünschten
Konsistenz eintrocknen. Es ist nunmehr ein weißlicher, sehr dehnbarer und noch leicht
zerreißbarer Faden. Er wird in ein Stativ eingespannt und durch ein angehängtes
Gewicht auf das 2'/e- bis 3fache seiner Länge ausgezogen, wodurch sich die vorher
nach den verschiedensten Richtungen durcheinanderliegenden Moleküle in der Längsrichtung
ordnen, was sich sowohl im polarisierten Lichte (starke Doppelbrechung) als auch
im Röntgendiagramm zeigt. In diesem gedehnten Zustande wird der Faden an der Luft
getrocknet. Durch Hitzesterilisation und durch Behandlung mit Farbstoffen, Gerbstoffen
usw., wie Alaun, Tannin, Chromaten, Formal in, können seine Eigenschaften noch verändert
werden. Am haltbarsten wird der Faden dann, wenn er aus mehreren, beispielsweise
drei möglichst dünnen Einzelfäden zusammengesetzt ist, die im ausgezogenen, aber
noch nicht getrockneten Stadium miteinander durch Drillen spiralig vereinigt und
zur Verschmelzung gebracht werden.
-
Während die bereits bekannten Fäden aus Fibrin brüchig sind, erhält
man nach dem erfindungsgemäßen Verfahren Fäden, die sich in der Chirurgie als Nahtmaterial
verwenden lassen.
-
PATENTANSPnUCHE: I. Verfahren zur Herstellung von Fäden, Filmen und
Schäumen aus Fibrin, dadurch gekennzeichnet, daß man Blutplasma als Ausgangsstoff
verwendet, dem man Weichmachungsmittel, vorzugsweise Glycerin, vor dem Gerinnen
zusetzt.