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Verfahren zur Herstellung von Dihydrostreptomycin und dessen Derivaten
Die Erfindung bezieht sich auf die Herstellung von Dihydrostreptomycinen. Diese
Verbindungen erhielt man bisher durch Behandlung der entsprechenden Streptomycine
mit Wasserstoff in Gegenwart eines Edelmetallkatalysators. Das ist insofern ein
verhältnismäßig kostspieliges Verfahren, als es eine Wiedergewinnung des Katalysators
und den Ersatz des bei der Rückgewinnung unvermeidlichen Verlustes an Katalysator
notwendig macht. L?titer Streptomycinen wird nachstehend Streptomycin, Mannosidostreptomycin
und eine Mischung aus Streptomycin und Dihydrostreptornycin verstanden. Der Ausdruck
Dihydrostreptomycine betrifft die entsprechenden Dihydroderivate der obigen Verbindungen.
Außerdem beziehen sich alle die oben angeführten Ausdrücke, wenn sie nachstehend
unverändert gebraucht werden, auf die obigen Verbindungen sowohl in ihrer gewöhnlichen
Form als freie Base und bzw. oder als wasserlös-" liches Säureadditionsprodulct.
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Es hat sich gezeigt, daß die Dihydrostreptomycine vorteilhaft durch
elektrolytische Reduktion hergestellt werden können, d. h. man verwendet ein Verfahren,
das im wesentlichen darin besteht, daß eine elektrolytische Zelle mit durch ein
semipermeables Diaphragma getrennten Anoden- und Kathodenräumen mit einer nichtalkalischen,
elektrisch leitenden wäßrigen Lösung des entsprechenden
Streptomycins
als Kathodenflüssigkeit und einer wäßrigen Säure als Anodenflüssigkeit beschickt
wird. Darm läßt man einen elektrischen Strom zwischen der in dem entsprechenden
Raum befindlichen Anode und Kathode durchgehen, bis das Streptoinycin vollständig
reduziert ist, worauf man das Dihydrostreptomycin aus der Kathodenflüssigkeit gewinnt.
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Da das Verfahren gemäß der Erfindung in einer gewöhnlichen Vorrichtung
zur elektrolytischen Reduktion durchgeführt werden kann, erübrigt sich eine genaue
Beschreibung und Zeichnung einer solchen Vorrichtung. Eine einfache Zelle zur elektrolytischen
Reduktion ist z. B. in Organic Syntheses, Bd. 21 (194i), New York, S. io bis 12,
beschrieben. SiebestehtauseinemBecherglasmiteinem porösen Einsatz (mit kleinerem
Volumen), einem mechanischen Rührer außerhalb des porösen Einsatzes und Bleiblechelektroden,
von denen sich die eine innerhalb des porösen Einsatzes befindet. Die Elektroden
befinden sich in einem Gleichstromkreis mit einem Amperemeter und einem veränderlichen
Widerstand, und das Becherglas ist von einem Kühlbad umgeben. Die Kathodenflüssigkeit
wird in den Kathodenraum zwischen dem durch den porösen Einsatz gebildeten durchlässigen
Diaphragma und der Becherglaswand und die Anodenflüssigkeit in den porösen Einsatz
gebracht. Die Reduktion erfolgt unter Rühren und Kühlung, bis sie im wesentlichen
beendet ist, was sich z. B. in einer vermehrten Wasserstoffentwicklung bemerkbar
macht.
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Das semipermeable Diaphragma der Vorrichtung zur elektrolytischen
Reduktion läßt Wasserstoffionen vom Anodenraum . in den Kathodenraum und Anionen
(z. B. Sulfat oder Chlorid) vom Kathodenraum in den Anodenraum wandern. Es ist jedoch
undurchlässig genug, um eine Diffusion der in der Kathodenflüssigkeit befindlichen
zu reduzierenden Komponenten in den Anodenraum zu verhindern. Für die Verwendung
als semipermeables Diapliragma zur elektrolytischen Reduktion sind verschiedene
Stoffe geeignet und können gemäß der Erfindung verwendet werden, z. B. unglasiertes
Porzellan, dünne Plättchen aus abgelagertem Fichtenholz, säurefeste Filter und zweckmäßig
Aluminiumoxyd.
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Die Elektroden gemäß der Erfindung können aus einem der für gewöhnlich
für die elektrolytische Reduktion verwendeten Materialien bestehen, vorausgesetzt,
daß die Kathode mit den Streptomycinen und Dihydrostreptomycinen nicht reagiert.
Die Anode kann z. B. aus Blei, mit Bleidioxyd überzogenem Blei, Platin, Kohle, Graphit,
Zinn, Zink, Kupfer, Nickel, Quecksilber, amalgamiertem Zink und amalgamiertem Blei
und die Kathode aus Kohle, Blei, amalgamiertem Blei, Quecksilber, einem Edelinetall,
z. B. Platin, und aus mit anderen Metallen legiertem Blei, z. B. einem 40 % Zinn
enthaltenden Schnellot oder i bis 15% Antimon enthaltendem Blei, bestehen. Zweckmäßig
ist die Kathode metallisch, und zwar hauptsächlich aus Blei. Außerdem haben die
Elektroden (insbesondere die Kathode) vorzugsweise eine große Oberfläche, und zwar
besitzen sie z. B. die Form einer Schraube oder eines Blechs, oder sie sind schwammig.
Auch haben die Anode und die Kathode im wesentlichen gleich große Oberflächen.
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Die Anodenflüssigkeit gemäß der Erfindung kann aus einer der für gewöhnlich
zur elektrolytischen Reduktion verwendeten Zusammensetzungen bestehen; z. B. können
verschieden konzentrierte wäßrige Lösungen starker anorganischer Säuren, wie Schwefel,
Salz- und Phosphorsäure, verwendet werden. Wenn ein elektrischer Strom durch die
Zelle geleitet wird, werden an der Anode z. B. Sulfationen entladen, die mit dem
Wasser unter Bildung von Sauerstoff und Schwefeläure reagieren; vorzugsweise besteht
die Anodenflüssigkeit aus etwa 0,5
bis- etwa 8o%iger, zweckmäßig etwa 33%iger
Schwefelsäure.
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Die Kathodenflüssigkeit gemäß der Erfindung ist eine nichtalkalische,
elektrisch leitende wäßrige Lösung des entsprechenden Streptomycins, d. h. eine
Lösung, in der das Streptomycin mindestens zum Teil in Form seines wasserlöslichen
Säureadditionsprodukts' vorliegt (oder eine Lösung, in der außer dem Streptomycin
genug wasserlösliche Säure vorhanden ist, um die Lösung nicht alkalisch und elektrisch
leitend zu machen). Zweckmäßig ist die Kathodenflüssigkeit eine wäßrige Lösung des
Hydrochlorids oder des Sulfats des Streptomycins. Wenn Strom durch die Zelle geht,
wandern die Wasserstoffionen zur Kathode und werden dort als naszierender Wasserstoff
einladen, der dann reit dem Streptomycin in der l@atliodenflüssigkeit unter Bildung
des entsprechenden Dihydrostreptomycins reagiert. Da die Kathodenflüssigkeit dazu
neigt, während der Elektrolyse alkalisch zu werden, wird während der Elektrolyse
verdünnte Säure zugefügt, um die Kathodenflüssigkeit nichtalkalisch, und zwar vorzugsweise
auf einem litt von etwa - bis etwa j zu halten.
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Der verwendete Gleichstrom kann verschiedene Spannungen, z. B. G oder
i io Volt, Haben. Die gewünschte Stromstärke erhält inan durch geeignete Widerstände.
Die Elektrolyse kann mit verschiedenen Stromstärken, z. B. o,5 und 15 Ampere, und
bei verschiedenen Temperaturen unterhalb der Zersetzungstemperatur des Streptomycins
in der Kathodenflüssigkeit, z. B. zwischen etwa 2o und etwa 4o°, durchgeführt werden.
Höhere Stromstärken erfordern eine wirksamere Kühlung der Zelle zur elektrolytischen
Reduktion. Die Temperatur, die Spannung, die Stromstärke und die Stromdichte sind
für das Verfahren gemäß der Erfindung nicht von Bedeutung.
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Durch das Verfahren gemäß der Erfindung können Dihydrostreptomycin,
Diliydromannosidostreptomycin in guter Ausbeute aus den entsprechenden Streptomycinen
(aus Streptoniycin oder Streptomicin A bzw. Mannosidostreptomycin oder Streptomycin
B sowie das Dihydrostreptomycin aus einer Mischung von Streptomycin und Dihydrostreptomycin)
erhalten werden. Die Konzentration des Streptomycins in der Kathodenflüssigkeit
ist nicht von Bedeutung. Es können z. B. Konzentrationen
von Streptomycinsulfat
von etwa io bis etwa 300/0 verwendet werden.
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Das X'erfahren gemäß der Erfindung ist deshalb besonders zw-ecl:m@ißig,
weil es gleichzeitig mit der Reduktion des Strel>totnvcins eine Umwandlung des Hvdroclilorids
in das Sulfat ermöglicht. So erhält man bei Verwendung eines Streptomycinhydrochloricis
in der Kathodenflüssigkeit und bei Zugabe von Scliwefelsätire zu dieser Kathodenflüssigkeit
während der Elektrolyse das entsprechende Dihydrostrel)tomycinsulfat, das nur eine
schwache Chloridreaktion -zeigt. Da die kristallinen Streptomycine meistens als
I-Ivdrochloride erhalten werden, die 1)ilivdrosti-el>tomvcine jedoch in Form ihrer
Sulfate physiologisch geeigneter sind, kann das Verfahren gemäß der Erfindung auch
als zweckmäßiges Verfahren zur Umwandlung von Streptomycinhydrochlorid in (las gewünschte
Sulfat des Dihydroderivats angesehen werden. Bei Verwendung der entsprechenden Säure
bei der Säurezugabe zu der Kathodenflüssigkeit während der Elektrolyse kann man
bei dein Verfahren gemäß der Erfindung jedes (lew'iiiisclite Säuresalz von Streptomycin
erhalten.
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Das gebildete Diliydrostreptomycin kann für gewölinlich durch Entfernung
der Kathodenflüssigkeit -ins der Zelle und Ausfrieren der Lösung in Form seines
S';tireatlflitionsprodukts gewonnen werden. Wenn Glas verwendete Streptomvcin von
therapeutisch verw-ertltarer lZeinheit war, ist das erhaltene 1)i'liydrosti-elito
nvcin ohne weitere Reinigung zur therapeutischen \'erw-endung geeignet. Eine weitere
Reinigung des nach dein Verfahren gemäß der Erlindung crl,altenen Dihydrostreptomycins
kann auf die gleiche Weise erfolgen wie die Reinigung eines i;linliclien unreinen,
durch katalytische Hydrierung (lewonnetiett 1)iliydrostreptomycins.
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Das N'erfahren gemäß der Erfindung kann natürlich auch in einer Einrichtung
ausgeführt werden, die eitle Herstellung im großen ermöglicht. Die 1?;nrichtting
kann dann einen getrennten Kühlraum und bzw. oder einen Raum zur Einstellung des
ph-@@"ertes und der Konzentration der Kathodenflüssigkcit sowie Mittel, um die Kathodenflüssigkeit
aus dein Kathodenraum zu diesem Raum oder diesen Rätinien und zurücklaufen zu lassen,
enthalten. Man kann auch eine Anzahl von elektrolytischen Reduktionszellen in Reihe
schalten. Diese und andere Anordnungen sind für eine Herstellung im großen üblich.
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Die folgcnclen Beispiele erläutern die Erfindung. Beispiel
i Die elcktrolvtische Reduktion wird in einer Zelle durchgeführt, die mittels eines
porösen Aluminiumoxyclclialiliraginas in einen Anoden-und einenKathodenrauni getrennt
ist. und Elektroden aus Streifen von etwa 20!0 Antimon enthaltendem Bleiblech besitzt
(die Kathode ist schraubenförmig). Der Kathodenraum wird mit einer 25o/oigen wäßrigen
Lösung von im wesentlichen reinem Streptomycinhydrochlorid (8io Einheiten je Milligramm)
als Kathodenflüssigkeit und der Anodenraum mit o,5o/oiger wäßriger Schwefelsäure
als Anodenflüssigkeit beschickt. Dann wird der Zelle Gleichstrom von einer 6-Volt-Gleichstromquelle
bei einer Stromdichte von 2 Ampere je Quadratzentimeter zugeführt, während die Kathodenflüssigkeit
durch tropfenweise Zugabe von verdünnter Schwefelsäure auf eine pH von 7 und die
Temperatur durch Kühlen auf etwa 2o bis 30° gehalten wird. Man erhält in 6 Stunden
eine 99,75%ige Reduktion. Die Kathodenflüssigkeit, wird. dann ausgefroren, wobei
man Dihydrostreptomycinsulfat mit einer Wirksamkeit von etwa 756 Einheiten je Milligramm
in einer Ausbeute von etwa 7:10/0 erhält. Das Produkt zeigt mit Silbernitrat nur
eine schwache Reaktion auf Chloridionen. Beispiel e Bei Verwendung vorn 33%iger
Schwefelsäure als Anodenflüssigkeit (anstatt o,5%iger wie im Beispiel i) und bei
12stündiger Reduktion mit einer Stromdichte von 3 Ampere je Quadratzentimeter erhält
man Dihydrostreptomycinsulfat mit einer Wirksamkeit von etwa 8oi Einheiten je Milligramm
in etwa 94o/oiger Ausbeute. Beispiel 3 Bei Verwendung von Kohleelektroden (anstatt
Blei wie in Beispiel 1) und 15stündiger Reduktion mit einer Stromdichte von
0,03 Ampere je Qudratzentimeter erzielt man eine etwa 58%ige Reduktion. Beispiel
Bei Verwendung von. Platin an Stelle von Bleielektroden wie im Beispiel i erhält
man in 4 Stunden mit einer Stromdichte von o.oi Ampere je Quadratzentimeter eine
72o/oige Reduktion. Beispiel 5 Unter den gleichen Bedingungen wie im Beispiel i,
nur mit der Ausnahme, daß zur Aufrechterhaltung des PH 7 in der Kathodenflüssigkeit
verdünnte Salzsäure anstatt Schwefelsäure zugegeben wird, erhält man Dihydrostreptomycinhydrochlorid
mit ähnlicher @`-irksamkeit in fast der gleichen Ausbeute. Beispiel 6 Unter den
gleichen Bedingungen wie im Beispiel i, jedoch mit einer 25o/oigen wäßrigen Lösung
von im wesentlichen reinem Dihydrostreptomycinhydrochlorid als Kathodenflüssigkeit
erhält man im wesentlichen reines Dihydrostreptomycinsulfat, das nur eine schwache
Reaktion auf Chloridionen gibt. Beispiel 7 Unter den gleichen Bedingungen wie iin
Beispiel i, jedoch mit einer 25%igen wäßrigen Lösung von im wesentlichen reinem-Mannosidostreptomycinhy
drochlorid als Kathodenflüssigkeit erhält man im wesentlichen reines Dihydromannosidostreptomycinsulfat
in hoher Ausbeute von etwa 74%. Beispiel 8 a) Eine streptomycinhaltige Flüssigkeit
wird mit aktiver Tierkohle behandelt. (Die Flüssigkeit wurde
z.
B. durch Züchtung von Streptomyces griseus zur Erzeugung von Streptomycin, Ansäuern
der Kultur, Abtrennung der Feststoffe aus der Kulturflüssigkeit und Neutralisation
der abgetrennten Flüssigkeit erhalten, amerikanische Patentschrift 2 461922. Das
Streptomycin wird aus der Tierkohle bei etwa 70° mit verdünnter Salzsäure eluiert.
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b) Das erhaltene streptomycinhydrochloridhaltige Eluat, das eine Wirksamkeit
von 340 Einheiten je Kubikzentimeter besitzt, wird mit 2%iger Natriumhydroxydlösung
auf pH 6,5 eingestellt und, wie im Beispiel i beschrieben, elektrolytisch reduziert,
und zwar unter Zugabe von Salz- an Stelle von Schwefelsäure zu der Kathodenflüssigkeit,
um deren 1),1-Wert auf 7 zu halten, bis die Reduktion vollständig ist. Die reduzierte
Kathodenflüssigkeit wird gesammelt.
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c) io 1 der nach b) erhaltenen reduzierten Kathodenflüssigkeit werden
mit 36 ccm einer 25 %igen wäßrigen Lösung von C4 H9 C H (C2 H5) C2 H4 C H (S04 Na)
C2 H4 C H (C2 H5)2 gemischt, und der erhaltene Niederschlag (ein salzartiges Produkt
aus. Dihydrostreptomycin und der oberflächenaktiven Verbindung) wird filtriert und
getrocknet. Das salzartige Produkt wird dann in ioo 1 Methanol gelöst, und die Verunreinigungen
werden abfiltriert. Das Filtrat wird mit 300 ccm Wasser verdünnt. Dann werden
6o geines neutralen, anionenaustauschenden Harzes, wie sie in der amerikanischen
Patentschrift 2402384 beschrieben sind, zugegeben (Kondensationsprodukt aus einem
methylolbildenden Phenol, einem Alkylenpolyamin und Formaldehyd). Die Mischung wird
auf 5o° erhitzt, worauf man konzentrierte Salzsäure innerhalb von '/x Stunde mit
einer solchen Geschwindigkeit zugibt, daß der pH Wert zwischen 3,0 und 3,5
gehalten wird. Dann läßt man den PH-Wert auf 5,o bis 5.5 ansteigen, filtriert das
Harz ab und wäscht mit Wasser. Die mit dem Filtrat vereinigte Waschflüssigkeit wird
dann zur Entfernung des Methanols im Vakuum destilliert. Die verbliebene Lösung
wird ausgefroren, wobei man 4,6g Dihydrostreptomycinhydrochlorid mit einer Wirksamkeit
von 615 Einheiten je Milligramm (Ausbeute aus dem Eluat 83,5 0/0) .