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Drehstuhl, insbesondere für otoneurologische Prüfungen Zur Untersuchung
von Gleichgewichtsstörungen, zur Feststellung der Fliegertauglichkeit u. dgl. sind
sogenannte Drehstuhle bekannt. Der Patient wird auf einem derartigen Stuhl nacheinander
einer Links- und einer Rechtsdrehung unterworfen, wodurch auf das im Ohr befindliche
Gleichgewichtsorgan ein Reiz ausgeübt wird. Nach kurzem Abbremsen der Drehbewegung
des Stuhls zeigt sich die Reaktion des Patienten in sogenannten Nystagmusschlägen,
d. h. einer Hinundherbewegung der Augäpfel. Die Zahl der Nystagmusschläge innerhalb
einer bestimmten Beobachtungszeit gibt ein Maß für das Gleichgewichtsgefühl des
Patienten.
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Fur die richtige Auswertung des Testes ist ein Verglcich der nach
der Rechts- und Linksdrehung auftretenden Nvstagmusschläge wesentlich. Dieser Vergleich
läßt sich aber nur dann exakt durchführen, wenn die Drehung in beiden Richtungen
völlig gleichmaßig erfolgt ist.
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Es sind bereits Drehstuhlkonstruktionen bekannt, bei denen die Drehung
durch ein Anstoßen des Stuhls von Hand bzw. mit Hilfe einer Handkurbel erfolgt.
In diesem Fall ist naturgemäß keine Gleichmäßigkeit des Drehimpulses in beiden Richtungen
gewährleistet, so daß ein Vergleich der Re-@ktion des l>atieiiten in den beiden
entgegengesetzteii Fällen nicht zu eindeutigen Ergebnissen iiihrt.
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Diese schwanken -ielmehr bis zu 30% Es sind auch Drehstühle bekannt,
bei denen die Rotation des Stuhls durch einen Elektromotor bewirkt wird. In <liesein
Fall läßt sich aller nur eine von der Umdrehungsgeschwindigkeit des Motors zwangsläufig
abhängige Rotation des Stuhls erzielen. Außerdem sind derartige Stühle in ihrer
Bauart sehr konpli-
ziert und in der Herstellung daher außerordentlich
teuer.
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Die Erfindung hetrifft demgegenüber einen Drehstuhl, welcher durch
einmaliges Anstoßen in Rotation versetzt werden kann, welche sich infolge der vorhandenen
Reibung allmählich verlangsamt, so daß der Stuhl infolge seiner mechanischen Trägheit
allmählich ausschwingt. Wichtig ist hierbei eine derartig leichte Bauart und eine
derartig gute Lagerung des Stuhls, daß er sich nach dem Anstoßen noch längere Zeit,
etwa 25- bis 30mal, dreht, ohne zum Stillstand zu kommen. Wichtig ist weiterhin,
daß der dem Stuhl erteilte Drehimpuls sowohl bei der Rechts- als auch bei der Linksdrehung
stets genau der gleiche ist. Dies wird dadurch erreicht, daß der auf einer kugelgelagerten
Drehachse befestigte, nach heiden Seiten drehbare Stuhl mit einem selbsttätige Drehimpulsgeber
gekuppelt ist, welcher sowohl bei Rechts- als auch bei Linksdrehungen dem Stuhl
stets dieselbe Anfangsdrehbeschleulligung erteilt, wobei die Drehung beim allmählichen
Auslaufen des Stuhls sich selbsttätig gleichmäßig verzögert. Diese Verzögerung ist
unabhängig von der Drehrichtung stets dieselbe und hängt lediglich von dem vorhandenen
Reibungswiderstand und der Belastung des Stuhls ab.
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Als Drehimpulsgeber können verschiedene mechanische oder elektrische
Einrichtungen dienen, beispielsweise kann die Drehung durch einen Torsionsstab erfolgen,
der für Rechts- und Linksdrehung stets im gleichen SIaß gespannt wird. Als besonders
einfach und hetriebssicher hat sich eine Blattfeder erwiesen.
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Die Zeichnungen veranschaulichen zwei Ausführungsformen eines Drehstuhls
gemäß der Erfindung, und zwar zeigt Fig. I den Stuhl im senkrechten Schnitt; Fig.
2 ist ein Schnitt durch Fig. I längs der Linie Il-lI in Fig. 1; , Fig. 3 ist ein
senkrechter Schnitt durch eine antIere Ausfiihrungsform des Stuhls.
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Der beispielsweise aus Stahlrohr gefertigte Stuhl 1 ist auf einer
Drehachse 2 befestigt, welche in einem oberen Kugellager 3 und einem Spurlager 4,
welches ebenfalls ein Kugellager darstellt, drehbar befestigt ist. Das Spurlager
4 ist in der Grundplatte 5 des Stuhls eingelassen. Diese Grundplatte trägt gleichzeitig
die Streben 6, welche zur Befestigung des oberen Kugellagers 3 dienen. Durch die
Kugellager des Stuhls werden jegliche Schwingungen bei der Rotation ausgeschaltet,
welche leicht zu einem Schwindelgefühl des Patienten führen könnten, wodurch die
Ergebnisse der Untersuchung unter Umständen verfälscht werden. Als Kugellager werden
mit Vorteil die aus dem Automobilbau bekannten Ringkugellager verweiidet, welche
bei der Drehung des Stuhls nur auf seitlichen Druck beansprucht werden und hierbei
einen Druck von etwa 350 kglqcm aushalten.
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An der Grundplatte 5 ist mit Hilfe eines Trägers 7 ein Hebel befestigt,
der um die Achse 8 drehbar ist. Der linke Arm 9 dieses Hebels trägt eine Fußraste
10, der rechte Arm besteht aus einer Blattfeder II, welche an ihrem Ende einen verstellbaren
Anschlag 12 trägt. An der Unterseite des Rohrhogens 1 a des Stuhls I sind an seinem
hinteren Ende zwei Nocken I3 vorgesehen. Wenn die Blattfeder II durch einen Tritt
auf die Fußraste lo gehoben und der Stuhl hierbei ein wenig verdreht wird, hängt
sich die Blattfeder II in eine der beiden Nocken I3 ein. Für gewöhnlich wird die
Blattfeder II durch die Feder 14 nach unten gezogen, so daß die Nocken 13 frei über
der Blattfeder Il rotieren können.
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Zur Betätigung des Stuhls wird die Blattfeder rl durch Tritt auf
die Fußraste Io gehoben und durch leichtes Drehen des Stuhls in eine der Nocken
I3 eingehängt. Nunmehr wird der Stuhl so weit gedreht, bis der Anschlag 12 an den
Rohrbogen 1a des Stuhls anstößt. Der Stuhl ist nunmehr für die Untersuchung gespannt.
Beim Loslassen des Stuhls schwingt die Blattfeder 1 1 iii ihre Xlittelstellung zurück
und wird in dieser Stellung durch die Nocken 13 freigegeben, so daß die Blattfeder
1l nunmehr nach unten fällt und der Stuhl durch den ihm erteilten Drehimpuls eine
sich allmählich verlangsamende, häufig wiederholte Drehbewegung ausführt.
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Eine andere Art der Spannung des Drehstuhls ist in Fig. 3 veranschaulicht.
Hier befindet sich auf dem Sockel 5 ein Schuh 15, in welchemeinTorsionsstab 16 heb-
und senkbar angeordnet ist. Der Stab wird an seinem oberen Ende durch eine lose
Führung 17, die zweckmäßig am Kugellager 3 angebracht ist, in seiner Lage gehalten.
Oberhalb des Lagers 17 besitzt der Torsionsstab einen waagerechten, nach hinten
reichenden Arm t8, der mit seinem rückwärtigen Ende in entsprechende Nocken 19 einzugreifen
vermag, welche an einer rückwärtigen Verlängerung 20 der Sitzfläche des Stuhls angebracht
sind. Der durch die Fuß raste lo zu bedienende Hebel g trägt eine Buchse 2I, die
fest an dem Torsionsstab I6 sitzt, so daß dieser Torsionsstab durch Treten der Fußraste
lo gehoben werden kann.
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Die Bedienung des Stuhls ist im wesentlichen die gleiche wie bei
der Ausführungsform nach Fig. I.
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Durch Treten der Fußraste 10 wird der Torsionsstab und damit auch
der waagerechte Arm I8 gehoben, so daß der Stab in die Nocken 19 eingreift.
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Der Stuhl wird nun wiederum durch Drehen bis zu einer gewünschten
Winkelstellung gespannt und dann losgelassen. Beim Schwingen über die Normalstellung
hinaus fällt der Torsionsstab I6 in den Schuh 15 zurück, so daß der waagerechte
Arm I8 mit den Nocken 19 außer Eingriff kommt und der Stuhl nunmehr sich frei so
lange zu drehen vermag, wie der ihm erteilte Drehimpuls reicht. Das Zurückfallen
des Torsionsstabs 16 in seine Ruhelage wird durch die Feder 14 gesichert.
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Die Bauart des neuen Drehstuhls kann in Einzelheiten verändert werden.
Beispielsweise kann statt der Blattfeder oder des Torsionsstabs auch eine gewöhnliche
Spiralfeder oder eine um die Drehachse herumgelegte Schraubenfeder verwendet werden.
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Das Spannen des Stuhls kann automatisch erfolgen, es kann auch eine
Skala vorgesehen sein, welche die Größe der dem Stuhl jeweils erteilten Drehspan-
nung
genau abzulesen gestattet. Nach dem Spannen kann der Stuhl antomatisch verriegelt
werden, und das Ingangsetzen der Drehbewegung kann selbsttätig mit Hilfe irgendeines
Fuß- oder Handkontakts erfolgen. Diese baulichen Veränderungen beeinflussen nicht
das Prinzip des neuen Drehstuhls, welches darin besteht, den Stuhl für eine Drehbewegung
durch eine mechanische oder elektrische Vorrichtung zu spannen und dann gleichsam
wie bei einer Armbrust abzuschießen. Die Vorspannung kann beispielsweise audi mit
Gewichten erfolgen.
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Bedingung ist lediglicll. daß dem Stuhl stets eine für ltechts- wie
für Linksdrehung gleichmäßige Spannung erteilt werden kann und daß die Drehbewegung
durch allmähliches Ausschwingen des Stuhls sich gleichförmig verlangsamen kann.
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Der net1e Drehstuhl läßt sich infolge seiner einiachell Bedienungsweise
leicht in der Sprechstunde des praktischen .\rztes für l>errotatorische und sonstige
Gleichgewichtsprüfungen der verschiedensten Art anwenden. Über die verschiedenen
Anwendungsmöglichkeiten vergleiche F. K o b r a k : »Neue Ausblicke der otoneurologischen
Diagnose«. 21. Tagung der Deutschen Gesellschaft der Hals-, Nasenuiitl Olireiiärzte.