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Verfahren zur Herstellung von Faserplatten und Formkörpern aus Liqnocellulose
Es sind bereits verschiedene Verfahren zur Herstellung von Faserplatten bekannt,
bei welchen ohne Zuhilfenahme artfremder Bindemittel das holzeigene Lignin als Bindestoff
verwendet wird. So wurde z. B. vorgeschlagen, cellulosehaltige :Materialien mit
direktem oder indirektem Dampf so hoch zu erhitzen, bis das Lignin derart verändert
wird, daß es bei der Heißpressung bei einer Temperatur von über 17o°, meist über
200°, und gleichzeitiger Druckeinwirkung von mindestens d0 kg/cm2 als Bindemittel
wirksam wird und so die Herstellung fester, wasserabweisender Platten ermöglicht.
Hierzu ist allerdings eine vorherige Kochung oder Dämpfung bei etwa Zoo bis 27o°
und ein hoher Druck bis 7o atü erforderlich, unter welchen Bedingungen die Lignocellulose
überaus stark angegriffen und die Cellulo-se hydrolisiert wird, wodurch die mechanische
Festigkeit sowie die Ausbeute der Platten bedeutend herabgesetzt werden.
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Ein anderer Vorschlag geht dahin, die Lignocellulose nach mäßigerer
oder stärkerer Vordämpfung, Zerfaserung usw. als Vließ in der Heißpresse auf über
18o°, meist über 200°, zu erhitzen, wodurch das Fließen des Lignins erzwungen wird.
Auch bei diesem Verfahren treten die gleichen Nachteile wie beim erstgenannten Verfahren
ein.
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Schließlich ist es bereits bekannt, das Lignin, ohne Verwendung von
Plastifizierungsmitteln, durch Alkaliabbau so zu verändern, daß es als
Bitiäetnittel
verwendet werden "kann. So wird in der Papiertechnik durch Alkaliholzaufschluß das
Lignin vollständig gelöst und kann aus der sogenannten Schwarzlauge zum größten
Teil durch Ansäuern wieder ausgefällt werden, wobei aber in allen Fällen ein Verlust
an Lignin eintritt, wenn es einmal wasserlöslich gemacht worden ist und hemicelluloseartige
Begleitstoffe mit ausgefällt werden, die die Wasserfestigkeit der Platte verschlechtern.
Über die alkalische Behandlung von Lignocellulose liegt eine Reihe von Arbeiten
vor, nach denen das Lignin vollständig, teilweise oder nur möglichst wenig gelöst
werden soll. Bei dem letzteren Verfahren wird nur soviel Alkali angewendet, daß
während der ganzen Kochurig lediglich die sich bildenden Säuren (Essigsäure) neutralisiert
werden.
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Es wurde nun gefunden, daß durch den beabsichtigten, für die Verwendung
als Bindemittel notwendigen Molekülabbau des Lignins eine Herabsetzung des Schmelzpunktes
von dem im natürlichen Zustand vorhandenen Schmelzpunkt von ungefähr 17o° auf annähernd
ioo° durch ein zweistufiges Verfahren einfacher und sicherer erzielt «-erden kann,
als bei einem normalen Kochprozeß. Diese Behandlung geht so vor sich, daß in der
ersten Stufe das aufzuschließende Gut mit verdünnter Lauge, vorzugsweise unter Anwendung
von Unterdruck, so imprägniert wird, daß nach Entfernung der überschüssigen Lauge
das imprägnierte Gut einen Alkaligehalt von etwa 2 bis maximal 7 % aufweist, und
in einer zweiten Stufe durch Erhitzen des Gutes, vorzugsweise durch Einwirken von
direktem, allenfalls überhitztem Dampf, das Lignin zu einem wasserunlöslichen, leichter
schmelzbaren Depolymerisationsprodukt abgebaut wird, ohne daß dabei auch nur teilweise
eine Wasserlöslichkeit eintritt. Bei diesem zweistufigen `'erfahren geht bei einer
Laugenauftiahme, auf trockene Holzsubstanz gerechnet, bei der im einstufigen Verfahren
bereits eine schwache Lösung des Lignins eintreten würde, noch kein Lignin in Lösung,
während anscheinend eine größere 'Menge des vorhandenen Lignins in einen plastischeren
und damit bindemittelaktiveren Zustand übergeht als beim einstufigen Verfahren.
Die Vorteile der Anwendung des zweistufigen Verfahrens sind demnach vor allem erhöhte
Ausbeute, höhere Tnechanische Festigkeit und Wasserfestigkeit der fertigen Faserplatte
als beim einstufigen Verfahren. Selbstverständlich können an Stelle von NaOH auch
andere säureneutralisierende Substanzen verwendet werden, wie Nag C 03, Ca (O H)
2, Natriumacetat usw.
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Besonders die Wasserfestigkeit dieser Platte kann nun noch verbessert
werden, wenn dem geschilderten zweistufigen Verfahren noch eine an sich aus der
Celluloseindustrie bekannte Vorbehandlung mit reinem Wasser vorausgeht. Die erfindungsgemäß
durchgeführte Behandlung besteht drin, daß die vorzerkleinerte Lignocellulose mit
Wasser kurzzeitig bis zur Erzielung eines pH-Wertes zwischen 5 Lind 6 gekocht wird,
worauf nach gründlichem Auswasclieii mit einer Alkahlösung normal imprägniert und
das imprägnierte Gut. wie oben beschrieben. so lange mit direktem, allenfalls überhitztem
Dampf behandelt wird, bis der PH-Wert die Neutralisationsgrenze erreicht oder auf
höchstens 6,5 herabgesunken ist. Durch diese Vorbehandlung mit Wasser allein wird
ein Teil der leicht hydrolysierbaren Hydrocellulose wasserlöslich gemacht und ausgewaschen.
Die anschließende alkalische Behandlung hat dann nur mehr die Funktion, das Lignin
zu depolynierisiereit, ohne daß' der Prozeß so lange fortgesetzt werden muß, bis
die die Wasserfestigkeit der fertigen Platte verschlechternden Hydnxellulosen gelöst
werden, da diese bereits durch die X-orbehandlung entfernt wurden. Es gelingt dadurch.
die «'asserauftialime der fertigen Platte in 2I Stunden, wie aus Beispiel. 2 hervorgeht,
beträchtlich zti ermäßigen, was für die Qualität der fertigen Platte von großer
Bedeutung ist. Das behandelte Gut \\-ird sodann nach Auswaschen zerfasert und anschließend
mit wasserabstoßenden 'Mitteln, wie öle, Fette, Wachse, Harze, versetzt und durch
Ansäuern auf einen pa-Wert von d,5 bis 5,5 gestellt. Anschließend wird auf einer
normalen 1?ntwässerungstnaschine zti einem Faservließ ent@@-üs_ert, das dann entweder
getrocknet oder heiß gepreßt wird.
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Die nach einem der oben beschriebenen Variationen hergestellte, aufgeschlossene,
zerfaserte, eventuell mit Zusätzen N-erselietie und vorentwässerte Fasermasse neigt
nun bei der Fertigpressung in der Heißpresse bei tfo bis 17o° stärker als eine normale
Faserplatte, die mit Zusatz künstlicher Bindemittel erzeugt wird, zur Fleckenbildung.
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Es sind nun verschiedene Verfahren bekannt, die eine Fleckenbildung
beim Heißpressen vermeiden. Im allgemeinen tritt eine Fleckenbildung dann auf, wenn
ein bestimmter Preßdruck überschritten wird, wobei dieser kritische Preßdruck von
Stoff zu Stoff verschieden ist. 1e höher der :Mahlgrad und damit die Schmierigkeit
des Stoffes ist, um so tiefer liegt .der kritische Preßdruck. Wenn nun eine Faserplatte
bei einem höheren Preßdruck als dem kritischen verpreßt «-erden soll. ist es nach
den bisherigen Erfahrungen der Faserplattenindustrie üblich, die Fleckenbildung
dadurch zu vermeiden, daß der Druck während der Pressung durch eine bestimmte Zeit
oder öfter hintereinander, stark abgesenkt wird, wodurch Platten erzeugt werden,
die hell und fleckenfrei sind, die aber den größeren Nachteil haben, daß die Festigkeit
der Platte durch dieses Pressenspiel-stark vermindert wird.
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Die weitere Ausbildung der Erfindung hat nun ein Verfahren zur Herstellung
von Hartfaserplatten zum Gegenstand, die vor allem frei von Flecken aller Art sind
und über hohe Festigkeit verfügen. Sie besteht darin, daß der Druck, der etwa 5o
bis ioo % über dem Druck liegt, bei dem die Platte fertiggepreßt werden soll, entsprechend
der gewünschten Dichte, in der Heißpresse zunächst während kurzer Zeit, in der noch
keine Deformation der Platte eintritt, so lange gehalten wird, bis
das
Abfließen des Wassers aufhört, worauf der Druck langsam auf den gewünschten Preßdruck
absinken gelassen und auf diesem bis zur vollständigen Trocknung und Aushärtung
gehalten wird. Das erfindungsgemäße Preßverfahren unterscheidet sich von dem bisher
üblichen prinzipiell dadurch, daß während des ganzen Preßvorganges der Preßdruck
niemals unter den ,der gewünschten Dichte entsprechenden aibsin.kt und dadurch eine
Bewegung der Fasern zueinander während der Abbindung des Bindemittels ausgeschaltet
wird. Beispiel i _',lkaliabbau des Lignins unter Erhaltung seiner Wasserunlöslichkeit
im zweistufigen Verfahren: In einem io m3 fassenden Kocher werden 2oookg Buchenliackschnitzel
gefüllt, der Kocher unter ein Vakuum von 70o mm gesetzt und dann mit einer 2 %igen
Natronlauge gefüllt. Nach kurzer Einwirkungszeit wird die Lauge wieder abgelassen,
wobei 3ooo kg Lauge infolge Aufsaugen durch das Holz zurückbleiben. Diese Menge
kann durch die Ilöhe des Vakuums und durch eventuelle nochmalige Anwendung einer
Evakuierung nach dem Ablassen der Lauge weitgehend variiert werden.
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Der Natronlaugenverbrauch beträgt 8o kg, das sind 40/0 vom Holzgewicht.
Nun wird durch Einblasen von gespanntem Dampf von 8 atü das imprägnierte Gut erhitzt
und der Kocher 2 Stunden auf 8 atü gehalten, worauf normal entleert wird. Die so
aufgeschlossene Lignocellulose kann nun leicht zerfasert werden und gibt einen Faserstoff,
der zur Herstellung von Formkörpern, insbesondere Faserplatten, ohne Anwendung eines
zusätzlichen Bindemittels verwendet werden kann. Nach Entwässerung und Pressung
in einer Heißpresse werden Hartfaserplatten mit folgenden Eigenschaften erhalten:
Dichte 1,03, Biegefestigkeit 7oo kg/cm2, Wasseraufnahme in 2.4 Std. 170/0, Ausbeute
86 %.
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Beispie12 Alkaliabbau des Lignins unter Erhaltung seiner Wasserunlöslichkeit
im zweistufigen Verfahren unter vorheriger Entfernung eines Teiles der Hydrocellulose
durch Kochung mit Wasser: ioo kg Fichtenhackspäne werden mit 8oo Liter Wasser durch
to Minuten bei 4 atü gekocht, das Kochwasser abgelassen und die Späne gewaschen.
Der pH-Wert des Kochwassers beträgt 5,2, wobei 7'/o der Holztrockenswbstanz in Lösung
gegangen sind. Nun werden die vorbehandelten Späne mit einer 3,5 o/oigen Na O H-Lösung
imprägniert, wobei eine NaOH-Aufnahme von 30/0, auf Holztrockensubstanz gerechnet,
eintritt. Anschließend werden die imprägnierten Späne 2 Stunden lang bei g atü gedämpft.
Der pii-Wert beträgt nach der Dämpfung 7. Das Kochgut wird nun zerfasert, hydrophobiert,
mit Alaun gefällt, entwässert und zu einer Hartfaserplatte folgender Eigenschaften
verpreßt: Dichte i,o, Biegefestigkeit 7oo kg/cm2, Wasseraufnahme in 24 Std. 130/0.
Beispiel 3 Ein Faservließ aus zerfasertem Fichtenholz, das mit holzeigenem, aktiviertem
Lignin gebunden ist und nach der Entwässerungsmaschine 400/0 Stoffdichte aufweist,
wird nach folgender Weise bei 17o° verpreßt: Innerhalb von 3 Minuten wird der Druck
auf 4o atü gesteigert, wobei ein Teil des Wassers ausgepreßt wird. Nach Beendigung
der Auspressung, das ist nach weiteren 2 Minuten, wird der Druck auf 25 atü während
weiterer 3 Minuten absinken gelassen und .dieser Druck etwa 22 Minuten aufrechterhalten,
worauf die Verdampfung des Wassers aus der Platte beendet ist.
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Die erhaltene Platte ist mittelbraun, fleckenfrei und hat eine Biegefestigkeit
von 65okg/cm2.