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Bauweise mit Raum-Zellen Die sonst übliche und vielfach erfolgreiche
Methode der Industrialisierung, durch Massenerzeugung die Kosten ausgiebig zu senken,
versagt, wenn man daran denkt, Häuser als Ganzes zu erzeugen; ebenso muß die Baunormung
versagen, wenn sie Teile normt, denen die Beziehung auf ein Ganzes fehlt, z. B.
Treppen ohne festgelegte GeschoBhöhe und Gebäudetiefe oder Balkenlagen ohne festgelegte
Spannweite oder Fenster, deren Maße nicht zu den Zimmermaßen passen.
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Es muß also jenes Ganze oder wenigstens Teilganze gefunden werden,
das in allen nur denkbaren Sozialbauten als nicht weiter zerlegbare Raum-Zelle der
Gestaltung (Konstruktion) immer wiederkehrt, aus der sie einzig und unabhängig vom
Baustoff aufgebaut sind. Diese Raum-Zelle kann der Natur der Sache nach nur ein
Prisma sein, dessen Höhe als lichte Geschoßhöhe dem Menschen, für den es ja ein
Gehäuse bilden soll, und seinen sich in den Stufen der Not, des Behelfs, des Bedarfs,
des Anspruchs, des Wohlstandes und des Luxus bewegenden Bedürfnissen an Bewegungsfreiheit
angepallt ist. Seine Tiefe als lichte Hausteiltiefe und seine Breite als lichte
Hausteil- oder Achsenbreite werden von der Höhe durch Triangulation, d. h. nach
dem wiederentdeckten, ebenfalls im :Menschen verankerten Gestaltungsgesetz der Antike
abgeleitet. Dieses Gesetz besagt, daB Innenräume nur dann schönheitlich befriedigend
wirken, wenn sie sich in Prismen auflösen lassen, deren Höhe c sich verhält zur
Tiefe b und zur Breite a wie i zu
zu i, also deren Grundriß sowohl wie deren
Aufriß Triangula sind,
d. h. Rechtecke, die einem gleichseitigen Dreieck umschrieben sind.
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Die vorliegende Erfindung besteht demgemäß nicht schlechthin in dem
Gedanken, Häuser aus Raum-Zellen aufzubauen, Dieser Gedanke an sich ist bekannt.
So wurde beispielsweise schon vorgeschlagen, aus einzelnen fabrikmäßig hergestellten
Zellen Gebäude in der Weise zusammenzusetzen, daß die Zellen als ungleich große
neben- und übereinanderliegende Gänge und Zimmer auszubilden sind, deren an ihren
Ecken mit Kragösen versehene Wand- und Deckenteile miteinander und mit den Wand-
und Deckenteilen der Nachbarzellen durch gemeinsame Zugbolzen verbunden sind. Hierauf
bezieht sich die Erfindung nicht. Der Erfindungsgedanke besteht vielmehr darin,
daß Hausungen aus Raum-Zellen aufgebaut werden, deren Tiefe b als lichte Hausteiltiefe
und deren Breite a als lichte Hausteil- oder Achsenbreite von der Höhe c durch Trlangulation
in der Weise abgeleitet sind, daß die Beziehung
erfüllt ist.
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Ist also c gewählt, dann ist b gleich
und a ist gleich c. Nach dem gleichen Gestaltungsgesetz müssen sich Schauseiten,
also Flächen, sollen sie schönheitlich befriedigend wirken, ebenfalls in Triangula
auflösen lassen, deren Breite a als Achsenbreite sich zur Geschoßhöhe h verhält
wie r zu
Der Unterschied zwischen h und c entspricht dann der Deckenstärke. Die nach dieser
Regel gefundenen Abmessungen der Raum-Zelle bzw. der Geschoßhöhe werden schließlich
auf eine durch 25 teilbare Zahl von Zentimeter aufgerundet und nehmen damit den
Bedürfnisstufen entsprechend folgende Werte an:
Bedürfnisstufe I Not I Behelf I Bedarf I Anspruch I Wohlstand
Luxus |
Breite a . . . . . . . . . . . . 200 225 250 275 300 Die Maße |
Höhe c . . . . . . . . . . . . . 200 ,225 250 275
300 des Wohlstandes um |
Tiefe b . . . . . . . . . . . . . . 250 275 300 325
350 eine beliebige Zahl |
Geschoßhöhe h....... 225 250 275 300 325 von
25 vermehrt. |
Wie dies im einzelnen gedacht ist, wird nunmehr an Hand der Zeichnung an einer Reihe
von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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Als tragende Teile der Raum-Zelle kommen Ständer z bis 4 in ihren
vier lotrechten Kanten, zwei senkrecht zur Außenwand stehende, mit je zwei Ständern
einen Rahmen bildenden Riegel 5 und 6 und Deckenbalken, welche die Spannweite zwischen
den zwei Rahmen überbrücken, in Frage (Bild I). Die infolgedessen nicht mehr tragenden
Wände können aus einem beliebigen Baustoff sein, der nur Wärme-und Schallschutz
zu gewährleisten hat.
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Da die Maße der Raum-Zelle zwar mit den Bedürfnisstufen, aber durchaus
regelmäßig steigen, abgesehen aber davon für alle nur denkbaren Sozialbauten festliegen,
können Riegel und Deckenbalken für alle Geschosse gleich, die Ständer allerdings
der Geschoßzahl entsprechend verschieden stark bemessen sein und industriell, d.
h. in Massen, billig und auf Vorrat (im Winter) angefertigt werden, und zwar aus
Holz (für Flachbauten), Eisenbeton oder Eisen, was natürlich auch für alle anderen
Bauteile (Fenster, Türen, Stiegen, Stufen) gilt, weil sie nun etwas Feststehendes
haben, worauf sie sich beziehen können (Winterbeschäftigung der Bauarbeiterschaft).
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Die erfindungsgemäße Raum-Zelle ist die Voraussetzung nicht nur des
Montagehauses, sondern auch eines Volksbaukastens, der auch schwierige Bauaufgaben
gleichsam spielend lösbar macht; in seinen Kanten liegt nämlich ein auf Millimeterpapier
sehr leicht übertragbarer Raumraster, an dem es bisher gefehlt hat und der die Planungsarbeit,
schon auf dem Bauplatz beginnend, wesentlich erleichtert.
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Alle nur denkbaren Sozialbauten lassen sich nun sehr einfach, mehr
oder weniger spielend, durch ein sich in einer bis drei Richtungen ergehendes, baukastenmäßiges
Reihen von Raum-Zellen planen. Wie fruchtbar dieser Gedanke ist, zeigt sich darin,
daß schon die einfachsten Gruppierungen neue Gestaltungsmittel sind. Bild Ia stellt
den Grundriß einer Raum-Zelle dar.
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Bereits das Zusammenfügen von zwei ganzen und zwei halben Raum-Zellen
in der Ebene zu einem rechteckigen Gebilde ergibt das Gehäuse der Kleinstwohnung
für einsame Menschen, kinderlose Ehepaare und für Wochenendhäuser, zu deren Gerippe
jedoch, da halbe Raum-Zellen ihrem Begriffe nach als nicht mehr weiter zerlegbare
Raum-Zellen nicht möglich sind, vier ganze Raum-Zellen verwendet werden müssen (Bild
1I und in vereinfachter Darstellung Bild Ha). Die Reihung solcher Kleinsthäuser
führt zum Ganghaus, das allerdings an Nordsüdstraßen gebunden ist (Bild IIb).
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Von dieser Gebundenheit befreit die in Bild IIc dargestellte Form,
die aus IIb durch Knicken und Einschieben eines gleichseitigen Dreiecks 7 hervorgegangen
ist.
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Bild III und in Bild IIIa vereinfacht dargestellt zeigt ein Doppelwohnhaus
aus sechs Raum-Zellen. Diesen und den folgenden Bildern liegt die in Bild 1I dargestellte
Kleinstgruppe zugrunde; selbstverständlich können auch größere Gruppen in ganz gleicher
Weise wie im folgenden geschildert gruppiert werden.
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Die erfindungsgemäße Raum-Zelle kann nicht nur als Gehäuse für Wohn-
(Privat-) Räume dienen, sondern auch als das von öffentlichen Räumen (Durchgängen,
Laubengängen, Ladengängen, Stiegen), die besonders wertvoll sind, wenn sie private
Räume zu größeren Gruppen verknüpfen und dadurch die Zahl der Abkühlungs-, nicht
aber die der lichtgebenden Flächen vermindern (Bild IV).
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Die Raum-Zellen bilden dabei mehr der Höhe nach sich entwickelnde,
also verhältnismäßig schmale Schichten, die neuen Gestaltungsmittel der Quer- (8)
und
der Längshochräume (g), die sowohl dem häuserverbindenden, allenfalls in mehreren
Stockwerken sich ergehenden Fußgängerverkehr dienen als auch Teile von Raum- und
Flächenwohnungen aufnehmen können und sparsamste Dachstühle (Schräg- und Flachdächer)
zulassen (Bild IV und V).
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Im Bereiche der Hochräume, die natürlich auch auf eine bloße Mauer
zusammenschrumpfen können (Bild X), gehen nun jene Verschiebungen vor sich, die
die belichtete Grenzwand und damit als Streitschlichterin zwischen offener und geschlossener
Bauweise erfindiingsaemäß die aufgeschlossene Bauweise mit sich bringen. Sie überwindet
die bisherige, an bestimmte Himmelsrichtungen gebundene, nur flächige Frontwand
durch die Mannigfaltigkeit der räumlichen Wechselfront mit offenen Stiegenhäusern
8, Straßenhöfen io, Lichtgräben am Querhochraum ii und ertragmehrenden, d. h. gut
belichteten, für Werkstätten, Lager, Läden, Ställe geeigneten Kellergeschoß (Bild
VI bis X). Sie überwindet damit auch den bisher als Gipfelleistung der Volkswohnungsbaukunst
angesehenen, viel Straßenlänge erfordernden Vierspänner mit dunklem Innenabort,
ohne Querlüftung, ohne Straßenhof und ohne Kautschukcharakter.
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Die so durch Verschieben längs einer Grenzwand entstehenden mehr oder
weniger hakenförmigen Kleingruppen von Raum-Zellen (Bild VI und VII) lassen sich
nun in der mannigfaltigsten Weise zu Großgruppen, Gruppen höherer Ordnung, zusammenfügen,
wobei die Kleingruppen entweder unmittelbar oder vermittels eines zwischengeschalteten
Hochraumes 12, der als Durchgang, Turmträger o. dgl. verwendet wird, aufeinanderfolgen.
Beide Arten des Zusammenschlusses ergeben die neue Gestaltungsform der erfindungsgemäßen
Zahnfront (Bild XI und XII).
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Knickt man endlich eine Großgruppe an der durch einen kräftigen Punkt
gekennzeichneten Schweißstelle zweier Kleingruppen (Bild XIII) oder jener zweier
Großgruppen (Bild XIV) so weit, daß ein gleichseitiges Dreieck eingeschoben werden
kann, so erschließt man sich mit diesem Dreieck 7, das vielseitig für Offenräume
ausgenutzt werden kann, das weite Gebiet der Schrägfrontgestaltungen.
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Beide Arten der Wechselfront, sowohl die Zahnwie auch die Schrägfront,
führen notwendigerweise zum einbahnigen Richtungsverkehr 13 auf beiden Seiten des
Hauses und damit zu ganz neuen Formen wirtschaftlicher Geländeerschließung mit dem
Ziele, die für ein Haus nötige Straßenlänge möglichst kurz und damit möglichst billig
zu halten. So folgt zwangsläufig aus der neuen Hausungsart eine neue Siedlungsart
mit zusammenhängenden Grünstreifen 15 jenseits der Straße 14, die als Garten und
zur Erweiterung der Siedlung benutzt werden können (Bild XIV).
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Mit dem erfindungsgemäßen Bau- und Gestaltungsverfahren werden die
Kosten von Sozialbauten, d. h. der die Wohn- und die Wirkstätte der großen Masse
zu Hausungen vereinigenden Bauten ausgiebigst, also derart vermindert, daß ihnen
ohne verlorenen Bauzuschuß tragbare Mieten entsprechen, wenn sie als Hauptkennzeichen
der neuen Bauweise im Ständerbau mit triangulierten Raum-Zellen und in aufgeschlossener
Bauweise ausgeführt werden. Der Erfindungsgedanke kann also die verschiedenartigste
Verkörperung erfahren. Wesentlich ist stets der Aufbau von Hausungen aus Raum-Zellen,
die nach dem Prinzip der Triangulation gestaltet sind. Das für einen Bau nötige
Tragwerk wird in seine Kanten als Ständer und als Riegel verlegt. Diese und die
die beiden Riegel verbindenden Decken sind erfindungsgemäß das Tragwerk; sie besorgen
alles, was früher die Mauern und Decken besorgten. Diese Teile werden im großen
hergestellt, können daher billig sein. Sie sind nicht schwer, da Ständer und Riegel
höchstens Zoo kg je Stück wiegen, falls sie aus Stahlbeton sein sollten. Sie werden
als gerade Stäbe hergestellt und auf den Bau geliefert, wo sie schnell und sicher
zu einem Gerippe zusammengesetzt werden können, wobei die Randbalken die Längsversteifung
besorgen. Die den Raum der Zelle umschließenden Wände haben infolgedessen nichts
als sich selbst zu tragen, können also aus einem beliebigen Stoff sein, der nur
Wärme- und Schallschutz zu gewährleisten braucht.