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Glasfasern und aus diesen hergestellte, insbesondere textile Isoliererzeugnisse
Glasfasern werden bisher durchweg aus alkalischem Glas hergestellt, welches leicht
schmelzbar ist,. jedoch hat es sich gezeigt, daß diese Fasern zufolge ihres Gehaltes
an Alkali gewisse Nachteile besitzen. Das auf oder nahe der Oberfläche liegende
Alkali des Glases macht die Oberfläche hygroskopisch. Aus der Atmosphäre absorbiertes
Wasser löst das Alkali auf; und die entstandene Lauge greift das Silicat an und
leitet einen Vorgang ein, der zur Zerstörung der Faser führt. Im Falle der Verwendung
für elektrische Isolierungszwecke besteht durch die Anwesenheit von Alkali weiter
die Gefahr, daß das Glas selbst leitend wird, besonders bei höheren Temperaturen.
Das gelöste Alkali auf der Oberfläche des Glases läßt auch eine Ionenleitung eintreten.
Bei Glas in Faserform ist die Wirkung des Alkalis besonders schädlich, weil die
Oberfläche der Fasern im Verhältnis zu ihrer Masse sehr groß ist.
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Zur Vermeidung dieser Nachteile werden erfindungsgemäß die Glasfasern
aus alkalifreiem oder alkaliarmem Glas hergestellt, das gegen hohe
Temperaturen,
gegen die Einwirkung von Feuchtigkeit und Chemikalien beständiger ist als gewöhnliches
Glas und einen hohen elektrischen Widerstand besitzt. Gläser von alkalifreier bzw.
alkaliarmer Zusammensetzung sind bekannt. Eine bekanntgewordene Zusammensetzung
besteht z. B. aus 55 bis 67 Gewichtsprozent Kieselsäure, io bis 1S % Tonerde und
35 bis 15 % Kalk, wobei letzterer ganz oder teilweise durch Magnesia oder Baryt
ersetzt werden kann. Diese Gläser bekannter Zusammensetzung, bei welchen das Alkali
beispielsweise durch alkalinische Erden ersetzt worden ist; sind jedoch selbst mit
starken Mußmitteln, wie Calciumfluorid, im allgemeinen schwer schmelzbar. Obschon
sie geschmolzen werden können, ist die Geschwindigkeit, mit welcher das Schrrielzen
vor sich geht, so langsam, daß übermäßig viel Zeit und hohe Temperaturen für eine
Verarbeitung erforderlich sind. Überdies haben solche Gläser nicht die übliche physikalische
Beständigkeit von Alkaligläsern und kehren leicht in den kristallinischen Zustand
zurück. Die betreffenden Gläser sind auch nicht ohne weiteres zur Erzeugung von
Fasern geeignet, denn sie haben nur eine enge Temperaturspanne; innerhalb welcher
sie die zur Formgebung, z. B. zum Ausziehen von Fasern, geeignete Viskosität besitzen.
Da der Verarbeitungsbereich eng ist und bei Temperaturen liegt, bei welchen Wärmeverluste
sehr schnell eintreten, ist es schwierig, die Herstellung eines solchen Glases ohne
beträchtliche Änderungen der Einrichtungen und der Arbeitsweise durchzuführen.
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Alkalifreie Gläser sind bezüglich der zulässigen Grenzen, in welchen
die einzelnen Bestandteile gewählt werden können, äußerst kritisch. Schon geringe
Änderungen in der Zusammensetzungsformel rufen bedeutende Änderungen in den Eigenschaften
des Glases hervor.
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Erfindungsgemäß werden nun Glasfasern aus alkalifreien Gläsern einer
solchen Zusammensetzung hergestellt, welche sich innerhalb einer verhältnismäßig
kurzen Zeit, beispielsweise der gewöhnlich für Alkaligläser benötigten Zeit, leicht
schmelzen läßt. Auch findet bei dem für die Fasern verwendeten neuen Glas während
des Schmelzens keine übermäßige Schaumbildung statt. Das Glas läßt sich gut verarbeiten,
d. h. es besitzt einen genügend ausgedehnten Viskositätsintervall, um aus ihm brauchbare
Fasern herstellen zu können. Bezüglich seiner Viskositäts- und Temperaturkurve ist
es nicht sehr empfindlich, so daß die Arbeitsverhältnisse hinreichend kontrolliert
und beeinflußt werden können. Das benutzte alkalifreie Glas kann sowohl farbig oder
schwarz als auch klar und durchsichtig hergestellt werden.
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Gemäß der Erfindung sind die Glasfasern aus einem alkalifreien Glas
hergestellt, welches 5o bis 55 0, 1, Siliciumoxyd, etwa io bis 15 °/o Aluminiumoxyd,
etwa 15 bis 25 111, Calcitimox%-ti, etwa 5 °,'a Magnesiumoxyd und als Flußmittel
e_ twa 5 bis io °/o Boroxyd enthält.
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Die angegebenen Mengenverhältnisse der Bestandteile müssen möglichst
genau eingehalttn werden, weil schon geringe Änderungen -Nachteile mit sich bringen.
Bei einem höheren Gehalt an Siliciumoxyd wird das Erschmelzen des Glases erschwert
sowie die Entglasung gefördert; sie tritt schon bei etwa ii2o' C ein. Eine Erhöhung
des Kalkgehaltes über die angegebene Grenze verursacht eine Steigerung des Viskositätstemperaturkoeffizienten
in solchem Maße, daß es nicht mehr möglich ist, den Durchmesser der aus der Glasmasse
herzustellenden Fasern innerhalb geeigneter Temperaturgrenzen genügend klein zu
halten. Außerdem wird auch die Schmelztemperatur erhöht. Eine Verringerung des Kalkgehaltes
unter die angegebene Grenze ist zwar eher möglich, aber das entstehende Glas, ist
dann sehr viskos und entglast bei höheren Temperaturen. Ebenso bewirkt auch eine
Verringerung des Magnesias unter 3 11,10 bei höheren Temperaturen eine schnelle
Entglasung. Eine Steigerung des Magnesiagehaltes über 6 °,%o hinaus verursacht dagegen
Diopsidentglasung bei sehr hohen Temperaturen. In dem Glas gemäß der Erfindung _
soll daher das . Verhältnis von Kalk zu Magnesia möglichst etwa 5 : i betragen.
Was den Zusatz an Boroxyd anbelangt, bewirkt ein zu geringer Zusatz eine Erhöhung
der zum Schmelzen erforderlichen Temperatur und erhöht gegebenenfalls die Viskosität.
Es ist dann schwer, die richtigen Faserdurchmesser zu bekommen, die Fasern sind
brüchig und besitzen nur eine mangelnde Zugfestigkeit. Andererseits wiederum sind
Gläser mit einem höheren Zusatz an Boroxyd nicht zufriedenstellend. Es ist schwer,
derartige Gläser in den gewünschten homogenen Zustand zu bringen; die hierfür aufzuwendenden
Kosten sind erheblich. Außerdem lassen sich aus diesen Glasmassen nur schwer Fasern
großer Feinheit ausziehen, und ihr Widerstand gegen Witterungseinflüsse ist nicht
hoch.
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Der Zusatz an Boroxyd als Flußmittel kann gegebenenfalls auch unterbleiben,
da das Schmelzen und Verarbeiten der Mischung auch ohne diesen Zusatz möglich ist
und sein Fehlen die günstigen Eigenschaften der aus der geschmolzenen Mischung erzeugten
Fasern nur wenig beeinflußt. In der Regel ist aber der Zusatz eines Flußmittels
in den angegebenen Mengenverhältnissen vorzunehmen, da sich dadurch, wie angegeben,
die Mischung leichter und mit geringeren Brennstoffkosten schmelzen und ein für
die Verarbeitung zu Fasern günstigerer Viskositätsgrad erreichen läßt. An Stelle
von Boroxyd oder zusammen mit diesem kann auch Flußspat als Flußmittel benutzt werden.
Das hierfür benötigte Calcium wird von dem im Glassatz befindlichen Calcium abgebrochen,
so daß durch Zu-
Satz von Flußspat eine Erhöhung des Kalkgehaltes
im Glassatz nicht stattfindet.
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Einige Beispiele von Gläsern der erfindungsgemäßen Zusammensetzung
sind:
3 4 5 |
Ca0 .. 18,o0/, 16,o°/0 20,4% =93% 2480/0 |
M90.. 4,5% 4,5% 3,4°/o 350/0 6,1°/o |
A1203.. 15,o0/, 15,0% 10,0o/0 10,5% 11,2% |
S102 .. 53,0% 530% 54,2°/o 547% 515% |
B203.. 9,5% 9,5% 9,o0/0 6,9% 4.0% |
CaF2.. 000/0 2,0% 30% 200/0 0,0% |
Na2O.. 0,0% 0,0% 0,0% 3,1°/o 24% |
Erweichungstemperaturen: 845, 816, 800, 772, 765° C.
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Die unter der Linie angeführten Substänzen dienen als Flußmittel:
Die Gläser Nr. 1 und 2 sind besonders für Textilzwecke geeignet. Die Gläser Nr.
3 und 4 sind besonders für Isolierzwecke u. dgl. geeignet. Falls ein billiges Produkt
mit hohem elektrischem Widerstand hergestellt werden soll, kann das Natriumoxyd
in den Gläsern Nr. 4 und 5 durch Flußspat ersetzt werden. Die angeführten Gläser
sind vielfach in Tonnenladungen in Tagwannen erzeugt worden, ohne daß in einer 24-Stundenschicht
eine Temperatur von 142o° C überschritten wurde. Bei niedrigeren Temperaturen und
auch bei Mischungen mit höherem Siliciumoxydgehalt geht die Absorption des Siliciumoxyds
der Mischung gelegentlich langsamer vor sich, jedoch können in dieser Hinsicht die
gewünschten Ergebnisse durch einen Zusatz von 1 oder 2 0/, Flußspat erzielt werden.
Auch Sulfate fördern die Lösung des Siliciumoxyds, jedoch haben sie das Bestreben,
das Glas mit Schaum zu überziehen, der oft schwierig zu brechen ist. Bei den Schmelztemperaturen
zeigt sich kein ungewöhnlicher Angriff an den feuerfesten Wänden der Wanne.
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Wie schon erwähnt, ist eine wesentliche Eigenschaft der Fasern aus
Glas der angegebenen Zusammensetzung ihr hoher elektrischer Widerstand. Dieses konnte
durch Vergleichsversuche von aus Fasermaterial hergestellten Isolierbändern festgestellt
werden, die 48 Stunden lang einer go0/,igen Feuchtigkeit ausgesetzt, in destilliertem
Wasser gewaschen und bei 38° C den Proben unterworfen wurden. Der Widerstand in
Megohm von alkalifreiem Glas gemäß der Erfindung beträgt 410 Megohm. Der Widerstand
von reinen Alkäligläsern ist dagegen in der Regel nur 3,2 Megohm und von Asbest
etwa o,2 Megohm.
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Das Gemenge schmilzt leicht und ist etwas leichter zu bearbeiten als
Alkaligläser. Der Temperaturbereich für das Ausziehen des neuen Glases zu Fäden
oder Fasern liegt etwa zwischen iioo und 150o° C. Unter normalen Verhältnissen ist
eine Entglasung fast ausgeschlossen.
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Für die Erzeugung von Fasern aus den alkalifreien Gläsern sind die
verschiedenen bekannten Verfahren, vor allem das Blasverfahren, aber auch die mit
mechanischem Ausziehen arbeitenden Verfahren geeignet. Es- lassen sich Fasern von
äußerst feinem Durchmesser, der z. B. zwischen o,oo25 und 0,0075 mm liegt,
erzeugen. Aus den Fasern lassen sich Faserbänder, Matten, Garne, Zwirne sowie gewebte,
gestrickte oder gewirkte Waren herstellen. Solche Waren besitzen einen hohen elektrischen
Widerstand und sind gegen Feuchtigkeit und chemische Einflüsse in hohem Grade beständig.
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Wenn Fasern gemäß der Erfindung 48 Stunden lang der Einwirkung von
Dampf ausgesetzt werden, eine Behandlung, welche Fasern aus Alkaliglas zerstört,
zeigen sich bei ersteren keine wahrnehmbaren Angriffe. Wenn Fasern des alkalifreien
Glases bis auf 300° C erhitzt werden, so nimmt ihre Zugfestigkeit um etwa 2o 0/,
zu, während Fasern aus Alkaliglas in diesem Falle etwa den gleichen Prozentsatz
an Zugfestigkeit verlieren.