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Verfahren zur Drehzahlregelung und zum Bremsen von Drehstrommotoren
Es ist bekannt, zu den Phasenwicklungen des Ständers von Asynchronmotoren Kondensatoren
parallel zu schalten, um>ei allpolig vom Netz getrennten Maschinen eine Selbsterregung
zu erzielen und den Ständerstromkreis über Widerstände zu schließen, wobei ein bremsendes
Moment entsteht. Durch geeignete Bemessung der Kondensatoren kann man zwar auch
bei niedrigeren Drehzahlen die Selbsterregung erreichen, doch ist ihr Einsatz unzuverlässig,
und die Selbsterregung beginnt öfters bei kleineren, öfters auch bei höheren Drehzahlen
;,Nachteilig ist das völlige Verschwinden der Erregung und damit der generatorischen
Bremsung von einer bestimmten Drehzahl an. Man ist daher gezwungen, eine mechanische
Bremse oder Gegenstrombremsung anzuwenden, um den Motor stillzusetzen. Um nun den
sicheren Einsatz der Selbsterregung auch bei niedrigen Drehzahlen zu erreichen,
hat man daher vorgeschlagen, nach Abschalten des Motors vom Netz und nach Herstellung
der Bremsschaltung an die Phasenwicklungen des Ständers eine Gleich- oder Wechselspannung
zu legen. Zu diesem Zweck kann der Ständer ein- oder mehrphasig über entsprechend
bemessene Widerstände wieder an das Drehstromnetz angeschlossen werden. Nach dem
durch den Netzanschluß bedingten Anstoß der Selbsterregung wird dann durch die Magnetisierungsleistung
der Parallelkondensatoren
das zur Selbsterregung benötigte Feld
aufgebaut, so daß der Motor nunmehr bei gleichbleibender Richtung des Drehfeldes
als selbsterregter asynchroner Generator arbeitet.
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Die Erfindung vermeidet die Nachteile der bekannten Bremsschaltungen
und besteht darin, daß unter bewußter Abkehr von dem Prinzip der selbsterregten
asynchronen Generatorbremsung parallel zu dem Drehstrommotor symmetrische Kapazitäten
geschaltet werden und die Stromzuleitung des Motors einphasig unterbrochen wird.
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Der Erfindung liegt die folgende Erkenntnis zugrunde: Zerlegt man
den vom Drehstrommotor bei einphasiger Unterbrechung der Zuleitung aufgenommenen
Strom nach der Theorie der symmetrischen Komponenten in einen Mitsystemstrom und
in einen Gegensy stemstrom, so stellen diese beiden Ströme jeder für sich ein symmetrisches
Drehstromsystem dar, von denen das Mitsystem im Sinne der Phasenfolge, das Gegensystem
im entgegengesetzten Sinne umläuft. Durch Multiplikation des ivhtsystemstromes mit
dem Scheinwiderstand des Mitsystems und des Gegensystemstromes mit dem Scheinwiderstand
des Gegensystems ergibt sich dann das bei der einphasigen Unterbrechung mit dem
Drehstrommotor verknüpfte Spannungssystem.
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Der Scheinleitwert des Mitsystems entspricht unter der Voraussetzung
konstanter Netzspannung. dem durch das Heyland-Kreisdiagramm gegebenen normalen
Arbeitsstrom des Drehstrommotors, der Gegensystemscheinleitwert dagegen unter den
gleichen Voraussetzungen praktisch dem Vektor des Stromes, den der Asynchronmotor
im Stillstand aufnimmt (Kurzschlußstrom). Da sich der so definierte Scheinleitwert
des Gegensystems von dem bei synchroner Drehzahl wirksamen Scheinleitwert des Gegensystems
(a = 2) nur geringfügig unterscheidet, kann für überschlägige Betrachtungen der
Scheirileitwert für den Stillstand mit dem Gegensystemscheinleitwert bei synchroner
Drehzahl gleichgesetzt werden.
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Das Spannungsdiagramm, das mit dem aus zwei Leitungsphasen gespeisten
Drehstrommotor verknüpft ist, entspricht nun geometrisch dem Diagramm der Scheinleitwerte.
Abb. i a und ib zeigen die beiden einander geometrisch ähnlichen Diagramme der Scheinleitwerte
bzw. Spannungen. UIR stellt den Vektor der Leitersternpunktsspannung des Leiters
R dar. Der Vektor UGa bestimmt die Lage des Punktes R des mit dem Drehstrommotor
verknüpften Spannungsdreiecks. In dem Diagramm tritt neben dem Vektor UGR (Gegensystemspannung)
auch der Vektor UmR (Mitsystemspannung) auf.
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Der Scheinleitwert YM des Mitsystems verhält sich nun zum Scheinleitwert
YG des Gegensystems wie die Gegensystemspannung zur Mit-Systemspannung. Dieses Verhältnis
soll mit a bezeichnet werden. Die Lage des Vektors UGR ist durch den Winkel a zwischen
dem Mitsystemscheinleitcert und dem Gegensystemscheinleitwert bestimmt. Das allgemeine
Diagramm nach Abb. 2 zeigt sofort die Lage des Punktes R des Spannungsdiagramms
auf der Motorseite bei einphasiger Speisung, sofern das Verhältnis E und der Winkel.
u bekannt sind. Man erkennt, daß der Punkt R in dem dargestellten Sinne verlagert
wird, sobald der leerlaufende bzw. mechanisch belastete Drehstrommotor einphasig
unterbrochen wird.
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Schaltet man nun parallel zu einem leerlaufenden oder auch belasteten
Drehstrommotor symmetrische Kapazitäten., so verändert sich das Verhältnis des Mitsystemscheinleitwertes
zu dem Gegensystemscheinleitwert der aus dem Drehstrommotor und den symmetrischen
Kapazitäten bestehenden Gesamtanordnung, und zwar derart, daß das Verhältnis
größer als i wird. Der Punkt R fällt somit (vgl. Punkt RIN in Abb. 2) unter die
Verbindungslinie S T des Spannungsdiagramms. Dies ist aber mit einer Umkehr des
Drehfeldes gleichbedeutend, da nunmehr die Reihenfolge der Spannungsvektoren nicht
mehr R S T, sondern R T S ist. Diese Umkehr des Spannungsdreh-Sinnes tritt
bei vorerst noch gleichbleibendem Drehsinn des Drehstrommotors auf, der mithin gegen
das Drehfeld umläuft und entsprechend abgebremst wird. Mit absinkender Drehzahl
des Drehstrommotors nähert sich der Mitsystemscheinleitwert des Motors dem Gegensystemscheinleitwert
des Motors, die beide bei Stillstand miteinander identisch und gleich dem Kurzschlußscheinleitwert
des Motors sind. Das Verhältnis a der resultierenden Scheinleitwerte der Gesamtanordnung
wird mithin bei Stillstand gleich i. Der Punkt R des normalen Spannungsdiagramms
fällt dann in die Mitte der Verbindungslinie S T.
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Man erkennt also, daß es möglich ist, einen Drehstrommotor, dem symmetrische
Kapazitäten parallel geschaltet sind, durch einphasige Abschaltung abzubremsen.
Die Bremswirkung nimmt mit Annäherung an den Stillstand ab.
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Wird nun der Drehstrommotor mechanisch angetrieben, wie dies beispielsweise
im Kranbetrieb der Fall ist, so wirkt er als Generator. Dies kommt im Heyland-Kreisdiagramm
dadurch zum Ausdruck, daß der Vektor des Betriebsstromes aus dem ersten Quadranten
in den j vierten Quadranten übergeht. Entsprechend verändert auch der Mitsystemscheinleitvektor
seine Lage, während der Gegensysteinscheinleitvektor nach Lage und Größe erhalten
bleibt. Es sei nun angenommen, daß parallel zu dem an zwei Leitungsphasen angeschlossenen
Dreiphasenasynchronmotor abwechselnd ve rschieclen
große, aber jeweils
symmetrische Kapazitätswerte geschaltet sind. Addiert man deren Scheinleitwerte,
die für Mit- und Gegensystem gleich groß sind, zu den Scheinleitwerten von Mit-
und Gegensystem des als Generator betriebenen Motors, so ergeben sich mit wachsenden
Kapazitätswerten für den Scheinleitwert des Mitsystems und des Gegensystems bestimmte
Vektoren, aus denen das Verhältnis E sowie der Winkel a zwischen ihnen bestimmt
werden kann. An Hand der --Werte und der a-Werte aus Abb. 2 erhält man dann die
Lage des Punktes R des Spannungsdreiecks, wie Abb. 3 zeigt.
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Man erkennt, daß der Drehsinn des mit dem aus zwei Leitungsphasen
gespeisten, als Generator laufenden Motor verbundenen Spannungsdreiecks für die
Kapazitätswerte r bis 3 noch dem normalen Drehsinn entspricht, während von den Kapazitätswerten
q. bis 8 der Drehsinn des Spannungsdreiecks sich umkehrt, d. h. der Punkt R unterhalb
der Verbindungslinie S T liegt. Beim Kapazitätswert q. bedingt der Punkt R eine
starke Vergrößerung des Spannungsdreiecks, während bei weiterer Zuschaltung symmetrischer
Kapazitäten die Verzerrung des Spannungsdreiecks geringer wird. Man sieht, daß es
auch bei generatorisch betriebenen Drehstrommotoren möglich ist, den Drehsinn des
mit dem Motor verbundenen Spannungsdreiecks umzukehren, wodurch eine zusätzliche
Bremswirkung ausgelöst wird, die auch dann wirksam bleibt, wenn der Motor untersynchron
läuft. Ein Asynchronmotor vermag sonst nur im übersynchronen Lauf als Generator
zu arbeiten.
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Da das dem Drehsinn des Drehstrommotors entgegen laufende Drehfeld
mit der Größe der Verlagerung des Punktes R wächst, hat man es in der Hand, durch
entsprechende Bemessung der Kapazitäten die Bremswirkung zu stufen, also mehr oder
minder stark abzubremsen. Eine allzu große Bemessung der dem Drehstrommotor parallel
geschalteten Kapazitäten bat keinen Sinn, weil im Grenzfall der Punkt R in die Mitte
der Verbindungslinie der Punkte S und T fällt. Bei den zugrunde gelegten Verhältnissen
ergibt sich die größte Bremswirkung bei der größten Verlagerung des Punktes R, also
im Falle q., in dem der Scheinleitwert der symmetrischen Kapazitäten für das Mit-
und Gegensystem etwa 75 °/a des Gegensystemscheinleitwertes des Drehstrommotors
entspricht.