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Hochspannungssicherung mit in ein pulverförmiges Löschmittel eingebettetem
Hauptschmelzleiter und nach diesem ansprechendem Nebenschmelzleiter In Hochspannungsschmelzsicherungen
mit körnigem Löschmittel pflegt man den Schmelzleiter in seiner ganzen Länge oder
zum mindesten über einen großen Teil davon mit gleichmäßigem Querschnitt auszuführen.
Damit wird der schnellste Verlauf des Abschaltvorganges erzielt, und es ist zugleich
die am einfachsten und daher am billigsten herstellbare Ausführungsform. Sie besitzt
jedoch folgenden Nachteil. Beim Auftreten eines sehr hohen Überstromes verdampft
das ganze Leiterstück von gleichmäßigem Querschnitt auf einmal, so daß an die Stelle
des Leiters urplötzlich .eine gut isolierende, weil zunächst nicht ionisierte Gassäule
tritt. Dann bildet sich infolge der in dem unterbrochenen Stromkreis vorhandenen
magnetischen Energie eine hohe Überspannung an den Klemmen der Sicherung aus, die
geeignet ist, die ganze Anlage zu gefährden.
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Es ist bekanntlich bereits versucht worden, diese gefährlichen Überspannungen
dadurch zu vermeiden, daß ein gegebenenfalls von einer oder mehreren Funkenstrecken
unterbrochener Nebenschmelzleiter parallel zum Hauptschrnelzleiter angeordnet wurde,
der die Abschaltung übernehmen sollte. Der Nebenschmelzleiter war dabei als Widerstandskörper
ausgebildet. Die bekannte Maßnahme führt jedoch nicht zum Ziele, weil nämlich die
gefährliche Überspannung dann beim plötzlichen Verdampfen eines größeren Stückes
des Nebenschmelzleiters auftreten kann. Will man dies vermeiden, so bleibt nichts
anderes übrig, als dem Nebenschmelzleiter bei der bekannten Hochspannungssicherung
eine besonders komplizierte Form zu geben, die in der Herstellung verhältnismäßig
teuer ist, oder besondere Widerstände im Stromkreis des Nebenschmelzleiters vorzusehen.
Demgegenüber wird mit der Erfindung eine wesentliche Vereinfachung erzielt. Sie
beruht auf der Erkenntnis, daß die- Sperrspannung an der Haupttrennstrecke nach
dem
Verdampfen des Hauptschmelzleiters dadurch herabgesetzt wird,
daß sich ein großer Teil :der Dämpfe in Form von flüssigen Metallteilchen an der
Oberfläche der benachbarten Löschmittelkörner niederschlägt. Auf diese Weise sinkt
die Sperrspannung an der Haupttrennstrecke schließlich bis auf einen Endwert, der
bei der jeweils gegebenen Nennspannung unterhalb des Gefahrenwertes liegt. Allerdings
erfordert .dieser Vorgang eine gewisse, wenn auch sehr kurze Zeit, von der aber
bei den bekannten Sicherungen bis zum Verdampfen des Nebenschmelzleiters nur ein
Bruchteil vergeht. Das ist die Ursache dafür, daß bei jenen Sicherungen der Unterbrechungslichtbogen
an der Nebentrennstrecke entsteht und gelöscht wird.
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Im Gegensatz dazu liegt der vorliegenden Erfindung der Gedanke zugrunde,
die endgültige Unterbrechung durch Lichtbogenlöschung an der Haupttrennstrecke herbeizuführen,
indem die Entstehung eines Lichtbogens an der Nebentrennstrecke verhindert und damit
ein Zeitgewinn erzielt wird, der der Absenkung der Zündspannung des Unterbrechungslichtbogens
zugute kommt. Zu diesem Zweck wird erfindungsgemäß bei gegebenen Werkstoffen der
beiden Schmelzleiterarten und bei gegebener Länge des Hauptschmelzleiters der OOuerschnitt
des Nebenschmelzleiters unter Berücksichtigung seiner Verdampfungstemperatur so
groß gewählt, daß in der zu seiner Verdampfung im ungünstigsten Falle mindestens
erforderlichen Zeit die Sperrspannung an der Haupttrennstrecke durch den erwähnten
Metalldampfniederschlag auf einen für die zu schützende Anlage ungefährlichen Wert
herabgesetzt wird. Ferner wird der Schmelzleiter mindestens so lang gemacht, daß
bei seiner Verdampfung die Zündung eines Lichtbogens an der Haupttrennstrecke erzwungen
wird.
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Der Nebenschmelzleiter dient also lediglich dazu, die Zeit von der
Bildung der gut isolierenden Dampfsäule aus - dem Hauptschmelzleiter bis zur :\Tiederschlagsbildung
zu überbrücken. Erfolgt dann die Wiederzündung an der Haupttrennstrecke. so entsteht
dort der Stromfluß von vornherein in Form einzelner hintereinandergeschalteter kleiner
Lichtbögen, welche die Luftzwischenräume zwischen den einzelnen Metallniederschlagst
;Ichen überbrücken. Durch die Lichtbögen ei werden die in den Zwischenräumen vorhandenen
Gase ionisiert. Es ist infolgedessen keine zusammenhängende Säule von nicht ionisierten
Gasen mehr vorhanden. Die einzelnen niedergeschlagenen Metalltröpfchen werden durch
die Lichtbögen verdampft, wobei der Dampf in die bestehenden Lichtbögen hineingelangt
und sofort ionisiert wird. Die Löschung wird dann in bekannter Weise durch Kühlung
der Lichtbögen mit Hilfe des umgebenden Löschmittels erzielt, nachdem die magnetische
Energie in dem zu Unterbrechenden den Stromkreise abgeklungen ist und daher ! keine
schädlichen Überspannungen mehr hervorrufen kann.
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Zur näheren Erläuterung cler Überlegungen, die zur Erfindung geführt
haben, sind in der Zeichnung zunächst die Kurven des Stromes I und der Spannung
U, die sich beim Ansprechen der bekannten Sicherungen mit Haupt- und Nebenschmelzleiter
ergeben, in den Fig. i und 2, und die für den Erfindungsgegenstand gelten, in den
Fig. 3 und .I in Abhängigheit von der Zeit t dargestellt.
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Für die beiden Sicherungsarten ist angenommen, daß der Hauptschmelzleiter
im Zeitpunkt a. verdampft. In diesem Augenblick wird der gesamte zu unterbrechende
Strom von dem Nebenschmelzleiter übernommen. der vorher keinen oder nur einen sehr
schwachen Strom führte, der praktisch keine Wirkung ausübte und daher vernachlässigt
werden kann. Bei den bisher bekannten Sicherungen ist nun der Ouerschnitt des Nebenschm.elzleiters
so klein, dafl dieser Schmelzleiter fast unmittelbar nach dein Verdampfen des Hauptschmelzleiters
verdampft. In Fig. r und a ist dieser Zeitpunkt mit b bezeichnet. Die Zeit -zwischen
a und b beträgt bei den bekannten Sicherungen größenordnungsmäßig 1/;,o der
Zeit, die vom Auftreten eines Kurzschlusses bis zum Verdampfen des Hauptschmelzleiters,
also bis zum Zeitpunkt a vergangen ist. Man erkennt also, daß Fig. i hinsichtlich
der :Maßstäbe .dieser beiden Zeiten verzerrt gezeichnet ist, damit die Zeitspanne
a-b überhaupt erkennbar wird. Nach dem Verdampfen des Nebenschmelzleiters entsteht
an seiner Stelle ein Lichtbogen (v.-l. Fig. _i a), der unter der Einwirkung des
Löscbmittels gelöscht wird, womit .der Kurz_schlußstrom endgültig unterbrochen ist.
Die Erklärung für diesen Ablauf der Vorgänge liefert Fig.2. .Beim Verdampfen des
Hauptschmelzleiters im Zeitpunkt a bildet der Metalldampf zunächst einen sehr guten
Isolator, so daß die Haupttrennstrecke eine hohe Durchschlagsfestigkeit erhält.
Die Sperrspannung an der Haupttrennstrecke ist in Fig. 2 gestrichelt eingetragen,
sie nimmt urplötzlich einen sehr hohen Wert A an. Infolge der sofort einsetzenden
Abkühlung schlagen sich :die aus dem Hauptschmelzleiter gebildeten Metalldampfteilchen
an den benachbarten Löschmittelkörnchen nieder, so daß die Sperrspannung von dem
Wert A absinkt, etwa wie es in Fig. 2 dargestellt ist. Beim darauffolgenden Verdampfen
des Nebenschmelzleiter: im Zeitpunkt b spielt sich an der Nebentrennstrecke
ein
ähnliches; Vorgang ab. Die hier entstehende 'Sperrspannungsspitze ist infolge anderer
Bedingungen, insbesondere infolge des anderen Werkstoffes, aus dem die Schmelzleiter
der bekannten Sicherungen bestehen, niedriger als beim Hauptsch:melzleiter. Aus
diesem Grunde erfolgt der Durchschlag und somit die Lichtbogenbildung an der Nebentrennstrecke,
wodurch die hier tatsächlich vorhandene Spannung vom Werte B auf die Lichtbogenspannung
sinkt. Infolge des Verbrauchs der in den Induktivitäten des Stromkreises aufgespeicherten
treibenden Energie und infolge der Löschwirkung .des Löschpulvers in der Umgebung
der Nebentrennstrecke nimmt der Lichtbogenstrom mehr und mehr ab, und damit sinkt
auch die Lichtbogenspannung etwa entsprechend der in Fig.2 mit ausgezogenem Strich
dargestellten Kurve. Der Verlauf dieser Kurve ist in Fig. 2 bis zum Erreichen des
Scheitelwertes der Betriebsspannung U,t gezeichnet. Der weitere Verlauf bis zur
endgültigen Löschung wird durch den :darauffolgenden Stromnulldurchgang bestimmt,
er interessiert bei der vorlie-;enden Betrachtung nicht weiter. Wesentlich ist die
Feststellung, daß bei den bekannten Sicherungen bei der Verdampfung des Nebenschmelzleiters
eine hohe Überspannung B entsteht, durch die die ganze Anlage gefährdet werden kann.
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In Fig.3 ist für die erfindungsgemäße Sicherung der Zeitpunkt, in
dem der Hauptschmelzleiter verdampft, ebenfalls mit a bezeichnet. Hier ist zwecks
Vermeidung einer maßstäblichen Verzerrung der Nullpunkt der Zeitachse, d. h. der
Zeitpunkt, in dem infolge eines Kurzschlusses der Stromanstieg beginnt, unterdrückt.
Durch die erfindungsgemäße Ouerschnittsbemessung des Nebenschmelzleiters wird erreicht,
daß der letztere nicht so rasch verdampft wie bei den bekannten Sicherungen, sondern
eine längere Zeit vorhält, in der er den gesamten zu unterbrechenden Strom führt.
Infolgedessen wird für die Herabsetzung der Sperrspannung an der Haupttrennstrecke
so viel Zeit gewonnen, daß sich dort eine genügende Menge Metalldampfniederschlag
absetzt, um die Sperrspannung von dein Spitzen"vert A auf einen Wert C herabzusetzen,
der unterhalb des Gefahrenwertes der Anlage liegt. Dieser Gefahrenwert ist nach
den deutschen Gepflogenheiten als doppelter Scheitelwert der Betriebsspannung U"
angenommen und strichpunktiert eingezeichnet. Die Zeit a-b, in der der Nebenschmelzleiter
allein den gesamten Strom metallisch leitet (schraffiertes Gebiet in Fig.3), beträgt
hier größenordnungsmäßig etwa 1/1o der Zeit, die.von der Entstehung des Kurzschlusses
bis zum Verdampfen des Hauptschinelzleiters vergangen ist. Da die beim Verdampfen
des Nebenschmelzleiters im Zeitpunkt b entstehende Sperrspannung an der Nebentrennstelle
bei der Sicherung nach der Erfindung höher ist als die inzwischen wesentlich gesunkene
Sperrspannung an der Haupttrennstrecke. so erfolgt der Durchschlag an der letzteren,
wie Fig. 3 a zeigt. Da die hierzu erforderliche Spannung kleiner ist als der doppelte
Scheitelwert .der Betriebsspannung, so- wird eine Gefährdung der Anlage vermieden.
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Die vorstehende Schilderung. bezieht sich auf den ungünstigsten Fall
eines unmittelbaren Kurzschlusses. Bei geringeren Überströmen ist die Zeit a-b,
die zum Verdampfen des Schmelzleiters benötigt wird, größer als in Fig. 3 und .I
dargestellt, so daß die Sperrspannung an der Haupttrennstrecke beim Verdampfen des
Nebenschinelzleiters mit noch größerer Sicherheit auf einen unterhalb des Gefahrenwertes
liegenden Betrag absinkt.
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In den weiteren Fig. 5 bis 8 sind verschiedene Ausführungsbeispiele
der Erfindung schematisch dargestellt. Mit r i und 12 sind stets die Anschlußkappen
der Sicherung bezeichnet.
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In Fig. 5 ist 13 der Hauptsch,melzleiter, 14 ein Nebenschmelzleiter,
der aus :dem gleichen Stoff besteht wie der Hauptschmelzleiter, jedoch länger ist
als dieser und daher vor dem Ansprechen der Sicherung eine geringere Stromdichte
aufweist als der Hauptschmelzleiter 13, so daß ei- nicht gleichzeitig mit diesem
schmilzt bzw. verdampft, sondern ;eine kurze Zeit länger bestehen bleibt, bis sich
die aus dein Hauptschnielzleiter gebildeten Dämpfe in genügender Menge an den benachbarten
Löschmittelkörnchen niedergeschlagen haben, um einen erneuten Stromfluß durch Entstehung
von- Lichtbögen an der Hauptunterbrechungsstrecke herbeizuführen. Ist beispielsweise
der aus dem gleichen .Stoff wie der Hauptschmelzleiter 13 bestehende Nebenschmelzleiter
iq..ebenso stark und doppelt solang wie der Hauptschinelzleiter, so ist seine Stromdichte
vor dein Ansprechen der Sicherung upter Berücksichtigung des Temperaturunterschiedes
annähernd halb so groß wie diejenige des Hauptschmelzleiters 13. Nach dessen
Zerstörung übernimmt der Nebenschinelzleiter urplötzlich den Gesamtstrom, so daß
die Stromdichte im Nebenschmelzleiter auf das Dreifache der vorher vorhandenen ansteigt.
Da der Nebenschmelzleiter vor dem Ansprechen des Hauptschmelzleiters infolge seiner
geringen Stromdichte praktisch kalt bleibt, erfordert seine Aufheizung bis zur Zerstörung
eine Zeit, die ausreicht, um die Durchschlagsfestigkeit .der an der Unterbrechungsstelle
des Hauptschmelzleiters entstandenen
Unterbrechungsstrecke auf
einen so niedrigen Wert herabsinken zu lassen, daß dort erneut ein Lichtbogen bei
einer für die Anlage ungefährlichen Spannungshöhe gezündet wird, wie es an Hand
der Fig. 3 und .l. oben beschrieben'ist.
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Die Herabsetzung der Stromdichte mit ihren oben beschriebenen Folgen
kann man auch dadurch erzielen, daß man den Nebenschmelzleiter aus einem Stoff mit
höherem spezifischen Widerstand als den Hauptschmelzleiter herstellt. plan nimmt
beispielsweise gemäß Fig. 6 und 7 einen Schmelzleiter 1.1. aus Wolfram und umgibt
diesen mit einer starken Silberschicht 13, beispielsweise durch galvanische Anlagerung.
Dann wirkt der Wolframdraht 1..1, als Nebenschmelzleiter und die Silberschicht 13
als Hauptschmelzleiter im Sinne der vorliegenden Erfindung.
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Nach Fig. 8 kann ferner der Nebenschmelzleiter i-. unter Zwischenschaltung
einer oder mehrerer Funkenstrecken an die Anschlußkappen i1, 12 der Sicherung angeschlossen
sein. In diesem Fall ist die Stromdichte im Nebenschmelzleiter vor dem Ansprechen
d:r Sicherung Null.
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Statt die Stromdichte in dein Nebenschmelzleiter herabzusetzen, kann
man diesen auch aus einem Stoff mit höherer Verdampfungstemperatur herstellen als
den Hauptleiter. Diese Bedingung ist bei der Anordnung nach 1--i-. 6 und ; ehenfalls
erfüllt.