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Verfahren zum Aufschließen cellulosehaltiger Stoffe mittels Halogenwasserstoff
Es ist bekannt, daß durch Einwirken von in organischen .Lösungsmitteln gelöstem
Halogenwasserstoff, insbesondere Chlorwasserstoff, auf cellulosehaltige Stoffe,
wie Holzmehl, Holzspäne u. @dgl., .die hochpolymeren Kohlehydrate zu Hexosen und
Pentosen abgebaut werden. Der an sich bekannte Prozeß läßt sich nun nicht ohne weiteres
so leiten, daß jeweils der beste Verzuckerungsgra.d erreicht wird. Vielmehr sind
in überraschender Weise :die Ausbeuten an Zucker bei scheinbar gleicher Arbeitsweise
stark schwankend und die wirklich zufriedenstellenden Ergebnisse wenig häufig und
anscheinend ,ganz zufällig.
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Es wurde nun erkannt, daß es zur Erzielung eines sicheren Erfolges
und hoher Ausbeuten vor allem darauf ankommt, die Einwirkung des Halogenwasserstoffes
in ein und derselben Charge möglichst rasch und so Cr eichmäßig durchzuführen, daß
in allen Teilen .des Materials jeweils die gleiche Säurekonzentration vorhanden
und bei Beendigung des Prozesses überall der gleiche Verzuclcerungsgrad erreicht
ist. Bei einer Reihe von Verzuckerungsverfahren wird wäßri.ge Säure in großem Überschuß
angewendet, so daß der während .des Aufschlusses entstehende Zucker sofort aus der
Holzmasse herausgelöst und im Flüssigkeitsstrom aus dem Reaktionsbehälter abgeführt
werden kann. Unter diesen Umständen kommt es naturgemäß nicht darauf an, ob die
Verzuckerung besonders schnell und in allen Holzteilchen gleichzeitig vor sich geht.
Dagegen ist es für diejenigen Verfahren, bei denen ein überschüß an Wasser zum Herauslösen
und Fortschaffen des entstandenen Zuckers fehlt, von entscheidender Bedeutung, daß
die Sättigung -der Holzspäne mit dem Halogenwasserstoff schnellstens und gleichmäßig
bis ins Innerste der Späne erfolgt. Denn bei diesen Verfahren, z. B. der- Verzuckerung
in organischen Lösungsmitteln, bleibt der entstandene Zucker in :der Lignininasse
eingebettet und so lange der Einwirkung des Halogenwasserstoffes Hausbesetzt, als
der Aufs.chluß dauert. Infolgedessen kann bei einem nicht in allen Holzteilchen
gleichmäßig fortschreitenden Aufschluß stellenweise schon Zucker zerstört werden,
während an anderen Stellen die Verzuckerung überhaupt noch nicht begonnen hat.
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Diese neue Erkenntnis führte zu einer neuen Aufgabenstellung bei der
Bearbeitung des Aufschlußproblems, deren Lösung erfindungsgemäß durch eine Reihe
von Maßnahmen erfolgt, die sowohl im einzelnen wie insbesondere in ihrem Zusammenwirken
die Erreichung -des erstrebten Zieles sichern.
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In erster Linie ist es notwendig, während der Begasung die Späne so
locker zu suspendieren, daß jeder einzelne Span für sich von allen Seiten .dem Halogenwasserstoff
zugänglich. ist; denn nur unter diesen Voraussetzungen kann .die Sättigung mit dein
Halogenwasserstoft
schnellstens und in allen Teichen gleichmäßig
vor sich gehen.
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Bisher hat man sich damit begnügfr die organische Flüssigkeit lediglich
als Lösungsmittel zu verwenden. Man hat dabei jedoch übersehen, daß es im Falle
der Holzverzuckerung nicht genügt, den Halogenwasserstoff aufzulösen, sondern daß
es zur Erzielung eines gleichmäßigen, raschen Aufschlusses noch wichtiger ist, den
gelösten Halogenwasserstoff schnell und gleichmäßig all jeden einzelnen Holzspan
heran- und in ihn hineinzubringen. Dies ist aber unmöglich, wenn wie bisher das
Spalunaterial in großen Klumpen entweder unten am Boden -des Gefäßes liegt oder
auf der Oberfläche der Flüssigkeit zusammengedrängt schwimmt. Man hat bis jetzt
mit Vorliebe solche Flüssigkeiten verwendet, -die enrt,.veder viel leichter oder
viel schwerer waren als die Holzspäne und hat demnach an das spezifische Gewicht
des Lösungsmittels überhaupt nicht gedacht. Man hat auch nicht erkannt, daß eine
lockere Verteilung der Spane für die Holzverzuckerung z iiclist voll entscheidender
Bedeutung ist, um und weiterhin, daß dies durch das organische Lösungsmittel selbst
bewirkt wird, nämlich dadurch, daß man das Lösungsmittel zum Suspensionsmittel macht,
in welchem die Späne sich null nicht mehr absetzen können, sondern in der Schwebe
gehalten werden.
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Das setzt dabei natürlich voraus, daß die Flüssigkeit ein geeignetes
spezifisches Gewicht hat. Null ist aber das spezifische Gewicht der Holzspäne selbst
sehr unterschiedlich und abhängig von der Holzsorte, von der Spanart, -form und
-größe, vom Feuchtigkeitsgehalt und voll der Menge der in den Spänen eingeschlossenen
Luft. Es ist selbstverständlich, (daß nur gleichartige und gleichförmige Späne ein
genügend übereinstimmendes spezifisches Gewicht haben können. Es ist de§lialb empfehlenswert,
daß nur ein auch in dieser Hinsicht einheitliches Material in ein und derselben
Charge verzuckert wird, denn ein für alle Spanmaterialien in gleicher Weise geeignetes
LTniv ersalsuspensionsmittel kann es nicht geben, und es hätte auchwenig Sinn, für
jede Art voll Rohmaterial eine besolidere wohldefinierte Schwebeflüssigkeit auszusuchen.
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Es ist gemäß vorliegender Erfindung vielmehr einfacher, das spezifische
Gewicht des Suspensionsmittels unter Verwendung bestimmter Verhältnismengen der
das Gemisch bildenden Komponenten entsprechend den Erfordernissen des Rohmaterials
(Spanart und Spailgröße) einzustellen.
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Es wurde ferner gefunden, daß für den vorliegenden Zweck sich ganz
vorzüglich ein Gemisch voll Leichtbenzin mit Tetrachlorkohlenstoff eignet, von dem
man ungefähr Gewichtsteile auf 3 Gewichtsteile Benzin anwendet. Ein starres Mischungsverhältnis
kann nach dem oben Ausgeführten nicht für alle Fälle angegeben werden. Die Zusammensetzung
des Gemisches hat sich immer nach dem Zweck zu richten, daß die Späne in der Flüssigkeit
schweben. Ein grob einbestelltes Gemisch läßt sich durch Zusatz der leichteren oder
schwereren Komponente in einfacher Weise aufs feinste nachregulieren. An Stelle
von Benzin können natürlich auch andere gegenüber dein Holz und dem Chlorwasserstoff
indifferente organische Lösungsmittel, an Stelle von Tetrachlorkohlenstoit auch
andere vorzüglich halogenisierte, insbesondere chlorierte Kohlenwasserstoffe, z.
B. Trichloräthylen, benutzt - werden. Die Grundbedingung für die Anwendung der betreffenden
Lösungsmittel ist natürlich die Einstellbarkeit des gewünschten spezifischen Gewichtes
durch Mischung spezifisch leichterer und schwererer Flüssigkeiten, ferner die barkeit
derselben untereinA:der bei völli ; indifferentem Verhalten sowohl gegeneinander
als auch gegenüber -den Reaktionsteilnehmern. Die Siedepunkte der zu mischenden
Flüssigkeiten sollen nicht sehr weit auseinanderliegen und nicht zu niedrig und
nicht zu hoch sein, damit die Flüssigkeiten ,nicht schon hei der Reaktionstemperatur
verdampfen, andererseits aber .doch bei verhältnismäßig geringem Wärmeaufwand leicht
abgetrieben «-erden können, ohne daß sich dabei die Zusammensetzung des Gemisches
wesentlich ändert.
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Die Gefahr einer ungeregelten, d. 1i. stellenweise zu früh bzw. zu
spät erfolgenden Verzuckerung läßt sich ferner erfindungsgelniil.l dadurch verhindern,
daß man einerseits das zerkleinerte Spanmaterial nach gewissen Gesichtspunkten,
insbesondere nach der physikalischen und chemischen Eigenart der Teilchen und nach
ihrem spezifischen "erhalten beim Aufschlußprozeß auswählt und für ei:-_. und dieselbe
Charge nur gleichartige und sich möglichst gleich verhaltende Teilchen verwendet.
Andererseits werden nach der Erfindung weitere zusätzliche Maßnahmen ergriffen,
die erforderlich und geeignet sind, die durch die Auswahl der Holzteilchen geschaffenen
günstigen Vorbedingungen für eine rasche und gleichmäßige Sättigung mit Halogenwasserstoff
für die Dauer seiner Einwirkung zu erhalten bzw. noch zu verbessern.
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Bei der Auswahl der Späne nach mechanischen Gesichtspunkten bewertet
man Sägespäne, Holzmehl und ähnliches kurzfaseriges Material nach der Korngröße,
Höbel- und Schälspäne nach der Dicke des Spanbandes und Hackspäne, die quer zur
Faser aufgetrennt
sind, nach ihrer Länge in der Faserrichtung.
Die Zerkleinerungsart. und insbesondere die Schnittvorrichtung im Vergleich zur
Faserrichtung sollen bei der Auswahl gebührend berücksichtigt werden, denn davon
hängt es ab, ob eine relativ große oder kleine Zahl von Kapillaren angeschnitten
und- für den Eintritt des Chlorwasserstoffes geöffnet werden. Das Eindringen des
Halogenwasserstoffes 4. der Faserrichtung erfolgt nämlich mit einer .anderen Geschwindigkeit
als in der Richtung quer hierzu. Die Schni-ttrichtüng spielt auch eine Rolle bei
der verschiedenen physikalischen Struktur der Hölzer, insofern nämlich, als spröde
Holzarten, z. B. Eichenholz,verhältnismäßig leicht bei derZerkleinerung in ihren
Gefügen aufgesplittert wenden können, während weichere Hölzer, z. B. Tannenholz,
in der Regel glatte Späne liefern. Diese sorgsame Auswahl nach Größe, Form und Zerkleinerungsart
bietet den großen Vorteil, däß. grundsätzlich alle Arten von Holzspänen, sofern
sie über seine gewisse Größe nicht hinausgehen und nur gleichmäßiges Material für
ein und dieselbe Charge verwendet wird, mit gleich gutem Erfolg verzuckert werden
können. Dieses Verfahren ist also nicht wie gewisse andere an ein bestimmtes Spanm:aterial
oder an eine bestimmte Holzart gebunden. Was die botanische Verschiedenheit der
Hölzer, ihre verschiedenartige Struktur und chemische Zusammensetzung betrifft,
so ist sinngemäß auch hierbei die Forderung zu erfüllen, daß nur gleichartiges und
beim Aufschluß sich gleich verhaltendes Material in einer Charge verarbeitet wird;
denn die Reaktionszeiten-bei verschiedenen Arten Hölzer können erheblich voneinander
abweichen.
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Die ausschließliche Verarbeitung von gleichartigem, gleichförmigem
und beim Aufsdhluß sich gleich verhaltendem Spanmaterial in ein und derselben Charge
kann jedoch eine in allen Teilen gleichzeitig erfolgende Verzuckerung für sich allein
oft noch nicht gewährleisten.
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Es ist vielmehr meist darüber hinaus noch erforderlich, das Eindringungsvermögen
des Halogenwasserstoffes in das Spangefüge zusätzlich zu begünstigen. Das gilt insbesondere
für Späne, die nicht bis zur Mehlfeinheit zerkleinert sind, also für Hdbel-, Schäl-
und insbesondere für Hackspäne. Um bei diesem Material das Eindringendes Halogenwasserstoffes
ins Innere zu beschleunigen, muß das Fasexgefüge aufgelockert werden, was erfindungsgemäß
.durch eine Vorbehandlung der Späne -mit Wasserdampf geschieht. Diese Dampfbehandlung
bewirkt außer der Auflockerung der Holzstruktur auch eine gleichmäßige und gründliche
Durchfeuchtung des Spanmaterials bis ins Innerste. Einen unerwünschten Überschuß
an Feuchtigkeit entfernt man in einfachster Weise :durch Ausbreiten der gedämpften
Späne auf eine große Oberfläche, solange sie noch heiß sind; dies geschieht zweckmäßig
in geeigneten und bekannten Apparaturen durch Abblasen bzw. Absaugen der feuchten
Dämpfe, nötigenfalls unter Anwendung von Vakuum.