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TECHNISCHES
GEBIET
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Die
vorliegende Erfindung betrifft neue aktive Verbindungen, die aus
Retinolsäure
gewonnen werden und sich zur Herstellung pharmazeutischer Zusammensetzungen
für medizinische
Zwecke im allgemeinen und für
den Einsatz in der Dermatologie, Onkologie und bei der Behandlung
von Erkrankungen der Nieren, der Leber und des Nervensystems eignen.
Ferner betrifft die Erfindung pharmazeutische Zusammensetzungen, die
derartige Verbindungen enthalten, sowie das dazugehörige Verfahren
für deren
Herstellung.
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HINTERGRUND
DER ERFINDUNG
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Bei
der Behandlung zahlreicher Arten von Tumoren hat man das Bedürfnis, den
Einsatz einer Chemotherapie zu verringern, die, obgleich sie bei
der Bekämpfung
von Tumoren wirksam ist, äußerst schwere
Nebenwirkungen hat. Derzeit erfolgt dies dadurch, dass man die Chemotherapie
mit dem Einsatz von Retinolsäure
und deren Derivaten kombiniert, die bei der Vermeidung und Heilung
von Tumoren unterschiedlich wirksam sind, indem sie eine Zellproliferation
verhindern, eine Differenzierung und Apoptose induzieren und die
Expression von Onkogenen und Genen, die den Tumor unterdrücken, steuern.
Positive Ergebnisse mit Retinolsäure wurden
bisher insbesondere bei der Behandlung von akuter promyelozytischer
Leukämie
(APL) erzielt.
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Leider
haben jedoch auch die Retinolsäure
und ihre bekannten Derivate schwere Nebenwirkungen, darunter Hypervitaminose
A, so dass ein Bedarf nach einer Verbindung vorhanden ist, die – therapeutisch
gesehen – die
gleiche Wirkung wie Retinolsäure
hat, aber bedeutend weniger drastische Nebenwirkungen zeigt.
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OFFENBARUNG
DER ERFINDUNG
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Demzufolge
ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, neue Verbindungen mit
einer ähnlichen
oder höheren
therapeutischen Wirksamkeit im Vergleich zu Retinolsäure und
deren bekannten Derivaten vorzusehen, die jedoch bedeutend weniger
drastische Nebenwirkungen haben.
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Gemäß der vorliegenden
Erfindung wird eine aktive Verbindung insbesondere zur Verwendung
als Medikament im allgemeinen und spezifisch in der Dermatologie,
Onkologie und bei der Behandlung von Erkrankungen der Nieren, der
Leber und des Nervensystems vorgesehen, wobei die Verbindung gekennzeichnet ist
durch die Formel (I):
enthaltend drei kondensierte
homozyklische Kohlenstoff-Sechsringe, umfassend einen mittleren
aromatischen Ring und zwei gesättigte
oder ungesättigte
aliphatische Seitenringe, die in Metaposition zum mittleren aromatischen
Ring angeordnet sind, wobei es sich bei den seitlichen Substituenten
R
1 und R
2 um Alkylgruppen
mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 4 handelt, wobei beide aliphatischen
Seitenringe zudem möglicherweise
einen oder mehr zusätzliche
seitliche Substituenten umfassen, die zu der durch =O, -OH, -O-R', -O-R'-OH definierten Gruppe
gehören,
und wobei es sich bei R' um
eine gesättigte
oder ungesättigte
aliphatische Gruppe mit linearer oder verzweigter Kettenstruktur
und einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 4 handelt.
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Noch
genauer ist die erfindungsgemäße Verbindung
gekennzeichnet durch die Formel (II):
und umfasst wenigstens einen
der seitlichen Substituenten R
3 und R
4, wobei
- – es sich
bei R1 und R2 um
Alkylgruppen mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 4 handelt, und
- – R3 und R4 zu einer
durch =O, -OH, -O-R',
-O-R'-OH definierten
Gruppe gehören,
wobei R' für eine gesättigte oder
ungesättigte
aliphatische Gruppe mit linearer oder verzweigter Kettenstruktur
und mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 4 steht,
- – wobei
es sich bei den durch eine durchgehende Linie neben einer gestrichelten
Linie angedeuteten Bindungen um Doppelbindungen oder einfache Bindungen
handelt.
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Die
aktive Verbindung gemäß der Erfindung
hat vorzugsweise die Formel (III):
- – es
sich bei R1 und R2 um
Alkylgruppen mit einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 4 handelt,
- – R6, R7, R8,
R9, R10, R12, R13 unabhängig voneinander
aus der durch -H, -H2, =O, -OH, -CH3 definierten Gruppe ausgewählt werden,
- – R5 und R11 aus der
durch -H, -H2, =O, -OH, -O-R', -O-R'-OH definierten Gruppe
ausgewählt
werden, wobei es sich bei R' um
eine gesätigte
oder ungesättigte
aliphatische Gruppe mit linearer oder verzweigter Kettenstruktur
und einer Kohlenstoffzahl von 1 bis 4 handelt,
- – die
durch eine durchgehende Linie neben einer gestrichelten Linie dargestellten
Bindungen Doppelbindungen oder einfache Bindungen sind.
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Gemäß einem
bevorzugten Ausführungsbeispiel
repräsentieren
R1 und R2 Methylgruppen
und R5 und R11 werden
aus der durch -H, -H2, =O, -OH, -O-CH3, -O-CH=CH2, -O-CH=CH2-CH3, -O-CH2-CHOH-CH3 definierten Gruppe ausgewählt.
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Ferner
betrifft die vorliegende Erfindung eine pharmazeutische Zusammensetzung
für einen
medizinischen Zweck im allgemeinen und für den Einsatz in der Dermatologie,
Onkologie bzw. bei der Behandlung von Erkrankungen der Nieren, der
Leber und des Nervensystems, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung
die oben definierte Verbindung in Kombination mit pharmazeutisch
kompatiblen Arzneiträgern
umfasst.
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Ferner
betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung
von pharmazeutischen Zusammensetzungen für medizinische Zwecke im allgemeinen
und für
den Einsatz in der Dermatologie, Onkologie und bei der Behandlung
von Erkrankungen der Nieren, der Leber und des Nervensystems, wobei
das Verfahren durch die Schritte gekennzeichnet ist:
- – Zubereiten
einer alkoholischen flüssigen
Lösung
von Retinolsäure
in einer relativ zur Retinolsäure
erheblich im Überschuss
vorhandenen Alkohol- oder Glykolverbindung,
- – Hervorrufen
einer Veresterungsreaktion der Retinolsäure mit der im Überschuss
vorhandenen Alkohol- oder Glykolverbindung bei einer festgelegten
Temperatur,
- – Ermöglichen
eines Fortschreitens dieser Reaktion über einen festgelegten Zeitraum
bei der festgelegten Temperatur,
- – Unterbrechen
der Reaktion nach dem festgelegten Zeitraum und Kühlen der
Lösung.
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Vorzugsweise
wird diese Reaktion dadurch hervorgerufen, dass man diese Lösung bei
einer Temperatur von etwa 187°C
zum Sieden bringt. Gemäß einem
bevorzugten Ausführungsbeispiel
wird die Reaktion nach etwa 60 Minuten unterbrochen, und gemäß einer
möglichen
Variante wird sie nach etwa 120 Minuten unterbrochen.
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Die
therapeutische Wirkung der erfindungsgemäßen Verbindungen hat sich als
im wesentlichen ähnlich,
wenn nicht besser als die von Retinolsäure bei der Behandlung von
Leukämie
herausgestellt, wie dies durch Untersuchungen an gezüchteten
Leukämie-Zelllinien
bewiesen wurde.
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Untersuchungen,
insbesondere an HL60 und U937 Zelllinien, die aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit
zu Leukämiezellen
häufig
bei der Untersuchung von Leukämie
verwendet werden, haben gezeigt, dass die erfindungsgemäßen Verbindungen
in der Lage sind, die oben genannten Linien mit niedrigeren Konzentrationen genauso
wirksam oder sogar noch wirksamer als Retinolsäure zu differenzieren, wie
dies durch morphologische und funktionelle Analysen bestätigt wurde.
Vor allem bei den U937 Zellen wurde eine bedeutende Steigerung der
Fähigkeit
beobachtet, Thromboxan B2 zu erzeugen, das in diesen Zelllinien
einen zelldifferenzierungsspezifischen Index darstellt.
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Darüber hinaus
sind die erfindungsgemäßen Verbindungen
in Bezug auf die Zellen nichttoxisch, selbst wenn sie in relativ
hohen (mikromolaren) Konzentrationen über mehrere aufeinander folgende
Tage verabreicht werden.
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Die
erfindungsgemäßen Verbindungen
induzieren ferner eine Apoptose in den Zelllinien, wie dies durch
die Abnahme des Anteils an Bcl-2-Protein und durch DNA-Fragmentation,
erfasst durch verschiedene Verfahren, gezeigt wird: bekanntlich
ist die Apoptose, oder programmierter Zelltod, ein wichtiger biologischer Prozess,
der für
die normale Zellentwicklung und Differenzierung, für die Aufrechterhaltung
der Homeostase und die Eliminierung von Virus- oder Tumorzellen
durch den Wirt unerlässlich
ist; und die Neigung zur Induzierung einer Apoptose ist ein Anzeichen
für eine
wirksame therapeutische Einwirkung.
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Eine
Analyse der Transfektion hat gezeigt, dass die neuen Verbindungen
vorzugsweise mit nuklearen Rezeptoren von Retinoiden der Klasse
RXR wechselwirken.
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Kurzum
sind in den analysierten Zelllinien die Wirkungen der erfindungsgemäßen Verbindungen
hinsichtlich Differenzierung, Proliferationsreduktion und Apoptoseinduktion
vergleichbar, wenn nicht besser als die von Retinolsäure, und
diese Testergebnisse lassen annehmen, dass derartige Verbindungen
ebenso bei der Behandlung von Leukämie und beliebigen anderen
Fällen,
bei denen die Wirksamkeit von Retinolsäure bereits bestätigt wurde,
therapeutisch wirksam sein werden.
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Es
gibt zahlreiche Untersuchungen – einschließlich C.
Chomienne et al., FASEB J., 10:1025–1030 (1996) und La Press Medicate
(1998) –,
die die Wirksamkeit von Retinoiden (insbesondere von Retinolsäure) bei
der Hemmung der Tumorentwicklung durch die Hemmung des Wachstums
von neoplastischen Zellen bestätigen,
und die in den untersuchten Zelllinien beobachtete Ähnlichkeit
zwischen dem Verhalten von Retinolsäure und den erfindungsgemäßen neuen
Verbindungen lässt
annehmen, dass dies auch für
andere Anwendungen von Retinolsäure
gilt, wie die Behandlung anderer Arten von Tumoren, wie z. B. Neuroblastome.
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Neben
der Onkologie haben sich die erfindungsgemäßen Verbindungen und die pharmazeutischen Zusammensetzungen,
die derartige Verbindungen enthalten, als wirksam in anderen therapeutischen
Teilbereichen erwiesen, insbesondere der Dermatologie und bei der
Behandlung von Erkrankungen der Nieren, der Leber und des Nervensystems.
Noch genauer haben sich die erfindungsgemäßen Verbindungen in all den
Fällen
als wirksam erwiesen, in denen die frühere Internationale Patentanmeldung
WO 97/02030, eingereicht von der Anmelderin der vorliegenden Erfindung,
die mögliche
Verwendung von Glykolestern von Retinolsäure angegeben hat.
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BEVORZUGTES
AUSFÜHRUNGSBEISPIEL
DER ERFINDUNG
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Im
folgenden wird eine Vielzahl rein beispielhafter Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung anhand von Beispielen beschrieben.
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BEISPIEL 1: Herstellen
der aktiven Verbindung
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In
einem 2-Liter-Gefäß wurde
eine Lösung
zubereitet, die 2g Retinolsäure
in 300ml Proplyenglykol enthielt. Die Veresterungsreaktion der Retinolsäure wurde
dadurch ausgelöst,
dass man 1mg Salicylsäure
als Katalysator zufügte
und man die Lösung
auf eine (Siede-) Temperatur von 187°C brachte. Die Reaktion wurde eine
Stunde lang bei gleicher Temperatur fortgesetzt, und die resultierende
Lösung – bezeichnet
als Lösung n.1 – wurde
gekühlt
und einem entsprechenden Volumen an destilliertem Wasser zugefügt.
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Das
Gemisch wurde in drei aufeinander folgenden Stufen unter Verwendung
von 150, 100 bzw. 100ml 1,1,2-Trichloro-2,2,1-Trifluoroethan in
einem Scheidetrichter extrahiert. Der organische Extrakt wurde dann
mit 100ml einer 0,1 % wässrigen
Lösung
von Kaliumhydrogencarbonat (KHCO3) und mit
100ml destilliertem Wasser gewaschen, um den Katalysator zu eliminieren.
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Das
Lösungsmittel
wurde in einem so genannten Rotavapor in einem Stickstoffstrom (bekanntes
Verfahren) entfernt.
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Dann
wurde die Lösung
n.1 analysiert, um die vorhandenen Verbindungen zu bestimmen. Eine
Elementaranalyse zeigte das Vorhandensein von ca. 70% der Verbindung
mit der Summenformel C21H30O3 mit einem Molekulargewicht von 330; und
eine spektrographische Analyse und insbesondere eine Infrarotanalyse ermittelte
die folgende Strukturformel:
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Eine
zweite Probe wurde auf die gleiche Weise hergestellt, jedoch mit
einer zweistündigen
Hochtemperaturreaktion zwischen der Retinolsäure und dem Propylenglykol.
Die resultierende Lösung – bezeichnet
als Lösung
n.2 – wurde
auf die gleiche Weise wie die Lösung
n.1 gereinigt und analysiert.
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Man
stellte fest, dass die Lösung
n.2 zusätzlich
zu etwa 20% der Verbindung mit der Formel IV Verbindungen mit den
Summenformeln C17H20O2 und C18H24O mit einem Molekulargewicht von 256 und
C17H22O2 mit
einem Molekulargewicht von 258 enthielt, entsprechend den folgenden
Formeln:
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Man
stellte fest, dass die Lösung
n.2 etwa 70% Isomere mit einem Molekulargewicht von 256 enthielt und
weniger als 10% von diesen mit einem Molekulargewicht von 258.
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Weitere
Verbindungen wurden auf die gleiche Weise wie oben beschrieben hergestellt,
jedoch unter Verwendung anderer alkoholischer Verbindungen, insbesondere
Ethanol, im Gegensatz zu Propylenglykol für die Hochtemperaturreaktion
bei Retinolsäure.
Man stellte fest, dass die nach einer ein- und zweistündigen Reaktionszeit
erhaltenen Lösungen
weitere Verbindungen enthielten, die ähnlich denen in den Lösungen n.1
und n.2 waren und die alle durch das Vorhandensein der Gruppe mit
der allgemeinen Formel gekennzeichnet waren:
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Gemäß der Erfindung
ist es genau das Vorhandensein dieser besonderen Gruppe – enthaltend
drei kondensierte Kohlenstoff-Sechsringe, umfassend einen mittleren
aromatischen Ring und zwei gesättigte
oder ungesättigte
aliphatische Ringe in der Metaposition –, das die therapeutischen
Eigenschaften der Verbindungen festlegt, ungeachtet der Art und
der Menge der seitlichen Substituenten.
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BEISPIEL 2: Therapeutische
Anwendung
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Sowohl
die Lösung
n.1, die vorwiegend die Verbindung mit der Formel IV (Molekulargewicht
330) enthielt, als auch die Lösung
n.2, die vorwiegend Isomer-Verbindungen mit einem Molekulargewicht
von 256 enthielt, die beide wie im Beispiel 1 beschrieben zubereitet
wurden, wurden dazu verwendet, pharmazeutische Zusammensetzungen
für verschiedene
therapeutische Anwendungen herzustellen.
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Die
erfindungsgemäßen aktiven
Verbindungen wurden in reiner Form in niedrigen Konzentrationen oder
verdünnt
in wässrigen
Glykolalkohol-Lösungen,
gegebenenfalls in Kombination mit Hydrochinon und/oder Salicylsäure, verwendet.
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Zahlreiche
Patienten, die an Dermatitis, Schuppenflechte und verschiedenen
Hautkrankheiten litten, wurden lokal behandelt, wobei sich in allen
Fällen
hervorragende Ergebnisse zeigten.
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Bei
oraler Verabreichung führten
die erfindungsgemäßen Verbindungen
auch zu hervorragenden Ergebnissen bei der Behandlung von Nierenkrankheiten,
Leberzirrhose und Nervenerkrankungen.
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Bei
keinem der Fälle
wurden schwere Nebenwirkungen verzeichnet.
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BEISPIEL 3: Wirkungen
auf gezüchtete
Leukämie-Zelllinien
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In
Anbetracht der bekannten Differenzierungs- und Proliferationshemmungswirkungen
von Retinolsäure
auf transformierte Zellen, insbesondere Leukämiezellen U937 und HL60, wurden
Tests durchgeführt,
um die gleiche Leistung, und folglich ähnliche Wirkungen bei der Behandlung
von Tumoren, der erfindungsgemäßen neuen,
aus Retinolsäure
gewonnenen Verbindungen zu bestimmen.
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Unter
Verwendung von morphologischen, biochemischen und biomolekularen
Verfahren zeigten die Ergebnisse, dass die erfindungsgemäßen neuen
Verbindungen eine Differenzierung der Leukämiezellen bei im Vergleich
zu Retinolsäure
niedrigeren Konzentrationen induzieren, in Bezug auf die Zellen
nichttoxisch sind, selbst wenn sie über mehrere aufeinander folgende
Tage in hohen Dosen verabreicht werden, und in der Lage sind, eine
Apoptose in den beiden betrachteten Zelllinien zu induzieren (wenngleich
auf unterschiedliche Weise), wie dies sowohl durch die morphologische
als auch durch die funktionelle Analyse gezeigt wurde.
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Durch
weitere Bestätigung
des Zellreifungseffekts, der von den Verbindungen induziert wurde,
stellte sich heraus, dass die Reduktion der Proliferation in den
analysierten Zelllinien mit einer bedeutenden Steigerung der Fähigkeit,
Thromboxan B2 (TXB2) zu produzieren, einherging, das in diesen Zelllinien
bekanntlich mit einer Differenzierung in Zusammenhang gebracht wird:
für eine
gegebene Dosis ist die Produktion von TXB2 etwa viermal höher als
die von Zellen, die mit Retinolsäure
behandelt werden.
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Man
stellte ferner fest, dass die erfindungsgemäßen Verbindungen bei der Induzierung
von Apoptose in Leukämiezellen
die gleichen Wirkungen wie Retinolsäure haben, zumindest in gegebenen
Differenzierungsstufen: die Fähigkeit
der erfindungsgemäßen Verbindungen,
eine Apoptose in den betrachteten Zelllinien zu induzieren, wurde
auf verschiedene Arten unter Verwendung bekannter Verfahren bestimmt,
darunter morphologische Verfahren (direkte Beobachtung von Proben
auf einem Objektträger)
und molekulare Verfahren (qualitativ auf Gel und quantitativ durch
Diphenylierung), und zeigt sich insbesondere durch die Abnahme des
Anteils an Bcl-2 Protein und durch DNA-Fragmentation, die unter
Verwendung verschiedener Verfahren bestimmt wurden.
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Ebenso
wurden Tests durchgeführt,
um die Wirkung der Verbindungen auf das zytoplasmische Protein CRABP
I und II und auf das nukleare Protein RAR und RXR zu bestimmen,
deren Rolle bei der Wirkung von Retinolsäure auf Zellmechanismen (obgleich
noch nicht vollkommen erklärt)
mittlerweile bestätigt
ist. Transaktivierungsversuche, die unter Verwendung bekannter Verfahren
durchgeführt
wurden, haben die Definition des Rezeptors, an den sich die erfindungsgemäße Verbindung
vorzugsweise bindet, ermöglicht:
die Testergebnisse haben eine bevorzugte Bindung der Verbindungen
an Rezeptoren der Klasse RXR, insbesondere RXR γ, sowie eine deutlich geringere
Affinität
zu Rezeptoren der Klasse RAR als zu Rezeptoren der Klasse RXR gezeigt.
Demzufolge verhalten sich die erfindungsgemäßen Verbindungen im Vergleich
zu Retinolsäure
und deren herkömmlichen
Derivaten, die sich bekanntlich vorwiegend an RAR-Rezeptoren binden,
anders und binden sich vorzugsweise an RXR-Rezeptoren, an die sich
nahezu sicher insbesondere solche Retinoide binden, die in der Lage
sind, eine Apoptose in HL60 Zellen [36], insbesondere der 9-cis-Form
von Retinolsäure
(der wirksamsten bei der Behandlung von Tumoren) zu induzieren.
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Im
Gegensatz zu Retinolsäure
scheinen die erfindungsgemäßen Verbindungen
kein CRABP II Protein zu induzieren: dies kann ein Zeichen für eine höhere Zellstabilität der Versuchsverbindungen
sein, deren Differenzierungs- und Apoptosewirkungen auf transformierte
Zellen somit verlängert
sind.
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Kurzum
hat sich in den betrachteten Zelllinien die Aktivität der erfindungsgemäßen neuen
Verbindungen als vergleichbar mit der von Retinolsäure und
in mancher Beziehung als besser erwiesen.
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BEISPIEL 4: Toxische Aktivität
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Die
erfindungsgemäßen Verbindungen
wurden in unterschiedlichen Formen und Konzentrationen an Versuchstiere
verabreicht, um die Toxizität
zu bestimmen.
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Ein
Einzeldosis-Test wurde unter Einsatz von vierzig 21 Wochen alten
Warren Hühnern
durchgeführt, die
in vier Gruppen mit unterschiedlichen Impfstellen eingeteilt wurden:
oral, subkutan, intramuskulär,
intravenös.
Die Hälfte
der Tiere in jeder Gruppe erhielten 0,1ml des Produktes, und die
andere Hälfte
erhielt 1ml. Nach der Verabreichung des Produktes wurden die Tiere
21 Tage lang unter Beobachtung gehalten, um folgendes zu bestimmen:
allgemeine und/oder lokale Reaktionen, Mortalität, Futter- und Wasserverbrauch
sowie Eierproduktion.
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Ein
Mehrfachdosis-Test wurde auf gleiche Weise unter Einsatz von weiteren
vierzig 21 Wochen alten Warren Hühnern
durchgeführt,
die erneut in vier Gruppen mit unterschiedlichen Impfstellen eingeteilt
wurden: oral, subkutan, intramuskulär, intravenös. Der Hälfte der Tiere in jeder Gruppe
wurden 0,1ml des Produktes verabreicht, und die andere Hälfte erhielt
1 ml; die gleiche Dosis wurde 15 Tage später wiederholt verabreicht; nach
Verabreichung der zweiten Dosis wurden die Tiere für 21 Tage
unter Beobachtung gehalten, um die gleichen Parameter wie oben aufgeführt zu bestimmen.
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Während der
Testperiode zeigte keines der Tiere irgendeine klinische Veränderung
oder eine Änderung
der üblichen
zootechnischen Werte: die Mortalitätsrate betrug Null, und es
wurden keine negativen Wirkungen – weder lokal noch bei den
zootechnischen Parametern – beobachtet.
Kurzum stellte sich das Produkt in den verwendeten Dosierungen als
unschädlich
heraus, und es wurden weder lokal noch insgesamt gesehen keine negativen
Wirkungen festgestellt.
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BEISPIEL 5: Aktivität gegen
Tumorzellen
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Weitere
Untersuchungen sind in letzter Zeit durchgeführt worden, wobei Retinolsäure, Natriumbutyrat und
die wie im Beispiel 1 der Erfindung erhaltenen Substanzen verwendet
wurden. Noch genauer wurden Versuche an intestinalen Adenokarzinomzellen
(Linien CACO-2 und HT-29) durchgeführt, wobei Isomere mit einem
Molekulargewicht von 256 – nachstehend
einfach als "Ester
256" bezeich net – und die
Verbindung mit einem Molekulargewicht 330 entsprechend der Formel
IV sowie vorwiegend diese Verbindung enthaltende Gemische – nachstehend
einfach als "HHP" (hydroxy-hydro-phenanthren)
bezeichnet – verwendet
wurden. Die Ergebnisse waren wie folgt:
- 1.
Die proliferationshemmende Wirkung von HHP und Butyrat auf die Zelllinie
CACO-2 beträgt
80% gegenüber
60% für
Retinolsäure.
Die Hemmung in der Zelllinie HT-29, die mit HHP in einer Konzentration
von 50μM
behandelt wurde, betrug 95% am siebten Tag.
- 2. Demzufolge ist HHP aktiver an den Zellen mit einem niedrigeren
Grad an Differenzierung.
- 3. HHP hat die gleiche Wirkung, jedoch keine der Nebenwirkungen
von Butyrat, wohingegen Retinolsäure eine
geringere und verzögerte
Wirkung hat.
- 4. Eine Kombination aus HHP in einer Konzentration von 50 μM und Butyrat
in einer Konzentration von 5 μM
ist ziemlich viel versprechend in der Linie CACO-2, führt jedoch
nur bei niedrigeren Dosen von Butyrat zu Verbesserungen in der Linie
HT-29.
- 5. HHP induziert in den Zelllinien eine 3,5-fache Zunahme der
Zahl an Ausstülpungen
(engl.: domes), was eine höhere
Zelldifferenzierung anzeigt.
- 6. HHP erhöht
die Menge an ALP (Alkalinphosphatase) und ist dosisabhängig.
- 7. In CACO-2 erhöht
sich die alpha 2,6,xylyl-Transferase um das dreifache gegenüber der
Kontrolle nach einer zweiwöchigen
Behandlung mit HHP.
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Weitere
Untersuchungen haben gezeigt, dass HHP nur die Differenzierung und
nicht die Apoptose erhöht.
HHP wurde an Neuroblastomazellen, Linie TS-12 getestet; es stellte
sich in Bezug auf eine Zelldifferenzierung als aktiver als Retinolsäure heraus
und zeigte die gleiche Wirkung wie Natriumbutyrat.
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Ebenso
fand man heraus, dass HHP Somatotropin verringert, mit einer PSA-Reduktion
und einer spürbaren
Prostatahypertrophie-Reduktion (in einem Monat von 37 auf 27), dass
es eine regulierende Wirkung auf Östrogen-Progesteron mit einer
Reduktion der Östrogene
hat und dass es die Angiogenese von Tumorzellen hemmt, ohne die
gesunden Blutgefäße anzugreifen.
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Hohe
Dosen (2g/Tag) von HHP wurden ohne Nebenwirkungen verabreicht. Bei
einer Verabreichung an Tiere – Pferde
und Hunde, selbst im fortgeschrittenen Alter – bewirkte HHP eine Verbesserung
der Laufgeschwindigkeit und der Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung, und
die Tiere fraßen
und tranken mehr als gewöhnlich.
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Das
Arzneimittel kann in Öl
verdünnt
verabreicht werden, um das Propylenglykol zu eliminieren.