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Verfahren zur Abkürzung des Tempervorganges . Vor mehreren Jahren
entdeckten zwei j ap.anische Forscher, D. S a i t o und H. S a w a -m u r a, daß
die Anzahl der gebildeten Graphitteilchen erheblich erhöht und infolgedessen das
Temperverfahren auf z. B. weniger als 24 Stunden abgekürzt werden kann, wenn die
Gußstücke zuerst von einer hohen Temperatur, etwa 85o bis 95o° C, in Wasser abgeschreckt
und dann dem Temperglühen unterworfen werden. Die Verfasser erklären diese Erscheinung
durch die Annahme, daß durch die bei der Umwandlung von Austenit zu Martensit entstehenden
Spannungen die Zementitteilchen in kleine Bruchstücke gespalten werden, in deren
freien Oberflächen Graphitkerne bei der'folgenden Glühbehandlung leicht gebildet
werden. Ihre Vermutung scheint durch die Tatsache bestätigt zu .sein, daß das beschriebene
Ergebnis nur nach einer sehr schnellen Abkühlung erreicht wird. Die praktische Entwicklung
dieses Verfahrens, die infolge der herabgesetzten Herstellungskosten erwartet wurde,
ist jedoch nicht verwirklicht worden.
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Die vorliegende Erfindung hat sich aus einer von dem Erfinder ausgeführten
Untersuchung zur Feststellung der für die Abkürzung der Temperglühung durch eine
vorangehende A.bschreckbehandlung erforderlichen Bedingungen entwickelt. Dabei wurde
gefunden, daß diese Kerne nicht in dem Zementit, sondern in dem Martensit gebildet
werden, der mach der Abschreckung einen großen Teil der Grundmasse darstellt,- während
der Rest der Grundmasse Austenit ist. Beim Erhitzen (Anlassen) zerfällt Martensit
gewöhnlich in ein Aggregat von Ferrit und Zementit. In diesem Falle,, d. h. beim
Anlassen von. gehärtetem
Gußeisen der für Temperguß gewöhnlich
verwendeten Zusammensetzung, werden auch zahlreiche submikroskopische Graphitteilchen
gebildet, die bei fortgesetzter Erhitzung auf höhere Temperaturen zu in dem Mikroskop
sichtbaren Teilchen wachsen. Diese Teilchen wirken als Kerne für die Ausfällung
von Graphit bei der Temperglühung. Auf Grund der gebildeten zahlreichen Graphitteilchen
kann die Temperglühung unter günstigen Umständen in dem Maße abgekürzt werden, daß
das ganze Verfahren einschließlich Abschreckung weniger als 12 Stunden in Anspruch
nimmt. Bei Abschreckung mit nachfolgender schneller Erhitzung wurde die Zahl der
während des Glühens gebildeten. Graphitteilchen, j e Flächeneinheit gerechnet, mehr
als ioomal vervielfacht im Vergleich mit der bei gewöhnlicher Temperbehandlung gebildeten
Anzahl. Wenn man, die Erhitzung nach der Abschreckung verlangsamte, wurde die Anzahl
wieder verdoppelt. Dies geht aus folgenden Zahlen hervor: bei Temperglühen bei 925°
C ohne vorangehendeAbschreckung: 75 bis iooTeilchen/cm=, bei Abschreckung von 975°
C mit nachfolgender schneller Erhitzung und Temperglühen bei 975° C: etwa 14ooo
Teilchen/cm=, bei Abschreckung von 975° C, schneller Erhitzung auf 6oo° C,
30 Minuten Aufenthalt bei 6oo° C und Temperglühen bei 975° C: etwa 2o ooo
Teilchen/cm2, bei Abschreckung von 975° C, langsamer Erhitzung auf 6oo° C, 3o Minuten
Aufenthalt bei 6oo° C und Temperglühen bei 975° C: etwa 30 ooo Teilchen/cm=.
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Diese Ergebnisse wurden bei runden Stangen mit 6 mm Durchmesser aus
weißem Gußeisen folgender Zusammensetzung erreicht: 3,0°% C, 095°/a Si, 0,3°% Mn,
0,10°/0 0,o5 °/o S. Die Stangen wurden in Öl abgeschreckt und wiesen dann martensitisches
Grundgefüge auf.
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Wenn dieses Verfahren für Gußstücke aus weißem Gußeisen gewöhnlicher
Analyse ähnlich der obigen und mit den für Tempergußstücke gewöhnlich erforderlichen
Bemessungen verwendet wird, mißlingt es aus den folgenden Gründen: i. Erfolgt das
Abschrecken in Öl, so wird die Grundmasse sorbitisch, und die bei dem Glühen gebildeten
Graphitteiichen nehmen zahlenmäßig nicht zu. 2. Erfolgt die Abschreckung in Wasser,
so können Härterisse nicht vermieden werden.
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Damit also die Erkenntnis der Bedeutung des Martensits als Grundmasse
für erhöhte Graphitkernbildung praktische Verwendung erlangt, müssen folgende Bedingungen
erfüllt werden.
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i. Das Gußeisen soll solche Zusammensetzung haben, daß Gußstücke der
erforderlichen Bemessungen und Form durch Abschreckung ohne Bildung- von Härterissen
zum großen Teil martensitisch gemacht werden können. Durch die Verwendung von geeigneten
Legierungszusätzen, wie z. B. Mn, Ni, Cr, Mo usw., kann die Härtetiefe von Stahl
und Gußeisen in solchem Maße erhöht werden, daß sogar schwere Gegenstände bei Abschrecken
in Öl oder sogar Abkühlen in Luft durchgehärtet werden können, wobei somit die Bildung
von Härterissen verhindert wird.
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2. Die Zusammensetzung soll auch der Neigung zur Graphitbildung Rechnung
tragen, d. h. die Gußstücke von erforderlicher Größe und unter den jeweiligen Gießbedingungen
sollen weiß erstarren mit praktisch keiner Graphitbildung, aber Graphitkerne sollen
beim Anlassen des Martensits mit Leichtigkeit entstehen, und ihr Zuwachsen beim
Gliihen soll nicht verlangsamt oder unterdrückt werden. C, Si, Ni und Cu fördern
Graphitbildung, Mn, Cr und Mo verlangsamen sie.
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Eine gewöhnliche Zusammensetzung von Tempergußeisen ist oben erwähnt.
Diese ist abgepaßt im Sinne der Bedingung (2), d. h. der C- und der Si-Gehalt werden
in Gegenwart des niedrigen Mv-Gehaltes die erwünschte Neigung zur Graphitbildung
bewirken. Die erforderlichen Änderungen, um die Bedingung (i) zu erfüllen, können
verschiedenartig herbeigeführt werden, z. B.: ,a) durch Zusetzung von Ni und oder
Cu und Herabsetzung des C- und/oder des Si-Gehaltes, b) durch Erhöhung des Mn- und
Erhöhung des C- und/oder des Si-Gehaltes, c) durch Zusetzen von Cr und/oder Mo und
Erhöhung des C- und/oder des Si-Gehaltes, d) durch Zusetzen von Ni und/oder Cu einerseits,
Cr und/oder Mo anderseits und Beibehaltung des C- und des Si-Gehaltes. Nachdem also
die verschiedenen Wege zur Ausführung der Erfindung grundsätzlich festgestellt worden
sind, werden die wirklichen Mengen der fraglichen Legierungsstoffe, die in jedem
besonderen Falle verwendet werden sollen, leicht versuchsmäßig gefunden.
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Das Verfahren zur Herstellung von Temperguß gemäß der Erfindung kennzeichnet
sich dadurch, daß Gußstücke aus Gußeisen verwendet werden, welches einerseits die
Graphitbildung fördernde Elemente, z. B. Si, Ni, Cu, andererseits die Härtetiefe
bei Abschreckung oder Abkühlung erhöhende Elemente, z. B. Ni, Cr, Mn, einzeln oder
zusammen in solcher Menge enthält, daß es bei den jeweiligen Bemessungen und Gießbedingungen
weiß erstarrt und ferner durch Abkühlung von einer oberhalb des Aci-Punktes liegenden
Temperatur in Öl oder einem gleichwertigen
oder weniger wirksamen
Kühlmittel auf genügende Tiefe in einem im wesentlichen martensitisch-austenitischen
Zustand dgebracht wird. Die derart behandelten Gußstücke werden sodann einer Temperglühung
unterzogen. Zwischen Härtung und Temperglühung können die Gußstücke mit einer 2o°
in der Minute nicht übersteigenden Geschwindigkeit bis auf etwa 6oo° C erhitzt werden.
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Die Gußstücke können ferner, nachdem sie getempert worden sind, in
an sich bekannter Weise weiterbehandelt werden, um größere Festigkeit zu erreichen.
Diese Weiterbehandlung kann in ziemlich schneller Abkühlung öder in Abschreckung
in Öl o. dgl. von einer Temperatur oberhalb A1 bestehen, um eine perlitische, sorbitische
bzw. martensitische Grundmasse zu erhalten. Sie können sodann gegebenenfalls in
bekannter Weise auf eine Temperatur unterhalb A1 angelassen werden. Wenn Verschleißwiderstandsfähigkeit
in Verbindung mit den Schmiereigenschaften des Graphits erwünscht ist, kann in ebenfalls
bekannter Weise das Anlassen weggelassen oder bei niedriger Temperatur ausgeführt
werden.