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Schmelzleiteranordnung für überstromträge Sicherungen Gegenstand der
Erfindung sind Anordnungen an Schmelzleitern, die zur Gruppe der sog. überstromträgen
Schmelzleiter mit in weiten Grenzen veränderlicher Charakteristik gehören. Die Erfindung
betrifft eine überstromträge Schmelzsicherung mit der Eigenschaft des Ansprechens
bei genau vorbestimmter Temperatur und auch innerhalb eines genau vorbestimmbaren
Zeitraumes mit der weiteren Eigenschaft, daß hierbei schädliche Gasbildungen oder
überhaupt Drucksteigerungen vermieden werden.
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Um bei derartigen Schmelzleitern eine Trägheit zu erreichen, ist eine
Querschnittserhöhung erforderlich, anderseits aber die Anordnung von Mitteln nötig,
um bei langzeitigen überlastungen über den Nennstrom eine Abschmelzu.ng sicherzustellen,
wie sie innerhalb der Vorschriften des Verbandes Deutscher Elektrotechniker festgelegt
ist. Unter diesen Mitteln nehmen eine bevorzugte Stellung Anordnungen von Metallen
mit weit unter dem Silberschmelzpunkt liegendem Schmelzpunkt, wie vor allem Zinn
und Cadmium, ein, die unter der Wirkung- lang andauernder Belastungen bei vorbestimmten
Temperaturen mit dem Werkstoff des Schmelzleiters, d. h. Silber, eine Legierung
eingehen und in dieser Form eine Abschmelzung an vorbestimmter Stelle bewirken.
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An sich ist der Gedanke, niedrig schmelzende Metalle, wie z. B. Zinn,
in Stromkreisen, z. B. an wärmegefährdeten Stellen, wie z. B. Wicklungen von Motoren,
dazu auszunutzen, um. in Überlastungsfällen eine sichere Stromkreisunterbrechung
durch das Aufschmelzen herbeizuführen, bereits in den Anfängen der Herstellung derartiger
Sicherungen benutzt worden.
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Dabei hat man teilweise Zinn in ungeschinolzenem
Zustand
lediglich als Klammerungsmaterial für unter Federdruck stehende Verbindungselemente
ausgenutzt, die mit der Schmelzung des Zinns sich lösen konnten, teilweise aber
auch die legierungsmäßige Vereinigung dieser Metalle mit dem eigentlichen Schmelzleiter
verwertet, und eine Stromunterbrechung mit dem- Eintreten der Legierungsbildung
herbeigeführt.
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So hat man beispielsweise schon Kupferleiter mit Zinnbelägen oder
Zinnaufträgen ver= sehen, um. hierdurch eine sichere Abschmelzung bei auch nur geringer
Erwärmiung zu erreichen.
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Im Zuge dieser Entwicklung sind später die verschiedensten Ausführungsformen
von Schmelzleitern hergestellt worden.
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Es hat sich nun gezeigt, daß die an sich zwar sichere Abschmelzung
Nachteile in verschiedener Richtung aufweist.
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Unter diesen tritt vor allem hervor die in der Natur einer Legierung
liegende langsame Legierungsbildung in nicht gewünschten Temperaturbereichen.
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Es ist bekannt, daß sich selbst auf kaltem Wege, abhängig von Zeit
und Verhältnissen, außerhalb Temperatur bereits Legierungen bilden können und damit
die Sicherheit ider Lebensdauer einer derartigen Sicherung, mindestens aber die
Sicherheit ihrer Wirkung gefährdet ist. Mit anderen Worten kann eine derartige Sicherung
auch bei nicht vorschriftsmäßiger Beanspruchung über die in Frage kommenden Temperaturgrenzen
mitunter bereits durch längere Belastungen in niedereren Temperaturbereichen eine
vorzeitige Zerstörung erfahren, indem, der innere Widerstand mit zunehmender Legierungsbildung
ansteigt.
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Des weiteren tritt in Temperaturbereichen, die für höhere überstrombelastungen
in Betracht kommen, eine mitunter außerordentlich beschleunigte Legierungsbildung
ein mit der Folge, daß mit diesem schnell laufenden Ansteigen des inneren Widerstandes
auch die Trägheit mit steigender Temperatur abnimmt.
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Das hat zu bedeuten, daß die Trägheitsleistung einer derartig ausgerüsteten
Sicherung bei Hochtemperaturbeanspruchung praktisch auf den Nullwert absinken kann.
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Es wurde nun gefunden, daß man diesen wesentlichen Nachteilen in wirksamer
Weise dadurch begegnen kann, daß man unter Verzicht auf die Wirkung, die sich im.
wesentlichen in der Herabsetzung der Temperatur= empfindlichk eit erschöpft, in
,einer beschleunigten Aufsteigerung der Temperaturen an der in Frage kommenden Abschmelzstelle,
gewissermaßen einer der Termitschweißung entsprechenden Zerteilung des Schmelzleiters,
zu wesentlich stabileren und in der Wirkung sichereren Schmelzleiterformen, gelangt.
Die Anordnung -gemäß der Erfindung besteht im. wesentlichen darin, daß an der für
die Abschaltung vorgesehenen Stelle, vorzugsweise der Mitte, sich zersetzende und
unter .Bildung von elektrisch neutralen Silbersalzen die Stromunterbrechung herbeiführende
Salze oder Salzgemische vorgesehen sind.
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Es hat sich beispielsweise gezeigt, daß bei einer Anordnung von Silberhalogeniden
mit einem. Anteil an freien Halogenen, vorzugsweise Silber-Alkali-Halogeniden, die
sich bei vorbestimmten Beanspruchungstemperaturen, auch unter Freisetzung von Halogenen,
zersetzen, eine einwandfreie und besonders hochverzögerte Abschmelzung stattfindet.
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Beispielsweise bedingt ein etwa in Perlenform. aufgetragener Schm-elzfluß
von Kalium-Silber-Jodid (Kaliumtrijodoargentat) eine bei Erreichung vorbestimmter
Belastungen gesetzmäßig verlaufende Aufsteigerung von örtlichen Temperaturen mit
der Folge einer regelhaft eintretenden Zersetzung, d. h. Abschaltung.
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Diese Vorgänge dürfen hier wohl darauf zurückgeführt werden, daß das
genannte Komplexsalz mit steigender Temperatur eine Aufspaltung erfährt, insbesondere
elementares Jod freigesetzt wird, welches seinerseits im Bildungszustand- begierig
gas Silber des Schmelzstreifens angreift, unter Querschnittsverminderung den inneren
Widerstand erhöht, d. h. die Temperatur steigert, damit die Reaktion innerhalb des
Salzes beschleunigt.
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Der Vorgang ist also ein sich .aus den einzelnen Reaktionen und thermischen
Vorgängen aufsteigernder Prozeß, der schließlich zu einer Zerstörung an der von
der Schmelzmasse bedeckten Stelle führt.
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Ähnliche Vorgänge treten auch auf bei anderen in gleicher Richtung
wirkenden Schmelzmassen, vorzugsweise, wie erwähnt, Silberhalogenen in Mischung
oder Komplexbildung mit anderen Halogeniden, vor allem vorzugsweise Alkalihalogeniden,
aber auch in Verbindung mit bei Freisetzung das Silber angreifenden Elementen oder
Radikalen aus geeigneten Salzen.
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Hierher gehören beispielsweise innige Gemische aus SilberchloridmitNatriumthiosulfat
mit oder ohne Zusatz von Alkalihalogeniden, insbesondere Jodiden.
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Für Schmelzsicherungen in Hochspannungsleitungen, bei denenim Falle
des Ansprechens mit besonders starken Lichtbogenbildungen zu rechnen ist, hat man
bereits vorgeschlagen, in die Entladungsbahn Halogenverbindungen, z. B. Halogensauerstoffverbindungen,
oder organische Halogensalze, wie Hexabrombutan oder Hexabromäthan, einzuführen.
Diese Salze sollen jedoch lediglich durch eine Sekundärwirkung bei.' der im übrigen
sonst völlig
unbeeinflußten Durchschmelzung der Sicherung, .die
ausschließlich durch ihre Querschnittsbemessung gegenüber der Gesamtleitung anspricht,
infolge ihrer Zersetzung und Gasbildung lichtbogenlöschend wirken. Diese Salze führen
also nicht bei vorbestimmter Temperatur .die Abschmelzung herbei, sondern werden
erst nach Einleitung des eigentlichen Sicherungsvorganges in üblicher Weise wirksam,
ohne Einfluß, auf den Abschaltvorgang als solchen zu nehmen.
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Für die Herstellung von Schmelzsicherungen nach der Erfindung hat
es sich im einzelnen als besonders zweckmäßig erwiesen, die genannten Salze oder
Salzgemische fest auf den Schmelzleiter anzubringen, vor allem z. B. in Form einer
annähernd ;auf die Reaktionstemperaturen vorgeschmolzenen Masse, z. B. in der Form
einer Schmelzmasse aus K.aliumtrijodoargentat. Die Massen können aber auch mit Bindemitteln
versetzt oder von Glashüllen eingeschlossen an der vorbestimmten Stelle des Schmelzleiters
,gehalten werden.
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Anordnungen der eben beschriebenen Art haben den Vorzug eines völlig
indifferenten Verhaltens in Temperaturbereichen unter q.00° C,. d. h. sie gestatten
eine uribeschränkte Lagerung bei ,gewöhnlichen oder jauch @erhöhten Temperaturen,
ersparen also eine besondere Vorsicht hinsichtlich der Aufbewahrung und ermöglichen
eine unbeschränkte Benutzung innerhalb der praktisch in Frage kommenden Temperaturbereiche.
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Sie haben weiterhin die Eigenschaft einer bei vorbestimmten Temperaturen,
d. h. regelhaft in Temperaturbereichen zwischen 400 und 5oo°, auf den einzelnen
Temperaturgrad fast auf Bruchteile genau feststellbaren Reaaktionstemperatur, die
bei Dauerbelastung keine Änderung erfährt und doch die Abschmelzung herbeiführt
und abschaltet.
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Im ausgesprochenen Gegensatz zu den bekannten Legierungsbildungen,
vorzugsweise Zinn-Silber-Legierungsbildungen, wirken derartige Massen, beispielsweise
ein Auftrag von Kaliumtrijodoargentat, außerordentlich verzögernd in Temperaturbereichen
über 500°, was sich aus der Gegenüberstellung ergibt, wonach eine Zinn-Silber-Legierung
bei 21i 2-fachem. Nennstrom nur eilte Verzögerung von 9o Sekunden, eine als Schmelzmasse
aufgetragene Kalium-Silber-Jodkomplexverbindung eine Abschaltverzögerung von 22o
Sekunden ergibt bei gleichen Querschnittsverhältnissen.
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In der beiliegenden Zeichnung sind zwei Ausführungsformen eines Schmelzleiters
gemäß Erfindung dargestellt, die veranschaulichen sollen, daß die Form des Auftrags
in beliebiger Weise erfolgen kann, beispielsweise nach Abb. i durch eine in der
Mitte auf eine Länge von 5 mm allseitig aufgetragene Schmelzschicht b oder vorzugsweise
durch in einer zweckmäßig sehr flachen Knickeng gemäß Abb.2 eingebrachte Füllung
des Salzes oder seiner Schmelze c, die den . Vorzug hat, mechanisch widerstandsfähig
zu sein.