-
Anordnung zur vollständigen oder nahezu vollständigen Unterdrückung
des bei einem Erdschluß oder Kurzschluß in einer Mehrfachleitung entstehenden Fehlerstromes
Wenn in einer Leitungsanlage ein Kurzschluß entsteht, so liegt meistens nicht eine
satte, metallische Verbindung, sondern ein Lichtbogenkurzschluß vor. Der Lichtbogen
bleibt dabei aufrechterhalten, solange ihm ein Strom genügender Stärke zufließt.
Bei Leitungen ist eine Unterdrückung oder zumindest eine Kleinhaltung des der Kurzschlußstelle
zufließenden Fehlerstromes äußerst wertvoll, weil gerade bei Leitungen der Kurzschluß
oder Erdschluß meist durch einen Lichtbogen aufrechterhalten wird, der auch häufig
aus einem zweiphasigen einen dreiphasigen Kurzschluß entstehen läßt. Gelingt es,
den Lichtbogen rasch zum Erlöschen zu bringen, so ist meist zugleich auch der Fehler
beseitigt, so daß es gar nicht erst zur Abschaltung der Strecke kommt.
-
Gemäß der Erfindung werden bei Mehrfachleitungen zur vollständigen
oder nahezu vollständigen Unterdrückung des bei einem Erd-oder Kurzschluß entstehenden
Fehlerstromes die parallelen Stränge an ihren beiden Enden durch Vorrichtungen untereinander
gekoppelt, welche bei Ungleichheit der Ströme in den parallelen SträngenAusgleichsspannungen
der erforderlichen Höhe auslösen. Dadurch gelingt es in den meisten Fällen, daß
nicht nur die Abschaltung des einen kranken Parallelstranges vermieden wird, sondern
vor allem, daß überhaupt die Kraftübertragung über die Mehrfachleitung, beispielsweise
Doppelleitung, möglich bleibt. In praktischen Fällen wird nämlich meistens, wenn
von einer Doppelleitung die eine abgeschaltet werden muß, die zu übertragende Energie
für die andere noch in Betrieb bleibende Leitung zu groß, so daß sie infolge Überlastung
ebenfalls ausfällt. Dadurch, daß bei Anwendung der Anordnung nach der Erfindung
die meisten Fehlerfälle gar nicht zur Abschaltung einer Leitung führen, weil der
Fehler auf andere Weise beseitigt wird, wird also die Übertragungssicherheit der
beispielsweise angenommenen Doppelleitung ganz erheblich gesteigert. Es wird praktisch
nur bei unmittelbaren metallischen Kurzschlüssen zwischen den verschiedenen Phasenleitern
zu einer Abschaltung der kranken Leitung kommen. Da in diesem Falle aber, wie schon
erwähnt wurde, meist auch die gesunde Nachbarleitung wegen Überlastung mit abgeschaltet
wird; hat der Betrieb der verbleibenden Einfachleitung praktisch keine Bedeutung,
so daß die starre Kopplung der beiden parallelen Leitungszweige hier keine Betriebserschwernis
nach sich zieht.
-
Zur Durchführung der Erfindung gibt es verschiedene Mittel. Für Wechselstrom
kann
man eine starre Kopplung der parallelen Stränge mit Hilfe von
Transformatoren erreichen. Zweckmäßig ist es dabei, den Trans-: formator für seine
Aufgabe dadurch richtig' zu bemessen, daß man ihn zum allergrößtebl Teil nur aus
Eisen und nur zu einem geringe. Bruchteil aus Wicklungen bestehen läßt. Wella man
den Eisenquerschnitt genügend groß wählt; so kann man nämlich auch bei ganz geringen
Primärwindungszahlen im Fehlerfall eine primäre Klemmenspannung erzielen, welche
der maimal erforderlichen Spannung entspricht. Bei einem zwei- oder dreipoligen
Kurzschluß kann diese Spannung die Höhe der halben verketteten Spannung oder der
Phasenspannung erreichen. Die Sekundärwicklungen der Transformatoren werden derart
in Reihe geschaltet, daß sie, solange die Anlage fehlerfrei ist, einen vollkommenen
Kurzschluß für die beiden Transformatoren ergeben, wodurch normalerweise ein Spannungsabfall
an den Klemmen des Transformators nicht entsteht. Die Anordnung hat dann noch den
weiteren Vorteil, daß sie lediglich die Ausbildung der Fehlerströme drosselt; dagegen
auf die Lastströme gar keine Einwirkung ausübt. Die Transformatoren in den verschiedenen
Phasenleitern sind magnetisch nicht zwangsläufig gekoppelt.
-
In der Zeichnung ist in Fig. r ein Ausführungsbeispiel der Erfindung
für Wechselstrom, in Fig. 2 eins für Gleichstrom dargestellt.
-
In Fig. z ist eine Doppelleitung dargestellt. Drei Phasenleiter R,
S, T aus einem Energieverteilungsnetz sind für einen Abschnitt, der zwischen den
Sammelschienen r und2 liegt, in eine Doppelleitung aufgeteilt. In jedem Phasenleiter
sind am Anfang und Ende der Doppelleitungsstrecke Transformatoren, z. B. v1, v2,
v3 und v4, im Phasenleiter R angebracht. Die Transformatoren v1 und v3 sowie v2
und v4 sind durch ihre Sekundärwicklungen miteinander verbunden, und zwar derartig,
däß beispielsweise ein Strom, -welcher von der Sammelschiene z zur Sammelschiene
:2 über die beiden Doppelleitungen fließt, in den Sekundärwicklungen der Transformatoren
v1 und v3 sowie v2 und v4 elektromotorische Kräfte gleicher Richtung und Größe hervorruft.
Entsprechende Ströme können also in den Sekundärwicklungen ungehindert fließen,
so daß die Transformatoren v1 und v, sowie v2 und v4 praktisch kurzgeschlossen sind
und keine primäre Klemmenspannung annehmen. Die Schaltungen der Transformatoren
an den beiden Enden der Doppelleitung sind hinsichtlich ihrer Wirkung gleichwertig.
Voraussetzung ist jedoch, daß die Transformatoren der drei verschiedenen Phasenleiter
magnetisch voneinander unabhängig sind. Es können also entweder Einphasentransformatoren
' oder mehrphasige Transformatoren mit mindestens einem unbewick elten Schenkel
angewendet werden.
-
":Wenn eine Ungleichheit der Ströme der C rallelen Leiter eintritt,
etwa infolge eines ürzschlusses an der Fehlerstelle F, dann erhäit die Schaltung
der Transformatoren v1 und v3 die Gleichheit der Phasenströme R an den beiden parallelen
Phasenleitern aufrecht. Wenn nämlich der Strom über den Transformator größer wird
als der Strom im Transformator v3, dann macht sich am Transformator v1 sofort eine
Klemmspannung bemerkbar, die dadurch hervorgerufen wird, daß sich der Sekundärstrom
des Transformators v1 infolge ungenügender Erregung des Transformators vg nicht
in voller Größe entwickeln kann. f e größer der Unterschied der Ströme in den Transformatoren
v1 und v3 ist, um so größer wird die Klemmspannung am Transformator v, Zur Fehlerstelle
F fließt der Fehlerstrom aber nicht nur über den Transformator vi, sondern auch
über den Transformator v3 nun weiterhin über die Primärwicklung des: Transformators
v4 und die Primärwicklung des Transformators v2. Er durchfließt also die Transformatoren
v4 und v2 in gleicher Stärke, aber entgegengesetzter Phasenlage. Die Primärströme
vermögen daher auf der Sekundärseite der Transformatoren v2 und v4 keinen Strom
hervorzurufen. Infolgedessen setzen die beiden Transformatoren v4 und v2 dem Fehlerstrom
ihren ganzen induktiven Leerlaufwiderstand entgegen. Somit .' drosseln diese beiden
Transformatoren den Fehlerstrom über den Transformator %. Der Transformator v3 drosselt
infolgedessen den Fehlerstrom über den Transformator v1; denn über v1 kann, abgesehen
vom Magnetisierungsstrom, nur ein Strom fließen, der sein Gegenstück im Transformator
v3 findet. Es ist, wie aus diesem Beispiel der Erfindung hervorgeht, für die Erreichung
der Unterdrückung des Fehlerstromes wesentlich, daß die Verkettung zwischen den
parallelen Leitern beiderseits des zu schützenden Abschnittes besteht. Es ist jedoch
eine wertvolle Eigenschaft dieser Anordnung, daß nur der Fehlerstrom unterdrückt
wird, während ein Belastungsstrom; weil er in sämtlichen Transformatoren gleiche
Durchflußrichtung besitzt, keine Behinderung erfährt. Auch bei zweiseitiger Speisung
der Fehlerstelle ist die Anordnung vorteilhaft; denn in diesem Falle sind die über
den Transformator v1 und v2 zur Fehlerstelle fließenden Ströme entgegengesetzter
Richtung. Die Folge davon ist, daß auch der Strom im Transformator v3 entgegengesetzte
Richtung wie der im Transformator v4 besitzt. Dies ist aber nicht möglich, so daß
in der rechten Leitung kein Strom fließen kann. Infolgedessen muß
wegen
der starren Kopplung auch der Strom im Transformator v1 und v2, abgesehen vom Magnetisierungsstrom,
Null sein.
-
Da bei geeigneter Bemessung eine fast iooo/oige Kopplung zwischen
Primärwicklung und Sekundärwicklung der Transformatoren möglich ist, gelingt es
mit der beschriebenen Anordnung, den Fehlerstrom bis auf einen so geringen Restbetrag
zu drosseln, daß dieser Restbetrag für die Aufrechterhaltung eines Lichtbogens an
der Fehlerstelle nicht mehr ausreicht. Wenn statt eines Lichtbogens ein metallischer
Kurzschluß vorliegt, so kann dieser Fehler durch die Transformatorschaltung zwar
nicht beseitigt werden, aber die Ausbildung des Fehlerstromes wird auch dann fast
vollkommen unterdrückt. Die Klemmenspannung am Transformator v1 steigt bis nahezu
auf den Betrag der halben verketteten Spannung wieder an. Die Folge davon ist, daß
der Generator, der die Sammelschienen i speist, von dem Kurzschluß praktisch gar
nicht berührt wird. Seine Spannungen bleiben erhalten. Dies ist wiederum für die
Aufrechterhaltung des Parallelbetriebes mehrerer Generatoren von größter Wichtigkeit.
Ein Schutzrelais, welches von der Spannung zwischen den kurzgeschlossenen Leitern
erregt wird, vermag die kranke Leitung abzuschalten, wenn der Fehler durch die Anwendung
der Anordnung nach der Erfindung nicht von selbst verschwindet, weil der Lichtbogen
erlischt. Der Spannungskreis des Schutzrelais ist dabei derart angeschlossen, daß
er die Spannung zwischen den kurzgeschlossenen Leitern innerhalb des durch die Transformatoren
abgegrenzten Schutzbereiches erhält. Die Anwendung der starren Kopplung am Anfang
und Ende der Parallelleitung führt außerdem zu einer erheblichen Entlastung des
Ölschalters S, welcher zur Abschaltung der Doppelleitung dient.
-
In Fig. 2 ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung für die Unterdrückung
des Fehlerstromes in einer Gleichstromdoppelleitung schematisch dargestellt. Am
Anfang und Ende der Doppelleitung liegt je ein Anker 2o, 21, 22 und 23 eines Gleichstromgenerators
im Zuge der Leitung. Die Gleichstrommaschinen besitzen fremderregte Feldwicklungen
2q., 25, 26 und 27. Sie sind derart geschaltet, daß die Drehmomente der Anker 2o
und 2i und auch die der Anker 22 und 23 entgegengesetzte Richtung haben. Dies ist
`durch kleine Pfeile auf den Ankern angedeutet. Je zwei Anker 2o, 21 und 22, 23
sind mechanisch durch -eine Welle 28 und 29 miteinander gekuppelt. Da normalerweise
die Drehmomente der Anker jedes Ankerpaares entgegengesetzt gleich sind, stehen
die Anker, solange über die Doppelleitung lediglich ein Laststrom fließt, still,
so daß die Ankerwicklungen nur einen verschwindenden Spannungsabfall ergeben. Wenn
aber beispielsweise an der Fehlerstelle F ein Fehler entsteht, dann fließt Fehlerstrom
vom Generator G über den Anker 2o und ferner vom Generator G über die Anker 2 4:23
und 22. Wenn das Drehmoment der Anker 2o und 21 dabei ungleich groß wird, so setzen
sich die beiden Anker in Bewegung, so daß die Gegen-EMK in demjenigen Anker ansteigt,
welcher den stärkeren Strom führt. Die induzierte EMK des anderen Ankers dagegen
stimmt in der Richtung mit derjenigen Spannung, welche den Leitungsstrom treibt,
überein. Der Fehlerstrom fließt, wie schon gesagt, auch über die Anker 23 und 22.
Er fließt aber über beide in verschiedener Richtung. Infolgedessen addieren sich
die Drehmomente der beiden Anker, so daß sie zusammen die Leerlaufdrehzahl annehmen.
Dadurch wird die Gegen-EMK dieser beiden Anker so groß, daß sie den Fehlerstrom
über die Anker 2i, 23 und 22 unterdrückt. In der Figur ist eine starre, mechanische
Kupplung zwischen den beiden Ankern angenommen. Man kann statt dieser mechanischen
Kupplung auch eine elektrische Kupplung setzen, bei welcher dann aber die Anker
normalerweise nicht stillstehen, sondern sich drehen müssen. Die beiden Anker 2o
und 21 bzw. 22 und 23 lassen sich auch in einem einzigen Anker vereinigen, der zwei
Wicklungen erhält. Es kommt bei diesen Gleichstrommaschinen lediglich darauf an,
wie bei den Transformatoren der parallelen Wechselstromleitungen, die Differenz
der Amperewindungen zur Erzeugung der zusätzlichen Spannungen in den parallelen
Leitern ausgenutzt wird. Zu diesem Zweck wirkt die Differenz zweier Felder, die
je von dem Strom einer der parallelen Leiter .erregt werden, induzierend auf die
rotierende Wicklung von Gleichstrommaschinen ein, deren Ankerspannungen, wie bei
der Anordnung gemäß Fig. 2, in die parallelen Leitungen eingefügt sind.